Titel: | Neuerungen in der Gewebefabrikation; von Hugo Fischer. |
Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 105 |
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Neuerungen in der Gewebefabrikation; von Hugo
Fischer.
Mit Abbildungen. (Patentklasse 86. Fortsetzung des
Berichtes S. 18 dieses Bandes.)
H. Fischer, über Neuerungen in der Gewebefabrikation.
B) Gewebe-Erzeugung: II)
Fachbildung. (Taf. 10.)
Die Neuerungen an Einrichtungen zur Bildung des Faches betreffen
theils GeschirrconstructionenVgl. Argo 1878 227
207. Kesselring, Kopp bezieh. Klinghammer
231 89. * 232. 233
489. Tiedtke 1880 237 * 166., theils maschinelle Hilfsmittel zur
Fachbildung für Musterwebstühle, nämlich Schaft- und Jacquardmaschinen. Das
Augenmerk der Erfinder ist bei den letzteren namentlich auf einfache Constructionen
zur Erzeugung eines Hoch- und Tieffaches, bezieh. eines reinen Faches gerichtet und dürfte bezüglich der Schaftmaschinen eine der
einfachsten Lösungen der ersten Aufgabe in dem Patent von Schulze und Wagner in Greiz (* D. R. P. Nr. 3883 vom 14. Mai 1878) zu
finden sein. Die betreffende Einrichtung ist in Figur 1 Taf.
10 schematisch dargestellt und hier, sowie in den übrigen Figuren, zur
Verdeutlichung der Fachbildung die Ebene des Faches in die Verticalebene der
Platinen gelegt, während sie in Wirklichkeit normal zu dieser steht.
In der Figur 1 sind die Platinen p1, p2 in der Lage gezeichnet, welche sie bei
geschlossenem Fache besitzen; die Schäfte nehmen dann die Stellungen s1, s2 ein. Durch das
Excenter e1 auf der
Antriebwelle w des Stuhles wird der dreiarmige
Winkelhebel a bewegt, mit welchem durch die Zugstangen
b1, b2 das Messer m und der Platinenboden p
derart verbunden sind,
daſs bei der Rechtsbewegung des Messers der Platinenboden nach links ausweicht.
Gegen letzteren stützen sich die Platinen und folgen demselben, wenn gehoben, in
Folge Belastung durch die Schäfte oder Einwirkung von Federn, welche mit diesen
verbunden sind. Die schraffirten Stellungen des Messers und des Platinenbodens
gelten für offenes Fach und Schaftstellung s1', s2'. Das Ausheben der Platinen aus der Bahn des
Messers m für die Ueberführung bestimmter Schäfte in
das Unterfach besorgt das auf die Nadeln n wirkende
Musterprisma M, welches unmittelbar vor jeder neuen
Fachbildung durch ein zweites Excenter e2 auf der Hauptwelle w
und den um c schwingenden Hebel gegen die Nadeln
gestoſsen wird.
Die Schaftmaschine von Hahlo und
Liebreich in Bradford (* D. R. P. Nr. 9224 vom 19. Juli 1879), in Fig.
2 Taf. 10 dargestellt, erhält beständig ein Unterfach. Die Tieflage der
Unterfachfäden wird durch die Stellung des Querstabes a
bestimmt, welcher bei der durch Gewichte oder Federn herbeigeführten
Tieffachstellung der Schafthebel b1, b2 diesen als Stütze dient. Die Platinen p1, p2, welche die
Schafthebel erfassen, tragen je zwei vertical über einander liegende, mit den
Platinen drehbar verbundene Haken c1, c2 und d1, d2, welche bei gesenkter Platine unterhalb der
Messerbahnen liegen. Zur Bewegung der Platinen dienen zwei Messer m1, m2, weshalb die
Maschine bei jedem halben Umlauf der Antriebwelle Fach bildet, so daſs für jede
Umdrehung zwei Einschüsse erfolgen können. Die Messer wirken nur dann auf die
Platinen, wenn deren Haken in die Messerbahn eintreten, die Platinen also gehoben
werden. Die Hebung wird durch die mit Hebstiften versehene, über das Prisma M laufende Musterkette veranlaſst und durch die
einarmigen Hebel e bewirkt. Die freien, gegen die
Platinen stoſsenden Enden dieser Hebel sind hakenförmig gestaltet und treten, wenn
gehoben, hinter einen Ausschnitt der betreffenden Platine, wenn diese für Erhebung
des mit ihr verbundenen Schaftes nach rechts verschoben wird; hierdurch wird die
Platine am Rückgang gehindert und das Fach bis zur Auslösung des Hakens offen
erhalten. In dieser Lage befindet sich auf der Zeichnung die Platine p2. Die Haken d1, d2 dieser Platine sind
hierbei ebenfalls gehoben, so daſs bei dem Rechtslauf eines der Messer ein kurzer
Anzug der Platine und damit Lösung des Hakenhebels e
erfolgt. Der betreffende Schaft bleibt auch für den nächsten Schuſs erhoben, wenn
ein Stift der Musterkette eine erneute Hebung des Hebels e, also Einklinken desselben in die Platine bei dem Rücklauf des Messers
bewirkt. Durch entsprechenden Besatz der Musterkette kann daher jeder Schaft während
beliebig vieler Einträge im Oberfach erhalten werden. Die Messer m1, m2 sind durch die
Zugstangen f1, f2 mit dem Armkreuz g verbunden, welchem von der Antriebwelle des Stuhles
aus schwingende Bewegung ertheilt wird. In Folge des raschen Rückzuges, der dem Kartenprisma
nach erfolgter Platinenhebung ertheilt wird, senken sich die Platinen sofort auf
ihre Führungen zurück, während der von einem der Messer erfaſste Platinenhaken (c1, c2 bezieh. d1
d2) auf die Dauer des
Messerzuges am Messer eingehakt verbleibt.
Mit der Schaftmaschine ist ferner eine Einrichtung verbunden, um auch bei theilweise
im Oberfach befindlichen Kettenfäden nach Abstellung des Stuhles das Fach in der
Horizontalebene rasch zu schlieſsen (z.B. bei dem Anknüpfen gerissener Fäden) und
für die Fortsetzung der Arbeit wieder die frühere Fachtheilung herzustellen. An dem
am Schaftmaschinenrahmen drehbar befestigten Hebel H,
welcher von dem Arbeiter zwischen den Stellungen x und
y bewegt werden kann, greifen Zugstangen an, von
denen z1 mit dem
Hakenhebel e verbunden ist und z2 einen Schieber 5 erfaſst, welcher in
einem Schlitz des Rahmens geradlinig geführt ist. Während bei der gezeichneten
Stellung y des Hebels H
der Hakenhebel e die für die Platinenhebung richtige
Lage einnimmt und der Schieber s die Platinenbewegung
nicht hindert, findet durch Ueberführen des Hebels H
nach x die gegenseitige Näherung von e und s statt, wobei die
mit e verhakten Platinen des Oberfaches nach links, die
vor s stehenden Platinen des Unterfaches nach rechts
folgen und hierbei alle Kettenfäden in die Horizontalebene überführen.
Durch die Neuerungen an Schaftmaschinen von R. Schönstedt und F. W.
Jung in Duisburg (* D. R. P. Nr. 11278 vom 6. April 1880) werden die sonst
zum Herabziehen der Schäfte angewendeten Federn oder Gewichte beseitigt und die
Ober- und Unterfachbildung durch Platinen bewirkt, wodurch ein rascherer Arbeitsgang
des Stuhles zulässig wird. Die hübsche und zweckmäſsige Anordnung dieser Maschine,
deren Aufstellung neben dem Webstuhl erfolgt, ist in Fig. 3 Taf.
10 skizzirt. Jede der vertical stehenden Platinen p1, p2 ist im mittleren Theil geschlitzt und gleitet hier
über einem am Gestell befestigten Zapfen a. Jedes
Platinenende trägt einen Haken, von denen der obere beständig durch die Nadeln des
Federhauses f in die Bahn des oberen Messers m1 gedrängt wird,
während hierdurch gleichzeitig der untere Haken aus der Bahn des unteren Messers
w2 heraustritt. Die Hebung der Platinen durch
das Messer m2 bewirkt
in Folge des Anschlusses der Schäfte s1, s2 . . . durch Hebel h1, h2 . . . die Ueberführung der Kettenfäden in das
Unterfach; die Senkung der Platinen durch Messer m2 führt die Kette in das Oberfach über. Die Auswahl
der Fäden erfolgt mittels Jacquardkette M, welche, auf
die Nadeln f wirkend, die oberen Platinenhaken aus der
Messerbahn drängt. Zur Bewegung der Messer dienen die Stangen b1
b2, welche von den um
180° verstellten Kurbeln c der Antriebwelle d bewegt werden und bei der Rückführung der Messer durch die Arme e1, e2 auch die Platinen in
ihre Mittelstellung zurückbringen.
Für Schaftmaschinen zur Erzeugung eines reinen Hoch- und
Tieffaches gibt E. A. Schramm in Schönefeld bei Greiz (* D. R. P. Nr. 7799 vom 5. September 1878) eine Construction an, welcher die
bereits bekannte Schrägstellung der Messer in ihrer BewegungsebeneVgl. Kohl: Geschichte der Jacquardmaschine,
(Berlin 1873) S. 190. zu Grunde liegt, wie dies aus der Skizze
Fig. 4 Taf. 10 zu ersehen ist; hierin bedeutet p,
m1, m2 Lage des Platinenbodens und der Messer bei
geschlossenem, p', m1
'm2' deren Lage bei
offenem Fach. Die Messer und der Platinenboden sind bei a,
b, c drehbar befestigt; die Gegenenden werden durch die Zugstangen d, e, f (Fig. 5)
ergriffen, welche durch die Hebel h1, h2 bewegt werden. Beide Hebel erhalten durch die
Verbindungsstange g stets eine gleiche Bewegung. Der
Antrieb erfolgt von der Stuhlwelle aus durch Zugstange i und Arm k auf der Drehachse des Hebels h1. Der Platinenboden
p und die Messer m1, m2 bewegen sich in horizontalen
Schlitzführungen der Seitenwände des Gestellrahmens. Gegen ersteren stützen sich die
von den Schäften s1,
s2 . . . belasteten
Platinen p1, p2 . . ., welche an den
durch den Platinenboden geführten und die Schafthebel l
erfassenden Stangen m drehbar befestigt sind. Die
Platinenhaken liegen bei geschlossenem Fach sämmtlich in der Bahn des Hebemessers
m2 und werden dem
Muster entsprechend von den Nadeln n aus dieser
gehoben. Hierbei gelangen sie in den Bereich des für die Bildung des Unterfaches
bestimmten Messers m1,
welches unter gleichzeitigem Zurückweichen des Platinenbodens die gehobenen Platinen
nach links drängt und damit die betreffenden Schäfte abwärts senkt. Während des
Rücklaufes der Messer bewirkt der nach rechts ausweichende Platinenboden einerseits,
das Gewicht der Schäfte andererseits den Schluſs des Faches. Die Anschnürung der
Schäfte an den Schafthebeln erfolgt derart, daſs die dem Kettenbaum zunächst
liegenden Schäfte durch diejenigen Platinen bewegt werden, welche dem Messerende
zunächst liegen, das bei der Messerbewegung den gröſsten Weg zurücklegt; diese
Schäfte werden daher auch höher gehoben, bezieh. tiefer gesenkt als die übrigen, wie
dies die Erzeugung eines reinen Faches verlangt. Nicht
ganz unberechtigt dürften hierbei aber Zweifel an der sicheren Führung der Messer
sein, da der Angriff derselben einseitig erfolgt und die Lagerung der anderen
Messerseite mittels der Lenkstangen o die sichere
Rückführung in die Anfangslage nicht verbürgt.
Auf einem anderen Wege gelangt Herrmann
Günther in Schloſschemnitz (* D. R. P. Nr. 8793 vom 7. August 1879) zur
Erzeugung eines reinen Hoch- und Tieffaches mittels der Schaftmaschine. Die Platinen
p1, p2 . . . (Fig.
6 Taf. 10) sind hier an einarmigen Hebeln h1
drehbar befestigt,
welche bei der Platinen Verschiebung um den Drehpunkt a
schwingen. Die Bewegung wird durch Zugstangen z und
Hebel h2 auf die
Schäfte s1
s2 . . übertragen. Je
entfernter die Zugstangen z vom Punkt a an den Hebeln h1 angreifen, um so gröſser ist der Weg der Schäfte,
also die Hebung bezieh. Senkung der Kettenfäden, wie dies die dem Kettenbaum
zunächst gelegenen Schäfte für die Bildung eines reinen Faches erfordern. Neu ist
ferner der Messerbetrieb und die Prismenbewegung. Die Zugstangen e1, e2 der Messer m1, m2 erfassen Zapfen der
Kurbelscheibe k1,
welche bei jedem Fachwechsel mittels der Zugstange c um
180° gedreht wird und hierauf durch die Wirkung der Feder f wieder in die gezeichnete Stellung zurückkehrt. Der Riemen b überträgt die Drehung der Scheibe k1, auf die zweite
Kurbelscheibe k2, deren
Zugstange e3 bei der
Rückführung der Messer das Prisma M mit der Musterkette
hebt und gegen die Nadeln n drückt. Die hierbei
gehobenen Platinen werden von dem Messer m1 erfaſst und ziehen die Kettenfäden in das
Tieffach, während der Zug des Messers m1 die Kettenfäden in das Hochfach überführt. Die
Rückführung der Platinen bewirken bei dem Rücklauf der Messer die mit deren
Zugstangen verbundenen Knaggen o1, o2, welche auf die Hebel h1 ziehend bezieh. schiebend
einwirken.
Die Neuerungen der Sächsischen Webstuhl –
Fabrik in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 7140 vom 15. Februar 1879) an
Jacquardmaschinen zur Erzeugung eines reinen Hoch- und Tieffaches charakterisiren
sich durch die Führung des Platinenbodens und Messerkastens, welche während des
Fachbildens eine solche Neigung dieser gegen den Horizont herbeiführt, daſs die
Litzen um so höher gezogen, bezieh. um so tiefer gesenkt werden, je näher sie dem
Kettenbaum liegen. Die Einrichtung veranschaulicht Fig. 7 Taf.
10, in welcher p den Platinenboden, m den Messerkasten in der Stellung bei geschlossenem
Fach, p1, m1 diese Theile für
offenes Fach bezeichnen. An den Seitenwänden des Jacquardmaschinengestelles sind
senkrechte Führungen f1
und geneigte Führungen f2 angeordnet, welche die geometrischen Orte der an dem Messerkasten,
bezieh. Platinenboden befestigten Zapfen a und b bilden. Die Neigung der Bahnen f2 ist veränderlich zur
Regelung der für ein reines Fach erforderlichen Schräglage des Messerkastens und
Platinenbodens. Die Hebel h1, h2, welche
durch Zugstangen s1,
s2 mit den Zapfen b verbunden sind, bewirken das Oeffnen und Schlieſsen
der Maschine.
Eine neue Betriebsart des Messerkastens und Platinenbodens zeigt die Jacquardmaschine
von Louis Dorigny in Reims (* D. R. P. Nr. 9064 vom 20.
Juli 1879). Beide Theile sind durch zwei Hebel h1,
h2 (Fig. 8 Taf.
10) und Zugstangen a und b
derart verbunden, daſs der Erhebung des Messerkastens m
die Senkung des Platinenbodens p entspricht. Das Oeffnen des Faches ist
Folge des Niedertretens des Schemels c1 und hierdurch veranlaſster Aufwickelung des mit
dem Messerkasten m verbundenen Riemens r auf die Scheibe s; den
Fachschluſs bringt die Hebung des Platinenbodens p
durch den bei dem Niedertreten des Trittes c2
schwingenden Hebel d hervor. Die Messer und der
Platinenboden liegen stets horizontal, weshalb die Maschine nur ein unreines Fach
liefert. Die Platinen p1
p2 . . sind in zwei
Gruppen getheilt; ihre Haken werden der Mustergebung entsprechend bei dem Anschlag
des Kartenprismas M durch die Nadeln n aus der Messerbahn gedrängt, so daſs die Platinen dem
sinkenden Platinenboden folgen und die in ihre Litzen eingezogenen Kettenfäden in
das Tieffach überführen. Die Zahl der Nadeln ist gleich der Zahl der Platinen. Je
zwei Platinen der beiden Gruppen sind durch die Litzen vereinigt, welche im unteren
Theil des Stuhles über hoch und tief zu stellende Glas- oder Metallstäbe o geleitet sind derart, daſs Platine p1 mit Platine pn, p2 mit pn-1 u.s.f. vereinigt
ist. Nur die Litzen derjenigen Platinengruppe, welche dem Prisma M zunächst liegt, tragen Zeugringel für den Einzug der
Kettenfäden, so daſs nur die halbe Anzahl der vorhandenen Platinen direct
fachbildend wirkt. Die Musterkarte ist derart zu schlagen, daſs die Auslenkung aller
der Platinen der ersten Gruppe erfolgt, deren entsprechende Gegenplatinen der
zweiten Gruppe keine Auslenkung erfahren; hierdurch werden die ersteren gesenkt, die
letzteren gehoben und die Litzen gespannt erhalten. Durch diese Anordnung werden die
sonst üblichen Belastungsgewichte vermieden und der Gang der Maschine in Folge
Wegfalles der trägen Massen ein ruhigerer. In die Litzen eingeschaltete Federn f dienen zur Ausgleichung der Litzenspannung und
Verhütung des Litzenbruches bei Störungen in der Auswahl der Platinen. Die Fig.
8 ist in so fern idealisirt, als in der Wirklichkeit die Ebene des Faches
nicht normal zum Kartenprisma, sondern parallel zu demselben liegt. Wenn auch die
Erreichung der angestrebten Zwecke durch die getroffene Construction nicht
zweifelhaft erscheint, so dürften die erlangten Annehmlichkeiten doch wohl durch die
Verdoppelung der Platinen, der Nadeln und der Kartenlänge zu theuer erkauft sein und
einfacher durch eine der oben besprochenen Schaftmaschine von Schönstedt und Jung
entsprechende Platinenanordnung und Anwendung eines zweiten unteren Messerkastens
ersetzt werden können.
Das bereits bekannte VerfahrenPolytechnisches Centralblatt, 1863 S.
1422., zwei Sammtgewebe mittels zweier Grundketten und einer Polkette
gleichzeitig zu erzeugen, ist von Gust. Marcus in
Barmen (* D. R. P. Nr. 10269 vom 23. December 1879) dadurch wesentlich erweitert
worden, daſs er durch Neuerungen an der Jacquardmaschine diese für die Mustergebung
derartiger doppelter Sammtgewebe brauchbar machte. Die Muster entstehen abwechselnd
an dem oberen und
unteren der über einander liegenden Gewebe derart, daſs die Sammtmuster des einen
Gewebes den Grundmustern des anderen Gewebes gegenüber stehen und die beiden Gewebe
durch die Polkette an den Musterrändern vereinigt sind; die Trennung der beiden
Gewebe erfolgt durch Zerschneiden dieser verbindenden Polkettenfäden.
Fig.
9 Taf. 10 zeigt den Schnitt eines solchen Doppelgewebes parallel zur
Kettenrichtung; die Fäden a sind Schuſsfäden, b die Grundketten, c die
Polkette. Diese letztere liegt zwischen den beiden Grundketten und wird abwechselnd
mit der oberen und unteren nach Maſsgabe der Patrone gebunden, so daſs das Muster
auf der Innenseite der Gewebe entsteht. Hierzu ist die Bildung des Polkettenfaches
in zwei verschiedenen Höhen erforderlich und zwar Höhenlage II (Fig. 10)
des Faches für die Musterung des Obergewebes, Höhenlage I des Faches für die Musterung des Untergewebes. Zu dieser Fachbildung und
Auswahl der Polkettenfäden nach Maſsgabe des Musters dient eine Jacquardmaschine mit
einfachem Platinensatz p1
p2 . . . und zwei
Musterketten M1, M2, welche, über zwei
Prismen geleitet, durch diese gegen die zwei Nadelsätze n1 und n2 gedrückt werden. Die Bewegung der Prismen ist die
bekannte. Die Nadeln n1
des oberen Satzes sind von gewöhnlicher Construction; sie umschlieſsen die
Drahtplatinen und drängen dieselben, wenn erforderlich, so weit nach rechts, daſs
die oberen Platinenhaken aus der Bahn der Messer m
heraustreten, also der Hebung des Messerkastens nicht folgen, wie dies die Platinen
p1, p2, p3 zeigen. Der Weg des
Messerkastens ist constant gleich der gröſsten Erhebung der Kettenfäden bei der
Fachbildung. Die unteren Nadeln n2 bilden eine Art Platinenboden, durch welchen
gehobene Nadeln am Herabsinken gehindert werden können.
Die Construction des die Platine umschlieſsenden Nadeltheiles zeigt die Fig.
11 Taf. 10, welche eine gehobene Platine darstellt; m' gibt die Tieflage des die Platine hebenden Messers
an. Die Platine trägt in der Nähe des unteren Endes einen zweiten Haken h2, welcher bei dem
Anheben der Platine auf die volle Höhe durch das Auge der unteren Nadel n2 hindurch tritt. Das
Nadelauge enthält eine kleine, nach aufwärts drehbare Zunge s, deren Herabfallen durch den kurzen, sich gegen den Augenrand stützenden
Arm a gehindert wird. Ist die Nadel nach links
geschoben, so tritt der Platinenhaken zwischen Zunge und Augenrand frei hindurch;
bei der Rechtsstellung der Nadel wird bei dem Emporsteigen der Platine die Zunge
durch den Haken h2
gehoben und fällt nach dem Vorübergehen desselben in ihre Anfangslage zurück. Senkt
sich während der Rechtsstellung der Nadel die Platine, so stützt sich der Haken h2 auf die Zunge s und die Platine ist während der weiteren
Messersenkung hoch gehalten; das von ihr gebildete Fach bleibt geöffnet, bis die
Verschiebung der Nadel n2 nach links die Platinensenkung zuläſst. Zur Bewegung je eines
Polkettenfadens dienen stets zwei Platinen, welche
durch eine Schnur an den unteren Enden verbunden sind; die Litze hängt an dieser
Schnur mittels eines kleinen frei verschiebbaren Ringes r. In der Figur bewegen beispielsweise die Platinen p1, p2 den Faden f1, Platinen p3, p4 den Faden f2, Platinen p5, p6 den Faden f3. Werden zwei
verbundene Platinen, z.B. p5 und p6,
durch die Messer gleichzeitig gehoben, so folgt das den Polfaden umschlieſsende
Zeugringel i3 der Litze
auf die gleiche Höhe (Hochfachbildung f3); bei dem Anheben nur einer Platine eines Platinenpaares, z.B. p4, vertritt jedoch der Ring die Stelle einer losen
Rolle und es steigt das Zeugringel dem zu Folge nur auf die halbe Höhe der
Messererhebung (Mittelfachbildung f2); das Ausschalten beider Platinen (z.B. p1 und p2) durch die Nadeln
n1 bedingt endlich
die Ruhelage des betreffenden Zeugringels (also Tieffach f1). Hiernach bewirkt das Anheben von nur
je einer Platine eines Paares die Bildung von Tief- und Mittelfach für die Musterung
des unteren Gewebes, das Anheben einer Platine des einen Paares und beider Platinen
des anderen Paares die Bildung von Mittel- und Hochfach für die Musterung des oberen
Gewebes. Das Mittelfach, welches hier die Stelle eines Tieffaches vertritt, kann
hierbei durch entsprechende Stellung der Nadeln n2 durch die Musterkette M2 beliebig lange Zeit erhalten
bleiben.
Die Fachbildung betreffend sind ferner noch zwei
Constructionsdetails zu erwähnen. Moritz Lindner in
Chemnitz (* D. R. P. Nr. 6692 vom 9. Januar 1879) ersetzt die bisher benutzten
schweren guſseisernen Musterrollen für mechanische Webstühle durch solche von Blech,
welche aus zwei gleich gestalteten, gepreſsten Schalen so zusammengesetzt sind, daſs
durch Uebereinandergreifen der cylindrisch gestalteten Schalenränder eine
Musterrolle von der gebräuchlichen Form hervorgeht (vgl. Fig. 12 und
13 Taf. 10). Obgleich der wirksame Rand der Rolle hierdurch von einer
doppelten Blechlage gebildet wird und die Ränder der Rollenbohrungen a und b durch Einbördeln
verbreitert sind, kann die Dauer dieser Blechrollen nur eine beschränktere sein als
die der massiven Rollen.
C. R Lange in Frankenberg i. S. (* D. R. P. Nr. 9203
vom 5. September 1879) construirte ein Chorbrett für Jacquardmaschinen aus zwei
Stahlnadelschaaren, welche unter 90° verschränkt in einen durch Stellschrauben
zusammenpreſsbaren Eisenrahmen eingesetzt sind; durch den geringen Abstand je zweier
benachbarter Nadeln entstehen hierbei quadratische Oeffnungen zum Einziehen der
Harnischfäden, welche mittels zweier parallel zu den Langseiten des Rahmens
gazebindig eingeflochtener Schnuren vergröſsert oder verkleinert werden können, je
nachdem es die Dichtheit des zu erzeugenden Gewebes erfordert. Um die hierbei
eintretende Verschiebung der Litzenaugen aus der Geraden ohne Aenderung der Länge der
Harnischfäden aufzuheben, wendet Lange eine
verschiebbar mit den Harnischfäden verknotete Litze an, welche in Fig. 14
Taf. 10 dargestellt ist. Dieses Hilfsmittel ist einfach und leicht bei jeder
Aenderung der Kettendichte zu benutzen, da es nur ein Herabziehen oder
Heraufschieben des Litzenfadens in dem Harnischknoten k
nothwendig macht.