Titel: Neuerungen in der Gewebefabrikation; von Hugo Fischer.
Fundstelle: Band 240, Jahrgang 1881, S. 105
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Neuerungen in der Gewebefabrikation; von Hugo Fischer. Mit Abbildungen. (Patentklasse 86. Fortsetzung des Berichtes S. 18 dieses Bandes.) H. Fischer, über Neuerungen in der Gewebefabrikation. B) Gewebe-Erzeugung: II) Fachbildung. (Taf. 10.) Die Neuerungen an Einrichtungen zur Bildung des Faches betreffen theils GeschirrconstructionenVgl. Argo 1878 227 207. Kesselring, Kopp bezieh. Klinghammer 231 89. * 232. 233 489. Tiedtke 1880 237 * 166., theils maschinelle Hilfsmittel zur Fachbildung für Musterwebstühle, nämlich Schaft- und Jacquardmaschinen. Das Augenmerk der Erfinder ist bei den letzteren namentlich auf einfache Constructionen zur Erzeugung eines Hoch- und Tieffaches, bezieh. eines reinen Faches gerichtet und dürfte bezüglich der Schaftmaschinen eine der einfachsten Lösungen der ersten Aufgabe in dem Patent von Schulze und Wagner in Greiz (* D. R. P. Nr. 3883 vom 14. Mai 1878) zu finden sein. Die betreffende Einrichtung ist in Figur 1 Taf. 10 schematisch dargestellt und hier, sowie in den übrigen Figuren, zur Verdeutlichung der Fachbildung die Ebene des Faches in die Verticalebene der Platinen gelegt, während sie in Wirklichkeit normal zu dieser steht. In der Figur 1 sind die Platinen p1, p2 in der Lage gezeichnet, welche sie bei geschlossenem Fache besitzen; die Schäfte nehmen dann die Stellungen s1, s2 ein. Durch das Excenter e1 auf der Antriebwelle w des Stuhles wird der dreiarmige Winkelhebel a bewegt, mit welchem durch die Zugstangen b1, b2 das Messer m und der Platinenboden p derart verbunden sind, daſs bei der Rechtsbewegung des Messers der Platinenboden nach links ausweicht. Gegen letzteren stützen sich die Platinen und folgen demselben, wenn gehoben, in Folge Belastung durch die Schäfte oder Einwirkung von Federn, welche mit diesen verbunden sind. Die schraffirten Stellungen des Messers und des Platinenbodens gelten für offenes Fach und Schaftstellung s1', s2'. Das Ausheben der Platinen aus der Bahn des Messers m für die Ueberführung bestimmter Schäfte in das Unterfach besorgt das auf die Nadeln n wirkende Musterprisma M, welches unmittelbar vor jeder neuen Fachbildung durch ein zweites Excenter e2 auf der Hauptwelle w und den um c schwingenden Hebel gegen die Nadeln gestoſsen wird. Die Schaftmaschine von Hahlo und Liebreich in Bradford (* D. R. P. Nr. 9224 vom 19. Juli 1879), in Fig. 2 Taf. 10 dargestellt, erhält beständig ein Unterfach. Die Tieflage der Unterfachfäden wird durch die Stellung des Querstabes a bestimmt, welcher bei der durch Gewichte oder Federn herbeigeführten Tieffachstellung der Schafthebel b1, b2 diesen als Stütze dient. Die Platinen p1, p2, welche die Schafthebel erfassen, tragen je zwei vertical über einander liegende, mit den Platinen drehbar verbundene Haken c1, c2 und d1, d2, welche bei gesenkter Platine unterhalb der Messerbahnen liegen. Zur Bewegung der Platinen dienen zwei Messer m1, m2, weshalb die Maschine bei jedem halben Umlauf der Antriebwelle Fach bildet, so daſs für jede Umdrehung zwei Einschüsse erfolgen können. Die Messer wirken nur dann auf die Platinen, wenn deren Haken in die Messerbahn eintreten, die Platinen also gehoben werden. Die Hebung wird durch die mit Hebstiften versehene, über das Prisma M laufende Musterkette veranlaſst und durch die einarmigen Hebel e bewirkt. Die freien, gegen die Platinen stoſsenden Enden dieser Hebel sind hakenförmig gestaltet und treten, wenn gehoben, hinter einen Ausschnitt der betreffenden Platine, wenn diese für Erhebung des mit ihr verbundenen Schaftes nach rechts verschoben wird; hierdurch wird die Platine am Rückgang gehindert und das Fach bis zur Auslösung des Hakens offen erhalten. In dieser Lage befindet sich auf der Zeichnung die Platine p2. Die Haken d1, d2 dieser Platine sind hierbei ebenfalls gehoben, so daſs bei dem Rechtslauf eines der Messer ein kurzer Anzug der Platine und damit Lösung des Hakenhebels e erfolgt. Der betreffende Schaft bleibt auch für den nächsten Schuſs erhoben, wenn ein Stift der Musterkette eine erneute Hebung des Hebels e, also Einklinken desselben in die Platine bei dem Rücklauf des Messers bewirkt. Durch entsprechenden Besatz der Musterkette kann daher jeder Schaft während beliebig vieler Einträge im Oberfach erhalten werden. Die Messer m1, m2 sind durch die Zugstangen f1, f2 mit dem Armkreuz g verbunden, welchem von der Antriebwelle des Stuhles aus schwingende Bewegung ertheilt wird. In Folge des raschen Rückzuges, der dem Kartenprisma nach erfolgter Platinenhebung ertheilt wird, senken sich die Platinen sofort auf ihre Führungen zurück, während der von einem der Messer erfaſste Platinenhaken (c1, c2 bezieh. d1 d2) auf die Dauer des Messerzuges am Messer eingehakt verbleibt. Mit der Schaftmaschine ist ferner eine Einrichtung verbunden, um auch bei theilweise im Oberfach befindlichen Kettenfäden nach Abstellung des Stuhles das Fach in der Horizontalebene rasch zu schlieſsen (z.B. bei dem Anknüpfen gerissener Fäden) und für die Fortsetzung der Arbeit wieder die frühere Fachtheilung herzustellen. An dem am Schaftmaschinenrahmen drehbar befestigten Hebel H, welcher von dem Arbeiter zwischen den Stellungen x und y bewegt werden kann, greifen Zugstangen an, von denen z1 mit dem Hakenhebel e verbunden ist und z2 einen Schieber 5 erfaſst, welcher in einem Schlitz des Rahmens geradlinig geführt ist. Während bei der gezeichneten Stellung y des Hebels H der Hakenhebel e die für die Platinenhebung richtige Lage einnimmt und der Schieber s die Platinenbewegung nicht hindert, findet durch Ueberführen des Hebels H nach x die gegenseitige Näherung von e und s statt, wobei die mit e verhakten Platinen des Oberfaches nach links, die vor s stehenden Platinen des Unterfaches nach rechts folgen und hierbei alle Kettenfäden in die Horizontalebene überführen. Durch die Neuerungen an Schaftmaschinen von R. Schönstedt und F. W. Jung in Duisburg (* D. R. P. Nr. 11278 vom 6. April 1880) werden die sonst zum Herabziehen der Schäfte angewendeten Federn oder Gewichte beseitigt und die Ober- und Unterfachbildung durch Platinen bewirkt, wodurch ein rascherer Arbeitsgang des Stuhles zulässig wird. Die hübsche und zweckmäſsige Anordnung dieser Maschine, deren Aufstellung neben dem Webstuhl erfolgt, ist in Fig. 3 Taf. 10 skizzirt. Jede der vertical stehenden Platinen p1, p2 ist im mittleren Theil geschlitzt und gleitet hier über einem am Gestell befestigten Zapfen a. Jedes Platinenende trägt einen Haken, von denen der obere beständig durch die Nadeln des Federhauses f in die Bahn des oberen Messers m1 gedrängt wird, während hierdurch gleichzeitig der untere Haken aus der Bahn des unteren Messers w2 heraustritt. Die Hebung der Platinen durch das Messer m2 bewirkt in Folge des Anschlusses der Schäfte s1, s2 . . . durch Hebel h1, h2 . . . die Ueberführung der Kettenfäden in das Unterfach; die Senkung der Platinen durch Messer m2 führt die Kette in das Oberfach über. Die Auswahl der Fäden erfolgt mittels Jacquardkette M, welche, auf die Nadeln f wirkend, die oberen Platinenhaken aus der Messerbahn drängt. Zur Bewegung der Messer dienen die Stangen b1 b2, welche von den um 180° verstellten Kurbeln c der Antriebwelle d bewegt werden und bei der Rückführung der Messer durch die Arme e1, e2 auch die Platinen in ihre Mittelstellung zurückbringen. Für Schaftmaschinen zur Erzeugung eines reinen Hoch- und Tieffaches gibt E. A. Schramm in Schönefeld bei Greiz (* D. R. P. Nr. 7799 vom 5. September 1878) eine Construction an, welcher die bereits bekannte Schrägstellung der Messer in ihrer BewegungsebeneVgl. Kohl: Geschichte der Jacquardmaschine, (Berlin 1873) S. 190. zu Grunde liegt, wie dies aus der Skizze Fig. 4 Taf. 10 zu ersehen ist; hierin bedeutet p, m1, m2 Lage des Platinenbodens und der Messer bei geschlossenem, p', m1 'm2' deren Lage bei offenem Fach. Die Messer und der Platinenboden sind bei a, b, c drehbar befestigt; die Gegenenden werden durch die Zugstangen d, e, f (Fig. 5) ergriffen, welche durch die Hebel h1, h2 bewegt werden. Beide Hebel erhalten durch die Verbindungsstange g stets eine gleiche Bewegung. Der Antrieb erfolgt von der Stuhlwelle aus durch Zugstange i und Arm k auf der Drehachse des Hebels h1. Der Platinenboden p und die Messer m1, m2 bewegen sich in horizontalen Schlitzführungen der Seitenwände des Gestellrahmens. Gegen ersteren stützen sich die von den Schäften s1, s2 . . . belasteten Platinen p1, p2 . . ., welche an den durch den Platinenboden geführten und die Schafthebel l erfassenden Stangen m drehbar befestigt sind. Die Platinenhaken liegen bei geschlossenem Fach sämmtlich in der Bahn des Hebemessers m2 und werden dem Muster entsprechend von den Nadeln n aus dieser gehoben. Hierbei gelangen sie in den Bereich des für die Bildung des Unterfaches bestimmten Messers m1, welches unter gleichzeitigem Zurückweichen des Platinenbodens die gehobenen Platinen nach links drängt und damit die betreffenden Schäfte abwärts senkt. Während des Rücklaufes der Messer bewirkt der nach rechts ausweichende Platinenboden einerseits, das Gewicht der Schäfte andererseits den Schluſs des Faches. Die Anschnürung der Schäfte an den Schafthebeln erfolgt derart, daſs die dem Kettenbaum zunächst liegenden Schäfte durch diejenigen Platinen bewegt werden, welche dem Messerende zunächst liegen, das bei der Messerbewegung den gröſsten Weg zurücklegt; diese Schäfte werden daher auch höher gehoben, bezieh. tiefer gesenkt als die übrigen, wie dies die Erzeugung eines reinen Faches verlangt. Nicht ganz unberechtigt dürften hierbei aber Zweifel an der sicheren Führung der Messer sein, da der Angriff derselben einseitig erfolgt und die Lagerung der anderen Messerseite mittels der Lenkstangen o die sichere Rückführung in die Anfangslage nicht verbürgt. Auf einem anderen Wege gelangt Herrmann Günther in Schloſschemnitz (* D. R. P. Nr. 8793 vom 7. August 1879) zur Erzeugung eines reinen Hoch- und Tieffaches mittels der Schaftmaschine. Die Platinen p1, p2 . . . (Fig. 6 Taf. 10) sind hier an einarmigen Hebeln h1 drehbar befestigt, welche bei der Platinen Verschiebung um den Drehpunkt a schwingen. Die Bewegung wird durch Zugstangen z und Hebel h2 auf die Schäfte s1 s2 . . übertragen. Je entfernter die Zugstangen z vom Punkt a an den Hebeln h1 angreifen, um so gröſser ist der Weg der Schäfte, also die Hebung bezieh. Senkung der Kettenfäden, wie dies die dem Kettenbaum zunächst gelegenen Schäfte für die Bildung eines reinen Faches erfordern. Neu ist ferner der Messerbetrieb und die Prismenbewegung. Die Zugstangen e1, e2 der Messer m1, m2 erfassen Zapfen der Kurbelscheibe k1, welche bei jedem Fachwechsel mittels der Zugstange c um 180° gedreht wird und hierauf durch die Wirkung der Feder f wieder in die gezeichnete Stellung zurückkehrt. Der Riemen b überträgt die Drehung der Scheibe k1, auf die zweite Kurbelscheibe k2, deren Zugstange e3 bei der Rückführung der Messer das Prisma M mit der Musterkette hebt und gegen die Nadeln n drückt. Die hierbei gehobenen Platinen werden von dem Messer m1 erfaſst und ziehen die Kettenfäden in das Tieffach, während der Zug des Messers m1 die Kettenfäden in das Hochfach überführt. Die Rückführung der Platinen bewirken bei dem Rücklauf der Messer die mit deren Zugstangen verbundenen Knaggen o1, o2, welche auf die Hebel h1 ziehend bezieh. schiebend einwirken. Die Neuerungen der Sächsischen Webstuhl – Fabrik in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 7140 vom 15. Februar 1879) an Jacquardmaschinen zur Erzeugung eines reinen Hoch- und Tieffaches charakterisiren sich durch die Führung des Platinenbodens und Messerkastens, welche während des Fachbildens eine solche Neigung dieser gegen den Horizont herbeiführt, daſs die Litzen um so höher gezogen, bezieh. um so tiefer gesenkt werden, je näher sie dem Kettenbaum liegen. Die Einrichtung veranschaulicht Fig. 7 Taf. 10, in welcher p den Platinenboden, m den Messerkasten in der Stellung bei geschlossenem Fach, p1, m1 diese Theile für offenes Fach bezeichnen. An den Seitenwänden des Jacquardmaschinengestelles sind senkrechte Führungen f1 und geneigte Führungen f2 angeordnet, welche die geometrischen Orte der an dem Messerkasten, bezieh. Platinenboden befestigten Zapfen a und b bilden. Die Neigung der Bahnen f2 ist veränderlich zur Regelung der für ein reines Fach erforderlichen Schräglage des Messerkastens und Platinenbodens. Die Hebel h1, h2, welche durch Zugstangen s1,   s2 mit den Zapfen b verbunden sind, bewirken das Oeffnen und Schlieſsen der Maschine. Eine neue Betriebsart des Messerkastens und Platinenbodens zeigt die Jacquardmaschine von Louis Dorigny in Reims (* D. R. P. Nr. 9064 vom 20. Juli 1879). Beide Theile sind durch zwei Hebel h1,   h2 (Fig. 8 Taf. 10) und Zugstangen a und b derart verbunden, daſs der Erhebung des Messerkastens m die Senkung des Platinenbodens p entspricht. Das Oeffnen des Faches ist Folge des Niedertretens des Schemels c1 und hierdurch veranlaſster Aufwickelung des mit dem Messerkasten m verbundenen Riemens r auf die Scheibe s; den Fachschluſs bringt die Hebung des Platinenbodens p durch den bei dem Niedertreten des Trittes c2 schwingenden Hebel d hervor. Die Messer und der Platinenboden liegen stets horizontal, weshalb die Maschine nur ein unreines Fach liefert. Die Platinen p1 p2 . . sind in zwei Gruppen getheilt; ihre Haken werden der Mustergebung entsprechend bei dem Anschlag des Kartenprismas M durch die Nadeln n aus der Messerbahn gedrängt, so daſs die Platinen dem sinkenden Platinenboden folgen und die in ihre Litzen eingezogenen Kettenfäden in das Tieffach überführen. Die Zahl der Nadeln ist gleich der Zahl der Platinen. Je zwei Platinen der beiden Gruppen sind durch die Litzen vereinigt, welche im unteren Theil des Stuhles über hoch und tief zu stellende Glas- oder Metallstäbe o geleitet sind derart, daſs Platine p1 mit Platine pn, p2 mit pn-1 u.s.f. vereinigt ist. Nur die Litzen derjenigen Platinengruppe, welche dem Prisma M zunächst liegt, tragen Zeugringel für den Einzug der Kettenfäden, so daſs nur die halbe Anzahl der vorhandenen Platinen direct fachbildend wirkt. Die Musterkarte ist derart zu schlagen, daſs die Auslenkung aller der Platinen der ersten Gruppe erfolgt, deren entsprechende Gegenplatinen der zweiten Gruppe keine Auslenkung erfahren; hierdurch werden die ersteren gesenkt, die letzteren gehoben und die Litzen gespannt erhalten. Durch diese Anordnung werden die sonst üblichen Belastungsgewichte vermieden und der Gang der Maschine in Folge Wegfalles der trägen Massen ein ruhigerer. In die Litzen eingeschaltete Federn f dienen zur Ausgleichung der Litzenspannung und Verhütung des Litzenbruches bei Störungen in der Auswahl der Platinen. Die Fig. 8 ist in so fern idealisirt, als in der Wirklichkeit die Ebene des Faches nicht normal zum Kartenprisma, sondern parallel zu demselben liegt. Wenn auch die Erreichung der angestrebten Zwecke durch die getroffene Construction nicht zweifelhaft erscheint, so dürften die erlangten Annehmlichkeiten doch wohl durch die Verdoppelung der Platinen, der Nadeln und der Kartenlänge zu theuer erkauft sein und einfacher durch eine der oben besprochenen Schaftmaschine von Schönstedt und Jung entsprechende Platinenanordnung und Anwendung eines zweiten unteren Messerkastens ersetzt werden können. Das bereits bekannte VerfahrenPolytechnisches Centralblatt, 1863 S. 1422., zwei Sammtgewebe mittels zweier Grundketten und einer Polkette gleichzeitig zu erzeugen, ist von Gust. Marcus in Barmen (* D. R. P. Nr. 10269 vom 23. December 1879) dadurch wesentlich erweitert worden, daſs er durch Neuerungen an der Jacquardmaschine diese für die Mustergebung derartiger doppelter Sammtgewebe brauchbar machte. Die Muster entstehen abwechselnd an dem oberen und unteren der über einander liegenden Gewebe derart, daſs die Sammtmuster des einen Gewebes den Grundmustern des anderen Gewebes gegenüber stehen und die beiden Gewebe durch die Polkette an den Musterrändern vereinigt sind; die Trennung der beiden Gewebe erfolgt durch Zerschneiden dieser verbindenden Polkettenfäden. Fig. 9 Taf. 10 zeigt den Schnitt eines solchen Doppelgewebes parallel zur Kettenrichtung; die Fäden a sind Schuſsfäden, b die Grundketten, c die Polkette. Diese letztere liegt zwischen den beiden Grundketten und wird abwechselnd mit der oberen und unteren nach Maſsgabe der Patrone gebunden, so daſs das Muster auf der Innenseite der Gewebe entsteht. Hierzu ist die Bildung des Polkettenfaches in zwei verschiedenen Höhen erforderlich und zwar Höhenlage II (Fig. 10) des Faches für die Musterung des Obergewebes, Höhenlage I des Faches für die Musterung des Untergewebes. Zu dieser Fachbildung und Auswahl der Polkettenfäden nach Maſsgabe des Musters dient eine Jacquardmaschine mit einfachem Platinensatz p1 p2 . . . und zwei Musterketten M1, M2, welche, über zwei Prismen geleitet, durch diese gegen die zwei Nadelsätze n1 und n2 gedrückt werden. Die Bewegung der Prismen ist die bekannte. Die Nadeln n1 des oberen Satzes sind von gewöhnlicher Construction; sie umschlieſsen die Drahtplatinen und drängen dieselben, wenn erforderlich, so weit nach rechts, daſs die oberen Platinenhaken aus der Bahn der Messer m heraustreten, also der Hebung des Messerkastens nicht folgen, wie dies die Platinen p1, p2, p3 zeigen. Der Weg des Messerkastens ist constant gleich der gröſsten Erhebung der Kettenfäden bei der Fachbildung. Die unteren Nadeln n2 bilden eine Art Platinenboden, durch welchen gehobene Nadeln am Herabsinken gehindert werden können. Die Construction des die Platine umschlieſsenden Nadeltheiles zeigt die Fig. 11 Taf. 10, welche eine gehobene Platine darstellt; m' gibt die Tieflage des die Platine hebenden Messers an. Die Platine trägt in der Nähe des unteren Endes einen zweiten Haken h2, welcher bei dem Anheben der Platine auf die volle Höhe durch das Auge der unteren Nadel n2 hindurch tritt. Das Nadelauge enthält eine kleine, nach aufwärts drehbare Zunge s, deren Herabfallen durch den kurzen, sich gegen den Augenrand stützenden Arm a gehindert wird. Ist die Nadel nach links geschoben, so tritt der Platinenhaken zwischen Zunge und Augenrand frei hindurch; bei der Rechtsstellung der Nadel wird bei dem Emporsteigen der Platine die Zunge durch den Haken h2 gehoben und fällt nach dem Vorübergehen desselben in ihre Anfangslage zurück. Senkt sich während der Rechtsstellung der Nadel die Platine, so stützt sich der Haken h2 auf die Zunge s und die Platine ist während der weiteren Messersenkung hoch gehalten; das von ihr gebildete Fach bleibt geöffnet, bis die Verschiebung der Nadel n2 nach links die Platinensenkung zuläſst. Zur Bewegung je eines Polkettenfadens dienen stets zwei Platinen, welche durch eine Schnur an den unteren Enden verbunden sind; die Litze hängt an dieser Schnur mittels eines kleinen frei verschiebbaren Ringes r. In der Figur bewegen beispielsweise die Platinen p1, p2 den Faden f1, Platinen p3, p4 den Faden f2, Platinen p5, p6 den Faden f3. Werden zwei verbundene Platinen, z.B. p5 und p6, durch die Messer gleichzeitig gehoben, so folgt das den Polfaden umschlieſsende Zeugringel i3 der Litze auf die gleiche Höhe (Hochfachbildung f3); bei dem Anheben nur einer Platine eines Platinenpaares, z.B. p4, vertritt jedoch der Ring die Stelle einer losen Rolle und es steigt das Zeugringel dem zu Folge nur auf die halbe Höhe der Messererhebung (Mittelfachbildung f2); das Ausschalten beider Platinen (z.B. p1 und p2) durch die Nadeln n1 bedingt endlich die Ruhelage des betreffenden Zeugringels (also Tieffach f1). Hiernach bewirkt das Anheben von nur je einer Platine eines Paares die Bildung von Tief- und Mittelfach für die Musterung des unteren Gewebes, das Anheben einer Platine des einen Paares und beider Platinen des anderen Paares die Bildung von Mittel- und Hochfach für die Musterung des oberen Gewebes. Das Mittelfach, welches hier die Stelle eines Tieffaches vertritt, kann hierbei durch entsprechende Stellung der Nadeln n2 durch die Musterkette M2 beliebig lange Zeit erhalten bleiben. Die Fachbildung betreffend sind ferner noch zwei Constructionsdetails zu erwähnen. Moritz Lindner in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 6692 vom 9. Januar 1879) ersetzt die bisher benutzten schweren guſseisernen Musterrollen für mechanische Webstühle durch solche von Blech, welche aus zwei gleich gestalteten, gepreſsten Schalen so zusammengesetzt sind, daſs durch Uebereinandergreifen der cylindrisch gestalteten Schalenränder eine Musterrolle von der gebräuchlichen Form hervorgeht (vgl. Fig. 12 und 13 Taf. 10). Obgleich der wirksame Rand der Rolle hierdurch von einer doppelten Blechlage gebildet wird und die Ränder der Rollenbohrungen a und b durch Einbördeln verbreitert sind, kann die Dauer dieser Blechrollen nur eine beschränktere sein als die der massiven Rollen. C. R Lange in Frankenberg i. S. (* D. R. P. Nr. 9203 vom 5. September 1879) construirte ein Chorbrett für Jacquardmaschinen aus zwei Stahlnadelschaaren, welche unter 90° verschränkt in einen durch Stellschrauben zusammenpreſsbaren Eisenrahmen eingesetzt sind; durch den geringen Abstand je zweier benachbarter Nadeln entstehen hierbei quadratische Oeffnungen zum Einziehen der Harnischfäden, welche mittels zweier parallel zu den Langseiten des Rahmens gazebindig eingeflochtener Schnuren vergröſsert oder verkleinert werden können, je nachdem es die Dichtheit des zu erzeugenden Gewebes erfordert. Um die hierbei eintretende Verschiebung der Litzenaugen aus der Geraden ohne Aenderung der Länge der Harnischfäden aufzuheben, wendet Lange eine verschiebbar mit den Harnischfäden verknotete Litze an, welche in Fig. 14 Taf. 10 dargestellt ist. Dieses Hilfsmittel ist einfach und leicht bei jeder Aenderung der Kettendichte zu benutzen, da es nur ein Herabziehen oder Heraufschieben des Litzenfadens in dem Harnischknoten k nothwendig macht.

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