Titel: | Ueber Verdampfung bei constantem Volumen der Verbrennungsgase; von Julius Hock. |
Autor: | Julius Hock |
Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 165 |
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Ueber Verdampfung bei constantem Volumen der
Verbrennungsgase; von Julius Hock.
Hock, Verdampfung bei constantem Volumen der
Verbrennungsgase.
Mehr als 60 Jahre ist es her, daſs Laplace gelehrt hat,
die specifische Wärme von Gasen bei constantem Drucke und constantem Volumen zu
unterscheiden. Das Verhältniſs beider, 1,41 für unveränderliche atmosphärische
Spannung, ist seit geraumer Zeit bekannt. Und eben, weil es allgemein bekannt ist
und weil es gerade Denjenigen genau bekannt sein muſs, die eifrig nach jedem noch so
unscheinbaren Factor forschen, welcher dem ökonomischen Effect von Dampfanlagen, sei
es auch in dem bescheidensten Maſse, zugute kommen könnte, ist es fast
unbegreiflich, daſs es noch Niemand unternommen hat, jene 41 Proc. der gesammten
Brennstoffwärme in Ersparung zu bringen, welche bei allen bisher bestehenden
Kesselfeuerungen, in äuſsere Arbeit umgesetzt, lediglich zur Herstellung des
Luftzuges im Feuerraume dienen – eines kostspieligen Luftzuges fürwahr –, um so
unbegreiflicher, als Gasmotoren und manche andere calorische Maschinen in ihren
Heizungen bei constantem Volumen den Weg zeigen, wie dieses Princip sich auf
Dampfanlagen anwenden läſst.Verfasser scheint hier zu übersehen, daſs auch bei geschlossener Feuerung
Arbeitsverrichtung erfolgt und somit eine höhere Wärmecapacität bedingt.D. Red.
Ich habe mich durch mehrere Jahre mit dem Baue offener Heiſsluftmaschinen mit
geschlossener Feuerung befaſst und aus diesem Grunde lag es mir näher als vielen
Anderen, die Verbrennung bei constantem Volumen, wie sie bei calorischen Motoren mit
geschlossener Feuerung geschieht, auch zur Dampfbildung zu verwenden. Auf diesen Weg
wurde ich geradezu gedrängt durch einen Fehler, welcher meinen und, wie ich glaube,
allen anderen Heiſsluftmaschinen anhaftet und der darin besteht, daſs man nicht alle
Käufer solcher Maschinen davon abhalten kann, sie über die Grenzen ihrer Leistung
hinaus zu treiben. Bei meinen letzten Constructionen theilte ich den von der
Luftpumpe gelieferten Wind in zwei Ströme, leitete einen derselben durch das Feuer
und lieſs ihn mit dem anderen, kaltgebliebenen, vor dem Zuleitungsorgane des
Arbeitscylinders wieder zusammenflieſsen. Bei dieser Anordnung konnte ich die
Maximaltemperatur beliebig fixiren, da dieselbe von dem Verhältniſs der beiden Windmengen
abhängig war. Ich muſste aber doch dem Maschinenwärter die Möglichkeit bieten, bei
Beginn des Betriebes, so lange der Ofen noch kalt war, die ganze Luftmenge durch den
Rost zu führen, um das Feuer rasch entfachen und auch bei nicht genügend angewärmtem
Ofen und mattem Feuer mit dem Betriebe beginnen zu können; es wäre sonst relativ
lange Zeit zum Anheizen erforderlich gewesen. Diese Möglichkeit, mehr Wind, als bei
gutem Feuer zulässig ist, durch den Rost zu führen, wurde leider manchmal
miſsbraucht. So zwang man die Maschinen zu gröſseren als den ihnen zugedachten
Leistungen, sei es, daſs man sie eine gröſsere Nutzarbeit verrichten machte, sei es
– und dies ist der häufigere Fall –, daſs man sie Widerstände, welche durch
Vernachlässigung entstanden, z.B. durch verriebene Zapfen und Lager, überwinden
lieſs. Die höhere Temperatur des arbeitenden Mediums, welche die Steigerung der
Leistung bewirkte, hatte die unerwünschte Folge, daſs die Zuführungsorgane des
Arbeitscylinders glühend wurden und in kurzer Zeit Ausbesserung erheischten.
Obgleich der hier geschilderte Uebelstand bei einer verhältniſsmäſsig geringen Anzahl
von Maschinen sich geltend gemacht hat, kaum bei dem 20. Theile aller verkauften
Motoren, so muſste doch für gründliche Abhilfe gesorgt werden, wenn nicht die in der
beschriebenen Weise nothleidenden Maschinen die weitere Verbreitung des sonst so
gesunden Systemes der geschlossenen Feuerung behindern sollten, eines Systemes,
welches wohl geeignet ist, auch gröſsere Leistungen als die bis vor Kurzem
gebräuchlichen 4° nicht übersteigenden zu erzielen. Diese gröſseren Leistungen
bedingen nicht, wie es auf den ersten Anblick scheinen möchte, unpraktische Maſse
oder Temperaturen. Nur höhere als die bisher üblichen Spannungen sind erforderlich
und diese sind dadurch zu erlangen, daſs man das Verhältniſs des Luftpumpenvolumens
zum Füllungsvolumen des Arbeitscylinders wachsen läſst. Was darüber zu sagen ist,
hat Redtenbacher schon vor einem Vierteljahrhundert
ausgesprochen. Dennoch haben alle Constructeure von offenen Heiſsluftmaschinen
ausnahmslos den Fehler begangen, allzu kleine Luftpumpen anzuwenden und in
unausbleiblicher Folge davon immer nur mit geringen Spannungen oder, wie ein
hervorragender Fachmann sich ausdrückt, „mit Seufzern“ gearbeitet. Da konnten
denn auch die Maschinen nicht anders als groſs sein für kleine Leistungen und an
groſse Kraftentwicklungen war wegen der riesig werdenden Dimensionen mit den daraus
entspringenden Uebelständen nicht zu denken.
Wenn man durch Vergröſserung des Verhältnisses von Luftpumpe zu Füllungsvolumen die
Spannung bedeutend erhöht, muſs man die durch die Verdichtung der Luft in der Pumpe
entstehende Compressionswärme beseitigen. Das Diagramm der Luftpumpe muſs offenbar
ohne Beseitigung der Compressionswärme die adiabatische Curve zeigen, bei vollständiger
Beseitigung der Compressionswärme die Mariotte'sche Curve. Die zwischen diesen
beiden Curven liegende Fläche stellt die durch Beseitigung der Wärme zu ersparende,
also durch gute Kühlung zu gewinnende Arbeit dar. Ein feiner von mir während der
Saugperiode in die Luftpumpe einer offenen Heiſsluftmaschine eingeführter
Wasserstrahl, welcher von einem dem Druckraume (Ofen) der Maschine entnommenen
Windstrahle in Nebel zerstäubt wurde, hatte zur Folge, daſs die gebremste Leistung
der Maschine stieg und zwar um mehr stieg, als die Berechnung der zwischen der
adiabatischen und der Mariotte'schen Curve liegenden Fläche ergab. Das
Luftpumpendiagramm zeigte eine der Mariotte'chen sehr nahe kommende Linie. Ein
Irrthum konnte nicht obwalten; denn unterbrach man den Wasserzufluſs zur Luftpumpe,
so muſste sofort die Belastung des Bremszaumes vermindert werden und umgekehrt,
sobald man Wasser wieder zuflieſsen lieſs, wuchs die Ganggeschwindigkeit der ohne
Regulator laufenden Maschine, bis der Bremswiderstand wieder vergröſsert wurde. Aus
den Diagrammen des Arbeitscylinders war der Zusammenhang deutlich ersichtlich. Das
in der Luftpumpe zerstäubte Wasser hatte den gröſsten Theil der Compressionswärme in
sich aufgenommen, dann mit dem Winde das Feuer durchströmt und war da in überhitzten
Dampf verwandelt worden, der mit den Verbrennungsgasen hinter dem Arbeitskolben zu
nutzbarer Verwendung gelangte. Es war also die Compressionswärme gröſstentheils von
dem Wasser aufgenommen und durch dasselbe aus einem Räume, in welchem sie hemmend
wirkte, dorthin geschafft worden, wo sie Nutzen brachte.
Dieser gelungene, oft und in verschiedenen Varianten, aber stets mit demselben
Ergebniſs wiederholte Versuch veranlaſste mich, die lange gehegte Absicht
auszuführen, den kalten Windstrom, von welchem früher die Rede war, durch
Wassereinführung zu ersetzen, was die Verwendung der ganzen von der Pumpe
geförderten Luftmenge, bezieh. des darin enthaltenen Sauerstoffes zur Verbrennung
ermöglichen, mithin die Kraftleistung des Motors entsprechend vergröſsern sollte. Zu
diesem Zwecke lieſs ich fein zerstäubtes Wasser in die Feuergase pumpen, welche,
indem sie es verdampften, einen Theil ihrer Wärme daran abgaben. Das Gemenge von
überhitztem Dampf und Verbrennungsgasen, dessen Temperatur bei geschickter Anordnung
der Verdampfung von dem Belieben des Constructeurs abhängig ist, streicht durch das
Zulaſsventil und gelangt im Arbeitscylinder zur Arbeit. Auch dieser Versuch gelang
vollständig und sein Resultat entsprach mit überraschender Genauigkeit den vorher
angestellten Berechnungen sowohl in Betreff der Spannung und der Kraftleistung, als
in Bezug auf den ökonomischen Effect. Besonders der letztere stellte sich so überaus
günstig, daſs ich Anstand nehme, Ziffern zu veröffentlichen, bevor dieselben durch
Fachmänner von allgemein anerkannter Glaubwürdigkeitgeprüft sind. Dies wird demnächst an einer der Vollendung nahen 30e-Maschine geschehen, über deren Indicirung und Bremsung ich seiner Zeit ausführlich berichten werde, ebenso über diejenigen
Einzelheiten der Construction, welche den Erfolg bedingen.
Seit nahezu einem Jahre betreibe ich nun meine Wiener Werkstätten mit einer derartigen Luftdampfmaschine, ohne daſs sich der
geringste Anstand aus der eigenthümlichen Dampferzeugung ergeben hätte. Nach Ablauf dieser Probezeit glaube ich damit an die
Oeffentlichkeit treten zu dürfen, ohne befürchten zu müssen, daſs die Praxis bisher unerkannte Uebelstände aufdecken werde.
Wien, Ende Februar 1881.