Titel: | Ueber Neuerungen an Wirkereimaschinen. |
Autor: | G. W. |
Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 185 |
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Ueber Neuerungen an
Wirkereimaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 16.
(Patentklasse 25. Fortsetzung des Berichtes S. 31
Bd. 239.)
Ueber Neuerungen an Wirkereimaschinen.
In den eigentlichen Wirkmaschinen ist eine neue Idee zur Herstellung von Preſsmustern ausgeführt worden von F. G. Rätzer in Burgstädt, Sachsen (* D. R. P. Nr.
12194 vom 11. Juni 1880). Diese Ausführung ist auf Taf. 16 in Fig. 1 in
ihrer Anwendung auf Ränderstühle und in Fig. 2 für
englische Rundstühle angegeben; sie beruht im Allgemeinen darauf, daſs man eine
gewöhnliche glatte Preſsschiene oder ein Preſsrad benutzt, aber diejenigen Nadeln,
welche nicht gepreſst werden sollen, so weit aus ihrer Stellung biegt, daſs ihre
Haken von der glatten Presse nicht getroffen werden. Es liegt deshalb nach der einen
Ausführung (Fig. 1) in
den Lagern e, der Pressenarme f ein drehbares Prisma e, dessen vier Seiten
Reihen von regelmäſsig vertheilten Einschnitten oder auch je auf die ganze Länge
eine Nuth enthalten, in welche gewöhnlich die vorspringenden Abkröpfungen b der Nadeln a
hineinreichen. Nach Art eines Jacquardprismas trägt auch e eine Kette mit Karten i, von denen jede die
Nuth an irgend welchen Stellen überdeckt und an anderen offen läſst. Wird nun die
Presse g in gewöhnlicher Weise gegen die Haken der
Nadeln a gedrückt, so werden nur diejenigen der
letzteren gepreſst, deren Vorsprünge b in das Prisma
e eintreten können, und die anderen von der Karte
zurückgedrängten Nadeln bleiben ungepreſst und bilden Doppelmaschen. Jede Karte
enthält eine andere Musterung und man kann auſserdem das Prisma e noch in seinen Lagern, entlang der Nadelreihe, um
mehrere Theilungen verschieben. – Behufs Verwendung dieser Presseneinrichtung an
einem Rundstuhl ist, wie Fig. 2
zeigt, unterhalb des gewöhnlichen glatten Preſsrades p eine Scheibe q mit eingedrehter Nuth q1 angegeben, in welche die Abkröpfungen
o1 der Nadeln o hineinreichen. Ueber diese Scheibe wird ein
Cylindermantel r geschoben, welcher Reihen von
Einschnitten r1, in
verschiedener Höhe liegend, enthält und so verschoben werden kann, daſs irgend eine
dieser Reihen auf der Nuth q1 liegt. Ist ein solcher Einschnitt so groſs, daſs ein Vorsprung o1 ganz durch ihn
hindurch reicht, so bleibt die betreffende Nadel in ihrer gewöhnlichen Stellung und
wird vom Rade p gepreſst; trifft aber ein Vorsprung o1 auf eine engere
Oeffnung r1, so dreht
er damit die Scheibe q nur weiter fort und die
betreffende Nadel wird vom Mantel r so weit
zurückgedrängt, daſs das Preſsrad p ihren Haken nicht
trifft und auf ihr eine Doppelmasche entsteht.
Eine andere ebenfalls zur Herstellung von Preſsmustern erfundene
Einrichtung gestattet auch für Zungennadeln die Verwendung einer Musterpreſsschiene,
welche auf diejenigen Nadeln wirkt, die nicht Maschen, sondern Doppelmaschen bilden
sollen. Es sind dazu besondere Preſsmuster-Zungennadeln
von W. Barfuſs in Apolda (* D. R. P. Nr. 12490 vom 6.
Juli 1880) construirt worden, welche, wie Fig. 3 Taf.
16 darstellt, unterhalb ihrer Zunge a eine Feder b enthalten, die entweder mit der Zunge, oder mit dem
Nadelschafte verbunden ist und erstere immer aufwärts treibt, so daſs sie von der
nach vorn kommenden Masche x umgeklappt wird und den
Haken schlieſst, damit eine neue Masche entstehen kann. Wenn aber eine Preſsschiene
oder ein Preſsrad die Zunge a bis in die Nuth des
Schaftes niederdrückt, so gleitet die alte Masche x
über sie hinweg in den Haken der Nadel zur neuen Schleife y und es entsteht eine Doppelmasche. Hiermit sind Preſsmuster wohl in
leichterer Weise herzustellen als durch das Vorschieben der Zungennadeln auf
verschiedene Weiten, wie es bisher in Strickmaschinen und Rundstühlen geschieht.
Eine Fadenführer – Anordnung und
Mindermaschine, geeignet für das Wirken aller Theile eines Strumpfes an
einem und demselben mechanischen Stuhle, sind Gegenstände der Erfindung von C. G. Mossig in Siegmar (* D. R. P. Nr. 12289 vom 6.
Juni 1880). Fig. 4 bis
7 Taf. 16 zeigen einen Fadenführer für einen Zweilängenstuhl: Die beiden
Führer N arbeiten die Längen A und die Füſse G bis G (Fig. 6) der
Strümpfe allein; für die Fersen B und Fuſsspitzen FG und GH kommen noch die
Führer Q mit zur Wirkung, welche sonst ruhig an der
Seite beider Längen stehen bleiben. Um die Führer Q mit
zu bewegen, wird der Arm U so weit gedreht, daſs sein
Einschnitt bei T den von R
herauf reichenden Stab S erfaſst, und damit ist O mit R, also auch N mit Q fest verbunden.
Die Mindermaschine Fig. 7
enthält eine genügende Anzahl Decker für die Fuſsspitzen zweier Strümpfe, also 8
Stück bei deutschen Fuſsspitzen. Hiervon sind die mit 1
und 4 bezieh. I und IV
bezeichneten Decker
thätig zur Minderung des Längens und der Ferse.
1 und I sind mit einander
verbunden und werden durch f und l k verschoben; ebenso sind 4 und IV mit einander verbunden und erhalten durch g und m n ihre
Verschiebung. Dabei ist der Stift r aus dem Decker 3 entfernt worden und es bleiben die Decker 3 und 111 bezieh.
2 und 11 ruhig liegen; sie
nehmen wohl Maschen von den Stuhlnadeln ab, hängen sie aber auch wieder auf
dieselben Nadeln auf. Wird der Keil E N1 (Fig. 6) im
Fuſse an einer Seite gemindert, so wirken die Decker 1
und I allein, bewegt durch f, und die anderen Klinken sind ausgelegt. Soll aber die Keilminderung in
E N1 und C N2 entstehen, so wird
bei C N2 nur um eine
Nadel fortgedeckt, damit die entstehenden Oeffnungen nicht zu groſs werden, und dann
wirken für diese Stelle die Decker 2 und 11 in der Weise, daſs man die Klinke g auslegt und die Klinke h
in die feine Theilung b2 einlegt. Durch letztere wird b b1 mit 2 und II nur um je eine Nadeltheilung einwärts geschoben; der
Hebelarm c t für die Klinke h ist auch nur halb so lang wie derjenige i v
für g. Zum Mindern der Fuſsspitze endlich bewegt f direct die Schiene a
o1 mit 1 und
I und durch Anstoſsen des Winkels q an den Stift r in 3 wird auch c c1, mit den Deckern 3
und III verschoben; ebenso wirkt die Klinke g in der starken Theilung von b direct auf die Decker 2 und II und nimmt durch p o
auch die Decker 4 und IV
mit fort.
Von C. G. Mossig (* D. R. P. Nr.
12496 vom 16. Juli 1880) ist ferner auch eine Befestigungsweise des Mühleisens in flachen Wirkstühlen angegeben worden,
welche gestattet, das Mühleisen schnell zu entfernen und auch sofort wieder in die
richtige Lage einzustellen. Die Schiene e der
Platinenschachtel (Fig. 8 Taf.
16) trägt zu dem Zwecke an jeder Seite zwei mit einander verbundene Stelleisen c und g, deren oberes die
Kante von e übergreift und welche gemeinschaftlich im
Schlitze h verschiebbar sind. Mit dem unteren Winkel
g1 tragen dieselben
das Mühleisen a und mit den Platten g2 überdecken sie seine
Enden. Rückt man ein solches Stelleisen c g zur Seite,
so fällt das Mühleisen a heraus; es kann aber sogleich
wieder in die vorige Höhenlage gebracht und auf g1 aufgelegt werden. Durch die vorstehenden Ecken c1 wird der Hub des
Mühleisens beim Pressen der Platinen begrenzt und, wenn man letzteres noch weiter
empor drängt, so hebt es mittels c1
c das ganze Hängewerk empor.
Die Vorrichtung
zur gleichzeitigen Röſschen- und Mühleisenstellung an
Wirkmaschinen von F. Reinh. Brauer in Chemnitz (* D. R.
P. Nr. 11475 vom 10. Januar 1880) besteht aus einer an jeder Seite des Stuhles
angebrachten Verbindungsschiene zwischen der Röſschenstange und den Traghebeln des
Mühleisens, so daſs beim Heben und Senken der ersteren auch das letztere mit bewegt
wird. Die Mühleisenträger stehen aber mit Schrauben auf diesen Verbindungsschienen,
damit man insbesondere noch das Mühleisen gegen die Röſschenbahn in die richtige
Lage bringen kann.
Ein neuer Weg zur Verstellung der Kulirtiefe für Langreihen besteht nach Böſsneck und Richter in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 12479
vom 27. Juni 1880) in folgendem Verfahren: In denjenigen Wirkstühlen mit beweglicher
Nadelbarre, in denen der Abschlagkamm zugleich das vordere Nadellager bildet, wird
dieser Abschlagkamm senkrecht verschiebbar angebracht und durch Hebel und eine
Hubscheibe der Triebwelle nach Erforderniſs selbstthätig gehoben und gesenkt. Er
hält dann in seiner höchsten Lage die Nadeln so gegen die kulirenden Platinen, daſs
diese auf ihnen die längsten Schleifen bilden, aus denen eine sogen. Langreihe
entsteht. Die Hebel und die Wendewelle, welche den Abschlagkamm heben, werden
gewöhnlich durch eine Feder so weit nach einer Seite hin gezogen, daſs der an die
Hubscheibe reichende Arm nicht von der letzteren erfaſst werden kann und der
Abschlagkamm die Nadelreihe in bestimmter Höhe für gewöhnliche Maschenlänge liegend
erhält. Durch ein an der Zählkette des Stuhles befindliches keilförmiges Stück wird
aber die Hebewelle zur rechten Zeit an die Hubscheibe gebracht und die Nadelreihe
für die Zeitdauer einer Maschenreihe gehoben.
Bei der Herstellungsart der Zungennadeln, welche W.
Tatham in Ilkeston, England (* D. R. P. Nr. 11709 vom 9. März 1880) angibt,
wird zur Befestigung der Zunge im Nadelschafte nicht eine besondere Niete
eingeschlagen, sondern der Schaft an der Stelle, an welcher die Zunge in ihm sich
dreht, so ausgestanzt, daſs in der Mitte der entstehenden Nuth ein schmaler Steg
stehen bleibt, welchen man thunlichst rund feilt und als Drehbolzen für die Zunge
verwendet. Die letztere ist am Ende nicht durchlocht, sondern flach geschlagen und
wird hakenförmig um den Steg herumgebogen, wodurch die Zunge drehbar in dem
Nadelschafte hängt.
Für mechanische Kettenstühle
verwenden Frerichs und Coltman in Bradford, England (*
D. R. R Nr. 12459 vom 11. Mai 1880) einen Kamm F (Fig.
9 Taf. 16), dessen Zähne die Waare einschlieſsen, während ein durch
sämmtliche Zähne F geschobener Drahtstab G das Zuklappen der Nadelhaken durch die Zungen
verhindert, da beim Aufsteigen der Nadeln diejenigen Zungen, welche durch die
abgleitenden Maschen etwa nach aufwärts geschnellt werden, an den Draht G anstoſsen und wieder zurückfallen. Für die
Verarbeitung lockerer Shoddygarne werden Kettennadeln h
mit weiten Oehren verwendet.
Der Apparat zum einseitigen
Offenstricken an der Lamb'schen Strickmaschine von F. Reinhardt in Naumburg und H. Günther in
Chemnitz (* D. R. P. Nr. 12624 vom 2. Juli 1880) ermöglicht die Herstellung von
flacher Waare, deren Breite gleich der doppelten Maschinenbreite ist. Hierzu müssen
die beiden Nadelreihen nach der in Fig. 10
Taf. 16 dargestellten Reihenfolge arbeiten: Die hintere gibt die Reihe 1 beim Schlittenschube nach rechts, die vordere die
Reihe 2 nach links, darauf dieselbe auch 3 nach rechts zurück und endlich gibt die hintere
Nadelreihe wieder die Maschenreihe 4 beim Ausschube
nach links. Hierzu ist erforderlich, daſs auf der linken Maschinenseite die
Schloſsstellung bei jedem Abgange des Schlittens dieselbe bleibt, wie sie es bei
seiner Ankunft war, daſs also die Riegel niemals den Schloſsschieber treffen oder
verschieben. Dagegen muſs auf der rechten Seite bei jedem Schlittenhube die Stellung
beider Schlösser verändert werden; dies kann einmal durch Anstoſsen der
Schloſsschieber a an die Riegel c
geschehen; behufs
Verschiebung nach der entgegengesetzten Richtung ist aber eine besondere Vorrichtung
erforderlich. Jeder Riegel c hängt deshalb als
zweiarmiger Hebel, drehbar um e, an dem Gestell und
wird bei d von einem Querstege der verticalen Platte
l bewegt, welche ihrerseits durch k und ein Stirnrad h mit
dem Kurbelzapfen i während je zwei Rundreihen der
Maschine eine Bewegung aufwärts und eine solche abwärts erhält. Das Rad h ist doppelt so groſs wie das Triebrad g an der Kurbelwelle f.
Wenn nun, während einer Reihe, l sich senkt, so heben
sich die Riegel c und an ihnen verstellen sich die
Schlösser; wenn jedoch während der nächsten Reihe l
sich hebt, so stoſsen dagegen die Enden t der an dem
Schlitten angebrachten Hebel t s q; sie werden nach
links zurückgedrängt und ziehen mit q r die
Schloſsschieber nach rechts hin, d. i. in entgegengesetzter Richtung zu deren
Verstellung durch c.
In der Strickmaschine von G. L.
Oemler in Plagwitz-Leipzig mit einem Nadelbetriebe
durch ungleicharmige Zwischenhebel (* D. R. P. Nr. 12390 vom 22. Juni 1880)
wirken die Schlösser nicht mehr direct auf die Arbeitshaken der Nadeln, sondern
liegen und verschieben sich um so viel über dem Nadelbette erhöht, daſs eine Reihe
zweiarmiger Hebel zwischen jedem Schlosse und jeder Nadelreihe Platz findet. Die
Hebel einer jeden Reihe sind um eine gemeinschaftliche Achse drehbar, erfassen mit
den unteren längeren Armen die seitlich abgekröpften Nadeln und reichen mit ihren
oberen nur halb so langen Armen bis in die Schloſsführungen. Wegen der ungleichen
Hebellänge brauchen für einen bestimmten Nadelausschub die Schloſsdreiecke nur halb
so groſs zu sein als bisher bei directem Nadelbetrieb und diese kleineren Dreiecke
bringen auch nur halb so viele Nadeln in gleichzeitige Arbeit und Bewegung als
bisher, so daſs das Garn in wenigen Nadelhaken liegt und nicht so angespannt wird.
Man kann daher mit dieser Einrichtung sehr lockeres Garn verarbeiten und schont des
Material. Die Nadeln können auch ganz ohne Oel gehen, die Waare bleibt also rein,
und das Ausrücken derjenigen Nadeln, welche nicht mehr arbeiten sollen, erfolgt
durch Federn, welche die ersteren aus den gabelförmigen Enden der Hebel
herausdrücken.
Damit in Strickmaschinen das mittlere Dreieck mit seinen unteren Ecken nicht an die
Arbeitshaken der Reihe ungleich hoch stehender Nadeln anstöſst, hat J. A. St. Biematzki in Hamburg (* D. R. P. Nr. 12627
vom 24. Juli 1880) an die untere Kante der Schloſsplatte zwei Blattfedern
angeschraubt, welche bis unter das Mitteldreieck reichen und seitlich vor demselben
vorstehen. Die gebogenen Enden dieser Federn drängen die Nadelhaken zunächst so weit
empor, daſs sie an die Seiten des Mitteldreieckes und nicht an seine Ecken
antreffen.
Die Rundstrickmaschine von Emanuel Buxtorf in
Troyes (* D. R. P. Nr. 12225 vom 21. April 1880) erinnert durch ihre Maschenbildung
an die erste Rundstrickmaschine von Mac Nary in sofern,
als sie, ähnlich einem Kettenstuhle, eine Anzahl Fäden in die Nadelreihe einführt,
einzeln in die Haken jeder Zungennadeln legt und aus diesen Legungen durch Senken der
Nadeln unter die letzte Reihe neue Maschen bilden läſst. Diejenige Partie Nadeln,
welche gleichzeitig Fadenlagen erhalten, wird gehoben oder gesenkt wie eine
bewegliche Nadelbarre; darauf dreht sich der Nadelkranz um eine Theilung und die
Reihenbildung beginnt aufs Neue. Wenn sich in dieser Weise der Rundkopf stetig nach
einer Seite hin dreht, so bilden die Fäden Maschenreihen, welche schraubengangförmig
über einander liegen, wonach man die Maschine auch „Spiralmaschine“ oder „Spirale Ballon“ genannt hat. Der Nadelkranz dreht sich aber auch
beliebig vor- oder zurück und es entstehen nicht nur cylindrische, sondern auch
flache und kugelförmig oder knieförmig ausgebogene Waarenstücke, welche zu
mannigfachen Gebrauchsgegenständen zusammenzusetzen sind. Die Bewegung und
Regulirung des Nadelkranzes, der einzelnen arbeitenden Nadelpartien, der Fadenführer
und eines eigenthümlichen Waarenabzuges sind alle selbstthätig wirksam.
G. W.