Titel: | Ueber Milch, Butter und Käse. |
Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 224 |
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Ueber Milch, Butter und Käse.
Ueber Milch, Butter und Käse.
Der Milchkühler von F. A. Mitzinger in Greiz (* D. R. P. Kl. 45 Nr. 11755
vom 29. April 1880) besteht aus zwei concentrisch in einander gesteckten, wagrechten
Röhren. In dem dadurch gebildeten ringförmigen Räume sind zur besseren Vertheilung
der Milch ausgezackte Bleche angebracht. – F.
Zwingenberger in Hamburg (* D. R. P. Kl. 45 Nr. 11835 vom 16. März 1880)
verwendet dagegen wieder einen Flächenkühler, der sich von dem Lawrence'schen (1876
222 * 489) wesentlich nur dadurch unterscheidet, daſs das Wasserzufluſsrohr zur
leichteren Reinigung abschraubbar ist.
Zur Conservirung von Milch wird nach
E. Klebs in Prag (D. R. P. Kl. 53 Nr. 12206 vom 3.
März 1880) die Milch bei 40 bis 50° in Vacuumapparaten auf etwa ⅕ ihres Volumens
eingedampft. Während der Verdampfung läſst man auf je 100l Milch 1 bis 3l
einer Lösung von 50g benzoesaurem Magnesium in
1l Wasser in den Vacuumapparat eintreten.
W. Fleischmann berichtet in der Milchzeitung, 1880 S. 517 u. 533 über Versuche mit
dem Laval'schen Separator (1881 239 * 44).
Danach verhalten sich die Zahlen für den procentischen Fettgehalt der Magermilch bei
gleichen Temperaturen und bei gleicher Umdrehungsgeschwindigkeit der Trommel direct
wie die Quadratwurzeln aus den Maſszahlen für die Milchmengen, welche in der Stunde
durch die Trommel gehen; bei gleichen Temperaturen und wenn gleiche Milchmengen in
der Stunde durch die Trommel gehen, umgekehrt wie die Quadrate der Maſszahlen für
die Umgänge der Trommel in der Minute. Der procentische Fettgehalt F der Magermilch ändert sich bei gleicher Drehungsgeschwindigkeit der
Trommel und, wenn gleiche Milchmengen in der Stunde durch die Trommel gehen,
zwischen den Grenzen von 400 und 30°, mit der Temperatur t nach dem durch folgende Formel ausgedrückten Gesetz:
F=0,13\times\,1,035^{40-t}. Danach lieſs sich folgende Formel
aufstellen, nach welcher sich für jeden der angestellten Versuche, sofern dabei die
mittlere Temperatur der zulaufenden Milch zwischen den Grenzen von 40 bis 13° lag,
der procentische Fettgehalt der Magermilch im Voraus bis auf 0,02 bis 0,03 Proc.
genau angeben läſst:
F=\frac{351330\,\sqrtM}{u^2}\times\,1,035^{40-t} wobei F den procentischen Fettgehalt der Magermilch, M die Milchmenge, welche stündlich durch die Trommel
ging, ausgedrückt im Kilogramm, u die Zahl der Umgänge
der Trommel in der Minute, berechnet aus den Umläufen der Schnur, und t die mittlere Temperatur der zulaufenden Milch
bedeuten. Bei 5336 Umgängen der Trommel in der Minute und bei einem Zulauf von
111k Milch in der Stunde wurden z.B.
erhalten:
MittlereTemperaturder Milch
Fettgehalt der Magermilch
Unterschied
Bemerkungen
Beobachtet
Berechnet
Grad
Proc.
Proc.
Proc.
39
0,1461
0,1346
– 0,0115
Frische Morgenmilch.
28
0,1800
0,1964
+ 0,0164
Abendmilch vorgewärmt.
27
0,2178
0,2033
– 0,0145
Transportirte Morgenmilch.
27
0,2026
0,2033
+ 0,0007
Frische Morgenm. (Hahn
25
0,1949
0,2178
+ 0,0229
Desgl. [ganz geöffnet.)
25
0,2145
0,2178
+ 0,0033
Desgleichen.
14
0,3235
0,3180
– 0,0055
Desgleichen.
14
0,3842
0,3180
– 0,0662
Abendmilch nicht vorgew.
13
0,3437
0,3291
– 0,0146
Frische Morgenmilch.
6
0,5814
0,4168
– 0,1646
Desgleichen.
Die Ausrahmung ist somit weit vollständiger als beim
Eisverfahren.
Nach v. Arnim (Milchzeitung, 1881 S. 115) haben Aufrahmsysteme, welche nicht eine unbedingt süſse, zu
menschlichem Genuſs geeignete Magermilch liefern, heute keine Berechtigung mehr.
Unter den Vortheilen des Centrifugalverfahrens ist zu betonen, daſs die Sicherheit
der Fettausbeute eine weit gröſsere ist als bei jedem anderen Verfahren, daſs
dieselbe von Futter- und Lufttemperaturwechsel unabhängig ist, wenn nur die
treibende Maschine regelmäſsig geht und die Vollmilch zwischen 32 und 40° hat, und
daſs „träge“ Milch, mit welcher der Eismeier so oft zu kämpfen hat, ein
unbekannter Begriff ist. Als Nachtheile der Schleuderapparate sind hervorzuheben die
sorgfältige Behandlung und unbedingte Erforderlichkeit einer Maschine als treibende
Kraft und das Gelangen von etwas Magermilch in den Rahm. Durch sofortige Abkühlung
des letzteren auf etwa 5° und demnächstige Erwärmung zur Erlangung der
Butterungsreife sowie anderweite sorgfältige Behandlung ist jedoch eine durchaus
feine und haltbare Butter zu erzielen. Das Eisverfahren gibt eine geringere Ausbeute an Butter bei
nur mittelguter Vollmilch, groſse Ungleichmäſsigkeit in der Fettausbeute bei
Veränderung des Futters und der Temperatur und die Notwendigkeit, gröſsere Räume
verwenden zu müssen. M. Herter (Milchzeitung, 1881 S. 28 und 74) zeigt, daſs das Blauwerden der Milch nicht von einer Krankheit der Kühe, sondern von
feuchtwarmer Luft im Aufbewahrungsräume abhängt. Es ist noch kein einziger Fall des
Auftretens von blauer Milch bei den niederen Temperaturen des Eisverfahrens
beobachtet. Nach A. Hansen (Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Bd. 3 Heft 2) kann jede Milch blau
werden, wenngleich die eine leichter als die andere. Die Milch wird nur vor der
vollständigen Gerinnung blau. Licht und Wärme haben weniger Einfluſs auf die
Entwicklung dieser Pigmentbacterien; dagegen ist Sauerstoffzutritt unbedingt nöthig.
Bedeckt man die Oberfläche blauer Milch mit einer Oelschicht, welche den Sauerstoff
abhält, so geräth die Weiterentwicklung der blauen Flecke in Stillstand. Bei der
mikroskopischen Untersuchung findet man in der Milch, welche anfängt blau zu werden,
massenhaft bewegliche Stäbchenbacterien, welche sich rasch durch Theilung vermehren
unter Bildung des Anilin ähnlichen blauen Farbstoffes. Die Bewegung wird bei diesem
Theilungsproceſs allmählich langsamer.
In Cohn's Nährlösung schwillt das Ende der Stäbchen blasig an und endlich wird eine
Spore abgetrennt, welche Sporen nach 5 bis 6 Tagen keimen. Während bei dieser
Entwicklung keine blaue Farbe entsteht, bewirken diese Bacterien, sobald sie auf
Milch gebracht werden, wieder Blaufärbung derselben. Auch auf Pflanzenschleim,
Kartoffeln, Zuckerlösungen u.s.w. können diese Bacterien ohne Farbstoffbildung
leben.
Airy bespricht in den Industrieblättern, 1881 S. 9 die Uebertragung von
Krankheitsstoffen durch die Milch. Durch Kochen der Milch scheinen
dieselben unschädlich gemacht zu werden.
Ueber die Wirksamkeit des
Labfermentes unter verschiedenen äuſseren Umständen berichtet A. Mayer in der Milchzeitung, 1881 S. 17 und 82. Danach beträgt die günstigste Temperatur
für Gerinnung 39°. Zur Bestimmung der Menge von Ferment wurden zu Milch 0,05, 0,10,
0,20, 0,30 Proc. Labextra et zugefügt und bei 35° die Zeit zur Gerinnung beobachtet.
Es wurden gefunden:
Menge von Lab
Zeit bis zur Gerinnung
Product beider Gröſsen
0,05
146 Min.
7,3
0,10
72
7,2
0,20
34
6,8
0,30
22,5
6,75.
Der anerkannte Satz von der umgekehrten Proportionalität von
Labmenge und Gerinnungszeit wird dadurch bestätigt.
Eine Abhängigkeit der Milchgerinnung von mechanischer Bewegung konnte nur in so fern
bemerkt werden, als die bewegte Milch einen rein flockig-käsigen Niederschlag von kleinem
Volumen erzeugte, während in der Ruhe sich Gallerte bildete – ein Verhalten, das
also genau an die Fibringerinnung des Blutes unter verschiedenen Umständen erinnert.
Hiermit ist zugleich ein Fingerzeig gegeben, daſs man wahrscheinlich reineres
Labkasein erhalten wird durch Coaguliren in der Bewegung und daſs das trübe Serum
hauptsächlich durch Fett, welches der Umgarnung durch die Gallerte entgangen ist,
gebildet sein wird. Wie dies aber auch sein möge, in jedem Falle wirkt das Ferment
gleich schnell, ob die Masse bewegt wird oder nicht, und man fürchtet in der Praxis
die Bewegung nur, weil dabei ein bröckeliger fester Käse entstehen würde, eine
wenigstens für die edleren Sorten keineswegs gewünschte Eigenschaft.
Die Versuche über die Frage, ob während des in Rede stehenden Gerinnungsprocesses
Wärme gebunden oder ausgegeben wird, ergaben bis zur beginnenden Gerinnung eine ganz
regelmäſsige Abkühlung von 0,04 bis 0,06° in der Minute. Während der Gerinnung wird
diese Abkühlung aufgehalten und selbst einen Augenblick in ihr Gegentheil verkehrt.
Die Gesammtverzögerung der Abkühlung ist ungefähr 1,1°. Daſs die chemische
Beschaffenheit der Milch mancherlei Einfluſs auf deren Gerinnungsfähigkeit hat, ist
seit lange bekannt. Verschiedene Sorten von Milch, von verschiedenen Thieren auch
derselben Rasse herrührend, gerinnen verschieden rasch. Dasselbe ist der Fall mit
Milch von einem und demselben Thiere zu verschiedenen Zeiten und wohl namentlich bei
verschiedener Fütterung. Ja, einzelne Futtermittel sind als solche genannt worden,
welche einen deutlich verzögernden oder beschleunigenden Einfluſs auf die
Milchgerinnung ausüben sollen. Die Versuche zeigten ferner, daſs das Kasein beim
Erhitzen in nahezu neutraler Lösung bei ungefähr 70° sich so verändert, daſs es
seine Gerinnbarkeit mehr oder weniger einbüſst.
Die Berührung mit Luft hat keinen schädlichen Einfluſs auf die Conservirungsfähigkeit
des Labextractes, wenn nur starke Licht Wirkungen vermieden werden. Die langsame
Erhitzung des Labextractes selbst bis zu 60° hat nicht geschadet; eine Wärme von 66°
tödtet aber das Gährungsvermögen. Die Gerinnung der Milch durch Lab ist ein langsam
verlaufender chemischer Proceſs, welcher, auf eine gewisse Höhe angelangt, ein für
unsere Sinne bemerkbares Resultat liefert, und zugleich ein solcher, bei welchem das
ihn einleitende Ferment zum gröſsten Theil zerstört wird.
Zur Verfälschung von Butter werden
in Amerika groſse Mengen von Talkpulver verwendet, welches in Cincinnati hergestellt
wird. Zum Färben von Butter, Oleomargarin und Käse wird Annato, der Farbstoff von Bixa orellana
verwendet (Industrieblätter, 1881 S. 44 und 53).