Titel: | Ueber die Herstellung und Verwendung von Leuchtgas. |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 61 |
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Ueber die Herstellung und Verwendung von
Leuchtgas.
Mit Abbildungen auf Tafel 6.
(Patentklasse 26. Fortsetzung des Berichtes S. 293
Bd. 240.)
Zur Herstellung und Verwendung von Leuchtgas.
Einen Apparat zur ununterbrochenen
Destillation von Leuchtgas beschreibt E. D.
Farcot in der Revue industrielle, 1879 S. 503.
Die in den Fülltrichter F (Fig. 1 und
2 Taf. 6) aufgegebenen Kohlen werden durch das Becherwerk b gehoben und fallen durch das Rohr a in die runde, flache Retorte m, in welcher sich ein Rührer langsam bewegt. Das entwickelte Leuchtgas
entweicht durch das Rohr e, während die Koke durch das
Rohr n in einen Wasserbehälter fällt, um aus diesem gelöscht durch ein
zweites Becherwerk in untergesetzte Karren geschafft zu werden.
Retortenanlage zur Oelgasbereitung. R. Drescher in
Chemnitz (* D. R. P. Nr. 11266 vom 22. Januar 1880) gibt
der guſseisernen Vergasungsretorte a (Fig. 3 bis
6 Taf. 6) die im Durchschnitt Fig. 3
angedeutete Form. Dadurch ist es möglich, das Oel aus dem Behälter c gleichzeitig durch vier verschiedene Syphonrohre b auf vier verschiedene unter sich abgetheilte
Vergasungsflächen der Retorte zuzuführen, wodurch man eine bedeutende Gasproduction
erzielt. Um die Graphitbildung durch Festbrennen unvergaster Theile zu verhindern
und diese Rückstände aus der Retorte abzuführen, wird die Retorte a nach dem Kopf d hin
stark geneigt eingemauert und in letzterem ein sackartiges Senkrohr s eingegossen, welches unten mit einem Reinigungsdeckel
verschlossen und mit einem Syphon n verbunden ist, um
diese flüssigen Massen ununterbrochen abflieſsen zu lassen. Das entwickelte
Leuchtgas entweicht durch die Vorlage f zu den
Reinigungsapparaten.
Nach R.
Drescher (* D. R. P. Nr. 11895 vom 18. März 1880) steht bei
allen bis jetzt vorgeschlagenen Anlagen, weil die Einführung des Oeles nur auf einer
oder wenigen bestimmten Stellen der Retorte stattfindet, die Productionsfähigkeit
der Retorte zu ihrer Gröſse und Schwere auſser Verhältniſs. Das zu vergasende Oel
enthält sowohl leichte, als auch schwere Kohlenwasserstoffgase, zu deren Entwicklung
verschiedene Temperaturen erforderlich sind. Bei einer geringeren Temperatur
entwickeln sich die leichteren Gase und steigen empor, während bei dieser Temperatur
die übrigen Gase nicht oder doch wenig entwickelt werden; dieselben sinken vielmehr
nieder und treten durch das untere Verbindungsrohr nach der zweiten röhrenartigen
senkrechten Retorte, um dort bei höheren Temperaturgraden vollständig zu vergasen.
Würde man alle Gase in derselben einen Retorte gewinnen wollen, so würde man bei
Anwendung einer geringen Temperatur die schweren Gase nur unvollkommen fortführen
können; dieselben würden sich in den Apparaten zum Theil als Theer niederschlagen.
Bei höherer Temperatur würden aber die leichteren Kohlenwasserstoffgase verbrennen,
bezieh. sich in Ruſs verwandeln. Gehen sowohl die leichten, als auch die schweren
Gase zusammen denselben Weg, so ist die Ausbeute des Oeles unvollkommen (vgl. 1880
237 * 228).
Drescher verwendet nun zwei guſseiserne Retorten A und B (Fig. 7 und
8 Taf. 6), welche mittels Rohre c oben und
unten verbunden sind. Die eiserne Welle a trägt am
unteren Ende ein oder zwei Schalen b, in welche das zu
vergasende Oel durch die Einlaufrohre c eingeführt und
infolge der Umdrehung der Welle gegen die glühenden Wandungen der Retorte
geschleudert wird. Die Dichtung der Welle a wird durch
Wasserverschluſs d hergestellt. Die Retorte A dient zur Zersetzung des Oeles und zur vollständigen
Entwicklung der leichteren Gase, welche emporsteigen und durch das obere
Verbindungsrohr C abgeleitet werden. Dagegen senken
sich die schwereren Gase, Dämpfe u. dgl., treten in das untere Verbindungsrohr C ein und werden nach der viel stärker erhitzten,
glühenden Retorte B geführt, wo sie vollkommen vergast
werden und durch die Kühl- und Reinigungsapparate nach dem Gasbehälter abziehen.
Durch das in dem oberen Verbindungsrohr angebrachte Ventil e wird der Abfluſs des Gases beliebig und genau regulirt. Die Hähne f dienen als Probirhähne, damit man sich von der Farbe
und Güte des Gases überzeugen kann.
Nach A. Hegener's Bericht über den Betrieb der städtischen Gaswerke in Köln
für das J. 1880 betrug die Leuchtkraft des von der städtischen Gasfabrik in
Köln gelieferten Leuchtgases im Durchschnitt 19,7 Kerzen bei 170l stündlichem Verbrauch im Argandbrenner, somit
für 100l 11,6 Kerzen. In einer Fabrik mittels
einer Retorte ohne Reiniger hergestelltes Oelgas gab in
einem Sugg'schen Argandbrenner für Oelgas für 37l
14,3, also für 100l 38,6 Lichtstärken, somit die
3½ fache Leuchtkraft. Das Oelgas enthielt in 10000 Theilen etwa 4 Th. Schwefel, also
fast ebenso viel als gut gereinigtes Steinkohlengas.
Wenn 100k Oel 15 M. kosten und 50cbm Gas geben, die Anlage 5000 M., das Grundstück
(in Köln) 4000 M. kosten, so betragen bei einer Jahresproduction von 12000cbm Gas die Selbstkosten für 1cbm Oelgas:
Oel
30
Pf.
Unterfeuerung
5
Lohn
6
Ausbesserungen u. dgl.
5
Zinsen von 9000 M
4
Amortisation von 5000 M
2
Feuerversicherung u. dgl.
2
––––––
54
Pf.,
oder berechnet auf Leuchtgas (54:3,5) = 15,46 Pfennig.
Nach N. Küchler betrugen i. J. 1876 in Weiſsenfels die
Selbstkosten bei einer Gasproduction von 72534cbm
und einem Oelpreise von 11 M. für 100k:
für 72534cbm
für 1cbm
179352k,5 Paraffin- und
Creosotöl
19645,81
M.
27
Pf.
690t Braunkohle zur
Unterfeuerung
4306,15
6
Betriebskosten, Ausbesserung u. dgl.
4005,38
5,5
Zinsen
6770,63
9,3
Amortisation
3240,00
4,5
Arbeitslöhne
3463,07
4,8
––––––––––––––––––––––––––––––
41431,04
M.
57,1
Pf.
Zur Vergasung flüchtiger
Kohlenwasserstoffe verwendet P. Suckow in
Breslau (* D. R. P. Nr. 12 216 vom 19. Mai 1880) eine topfförmige Retorte B (Fig. 9 bis
12 Taf. 6). Das Oel flieſst durch das Rohr e
in ein in der Retorte
hängendes, sich erweiterndes Rohr f, welches mit
Schlackenwolle angefüllt ist und dazu dient, den Zufluſs zu reguliren und das Oel in
Dampf zu verwandeln. Das dampfförmige Oel tritt nun in die Retorte B, welche wellenförmige Wände hat, um das Zerreiſsen
der Retorte zu verringern, was bei geraden Wänden infolge des öfteren und sehr
erheblichen Temperaturwechsels zu häufig vorkommt. Die Oeldämpfe verwandeln sich in
Leuchtgas, welches durch die ringförmige Oeffnung g
aufwärts steigt und in der Spirale h sich etwa
ausscheidende Kohlenwasserstofftheilchen absetzt und durch das Rohr i in den Reiniger C
gelangt. Hier wird das Gas gezwungen, durch eine enge Oeffnung in der Düse l, welche durch die Spindel t verengt ist, hindurch zu gehen. In Folge der Geschwindigkeit, die das
Gas dadurch erreicht, und der zwei trichterförmigen Rohrstutzen n und o wird ein Ansaugen
der nächstliegenden Lufttheile im Reiniger erfolgen und dadurch das mit Theerdämpfen
gemischte Gas in kreisende Bewegung versetzt werden. Das leichtere Gas steigt
aufwärts, während die Theerdämpfe zurückbleiben, sich verdichten und durch die Rohre
q und r abgehen,
während das Gas durch das Rohr p nach dem Gasometer
entweicht. Damit sich nun bei diesem Vorgange der Reinigung die feine Oeffnung der
Düse l nicht durch die dicken Theertheile und
dergleichen Beimischungen verstopfe, ist die Einrichtung getroffen, daſs eine
Blechglocke s an der Spindel t sitzt, welche durch einen Theerverschluſs abgedichtet ist, sich bei
jeder Druckerhöhung hebt und die Spindel aus der Düse herauszieht und letztere durch
die an der Spindel t angebrachten Nuthen reinigt (vgl.
1880 237 * 230).
Die Züge des ganz aus Chamottesteinen aufgebauten Ofens sind derart angelegt, daſs
die Feuergase zuerst den unteren Theil der Retorte umspülen, durch die Lücken der
horizontal liegenden Steine x in den äuſseren
ringförmigen Raum y treten und von da in den
Schornstein entweichen. Die ganze Einmauerung ist von einer Schicht Schlackenwolle
umgeben und von auſsen durch einen guſseisernen Mantel zusammengehalten.
Die Feuerung kann je nach Bedarf mit Kohlen oder Theer geschehen. Der Topf z für die Feuerung hat 7 Rohre für die Luftzuführung,
deren Zwischenräume mit Schlackenwolle angefüllt sind, welche dem von dem Gefäſse
u oder dem Reiniger C
zuflieſsenden Theer gewissermaſsen als Docht dient Der Topf v (Fig. 12)
für die Kohlenfeuerung zeigt unten einen treppenförmigen, je nach dem nöthigen
Luftzutritt verstellbaren Rost, welcher durch die darüber liegende Feuerthür
beschickt und von unten her leicht entschlackt werden kann. In seinem oberen Theile
gelangen die sich entwickelnden Feuergase erst zur vollkommenen Verbrennung durch
die durch entsprechende verstellbare Oeffnungen eintretende Luft. Beide
Feuerungstöpfe sind zum Einhängen eingerichtet und also immer leicht
auszuwechseln.
Will. Sugg verwendet zur Beleuchtung der Eisenbahnwagen gepreſstes gewöhnliches Leuchtgas, welches
mittels schwerer Kohlenwasserstoffe carburirt ist.
Sein nach der Revue industrielle, 1880 S. 473 in Fig.
13 Taf. 6 dargestellter Apparat zur Vergasung der
Kohlenwasserstoffe besteht im Wesentlichen aus zwei Retorten A und B, welche mit Gas
oder bei gröſseren Anlagen auch wohl mit Kokes geheizt werden, so daſs die untere
Retorte je nach der Beschaffenheit der zur Carburation verwendeten Oele 300 bis
1000° erreicht, für die obere Retorte aber 40 bis 150° genügen. Durch das von der
Gasuhr L kommende Rohr E
tritt das zur Carburirung bestimmte Leuchtgas in die mit Eisenspänen gefüllte
Retorte A, während das von diesem umschlossene Rohr F Erdöl aus dem in die Erde versenkten Behälter G zuführt. Das Oel fällt auf eine halbrund gebogene
Platte H und vertheilt sich sodann auf den Eisenspänen.
Der gebildete Dampf tritt durch Löcher in den Thoncylinder c ein und geht durch das Verbindungsrohr mit dem gleichzeitig eingeführten
Leuchtgas nach der unteren Retorte B. Das nicht
verflüchtigte Oel flieſst durch Rohr J ab. Werden sehr
leichtflüchtige Erdöle verwendet, so umgibt man die obere Retorte mit einem durch
Wasser gekühlten Mantel K Das Gaszuführungsrohr ist
nach der linken Seite der Retorte verlängert, nach abwärts gebogen und endigt in
einem mit Wasser gefüllten Cylinder Q, um als
Sicherheitsventil zu dienen. Das Rohpetroleum oder die Naphta wird durch das Rohr
M in den mit einem Wassergefäſs bedeckten
Oelbehälter G gefüllt und durch das von dem Behälter
N durch den Wassermesser P und das Rohr O zuflieſsende Wasser in die
Retorte gedrückt. Die Regulirung des Gas- und Oelzuflusses geschieht von dem
Gasometer Daus. Auf der Decke des Wagens befinden sich zwei 6m lange und 0m,305 weite Kessel von Stahlblech, welche etwa 425l fassen, 130k wiegen und mit Gas
gefüllt werden. Dasselbe geht durch einen Regulator und tritt zunächst in ein
kleines Röhrchen, welches die ununterbrochen brennenden kleinen Flämmchen speist, an
denen sich die Hauptflammen (Schnitt- oder Argandbrenner) entzünden. Wo das
Gasleitungsrohr in die Lampe eintritt, ist ein drehbares Kniestück eingeschaltet,
welches das Herausnehmen des Brenners und die Reinigung der Lampe erleichtert. Der
Druckregulator (Fig. 14 und
15 Taf. 6) besteht aus einer biegsamen Haut und wird von einem
Metallgehäuse umgeben. Der obere Theil der beweglichen Membran ist an eine
Metallplatte G befestigt mit einem hohlen Arm R, welcher mittels eines Stiftes mit dem Hebel L verbunden ist. Am anderen Ende dieses Hebels befindet
sich eine Schraube S, welche sich vor oder zurück
bewegt, je nachdem der Hebel L durch den Arm R gehoben oder gesenkt wird. Am vorderen Ende dieser
Schraube sitzt ein cylindrisches Ventil C, mit
achsialer und seitlicher Bohrung, welche eine am Regulator angebrachte Feder von seinem Sitz abzuheben
strebt. Sobald nun die Platte G sich hebt, dreht der
Hebel L die Schraube, so daſs die Durchgangsöffnung des
Ventiles sich verkleinert, und umgekehrt. Durch das Verbindungsstück U ist der Regulator mit dem Blechcylinder verbunden,
welcher das unter 5 bis 6at Druck stehende Gas
enthält, während das entlastete Gas bei O
entweicht.