Titel: | Zur Kenntniss des Cementes. |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 133 |
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Zur Kenntniſs des Cementes.
(Fortsetzung des Berichtes Seite 66 dieses
Bandes.)
Zur Kenntniſs des Cementes.
Das künstliche Trocknen von Cementsteinen. Nach A. Bernoully sind von bestehenden selbstständigen
Trockenanlagen zu nennen: die in Norddeutschland üblichen Darren mit vorgelegten
Kokesöfen, und die mehr in Süddeutschland gebräuchlichen Trockenkammern mit directer
Feuerung. Die Verwendung der Kokesöfen erfordert eine gut backende Kohle, die
Trockenkammern gestatten hingegen die Verwendung jedes Brennmaterials. Aber auch das
Material, welches zu trocknen ist, wirkt bestimmend auf die Wahl des Systemes; denn
die Trockenkammern erfordern einen ziemlich fest gearbeiteten Stein, der durch die
ihn direct treffende Hitze nicht zu sehr schwindet und angegriffen wird, während die
Darren es gestatten, ein weicheres Material zu verarbeiten, also für Fabriken
verwendbar sind, welche das Schlämmverfahren benutzen. Eine wesentliche Ersparung an
Arbeitslohn wird bei den letzteren dadurch erzielt, daſs man die Schlämmmasse direct
auf die Darrfläche bringt. Man braucht sie dort nur leicht zu stückeln und versetzt
sie dann direct in den Ofen. Die Verdampfungsfähigkeit von 8 bis 9k Wasser wird bei den Trockenkammern vollauf
erreicht, ja wesentlich überschritten, da wohl eine Verdampfung von 12k Wasser auf 1k
Kohle anzunehmen ist. Der Trockenofen würde sonach gewiſs ein ganz guter Apparat
sein, wenn ihm nicht so viel unangenehme Handarbeit anhaftete; besonders ist das
Ein- und Aussetzen der Steine in den heiſsen Kammern keine leichte Arbeit. Man hat
Kammern von den verschiedensten Gröſsen, von 500 bis 10000 Steine Fassung. Bei
gröſseren Kammern macht sich als Uebelstand bemerkbar, daſs die dem Feuer nahe
liegenden Steine verhältniſsmäſsig mehr angegriffen werden und zu rasch trocknen.
Die Darren können schon wegen der gröſseren Abkühlungsfläche nicht zu demselben
Verdampfungserfolg kommen wie die Trockenkammern. Immerhin stellt sich in Folge des
Umstandes, daſs sie die beim Koken sich entwickelnden Destillationsproducte
verwerthen, das Rechnungsverhältniſs bei ihnen durchaus nicht ungünstig, zumal
auſserdem eine wesentliche Ersparniſs an Arbeitslohn hinzutritt. Wenn bei den Darren
vielleicht durch Anwendung einer neueren Principien entsprechenden Gasfeuerung für
eine rationelle Verbrennung der Gase gesorgt würde, so lieſsen sich jedenfalls noch
günstigere Resultate erreichen. Eine wesentliche Aufmerksamkeit ist ferner auf die
Ventilation der Darre zu verwenden, damit der Wasserdampf leicht abziehen kann.
Von den neueren Constructionen lehnen sich die meisten an die Trockenkammern an;
insbesondere ist zu nennen der Trockenofen von
Kaemp und Schott in
Heidelberg (1880 235 * 290). Die Steine werden dem Feuer
allmählich entgegengeführt und ausgetrocknet, so daſs der Apparat in dieser
Beziehung sich sehr empfiehlt. Ob er aber vorsichtig genug trocknet, daſs die Steine
von der Hitze nicht zu sehr angegriffen werden, dies wird Sache des Versuches
sein.
Beim Bock'schen Trockenofen (1879 233 * 382) wird das Material jedenfalls sehr geschont, auch ist die
Erleichterung der Handarbeit die möglichste, da die Steine direct aus dem
Trockenofen in den Brennofen geschoben werden können; doch ist die Bewegung der
groſsen Last des Wagenzuges gewiſs nicht leicht und fragt es sich auch, ob der
Apparat genügend leistungsfähig ist.
So anerkennenswerth beide Constructionen sind, so genügen sie doch nicht der
Forderung, welche man in erster Linie stellen muſs, daſs die bei der Fabrikation
verloren gehende Wärme nutzbar gemacht werde. Bei dem Ringofen kann trotz seiner
sonst so rationellen Ausnutzung der Wärme noch ein recht bedeutender, sonst verloren
gehender Theil derselben durch Trockengerüste für Steine, welche man um den Ofen
herumsetzt, verwerthet werden. Bei den Schachtöfen ist die Sache schon schwieriger.
Die Oefen müssen überwölbt und die Gase in horizontalen Kanälen abgeführt werden.
Die Deckfläche wird zum Trocknen des Materials benutzt. So nahe liegend dieses
Verfahren ist, so scheint es in Deutschland wohl nur von einer einzigen Fabrik
angewendet zu werden (vgl. D. Wilson 1880 235 * 290).
In England gibt man dieser Wärmeausnutzung den Vorzug selbst vor dem Ringofen. In der
Fabrik von Gebrüder White war längere Zeit ein Ringofen
im Gange. Man hat jedoch den Betrieb desselben wieder aufgegeben, weil bei den
theuren englischen Arbeitslöhnen das Formen der Steine und das umständliche Ein- und
Auskarren theurer kam, als die durch den Ofen bewirkte Ersparniſs an Brennmaterial
betrug. Die Einrichtung, welche dort jetzt in Anwendung kommt, ist ungefähr
folgende: Eine Reihe von 16 verhältniſsmäſsig kleinen Oefen ist in einem groſsen
Block zusammengebaut. Die Oefen sind 4m hoch und
haben 3m Durchmesser mit 2 Einsatzöffnungen, die
eine in der Mitte, die andere in der Nähe des Gewölbes. Die Oefen sind überwölbt.
Die Gase ziehen durch einen horizontalen Kanal, der in der Höhe des oberen Theiles
des Ofens liegt, ab, so daſs also die Gase nicht gedrückt werden. Der Gaskanal ist
mit Fliesen überdeckt und liegt auf ihm die zu trocknende Cementmasse. An dem
hinteren Ende des etwa 25m langen Kanales wenden
die Gase um und gehen noch einmal über die Darrfläche zurück, die zu diesem Zwecke
ein zweites Mal mit einer Lage eiserner Platten überdeckt ist. Auf denselben ist
gleichfalls eine Schicht Schlämmmasse ausgebreitet und wird die in den Brenngasen
enthaltene Wärme so vollends ausgenutzt. So trocknet ein jeder Brand sich selbst die
Masse für den folgenden Ofen. Welche groſse Arbeitsersparniſs dadurch herbeigeführt wird, liegt
auf der Hand. Die Maschine pumpt die Schlämmmasse direct von der Schlämme so
dickflüssig als möglich auf die Darrflächen. Diese trocknen das Material in nächster
Nähe der Brennöfen ab und braucht dasselbe von dort dann nur die kurze Strecke nach
dem Ofenschacht transportirt zu werden. Gebrüder White
geben den Kokesverbrauch für das Brennen und Trocknen des Cementes auf 35 Procent
des fertigen Cementes an. Dies würde auf je 170k
Cement 59k,5 Kokes machen. Der Kokesverbrauch ist
freilich ziemlich hoch; doch dürfte sich eine solche Anlage für Fabriken, bei denen
wie in England das Brennmaterial billig und der Arbeitslohn theuer ist, immerhin
empfehlen.
Oefen zum Brennen von Cement. Nach Tomei hat der Ringofen in den letzten Jahren keine
allzu groſsen Fortschritte gemacht, obgleich die Resultate in den Fabriken, welche
sich für den Ringofenbetrieb eingerichtet haben, recht gut sind. Es liegt dies
jedenfalls darin, daſs viele Fabriken ihr ganzes Fabrikationssystem umändern müſsten
und daſs die Kohlen- oder Kokesersparniſs durch die gröſseren Arbeitskosten bei
vielen Fabriken ganz aufgewogen würde. Für manche Cementfabriken, die ein sehr stark
schwindendes Rohmaterial verarbeiten, ist der Ringofen ganz ausgeschlossen. Fast
allgemein ist zum Brennen von Cement der Schachtofen noch im Betriebe. In Lüneburg
bei den Gebrüder Heyn sind 3 Schachtöfen mit dem
erwähnten Trockensystem von Schott, Nagel und Kaemp versehen worden und kann man beim Abbrennen
dieser 3 Oefen die Beschickung für einen Ofen trocknen. In Heidelberg, wo diese
Einrichtung auch bestand, ist dieselbe auſser Betrieb, weil man sich dem
Ringofenbetriebe zugewendet hat.
Ein Circulirofen von Tomei
(1880 237 * 293) ist in Lebbin ausgeführt worden, indem
12 Schachtöfen, welche zum gröſsten Theil vorhanden waren, zu einem System vereinigt
wurden. Durch die Stellung der vorhandenen Oefen und durch den ziemlich beschränkten
Bauplatz wurde die Anordnung bedingt und ist ein Schornstein mit rund um denselben
liegendem Rauchsammler gewählt worden. Mit diesem wurden die Oefen durch Kanäle in
Verbindung gebracht, die durch Chamotteventile abgesperrt werden können. Auſserdem
ist jeder Ofen mit seinem Nachbar durch gleichfalls abzuschlieſsende Kanäle in
Verbindung gesetzt. Je nach den örtlichen Verhältnissen wird sich natürlich auch die
Anordnung der Anlage ändern und dürfte ein Stand der Oefen in einer Gasse am
vortheilhaftesten zur Umänderung sein, da man dann den Rauchsammler zwischen die
Ofenreihen legen kann.
Der Betrieb im Circulirofen erwies sich als sehr leicht zu handhaben und sind die
erzielten Resultate durchaus gute und regelmäſsige, da es vollständig in der Hand
des Brenners liegt, durch die Stellung der Ventile den Brand zu reguliren, ihn rasch
oder langsam verlaufen zu lassen. Dadurch ist man in der Lage, den sonst schädlich einwirkenden
atmosphärischen Einflüssen zu begegnen und den Cement so zu erbrennen, wie es die
Bedürfnisse des Handels verlangen, ihn also etwas schneller oder langsamer bindend
zu machen. Im Durchschnitt wurde jeden 5. Tag derselbe Ofen eingesetzt und standen
während des vollen Betriebes 4 Oefen gleichzeitig im Feuer, so daſs also ein 4faches
Rundbrennen unterhalten wurde. Im vergangenen Jahre sind in dem Circulirofen 400
Abbrände zu 230 Tonnen gemacht worden. Die Ersparnisse an Brennmaterial gegen die
gewöhnlichen Schachtöfen betrugen 30 Proc. bei Berücksichtigung des Mehrausbringens
der Oefen, welches dadurch erzielt wurde, daſs an Stelle der früheren
Anzündungsschichten jetzt Cementmasse lagert. Wie schon erwähnt, steht ein Theil der
Oefen etwas weit vom Rauchsammler entfernt und ist es nöthig gewesen, längere Kanäle
anzuordnen. Dadurch geht etwas mehr Wärme verloren als unter anderen Umständen;
diese Wärme wird aber vortheilhaft zum Trocknen benutzt.
Bernoully und H. Delbrück
meinen, daſs der Ofen wie eine Art Generator wirke, da eine ziemliche Menge
Kohlenoxyd bei dieser Anordnung ungenutzt in den Schornstein entweicht. Man würde
dem vielleicht zuvorkommen können, wenn man an passender Stelle Luftzuführung
vornähme, um den reducirten Gasen Luft zuzumischen. Wenn in den Oefen von Tomei nicht dieselben Uebelstände hervorträten, die in
Delbrück's Versuchsofen stattgefunden haben, so
würde die Ersparniſs viel mehr als 30 Proc. betragen; denn theoretisch verbrennt man
im Schachtofen ungefähr dreimal so viel, als eigentlich verbrennen müſsten, und ⅔
könnten gespart werden.
Normenprüfung. Nach Goslich ist es bei Herstellung des Normalsandes nicht gleichgültig, mit
welchen Sieben man den Sand herstellt, da bei derselben Maschenzahl die Drahtstärke
eine groſse Rolle spielt. Die Oesterreicher haben für ihre Normativbestimmungen
diesen Punkt nicht übersehen und für das 60-Maschensieb eine Drahtstärke von 0mm,22 und für das 120-Maschensieb 0mm,18 festgesetzt. Die Drahtstärke der Siebe, mit
denen Aron und Seger den
Sand herstellen, beträgt für das 60-Maschensieb 0mm,31 für das 120-Maschensieb 0mm,28.
Wenn wir ferner einen rund gewaschenen Sand, also z.B. Seesand nehmen, so wird sich
eine ganz andere Festigkeit bei den Proben zeigen, als wenn man aus dem Schutt eines
Granitbruches, aus haarscharfen Körnern bestehend, seinen Normalsand herstellt. Aus
diesem zweiten Grund wird es auch nöthig sein, den Sand von einer Centralstelle zu
beziehen (vgl. 1880 236 243. 417).
Ein dritter Punkt, weshalb die Proben an verschiedenen Stellen verschieden ausfallen,
ist darin zu suchen, daſs die Herren in einer verschiedenen Zeit die Körper mittels
des Schrotzulaufapparates reiſsen. So fand Goslich z.B. dieselbe
Probe in 34 Secunden gerissen mit 19k,1, in 76
Secunden mit nur 18k,1. In England führt man die
Belastung nicht wie hier üblich mit Schrot, sondern mit Wasser aus. Die
Schrotbelastung ist ungenau, weil das Schrot bei verschiedener Körnergröſse nicht
gleichmäſsig läuft. Auſserdem hat die Wasserbelastung die groſse Bequemlichkeit,
daſs man nicht erst zu wiegen braucht, sondern direct an einem Wasserstandsrohr die
ausgelaufenen Liter ablesen kann. In Züllchow ist dann gleich an der Scale
angegeben, wieviel Kilogramm auf 1qc der
Probekörper getragen hat; die Rechnung fällt somit auch fort.
Ein groſser Unterschied in den Festigkeitszahlen wird auch dadurch bedingt, daſs die
verschiedenen Probestationen die Körper verschieden einschlagen. Je länger man auf
den Probekörper schlägt, desto mehr Material wird hineingedrückt, desto fester wird
er also. Vergleichende Proben ergaben: gewöhnlich eingeschlagen 14,0, stark
eingeschlagen 16,9, wobei der Probekörper des letztern 1g,5 mehr wog als der des ersteren Versuches.
Die Wärme des Anmachewassers, bezieh. die Wärme des Wassers, worin die Körper
erhärten, ist ohne nennenswerthen Einfluſs. Nach 28 Tagen stellte sich ein Mehr von
1k heraus bei einer Temperatur von 15°
gegenüber einer Temperatur von 4°. Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, daſs man
in der Regel nicht mit einem Wasser von 4° Versuche anstellen wird.
G. Dyckerhoff bemerkt, daſs, wenn wir darin einig
wären, die Probekörper stets in der Weise zu zerreifsen, daſs für die Secunde und
1qc eine Mehrbelastung von 1k gegeben werde, es allerdings gleichgültig ist,
ob man mit Schrot oder Wasser belastet. In der Regel wird aber bei der
Wasserbelastung mehr Zeit bis zum erfolgten Bruch erfordert und hierin liegt eine
Fehlerquelle. Es fallen nämlich die Bruchgewichte um so niedriger aus, je gröſser
die zum Zerreiſsen aufgewendete Zeit ist. Es wäre daher vor Allem wünschenswerth,
sich darüber zu einigen, wie rasch bei der Prüfung die Belastung der Proben vor sich
gehen soll.
Nach Prof. Böhme muſs der Sand auf seine Beschaffenheit
vor der Verarbeitung bei der Prüfung scharf controlirt werden. Bei einer solchen
Controle hat Böhme in einem Falle, wo er mit einer
gleichzeitig mit ihm arbeitenden Fabrik differirte, etwa 15 Proc. zu Feines aus
einem guten Normalsande herausgesiebt, weil der Sand in einem Fabrikgebäude stand,
welches in einer belebten Straſse liegend bedeutenden Erschütterungen ausgesetzt
war. Es ist klar, daſs hier ein Aneinanderschleifen der kleinen Partikelchen eine
Verfeinerung hervorbringen kann. – Gegenüber der Behauptung von Prof. Bauschinger, daſs die Normenprüfung zu verwerfen sei,
zeigt zunächst R. Dyckerhoff, daſs Bauschinger gar nicht nach den Normen gearbeitet habe.
Böhme bedauert, wenn die Normen so ohne Weiteres
angegriffen werden, da er sie für ein vorzügliches Verfahren hält. Es hat sich gezeigt, daſs die
Normenprüfung, von sachverständiger Hand bewirkt, ganz auſserordentlich
übereinstimmende Resultate gibt. Trotz seiner langjährigen Thätigkeit würde er sich
nicht gestatten, ein von tüchtigen Fachmännern aufgestelltes Verfahren kurzweg als
falsch hinzustellen. Es kommen bei der Prüfung so viel Umstände der sachverständigen
Untersuchung in Betracht, daſs man dieselbe nicht Knaben oder nicht genügend
vorbereiteten Hilfskräften übertragen darf.
(Fortsetzung folgt.)