Titel: | Hüttenrauchschaden in den Waldungen des Oberharzes; von Reuss, Oberförster in Goslar. |
Autor: | Reuſs |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 205 |
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Hüttenrauchschaden in den Waldungen des
Oberharzes; von Reuſs, Oberförster in Goslar.
(Fortsetzung des Berichtes Seite 124 dieses
Bandes.)
Reuſs, über Hüttenrauchschaden in den Waldungen des
Oberharzes.
Aus dem Vorgetragenen läſst sich nun begründen, daſs die Beschädigung, wie sie in
Wirklichkeit durch Hüttenrauch hervorgerufen wird, weder mit Sicherheit vom
Forstmann, noch vom Chemiker festgestellt werden kann. Der Forstmann kommt leicht in
die Lage, Bäume, welche aus irgend einem innerlichen oder äuſseren unerforschbaren
Grunde kränklich aussehen, trockene Zweige und Spitzen haben oder absterbend sind,
als vom Hüttenrauch geschädigt anzusprechen. Die chemische Analyse wiederum kann in
gesund aussehenden Beständen hohe Schwefelsäuregehalte nachweisen, ohne daſs
indessen ein Schaden eingetreten ist. Ein positiv richtiges Resultat vermag nur die
gemeinsame Prüfung zu geben. Die chemische Analyse kann mit hinreichender Schärfe
das Terrain bestimmen, innerhalb dessen überhaupt vom Hüttenrauchschaden die Rede
sein kann; die forstliche Bonitirung wiederum allein vermag innerhalb dieser vom
Chemiker gezogenen Grenzen die beschädigten Flächen, sowie den Grad der Schädigung
festzustellen.
Die Berechnung des positiven Schadens bildet jedenfalls das schwierigste Feld der
ganzen Sachaufnahme. Wenn die Bäume todt geräuchert sind, so erkennen wir den Schaden sofort und
sind im Stande, denselben zu berechnen. Ist eine ganze Fläche getödtet, so verlieren
wir von der ganzen Fläche den Zuwachs; sind es nur einzelne Bäume, so läſst sich
bestimmen, welcher Bruchtheil der ganzen Fläche dadurch seiner Production beraubt
ist. Schwieriger ist es, den Zuwachsverlust der mäſsig und schwach beschädigten
Bestände zu bestimmen. In erster Linie steht überhaupt nicht fest, daſs Bäume durch
Trockenwerden vereinzelter Zweige und Nadeln in ihrem Zuwachs geschädigt werden. Die
Vermuthung spricht allerdings in hohem Grade dafür; aber die Wissenschaft fordert
Beweise und diese sind schwer zu liefern. Der Zuwachs der Bäume ist selbst in
normalen Beständen nicht normal verlaufend: Durchforstungen, Schneebrüche,
Insektenschäden, Witterung u. dgl. üben merkbare Einflüsse auf die Breite der
Jahresringe, auf die Länge der Triebe aus.
Mit dem Aufsuchen der Beweisführung des Zuwachsverlustes bin ich augenblicklich noch
beschäftigt und vermag sichere Resultate nur in geringem Umfange zu geben.
Betrachtet man die Stammscheibe eines im Hüttenrauche erwachsenen älteren Baumes, so
fällt vor allem die groſse Unregelmäſsigkeit des Zuwachsganges auf. Plötzliche
Stockungen wechseln ab mit plötzlichen Hebungen des Zuwachses. Selbst innerhalb
eines einzelnen Jahrringes finden sich viele Unregelmäſsigkeiten; bald ist seine
Breite abnorm groſs, bald abnorm klein. Auch die Breite des Herbst – und
Sommerholzes der Jahresringe schwankt in den einzelnen Jahren sehr erheblich. Kurz,
der Zuwachsgang läſst erkennen, daſs zahlreiche äuſsere Einwirkungen ihn beeinfluſst
haben und mit ziemlicher Sicherheit wird man annehmen können, daſs diese Einflüsse
durch den Hüttenrauch hervorgerufen sind. Die plötzlichen Stockungen und Hebungen
des Zuwachsganges werden sich wahrscheinlich erklären lassen durch eine gesteigerte
Einwirkung des Hüttenrauches auf die Bestände: der Zuwachs läſst nach, einzelne
Bäume sterben ab und in Folge der Lichtung zeigt sich wieder die Hebung – der
Lichtungszuwachs. Die Unregelmäſsigkeit der Breiten innerhalb einzelner Jahresringe
hängt vielleicht mit dem Absterben einzelner Zweige oder auch mit dem auf einer
Seite erfolgten Lichtungszuwachse zusammen. Die wechselnde Gröſse der Herbst- und
Sommerringe steht vielleicht in Verbindung mit der Zeit, zu welcher die Schädigung
stattfand. Dies sind Fragen, welche zu erörtern zu weit führen würde.
Wenn die schweflige Säure den Zuwachs schädigt, so muſs die Menge der jährlich in die
Luft gejagten schwefligen Säure mit dem jährlichen Zuwachse der Bäume
correspondiren. Ich brauche nicht hinzuzufügen, wie sehr diese erwartete
Correspondenz durch Windrichtung, Durchforstungen, dürre und nasse Jahre, durch
Lichtungszuwachs u. dgl. mehr gestört sein wird; doch glaube ich, daſs sich trotzdem ein brauchbares
Material aus einer Vergleichung dieser beiden Factoren entwickeln läſst.
Sehr schöne Resultate, welche voraussichtlich zum Beweise führen, daſs die schweflige
Säure den Zuwachs überhaupt schädigt, habe ich in Andreasberg erhalten. Die
Stammscheibe einer im August gefällten, grünen, schwach beschädigten Fichte aus dem
Köhlergrunde bei Andreasberg läſst einen ziemlich gleichmäſsigen Zuwachs der
früheren Jahre erkennen, woraus zu schlieſsen ist, daſs der Hüttenrauch früher gar
nicht oder nur in sehr geringem Maſse auf den Stamm gewirkt hat. Dieser
gleichmäſsige Zuwachs bricht plötzlich ab und wird unvermittelt auf etwa ⅕
vermindert. Alle meine Stammscheiben in Andreasberg zeigen dasselbe Verhalten.
Zählen wir die Jahre zurück, so finden wir, daſs im J. 1870 die bedeutende
Zuwachsverminderung eingetreten ist. Forschen wir nach, was denn i. J. 1870 sich
besonders ereignet hat, so wird uns mitgetheilt, daſs in diesem Jahre ein
Condensationsofen erbaut ist, durch dessen Schornsteine die sämmtlichen Röstgase,
welche früher nach allen Seiten entwichen, geleitet und dort wohl eines groſsen
Theiles ihres Flugstaubes, aber nicht ihrer schwefligen Säure beraubt wurden. Durch
diesen Ofen werden die Gase concentrirt von einem höher gelegenen Punkte in die Luft
geschickt, wodurch sie sowohl an und für sich stärker schädigen, als auch Bestände
treffen, die bei dem früheren Röstverfahren nicht von ihnen erreicht wurden. Alle
Nachrichten, die ich durch dortige Einwohner, namentlich durch den Oberförster Gattermann zu Andreasberg, einziehen konnte, stimmen
darin überein, daſs erst nach der Erbauung des Condensationsofens der
Hüttenrauchschaden bei Andreasberg fühlbar geworden ist. Zuwachsuntersuchungen in
vergröſserter Menge müssen das Resultat bestätigen. Wird es bestätigt – und ich hege
keinen Zweifel darüber –, so ist wenigstens daraus der Nachweis zu liefern, daſs der
Hüttenrauch den Zuwachs schädigt, wenn auch der Baum nicht gleich getödtet wird. Die
Berechnung des Schadens selbst wird wohl mehr oder weniger immer eine
schätzungsweise sein müssen.
Die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Holzarten gegen den Rauch ist, wie uns schon
eine oberflächliche Untersuchung von Hüttenrauchsgegenden zeigt, eine sehr
verschiedene. Zunächst ist als durchaus feststehend zu betrachten, daſs Nadelhölzer
den schädlichen Einflüssen des Hüttenrauches weit weniger widerstehen als die
Laubhölzer. Es ist dies in so fern einigermaſsen auffällig, als nach angestellten
Untersuchungen von Schröder die Nadeln selbst gegen
schweflige Säure geringere Empfindlichkeit zeigen als die Laubholzblätter – ein
Verhalten, welches auch in der Praxis dadurch bestätigt wird, daſs man in
Entfernungen, wo an Rothspitzigkeit der Nadeln nicht mehr gedacht wird, noch häufig
intensive Blattbeschädigung der Laubhölzer vorfindet. Dieser scheinbare Widerspruch
erklärt sich vollständig durch die gröſsere Reproductionsfähigkeit der Laubhölzer
gegenüber den Nadelhölzern. Das mehr oder weniger groſse Reproductionsvermögen
bedingt auch im Ganzen die Unterschiede der einzelnen Laubholzarten unter sich in
ihrer Resistenz gegen den Rauchschaden. Die Eiche, welche in Bezug auf die
Empfindlichkeit ihrer Blätter bei weitem nicht obenan steht, ist vermöge ihrer
groſsen Ausschlagsfähigkeit die widerstandsfähigste Holzart. Die Nadelhölzer,
natürlich die wintergrünen, sind darauf angewiesen, sich ihrer Blätter eine Reihe
von Jahren zur Ernährung zu bedienen; werden diese nun durch ein- oder mehrjährige
Beräucherung krank und sterben ab, so ziehen sie den Stamm in Mitleidenschaft, der
sich durch Hilfsmittel, wie sie den Laubhölzern zu Gebote stehen, nicht zu helfen
vermag und schlieſslich gleichfalls abstirbt. Es scheint auch, als wenn die Dauer
der Nadeln bei den einzelnen Arten im innigen Zusammenhange mit der verschiedenen
Widerstandsfähigkeit der Nadelhölzer unter sich stände. Die Edeltanne behält sie am
längsten und ist erfahrungsmäſsig am empfindlichsten. Dann folgt die Fichte und
endlich die Kiefer. Die Lärche steht vermuthlich den Laubhölzern ziemlich nahe. Der
allgemein kränkelnde Zustand, in welchem sich die Lärche bei uns befindet,
verhindert indessen, sich hierüber ein sicheres Urtheil zu bilden.
Stellt man die bei den verschiedenen Hütten des gesammten Harzes, namentlich auch im
Selkethale, gewonnenen Resultate bezüglich der Widerstandsfähigkeit der einzelnen
Holzarten zusammen, so ergibt sich nachfolgende Scale, die im Allgemeinen als
maſsgebend angesehen werden kann: 1) Eiche, 2) Spitzahorn, Feldahorn, 3) Esche,
breitblätteriger Ahorn, 4) Erle, Aspe, 5) Weiſsdorn, Apfelbaum, 6) Linde, 7)
Hainebuche, Vogelbeere, Birke, 8) Hasel, 9) Ulme, Kastanie, 10) Buche, 11) Lärche,
12) Kiefer, 13) Fichte, 14) Tanne. Diese Reihenfolge, zumal in ihren mittleren
Gliedern, wird vielfach abgeändert durch die der einen oder anderen Holzart
besonders zusagenden Boden- und klimatischen Verhältnisse. So wird z.B. die Esche
auf trockenem, armem Boden dem Hüttenrauche weniger Widerstand leisten als die
Birke, obgleich die Esche in ihr zusagenden Bodenverhältnissen die Birke weit
überdauert. Ganz allgemein läſst sich der Satz als richtig hinstellen, daſs in
Hüttenrauchsgegenden diejenige der gut ausschlagfähigen Holzarten am besten gedeihen
und die gröſste Widerstandsfähigkeit entwickeln wird, welche dem Boden und Klima am
angemessensten ist. Durchweg indessen darf die Eiche als das am meisten, die Buche
als das am wenigsten widerstandsfähige Laubholz bezeichnet werden.
Bei dieser Gelegenheit erscheint es mir angebracht, zu erörtern, ob die Beschädigung
durch Rauch lediglich in Folge von Blattverletzungen herrührt, oder ob, wie zumal
die meisten unserer alten Hüttenrauchs-Forstleute glauben, eine Bodenvergiftung
mitwirkt. Sie führen als
Hauptgrund hierfür an, daſs junge Kulturen, die mit reichlicher Beigabe von gutem,
nicht aus Hüttenrauchsgegenden stammenden Boden ausgeführt sind, 1 oder 2 Jahre (wie
sie behaupten, so lange die Wurzeln in guter Erde sind) prächtig gedeihen und dann
plötzlich absterben. Dem ist entgegenzuhalten, daſs die Ränder der Pflanzlöcher,
sowie auch die umgebenden Gräser und Kräuter die junge Pflanze gegen den Hüttenrauch
schützen. Wenn eine Bodenvergiftung in Folge vom Hüttenrauche einträte, so würden
die ausschlagfähigen Pflanzen nicht wieder vom Stocke ausschlagen, wie sie es
reichlich und mit groſser Ausdauer thun. Auch kann die groſse Schwierigkeit, welche
sich der Wiederbewaldung alter Hüttenrauchsblöſsen entgegenstellt, nicht ohne
weiteres auf Bodenvergiftung zurückgeführt werden. An solchen Stellen, wo durch
Hüttenrauch alle Bodenbedeckung zerstört ist und in Folge dessen vielleicht
Jahrhunderte lang Regen und Schneeschmelze das letzte Restchen von Erde und Humus
abgespült haben, liefert der äuſsere Bodenzustand schon ausreichende Erklärung für
miſslungene Kulturen.
Um die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Behauptung indessen
zu erweisen, lieſs ich mir zwei Fuder Erde von der Rauchblöſse des Eichelnberges bei
Clausthaler Silberhütte nach Goslar fahren und brachte dieselbe 30cm hoch in eine Grube von etwa 2m,5 Länge und 1m,5 Breite. In diesen Boden pflanzte ich ohne jede Beimischung guter Erde: 244
Stück 1 jährige Fichten, 200 Stück 1jährige Kiefern, 200 Stück 1jährige Buchen, 145
Stück 2jährige Ahorn, 162 Stück 1 jährige Eschen und 110 Stück Eichen.
Im ersten Jahre sahen die Pflänzchen sehr gut aus und erlitten
fast gar keine Verluste; der Ahorn wurde im Spätsommer indessen schon sehr
braunspitzig und fleckig – eine Erscheinung, die zwar bei anderem Ahorn im
Forstgarten gleichfalls, doch lange nicht in dem Maſse beobachtet wurde. In diesem
Jahre nun sind die Pflänzchen am 15. August wieder gezählt und hat sich
herausgestellt bei der Fichte 8, Kiefer 8, Ahorn 20, Buche 21, Esche 93 und Eiche 0
Proc. Verlust. Dem entsprechend ist das Aussehen der Pflänzchen.
Die Eiche sieht ganz kräftig und gesund aus und gibt den
Vergleichspflänzchen auf gutem Boden desselben Alters nicht viel nach; auch Kiefern
und Fichten, wohl im Wuchs etwas zurückgeblieben, zeigen nichts auffallendes. Die
Eschen sind bis auf wenige Procent alle abgestorben. Ahorn und Buchen sahen sehr
schlecht aus und lassen weiteren Abgang vermuthen; Triebe haben sie keine gemacht.
Auf eine Bodenvergiftung darf hieraus nun aber nicht geschlossen werden. Denn
während die auf dem Versuchsbeete getödteten Holzarten zu den widerstandsfähigsten
im Hüttenrauche gerechnet werden müssen und sich fast überall in der Nähe der Hütten
noch vorfinden, haben die wenig resistenten Nadelhölzer einen erheblichen Schaden
nicht gelitten. Das Verhalten der Holzarten mit Ausnahme der Eiche ist also im
Hüttenrauchboden fast ein umgekehrtes wie im Hüttenrauche. Würden die Kulturen im
Freien durch Bodenvergiftung zerstört, so würden auch hier im Versuchsbeet die
einjährigen Pflanzen zumal die einjährigen Nadelhölzer, welche nun schon seit 2
Jahren in diesem Boden stehen und wachsen, sicherlich getödtet sein.
Aus alledem nun muſs ich schlieſsen, daſs eine eigentliche Vergiftung des Bodens
nicht eingetreten ist, wohl aber, daſs sich Bodenverarmung einstellt, welche einer
Neukultur Schwierigkeiten bereitet. Auf das Verhalten der Pflanzen im Versuchsbeete
komme ich später zurück. Es ist sehr interessant und gibt in Verbindung mit
zahlreichen Versuchskulturen eine Menge beachtenswerther Fingerzeige für Neukulturen im
Hüttenrauche.
Bevor ich zur Besprechung der angestellten Versuchskulturen übergehe, bleibt mir noch
übrig, das Verhalten der Hüttenrauchsbäume gegen forstschädliche Insekten zu
erörtern. Man war längere Zeit und mit einer gewissen Berechtigung der Meinung, daſs
die Insekten, namentlich unsere forstschädlichen Borkenkäfer, die durch Rauchschaden
kränklich gemachten oder getödteten Fichten nicht angingen. Man war zu dieser
Ansicht gekommen, weil in der That viel trockene oder kranke Stämme gefunden werden,
welche Spuren von Käferfraſs nicht zeigen, – eine Erscheinung, die in unseren
Harzwäldern trotz aller Vertilgungsmaſsregeln gegen Käfer immerhin zu den
Seltenheiten gehört. Ob nun diese Stämme zu exponirt, zu sehr im Winde stehen, oder
ob der Käfer einen Unterschied macht zwischen langsam abwelkenden und rasch
absterbenden Bäumen, mag vorläufig unerörtert bleiben. Jedenfalls kann der Satz
nicht als allgemein hingestellt werden, daſs die Insekten Hüttenrauchstämme nicht
befallen. An vielen Orten, namentlich aber auch am Eichelnberge bei Clausthal, habe
ich in groſsen Mengen in 100jährigen Stämmen vorgefunden Pissodes hercyniae, Hylesinus palliatus, Bostrichus typographus, Bostrichus
chalcographus, Bostrichus lineatus, also ziemlich alle bei uns gewöhnlichen
Arten. Einige Aufmerksamkeit gegen Käferschaden in den kranken Beständen erscheint
daher geboten.
Indem ich nun zur Besprechung der angestellten Versuchskulturen übergehe, will ich
gleich vorausschicken, daſs die Resultate, welche sich ergeben haben, durchaus noch
nicht über jeden Zweifel hinaus als richtig bezeichnet werden können. Die Versuche
sind dazu noch zu jung und dürfen als abgeschlossen noch nicht betrachtet werden.
Zahlreiche Anzeichen, Reste älterer Kulturen, mündliche Ueberlieferungen u. dgl.
geben Nachricht, daſs schon vor vielen Jahren Anstrengungen gemacht sind, dem
Hüttenrauchschaden forstlicherseits entgegenzutreten. So finden sich am Sparenberge
Reste von etwa vor 30 bis 40 Jahren angestellten Buchenkulturen. Ueberall, wo wir
die Kiefer in Hüttenrauchsgegenden finden, kann mit Sicherheit geschlossen werden,
daſs an dieser Stelle die Fichten weggeräuchert sind und man mit viel Erfolg
versucht hat, die Flächen durch Kiefernanbau wieder forstlich nutzbar zu machen; wir
finden solche Kiefernbestände zahlreich bis zum 50jährigen Alter hin. Sie haben sich
während dieser Zeit gut erhalten, schwinden aber nun vor dem verstärkten Betriebe
schnell dahin. In der Nähe aller Hütten findet man irgend welche Reste von älteren
Laubholzversuchskulturen, meistens ausgeführt mit Ahorn, Eichen, Buchen und
Quitschen. Auch an den Chausseen sieht man mancherlei sonst wohl nicht zu
Chausseebäumen benutzte Holzarten als Beweis, daſs auch hier Versuche angestellt sind. Viele Kulturen
mögen gemacht sein, von denen keine Spur mehr erhalten blieb, welche vergessen sind.
Die ältesten Versuchskulturen, über welche zuverlässige Nachrichten vorliegen,
stammen aus den 60er Jahren und finden sich bei Lautenthal am Bielstein. In den 70er
Jahren, namentlich seit 1877, ist man wieder mit erneutem Eifer und weniger
Planlosigkeit in allen Hüttenrauchrevieren mit Kulturversuchen vorgegangen. Die
hauptsächlichsten will ich hier ganz kurz in ihrer Ausführung und nach ihren Mitte
August 1880 festgestellten Erfolgen beschreiben.
Lautenthaler Silberhütte, Oberförsterei Lauthenthal
Ost.
1) Forstort Bielstein, 500m von
der Hütte entfernt, hinter den Försterhäusern. Gebirgsart: Kieselschieferboden,
vielfach Geröll, flachgründig, trocken und arm. Im J. 1877 ist diese kleine Blöſse
mit Buchenlohden und Kiefern bepflanzt, dann 1878 mit Ahorn, Birken und Eichenlohden
nachgebessert. – Die Buchen sind verschwunden, die Eichen zum gröſsten Theil
abgestorben, einige schlagen von der Wurzel aus. Ahorn noch vorhanden, aber sehr
kümmerlich, Birke und Kiefer sehen am besten aus.
2) Daselbst 800m von der Hütte,
steiler Westhang, von welchem zwischen einzelnen alten Fichten und Buchen alle
Bodendecke verschwunden ist. Gebirgsart: Thonschiefer und Kramenzelkalk. Boden:
Thonschiefergrus mit ziemlich viel erdigen Bestandtheilen. Um den Boden vor
Abschwemmungen zu schützen, sind in Entfernungen von etwa 3m horizontale Flechtzäune angebracht. Im J. 1877
sind Kiefernsaaten ausgeführt und hinter den Flechtzäunen Eichenstummel und 2jährige
Ahornlohden gepflanzt. – Von der Saat ist nichts mehr vorhanden. Die Ahorne stehen
kümmerlich. Einige, 1880 auf die Wurzel gesetzt, sind besser und haben bis zu 20cm lange Triebe. Die Eichenstummel sehen ziemlich
gut aus.
3) Daselbst, 900m von der Hütte
in etwas nördlicher Lage, sind vor 15 Jahren unter denselben Bodenverhältnissen
Eichenstummel auf eine reine Hüttenrauchblöſse gepflanzt. – Jetzt ist ein leidlich
guter Eichenniederwald vorhanden, welchen man angefangen hat, von oben her in
schmalen Streifen auf die Wurzel zu setzen. Die erzielten Stockausschläge sind
überraschend kräftig und sehen vollständig gesund aus. Der angrenzende Hang ist
gleichfalls mit Eichen in Mischung von Birken kultivirt, die Kultur ist noch nicht
im Schluſs, verspricht aber Erfolg.
4) Die früher am Bromberg, Oberförsterei Lautenthal West,
ausgeführten Buchen – und Kiefern-Anbauversuche sind zu wiederholten Malen
miſsglückt.
Clausthaler Silberhütte, Oberförsterei Grund.
In diesem Bezirke sind seit d. J. 1877 zu Versuchskulturen
verwendet:
1830 Eichen, 13420 Buchen, 10034 Hainbuchen, 13490 Bergahorn, 3200
Birken, 1000 Aspen, 3400 Ellern, 660 Pappeln und Weiden, 12 980 Fichten, 39 207
Bergkiefern, 1160 Schwarzkiefern, 142 Eschen und 1¾ Himten Eicheln. Von Wildemann
nach der Hütte Thal aufwärts vorschreitend findet sich der erste Versuch.
1) Forstort Gallenberg, 2500m
von der Hütte, südliche Lage. Gebirgsart: Grauwacke. Boden ziemlich tiefgründig,
mäſsig frisch. Unterbau eines alten lückigen Fichtenbestandes. Im J. 1877 und 1878
kultivirt, 1879 und 1880 nachgebessert mit Lohden von Hainbuchen, Birken, Ahorn und
Aspen und 2jährigen Bergkiefern. – Ahorn, soweit noch vorhanden, schlecht. Aspe fast
ganz verschwunden. Hainbuche schlecht. Birke theilweise gut. Bergkiefer gut
erhalten, noch im Grase steckend und theilweise rothspitzig.
2) Daselbst, Bepflanzung alter Feldstücke, dem Hüttenrauche
stärker ausgesetzt.
Kultur 1878 mit Eichen- und Ebereschen-Heistern, Eichenstummeln,
Aspen, Hainbuchen, Ahornlohden und 2jährigen Bergkiefern. – Die Eichenheister
theilweise gut, theilweise kümmerlich. Die Eichenstummelpflanzen gut. Ahorn, noch einzelne
vorhanden, schlecht. Ebereschen, Aspen, Hainbuchen verschwunden. Bergkiefer noch
vorhanden, im Grase steckend, aber stark rothspitzig.
3) Forstort Schwarzewald, 2000m
von der Hütte, Südosthang. Gebirgsart: Grauwacke. Boden ziemlich tiefgründig, mäſsig
frisch. Kultur 1879. Unterbau sehr lückiger Kiefern mit 10 jährigen Eichenstummel
pflanzen. 1880. Daselbst Unterbau mit 4jährigen Buchen und Ahorn und 2jährigen
Bergkiefern. – Eichenstummel ausgezeichnet, Triebe bis 0m,8 Länge, obgleich sie im Winter 1879/80 verbissen waren. Buche leidlich
gut. Ahorn schlecht. Bergkiefer gut, im Grase steckend.
4) Daselbst, höher hinauf nach Westen zu. Boden theilweise
quellig, gröſstentheils ärmer wie vorhin. Lage und Gebirgsart wie vorhin. Kultur
1880. Ahorn und Ellernlohden und 2 jährige Bergkiefern. – Ahorn schlecht. Eil er auf
den nassen Stellen gut, auf den trockenen mäſsig. Bergkiefer vorhanden, stark
rothspitzig, im Grase steckend.
5) Daselbst, 1800m von der Hütte
auf dem entwässerten Bruche. Kultur 1879 auf trockenem Boden: Ahorn und Aspenlohden
und 2jährige Bergkiefern, bezieh. auf Bruch: Ellernlohden, Ellernstummel,
Ellern-Halbheister und Weiden-Setzlinge. – Aspe todt. Ahorn gröſstentheils todt.
Bergkiefer theilweise noch vorhanden, aber schlecht. Ellernlohden und Halbheister
schlecht. Weidensetzlinge nur wenige vorhanden, welche leidlich ausschlagen.
Ellernstummelpflanzen leidlich gut.
6) Daselbst, Nordhang, 1600m von
der Hütte. Bodenverhältnisse gut wie bei 3. Unterbau sehr lückiger Kiefern. Im J.
1877 gepflanzt: 3jährige Ahornlohden, 1879 nachgebessert: Ahornlohden und 2jährige
Bergkiefern. – Ahorn viel todt, der Rest schlecht. Bergkiefer leidlich.
7) Eichelnberg, 1200m von der
Hütte. Nordosthang, feuchte Kappe. Gebirgsart: Grauwacke. Boden gut, tiefgründig,
graswüchsig und frisch. Rauchblöſse. Kultur 1879: Eschenheister in die Kappe,
Eichenstummel auf die angrenzende Fläche. – Eschenheister gröſstentheils todt.
Eichenstummel sehr gut. Die Eschenpflanzung ist 1880 erweitert; viele davon leben
noch, sehen aber kümmerlich aus.
8) Daselbst, 1000m von der
Hütte, dem Rauche stark ausgesetzt. Rauch blöſse. Nordöstliche Lage. Boden frisch,
tiefgründig. Im J. 1877 gepflanzt: Lohden von Buchen, Hainbuchen, Bergahorn, Birken,
Weiſserlen, Pappeln, 2jährige Schwarzkiefern und 4jährige Fichten. 1878
nachgebessert: Lohden von Buchen, Hainbuchen, Weiſserlen, Eichenstummelpflanzen und
2jährige Bergkiefern. – Hainbuchen und Birken in einer kleinen geschützten feuchten
Kappe noch einzelne vorhanden, aber schlecht. Aspe, Ahorn, Weiſseiler, Fichte und
Schwarzkiefer todt. Bergkiefer noch einzelne vorhanden, aber schlecht.
Eichenstummelpflanzen alle lebend, theils kränkliches Laub, theils gut.
9) Daselbst, 900m von der Hütte.
Oestlicher flacher Rücken. Boden flachgründig und trocken; geschützte Lage. Im J.
1877: Unterbau lückiger Fichten mit Hainbuchenlohden. – Gröſstentheils noch
vorhanden, aber alle kümmerlich.
10) Daselbst, 800m von der
Hütte. Rauchblöſse, sonst wie bei 9. Im J. 1865 sind Eichen gepflanzt, deren
Geschichte nicht ermittelt werden konnte; sie sind 1878 zur unrechten Zeit (zu
Johanni) auf die Wurzel gesetzt und sahen im vorigen Jahre kümmerlich aus. – Die
Eichenstockausschläge sind kräftig und gut, bis zu 0m,8 lang.
11) Daselbst, 700m von der
Hütte. Gleiche Bodenverhältnisse. Im J. 1878 Kultur der Rauchblöſse mit Lohden von
Buchen, Hainbuchen, Ahorn, Birken, Weiſsellern und 2jährigen Bergkiefern. – Buche,
Hainbuche, Ahorn, Aspe gänzlich verschwunden. Birke und Weiſseiler noch einige
Exemplare kümmerlich. Bergkiefer theilweise noch lebend, schlecht und
rothspitzig.
12) Daselbst 600m von der Hütte,
etwas geschützte Lage, Bruch, auf welchem einzelne Ellern und Sahlweiden standen.
Diese sind i. J. 1879 auf die Wurzel gesetzt und auſserdem Ellernlohden und Weiden
Setzlinge gepflanzt. – Die Sahlweide schlägt sehr gut aus, die Eller weniger gut.
Ellernlohden theilweise gut, Weidensetzlinge desgleichen.
Altenauer Silberhütte.
1) Diedrichsberg, 700m von der
Hütte, Osthang. Gebirgsart: Grauwacke. Boden mäſsig tief und frisch.
Hüttenrauchsblöſse. Im J. 1878 Kultur mit 2jährigen Bergkiefern. – Die Kiefern sind
gröſstentheils noch vorhanden, sehen aber kümmerlich und rothspitzig aus und haben
vielfach schon die vorjährigen Nadeln verloren.
2) Daselbst, 500m von der Hütte.
Boden frisch, theilweise naſs, sonst wie vorher. Im J. 1878 gepflanzt Eichenheister;
1879 waren sie alle grün, 1880 Anfang August fehlen 30 Proc., die übrigen sind
kümmerlich.
3) Rothenberg, 800m südlich von
der Hütte. Boden gut, tiefgründig. Die lückigen Kiefern sind 1880 mit Buchen
unterbaut. Eine Blöſse in frischer Lage ist mit Spitzahornheistern bepflanzt. – Die
Buchen sehen vielfach kümmerlich aus. Die Spitzahorn sind gut, zeigen theilweise
schwache Blattverletzungen.
Stellt man nun die durch die Kulturversuche gewonnenen Resultate zusammen, so ergibt
sich für die einzelnen Kulturen und Holzarten Nachstehendes.
Für die Eiche: Die Heister zeigen nur
theilweise gutes Gedeihen. Die Eichenlohden sind auf kärglichem Kieselschiefergeröll
gröſstentheils abgestorben. Die Eichenstummelpflanzung hat überall günstige,
gröſstentheils sogar ausgezeichnete Erfolge zu verzeichnen. Durch
Eichenstummelpflanzung ist bei Lautenthal eine Rauchblöſse vor 15 Jahren mit
leidlichem Eichenniederwald bestockt. Verluste hat die Eichenstummelpflanzung
überall nicht erlitten.
Für die Buche: Bis auf die in diesem
Frühjahre am Rothenberge bei Altenau und am Schwarzewald bei Clausthal gepflanzten
Buchen sind alle Kulturen mit dieser Holzart vollständig miſsglückt.
Für die Birke: Die Birke hat sich an
einer Stelle auf 2500m von der Hütte entfernt zum
Unterbau lückiger Fichten bewährt.
Für Ahorn: Der Bergahorn als
Lohdenpflanze ist zwar theilweise noch vorhanden, zeigt aber überall ein schlechtes
Gedeihen. Auf die Wurzel gesetzt hat er mehr Lebensthätigkeit entwickelt. Der
Spitzahorn ist in guter Lage als Heisterpflanzung von diesem Jahre vorhanden und
zeigt gutes Gedeihen.
Für die Esche: Die Eschenheister sind
gröſstentheils todt, die lebenden versprechen keinen Erfolg.
Für Hainbuche: In geschützten Lagen
sind Hainbuchenlohden noch kümmerlich vorhanden.
Für die Rotheller: Rotheller auf
zusagendem Boden ist gut, im Ganzen aber nicht besonders. Stockausschläge sind
besser als Lohden und Heister.
Für die Bergkiefer: Die Bergkiefer
ist zwar überall noch erhalten, steckt aber auch überall noch im Grase, ist schon
vielfach rothspitzig oder todt und verspricht für die Zukunft nicht mehr Erfolg als
die gewöhnliche Kiefer. – Aspe, Weiſseiler, Quitsche, Fichte und Schwarzkiefer sind
überall verschwunden.
(Schluſs folgt.)