Titel: | Ueber neuere Farbstoffe. |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 310 |
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Ueber neuere Farbstoffe.
Patentklasse 22. Mit einer Abbildung auf Tafel 23.
Ueber neuere Farbstoffe.
Zur Darstellung von Sulfosäuren des
Triphenylrosanilins, namentlich der Monosulfosäuren, bei denen es besonders
darauf ankommt, das Einbringen des spritlöslichen Farbstoffes in die Schwefelsäure
bei möglichst gleicher niedriger Temperatur zu bewerkstelligen, empfiehlt A. Ehrhardt in Waldhof bei Mannheim (* D. R. P. Nr.
13685 vom 19. August 1880) einen kupfernen halbrunden Kessel A (Fig. 15
Taf. 23), welcher, wie auch der aufgesetzte schmiedeiserne Dom C, innen völlig mit Blei ausgekleidet ist. Der Dom ist
mit einer Thür zum Füllen und Entleeren, sowie zum Beobachten des Thermometers x an dem völlig verbleiten Rührwerk h versehen. Das seitliche Rohr g ist mit einem gut ziehenden Schornstein verbunden, um die sauren Gase
abzuführen. Man beschickt nun zunächst durch die geöffnete Thür des Domes den Kessel
mit der erforderlichen Menge Schwefelsäure, schlieſst den Kessel und läſst, nachdem
der Hahn f am Kesselmantel B geschlossen, d und e geöffnet sind, durch denselben Kühlwasser hindurchgehen. Dann setzt man
eine mit der abgewogenen Menge Triphenylrosanilin oder Indigo o. dgl. gefüllte
Blechbüchse L auf den Trichteraufsatz n, setzt das Rührwerk h,
dann die Zubringschnecke o in dem beiderseits
geschlossenen Rohr K in Bewegung und zieht den Schieber
bei n. Man kann nun den ganzen Apparat sich selbst
überlassen. Ist aller durch Rohr r einfallende
Farbstoff in die Schwefelsäure eingerührt, so wird Hahn d und e geschlossen, f geöffnet, um alles Wasser ablaufen zu lassen, worauf man nach Erfordern
durch Hahn c Dampf einlassen kann.
Gieſst man nach W. Majert in
Elberfeld (D. R. P. Nr. 13 281 vom 13. April 1880) in eine heiſse Lösung von
salzsaurem Nitrosodimethylanilin, C6H4NON(CH3)2.HCl, in Salzsäure eine wässerige Lösung von
unterschwefligsaurem Natrium, so wird die entstehende Schwefligsäure durch den
Sauerstoff der Nitrosogruppe des Nitrosodimethylanilins zu Schwefelsäure oxydirt,
während der Schwefel an Stelle des Sauerstoffes tritt. Behandelt man jetzt die
Flüssigkeit mit irgend einem Oxydationsmittel, am besten Chloranil, so bildet sich
ein blauer Farbstoff.
Zur Ausführung im Groſsen gieſst man in eine Lösung von 1 Mol. salzsaurem
Nitrosodimethylanilin in der 20fachen Menge Salzsäure eine Lösung von 1 Mol.
unterschwefligsaurem Natrium in 10 Th. Wasser. Man erhitzt jetzt allmählich und fügt
nach dem Erkalten das Oxydationsmittel hinzu. Statt des Nitrosodimethylanilins
können die Nitrosoverbindungen der verschiedenen tertiären Amine, statt des
unterschwefligsauren Natriums die tri-, penta- und tetrathionsauren Salze oder die Verbindungen
des Schwefels mit Chlor, jedoch nicht so vortheihaft angewendet werden.
K. Oehler in Offenbach a. M. (D. R. P. Nr. 12 932 vom
14. Juli 1880) vereinigt zur Darstellung der Amidoderivate eine Azoverbindung mit
einem secundären Monamin, oder er behandelt die Nitrosoverbindungen der secundären
Monamine mit Salpetersäure und reducirt in beiden Fällen die erhaltenen Verbindungen
in geeigneter Weise.
Um z.B. Amidoäthylanilin herzustellen, werden 10 Th. sulfanilsaures Natrium in 100
Th. Wasser gelöst, mit 3 Th. Schwefelsäure versetzt und mit einer Lösung von 4,4 Th.
Natriumnitrit in 40 Th. Wasser diazotirt. Andererseits werden 7,5 Th. Aethylanilin
in 8 Th. Salzsäure und 75 Th. Wasser gelöst. Man bringt die kalten Lösungen langsam
zusammen, so daſs keine Temperaturerhöhung stattfindet, und filtrirt die nach
längerer Zeit ausgeschiedene Azosäure ab, um sie mit Eisen oder Zinn oder Salzsäure
zu reduciren. Oder es werden 10 Th. Aethylanilin in 20 Th. Salzsäure und 100 Th.
Wasser gelöst und mit einer Lösung von 6 Th. Natriumnitrit in 30 Th. Wasser
versetzt. Man läſst das abgeschiedene Nitrosoäthylanilin langsam und unter Abkühlung
in etwa die 3 fache Menge Salpetersäure von 1,3 sp. G. einflieſsen, gieſst die Masse
nach längerem Stehen in Wasser und reducirt den ausgeschiedenen Nitrosonitrokörper
in bekannter Weise.
Wird das so erhaltene salzsaure Amidoäthylamin in stark verdünnter Lösung mit
Schwefelwasserstoff gesättigt und die gesättigte Lösung mit Eisenchlorid oder
anderen Oxydationsmitteln so lange behandelt, bis der Geruch nach
Schwefelwasserstoff eben verschwunden ist, so bildet sich ein blauer Farbstoff, welcher mittels Kochsalz und
Chlorzink gefällt wird.
Um auf Calico mit Anilinschwarz zu
drucken, verwendet J. Schmidlin in Hyde, England (D. R. P. Kl. 8 Nr. 13 428 vom 3. August 1880) eine Farbe, bestehend aus
40l Stärkekleister (1k Stärke auf 5l
Wasser), 6k chromsaures Blei, 6k Chlorammonium, 6k chlorwasserstoffsaures Anilin (C6H5NH2.HCl) und 1k,5 chlorsaures Natrium. Die bedruckten Stücke
werden getrocknet, gedämpft und dann gut ausgewaschen (vgl. 1880 237 465).
Hämateïn war bisher nur durch Oxydation von Hämatoxylin
erhalten. W. Halberstadt (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1881 S. 611) hat dasselbe nun durch Ausziehen des
fermentirten Campecheholzes mittels Aether in schön metallglänzenden rothen
Krystallen dargestellt. Die Extraction geht sehr langsam vor sich und beträgt die
Ausbeute nur etwa 1 Proc. Die Analyse führte zur Formel C16H12O6.
Das krystallisirte Hämateïn ist sehr beständig und kann ohne Zersetzung auf 180 bis
200° erhitzt werden, wobei die Krystalle eine goldgelbe, prachtvoll metallisch
schillernde Farbe annehmen. In Wasser, Alkohol und in Essigsäure sind sie schwer löslich,
in Chloroform und in Benzol unlöslich. 100 Theile destillirtes Wasser lösen bei 20°
0,06 Th. derselben. Die Löslichkeit in Salzlösungen ist viel gröſser. Obgleich durch
Extraction mit Aether erhalten, sind die Hämateïnkrystalle doch sehr schwer mit
gelber Farbe darin auflöslich; 100 Th. Aether lösen bei 20° nur 0,013 Th. derselben.
Beim Verdunsten des Aethers gelingt es nicht, die Krystalle wieder zu erhalten; das
Hämateïn scheidet sich dann als metallschimmernde Haut ab. Durch Ausziehen des
käuflichen Campecheholzextractes mit Aether konnte das Hämateïn nicht in Krystallen
erhalten werden.
Zur Werthvergleichung zwischen dem
käuflichen Hämateïn und Blauholzextract bestimmte Reinhard (Deutsche Industriezeitung, 1881 S.
252) vom Hämateïn, vom französischen Blauholzextract Dubosc I und dem amerikanischen echten Sandfordextract den Gehalt an
Wasser, den in Aether löslichen als Hämatoxylin und den in Alkohol löslichen, als
Hämateïn bezeichneten Antheil:
Hämatoxylin
Hämateïn
UnlöslicherRückstand
Wasser
Käufliches Hämateïn
54,5
28,7
6,7
10,1
Französischer Blauholzextract
54,6
20,0
10,2
15,2
Sanford-Blauholzextract
51,4
10,8
17,4
20,4.
Danach scheint das käufliche Hämateïn lediglich das scharf
getrocknete Extract aus gut fermentirtem Blauholz zu sein.
Um die Verfälschung von
Blauholzextract mit gährungsfähigen Stoffen (Melasse u. dgl.) nachzuweisen,
versetzt E. Lauber (Berichte
der österreichischen Gesellschaft der chemischen Industrie, 1881 S. 2)
dasselbe mit Hefe und bestimmt nach vollendeter Gährung den gebildeten Alkohol.
Curcumin, der Farbstoff der Curcumawurzel, bereits von
Daube (1870 197 359),
Gajewsky und Kachler
(Wagner's Jahresbericht, 1870 S. 580) mit von einander abweichenden Resultaten
untersucht, ist von C. L. Jackson (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1881 S.
485) neuerdings in folgender Weise hergestellt. 3k,5 getrocknete bengalische Curcumawurzel wurde mit Schwefelkohlenstoff
ausgezogen, der Schwefelkohlenstoff abdestillirt, der Rückstand mit Aether behandelt
und der Auszug schlieſslich aus heiſsem Alkohol umkrystallisirt. Der Farbstoff
schmilzt bei 177 bis 178°, krystallisirt in Prismen und scheint der Formel C28H26O8 zu entsprechen.
Der Farbstoff des
Beth-a-barraholzes, eines von der Westküste von Afrika stammenden schweren,
sehr harten und zähen Holzes, wurde von S. P. Sadtler
und W. L. Rowland (American
Chemical Journal, 1881 S. 22) durch Ausziehen der Späne mit heiſser
verdünnter Sodalösung, Fällen mit Essigsäure und Umkrystallisiren aus Weingeist in
gelben Nadeln erhalten, deren Analyse zur Formel C28H29O5.3H2O führte. Der bei 135° schmelzende
Farbstoff ist unlöslich in kaltem, wenig löslich in heiſsem Wasser, leicht löslich
in Alkohol, Aether und Alkalien.
Ericin, der gelbe Farbstoff des Heidekrautes und des
Holzes verschiedener Pappelarten, wird nach Savigny und
Collineau in Paris (Engl. Patent 1880 Nr. 1971)
durch Auskochen der zerkleinerten Pflanzentheile mit einer 3 bis 4procentigen
Alaunlösung erhalten. Die erkaltete Lösung wird nach dem Abscheiden einer
gelbgrünen, harzigen Masse der oxydirenden Wirkung der atmosphärischen Luft
ausgesetzt und dadurch innerhalb weniger Tage goldgelb. Sie soll so allein oder mit
Berlinerblau, Cochenille und dergleichen Farbstoffen gemischt direct zum Färben von
Geweben verwendbar sein.