Titel: | Neuerungen in der Leitung und Verwendung von Wärme zu Heiz- und Betriebszwecken und den hierzu in Anwendung kommenden Apparaten. |
Autor: | H. R. |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 375 |
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Neuerungen in der Leitung und Verwendung von
Wärme zu Heiz- und Betriebszwecken und den hierzu in Anwendung kommenden
Apparaten.
Mit Abbildungen auf Tafel 29.
Prall's Städtebeheizung.
Unter dieser Bezeichnung hat die Prall Foreign Patent
Company in New-York (* D. R. P. Kl. 36 Nr. 13 525 vom 27. Januar 1880) ein
Patent erworben, dessen Inhalt sich auf die Verbesserungen in den Einrichtungen
bezieht, um groſse Gebäudecomplexe in Städten und Ortschaften zu heizen. Die
Erfindung kommt im Wesentlichen darauf hinaus, über den Siedepunkt – nach Angabe in
der Patentschrift auf 166° – erwärmtes Wasser den Gebäuden zuzuführen, dasselbe
durch Verminderung des Druckes zum Theil in Dampf umzuwandeln und mit diesem alsdann
die betreffenden Heizapparate zu erwärmen. (Vgl. Holly's Dampfheizung 1879 234 * 276).
Fig.
4 Taf. 29 zeigt den Heizkessel A mit
Vorwärmer A1, die
Heiſswasserleitung C und ein mit Heizöfen versehenes
Gebäude in Verbindung mit dem Apparat, in welchem das der Hauptleitung entnommene
heiſse Wasser in Dampf verwandelt wird. Dieser Apparat besteht aus dem Behälter D, welches mit der Hauptleitung C durch die Zweigröhren d1 bis d3 verbunden ist so zwar, daſs d1 und d3 sehr nahe bei
einander von C abzweigen, während d2 von d1 möglichst entfernt
liegt, d.h. d1 mit dem
Hinleitungsrohr, d2 mit
dem Rückleitungsrohr in Verbindung steht. Im Behälter D
befindet sich das Gefäſs X und sind beide durch ein
Rohr, zwischen welchem ein Druckregulirventil v
eingeschaltet ist, in Verbindung gebracht. Vom oberen Ende des Gefäſses X führt das Rohr E nach
den Heizöfen F, welche in den verschiedenen Räumen des
Gebäudes vertheilt sind. Wird nun das Wasser im Kessel A über den Siedepunkt erwärmt und werden die Hähne in den Röhren d1 und d2 geöffnet, so tritt
das heiſse Wasser unter Druck in den äuſseren Behälter D und strömt nach Durchgang des Ventiles v
durch das Verbindungsrohr in das innere Gefäſs X.
Das Druckregulirventil
v ist derart construirt, daſs im Gefäſse X stets nur ein geringerer Druck als im Behälter D herrschen soll; es wird sich somit das durch D in X eintretende Wasser
zum Theil in Dampf verwandeln und wird so lange Wasser in X einflieſsen, bis durch die eingetretene Druckdifferenz das Druckventil
v geschlossen wird. Von X entweicht der Dampf durch das Rohr E nach
den Heizöfen und flieſst aus diesen das Niederschlagswasser durch Rohr f nach Durchgang des Auslaſsventiles e und des Meſsapparates e1 in den Rückfluſs der Hauptleitung C. Sobald sich durch Niederschlagen des Dampfes in den
Heizöfen der Dampfdruck im Gefäſs X vermindert, wird
sich Ventil v wieder öffnen und beginnt alsdann das
beschriebene Spiel von Neuem. Der Theil des Wassers in X, welcher nicht in Dampf übergeht, wird durch das umgebende Wasser im
Behälter D verdampft. Durch die Rohrverbindungen d1 und d2 soll der
Ausgleichsumlauf zwischen Behälter D und der
Hauptleitung C hergestellt werden, damit in diesem
Behälter stets gleiche und höchste Temperatur herrsche.
Der Umlauf des Wassers in der Leitung C wird durch die
Pumpe B bewirkt und kann man innerhalb gewisser Grenzen
durch geringere oder stärkere Drosselung des Ventiles c
den Umlauf in d1 und
d2 verlangsamen
oder beschleunigen.
Gegenstände des Patentes bilden auſser der vorbeschriebenen Gesammtanordnung, nebst
dem Apparat zur Ueberführung des Wassers in Dampfform, ein Dampfentwicklungsapparat,
wie solcher angeordnet werden soll, wo Dampf nur als Kraft verwendet wird, also beim
Betrieb von Dampfmaschinen o. dgl., sowie ein selbstthätiger
Condensationswasserableiter.
Der erstere Apparat ist in Fig. 5 Taf.
29 dargestellt. In das Sammelgefäſs V tritt das heiſse
Wasser direct von dem Hauptrohr r durch den Meſsapparat
m und das Reductionsventil v ein. Dieses Gefäſs ist mit senkrechten Scheidewänden s versehen, damit das Wasser eine ziemlich weite
Strecke zu flieſsen hat, ehe es in den Ableiter u und
in das Rückfluſsrohr w gelangt. Die Scheidewände sind
zu diesem Zweck von ungleicher Höhe, lassen oben aber zum Entweichen des Dampfes
einen freien Raum. Während nun das Wasser den Apparat langsam durchströmt, wird ein
Theil des ersteren in Dampfform übergehen, indeſs die Temperatur des anderen Theiles
sich entsprechend erniedrigen wird.
Der Condensationswasserableiter für die Heizöfen, in Fig. 6 Taf.
29 veranschaulicht, ist so eingerichtet, daſs der Abfluſs des Niederschlagswassers
von den Heizöfen durch den Differentialdruck einer Wassersäule auf den
entgegengesetzten Seiten einer Scheidewand a im
Ableiter bewirkt wird. Zu diesem Zweck ist die Scheidewand a beweglich, indem sie am Rand zwischen zwei concaven zusammengeschraubten
Gehäusen b eingeklemmt ist. An a ist die Spindel c
mit dem Ventil d angebracht, welches den Durchfluſs in dem Cylinder
e öffnet oder verschlieſst. Der Cylinder e sitzt an der unteren Seite des Gehäuses b fest. Das mit der Rückfluſsleitung in der Straſse in
Verbindung stehende Rohr f schlieſst sich unter dem
Ventil d an. Der Cylinder e ist ferner durch das Rohr g mit dem unteren
Ende des Ofenrohres h so verbunden, daſs das Rohr g oberhalb des Ventiles im Cylinder e einmündet. Vom Rohr h
zweigt das Rohr i ab und mündet über der Scheidewand
a aus, während ein Rohr k sich von der unteren Seite der Scheidewand a bis an das obere Ende des Rohres h
erstreckt Ist k mit Wasser gefüllt, so wird in Folge
dessen Ventil e geschlossen sein und es so lange
bleiben, bis sich der Heizofen mit Wasser gefüllt hat und der Druck der Wassersäule,
welcher auf das Ablaſsventil durch g übertragen wird,
und der Druck, welcher durch k auf den oberen Theil der
Scheidewand wirkt, zusammengenommen gröſser ist als der Druck auf den unteren Theil
der Scheidewand a.
Man kann den beschriebenen Anordnungen und Constructionen
Originalität nicht absprechen* doch liegt Referent einige Bedenken gegen die
praktische Verwerthung derselben. Bei Anlage einer Stadtheizung dürfte in erster
Linie die Sicherheit des Betriebes zu betonen sein und diese erscheint bei der in
Frage stehenden Heizung als nicht genügend vorhanden. Einmal ist die Unsicherheit
des Betriebes in der Schwerfälligkeit desselben zu suchen, d.h. darin, daſs der
Umlauf des Wassers, also die gesammte Wärmezufuhr nach den einzelnen Gebäuden, von
dem Betriebe einer Dampfpumpe abhängig ist; dann scheint aber auch eine Unsicherheit
in dem in jedem Gebäude anzubringenden Apparat zur Ueberführung des Wassers in
Dampfform zu bestehen. Der Apparat, so einfach er auch ist, erfordert Verständniſs
und Beaufsichtigung, welche in der Regel nicht vorausgesetzt werden darf; auch
erscheint die vorgeschlagene Construction nicht sicher genug, um in den Heizöfen
einen höheren Druck, als den durch das Druckregulirventil gestatteten, zu vermeiden.
Beim Eintritt von Wasser in das Gefäſs X wird nur ein
Theil, und zwar der kleinere desselben, in Dampfform übergehen, während der andere
Theil zunächst die Temperatur des in X gebildeten
Dampfes annehmen, sich alsdann aber durch das in D
befindliche wärmere Wasser ebenfalls, wenn auch allmählich, in Dampf verwandeln
wird. Ist nun die Condensation in den Heizöfen eine entsprechend geringe, so kann es
eintreten, daſs der Druck in letzteren sowie in X
zunimmt und die zulässige Grenze überschreitet.
Bedenklich will überhaupt dem Referenten erscheinen, den Gebäuden
weit über den Siedepunkt erwärmtes Wasser zuzuführen, da sowohl ein Undichtwerden
bezieh. Platzen der Rohrleitung oder des besprochenen Apparates nicht nur sehr
bedeutende Störungen, sondern durch plötzliche Umwandlung eines Theiles des Wassers
in Dampf ernstliche Gefahren eintreten können. Bei einer Dampfheizung wird in Folge
einer Undichtigkeit wohl Dampf entweichen, aber der Verlust an Wärme, die Menge des
ausströmenden Dampfes und mithin die Störungen werden nie so bedeutend sein als in
Folge gleicher Undichtigkeit bei Prall's Heizung.
Die erwähnten Uebelstände würden in etwas an Bedeutung verlieren,
wenn gegenüber einer einfachen Dampfheizung die in Frage stehende Heizung bedeutend
billiger in der Anlage sich herausstellen würde. Anscheinend ist jedoch dies nicht
der Fall; denn einmal sind für jedes Gebäude besondere Apparate zur Ueberführung des
Wassers in Dampfform erforderlich, dann aber werden die Maſse der Hauptrohrleitungen
kaum geringer werden als bei der Dampfheizung; denn wenn auch das specifische
Volumen des Dampfes ein sehr bedeutendes ist, so wird dieser Uebelstand durch die im
Wasserdampf enthaltene latente Wärme, sowie durch die bedeutende Geschwindigkeit des Dampfes in den
Rohrleitungen mehr oder weniger ausgeglichen, je nachdem man den Druck in dem Kessel
und den Hauptrohrleitungen höher oder niedriger annimmt.
Bei der Bedeutung, welche zur Zeit die Frage der Städtebeheizung unstreitig besitzt,
ist sicherlich jeder Beitrag zur Lösung derselben zu begrüſsen und mit Interesse zu
verfolgen. Es ist daher auch nur, trotz der ausgesprochenen Zweifel und Bedenken,
wünschenswerth, daſs mit den vorstehend beschriebenen Anordnungen und Constructionen
Versuche gemacht werden, um mit Hilfe derselben ein endgültiges Urtheil über den
Werth des Patentes fällen zu können.
H. R.