Titel: | Ueber Anlass zu Explosionen von Petroleum und anderen brennbaren Flüssigkeiten; von Professor Dr. Rud. Weber in Berlin. |
Autor: | Rud. Weber |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 383 |
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Ueber Anlaſs zu Explosionen von Petroleum und
anderen brennbaren Flüssigkeiten; von Professor Dr. Rud. Weber in Berlin.
(Schluſs der Abhandlung S. 277 dieses
Bandes.)
R. Weber, über den Anlaſs zu Explosionen von Petroleum u.
dgl.
Verhalten des Leuchtpetroleums.
Den vorstehend beschriebenen analoge Erscheinungen treten auch bei dem wesentlich
schwerer flüchtigen Leuchtpetroleum auf, indem auch hier sowohl die Bildung
gefahrvoller, als auch solcher Dunstgemische statt hat, welche nicht allein durch
einen Mangel, sondern auch durch einen Ueberschuſs an Oeldampf gefahrlos sind. Ich
habe mich bestrebt, diesen aus dem Gebrauch der Oele entspringenden, Gefahrzustände
bedingenden Momenten näher zu treten.
Die Leuchtöle lassen sich in zwei Gruppen theilen, nämlich in die gewöhnlichen, die
Masseneinfuhr bildenden Oele, welche oft schon bei Luftwärme entzündliche Dämpfe
emaniren, und in solche, bei welchen derartige Dünste erst bei stärkerer Erwärmung
sich entbinden. Zu letzleren gehört das als Kaiseröl bekannte inländische Fabrikat,
sowie das von Amerika eingeführte sogenannte Astralöl. Diese Oele sind sehr complexe
variable Gemische von Kohlenwasserstoffen, den höheren Gliedern der Gruppe CnH2n+2 angehörend.
Ein ungefähres Bild ihrer Zusammensetzung gewährt die fractionirte Destillation,
wobei man die Theile nach den Temperaturen ihres Ueberdestillirens klassificirt.
Solche Versuche sind vielfach ausgeführt worden. Beim Fractioniren einer als
„Metropolitan“ mit dem Schiff Shakespeare
eingeführten Marke (Versuchsmenge 300g) erhielt
ich folgendes Resultat: Beginn des deutlichen Siedens 120°; es gingen über
zwischen:
120
bis
155°
2,5
Proc.
bei
155
„
200
21,5
bei
200
„
250
19,0
bei
250
„
300
27,7
von
300
„
etwa 360°
2,1
Höher siedende Restbestände
27,2
Das Restöl war sehr dick und es schieden sich daraus beim
Erkalten namhafte Mengen von Paraffin ab. Das zuerst übergegangene Destillat war
dünnflüssig, leicht entzündlich und hatte einen der Naphta ähnlichen Geruch.
Derartige Versuche geben indessen nur ein ungefähres Bild der Zusammensetzung, indem
die schwerer flüchtigen Oele die leichtflüchtigen derart beeinflussen, daſs sie
schwieriger, als wenn sie unvermischt wären, übergehen, und auch die schweren Oele
beim Siedepunkt der leichteren partiell abdunsten. Dazu kommt, daſs, wie den
Oelraffineuren sehr bekannt, die Oele beim Destilliren sich verändern, d.h. in
leichte und schwere sich spalten.
Die beigemischten leichten Oele haben den Zweck, den Verbrennungsvorgang der schweren
zu erleichtern, und sind um deswillen in dem mit einem gröſseren Bestände
hochsiedender Producte behafteten Leuchtöle nicht wohl entbehrlich. Dies ist ein
höchst wesentliches Moment; denn es läſst den sehr nahe liegenden Vorschlag als
praktisch unbrauchbar zurückweisen, derartigen Oelgemischen durch einfaches
Erhitzen, Abblasen mit Dampf, jene leichten bezieh. gefahrbringenden Bestandtheile
zu entziehen. Solche bis auf einen gewissen Grad abgeblasenen Brennöle pflegen
nämlich nicht mehr oder doch nur sehr schlecht zu brennen.
Darauf beruhen die Ursachen der Klagen über die schlechte Beschaffenheit des vor
einigen Jahren aus Amerika eingeführten Petroleums, welches aus dem in den
nördlichen Oeldistricten (Bradford) gewonnenen Rohöl bereitet war und von dem durch
theilweise Erschöpfung der Rohölquellen der älteren südlichen Districte (Parkers
Landing) sich dadurch unterscheidet, daſs diese Rohöle im Vergleiche zu den älteren
wesentlich gröſsere Mengen schwererer Kohlenwasserstoffe enthalten, deren Verwendung
ja doch angestrebt werden muſs.
Der einerseits gröſsere, andererseits geringere Gehalt der Leuchtöle an diesen
leichtflüchtigen Bestandtheilen bedingt den verschiedenen Gefahrzustand
derselben.
Die zweite Gruppe der Leuchtöle (Kaiseröl, Astralöl) besteht im Wesentlichen aus
Oelen mittleren Flüchtigkeitsgrades und enthält erheblich geringere Mengen von den
leichter verdampfenden Oelen.
Ein sehr wichtiger Umstand ist es nun, daſs die naphtaartigen Oele an ihrer
Verflüchtigung durch das Uebermaſs der schweren sehr behindert werden; hierüber
liegen Beobachtungen von Chandler und sehr sorgfältige
Ermittelungen von Weise in Köln (vgl. Polytechnisches Centralblatt, 1871 S. 378) vor.
Die gröſsere oder geringere Neigung zur Emanation gefahrbringender Dünste kündigt
sich durch die Temperatur an, bei welcher die entflammbaren Dämpfe daraus sich
entwickeln. Dieser Temperaturgrad wird mit dem Namen Flashing-point des Oeles bezeichnet. Die Kenntniſs desselben ist wichtiger
als die des sogen. Burning-point, d.h. der Wärmegrad,
auf den das Oel gebracht werden muſs, damit es selbst ohne Docht, wie z.B. Spiritus,
brennt; denn durch die Emanation der Dünste wird ja die Explosionsgefahr bedingt. Am
unmittelbarsten wird dieser Punkt mittels des von Abel
construirten, in England gesetzlich eingeführten Apparates gefunden, der direct
denjenigen Wärmegrad bekundet, bei welchem das in einem dicht verschlossenen Gefäſse
enthaltene Oel die ersten entzündbaren Dunstspuren entwickelt, sobald dasselbe durch
ein die Temperatur langsam steigerndes Wasser-Luftbad einen bestimmten Wärmegrad
angenommen hat. Andere in neuerer Zeit construirte Apparate geben diesen Punkt nicht
direct, so z.B. der
Bernstein'sche, bei welchem erst das weiter fortgeschrittene Stadium der
Dampfbildung dadurch, daſs eine Dochtflamme entzündet wird, den Maſsstab bildet.
(Vgl. Uebersicht 1881 240 * 129).
Die bei Versuchen mit Abel's Apparat sich ergebenden
ersten Spuren entzündbarer Dämpfe sind nun an sich noch nicht gefahrbringend und
schlieſst ein Oel, auf diese angezeigte Temperatur erwärmt, im praktischen Gebrauch
noch keine Gefahrmomente in sich. Die Gefahren treten erst bei stärkerer Erhitzung
des Oeles ein. Ich habe mich bestrebt, dieses für den praktischen Gebrauch der Oele,
wie ich glaube, ganz besonders wichtige Moment durch eine Reihe directer nämlich
derart angestellter Versuche zu ermitteln, daſs ich Oele von verschiedenem Flashing-point (Abel-test), in verschlossenen Gläsern
enthalten, solchen Wärmegraden aussetzte, welche wohl noch vorkommen können, und nun
sowohl die Entzündbarkeit (durch eine Zündflamme), wie vor allen Dingen auch ihre
Explosionskraft prüfte. Letztere Bestimmung ist um deswillen besonders wichtig, weil
bei den Lampen die Entzündung in mehr oder weniger geschlossenen Behältern (Bassins)
stattfindet und die Explosionskraft die gröſsere oder geringere Gefahr bedingt.
Für die Versuche wurden in Gläser von etwa 350cc
Inhalt je 20cc Oel gebracht und die (durch etwas
Quecksilber beschwerten) geschlossenen Flaschen im Wasserbade zwischen 25 und 50° 20
Minuten hindurch erwärmt. Es tauchten dieselben bis zum Hals unter Wasser und wurden
inzwischen wiederholt behufs Erleichterung der Dunstbildung umgeschwenkt. Dieselben
waren theils mit durchlochten, während der Erhitzung durch kleinere Pfropfen
abgedichteten Korken, theils mit solchen Pfropfen versehen, in denen elektrische
Entladungsdrähte sich befanden. Den für diese Untersuchung benutzten Abel'schen, in
England gefertigten und dort geeichten Apparat verdanke ich der Firma W. A. Riedemann in Geestemünde.
Das Ergebniſs der Versuche erhellt aus der tabellarischen Zusammenstellung auf S.
386.
Diese Versuchsresultate ergeben, daſs aus den Oelen von 14, 15, 17, 19° Abel-test bei den in Zimmern leicht stattfindenden
Temperaturen von 25 bis 30° wohl Dampfmengen sich bilden können, deren Entzündung
Detonationsgefahr nach sich zieht. – Bei höherer Temperatur (40 bis 45°), wie solche
wohl an der Decke stark geheizter Räume eintreten kann, insbesondere bei noch
intensiverer Erwärmung tritt eine starke, die Gefahr nunmehr ausschlieſsende
Dunstbildung ein, welche in der Tabelle als Uebersättigung bezeichnet ist.
Bei Oelen von 22 bis 29° Abel-test hat die Dampfbildung
noch bei 25° nicht wohl einen gefährlichen Charakter; allmählich steigert sich der
Effect und sehr stark werden bei 40° die Detonationswirkungen der Oele von 22 bis
26° Abel-test. Erst bei 50° tritt dann
abschwächende
Reaction der 20 Minuten lang im Wasserbade erwärmten Oele.
(Inhalt der Gläser 350cc, Oelvolumen 20cc.)
Textabbildung Bd. 241, S. 386
Temperatur nach Celsius; F.Z.;
E.Z.; Fabrikations-Nebenproduct; Sehr starke Reaction; Heftige Detonation; Sehr
heftige Detonation; Detonation; Flash, Uebersättigung nahe; Detonation, heft.
Flamme; Deutliche Uebersättigung; Gelinde Detonation mit groſser Flamme;
Uebersättigung; Ohne Wirkung; Mischproduct; Sehr starke Detonation; Starker
Flash, Uebersättigung nahe Noch; Schwache Detonation, beginn. Uebersättigung
anzeigend; Völlige Uebersättig.; Keine Explosion; Kräftige Reaction; Kräftige
Detonation; Starke Detonation; Starke Reaction; Heftige Reaction, Uebersättigung
beginnend; Detonation, strk. Flamme; Schwache Detonation, starke Flamme;
Uebersättigung, Entzündung des Korkes; Berliner Petroleum; Abel-test nach
Celsius; Recht starker Flash; Sehr starker Flash; Kräftige Reaction,
Uebersättigung beginnend; Starker Flash Uebersättigung; Matte Detonation; Deutl.
Uebersättigung; Schwache Entzündung; ohne Detonation; Starker Flash; Bedeutender
Flash; Aeuſserst kräftige Reaction; Flash, Beginn der Uebersättigung; Flash,
Uebersättigung zeigend; Schwache Detonation; Zeichen der Uebersättigung;
Petroleum von englischem Test; Leiser Flash; Starker Flash (pfeifend); Sehr
starker Flash; Recht starke Detonation; Starker Flash, Uebersättig. nahe;
Starker Flash, Uebersättigungsbeginn.; Schwache Detonation (Pfropfen brannte);
Kein Flash; Nicht explodirt; Leiser Flash; Namhafter Flash; Zieml. kräft.
Detonation; Ziemlich starker Flash; Starker Flash, Beginn der Uebersättigung;
Fabrikationsproduct; Anfangender Flash; Schwacher Flash; Deutlicher, scharfer
Flash; Deutlicher Flash; Heftige Detonation; Kaiseröl von Korff; Schein um die
Zünflamme.; Schein um die Zündflamme etwas deutlicher; Scharfer Flash; 1 F.Z.
bedeutet Zündung durch eine kleine Zündllamme. E.Z. bedeutet Zündung durch den
elektrischen Funken. 2 Reaction bezeichnet eine noch kraftvollere
Flammenerscheinung. 3 Flash bedeutet hier eine aus der Zündöffnung stark
herausdringende Flamme. 4 Uebersättigung bedeutet die die Reaction abmindernde
bezieh. aufhebende Dunstbildung
Uebersättigung ein. Das Kaiseröl entwickelt selbst bei
Temperaturen bis 40° keine gefährlichen Dampfgemische. In auſsergewöhnlichen
Temperaturen (45 bis 50°) kommen dann aber stark reagirende Dunstgebilde zum
Vorschein.
Die vorliegenden Zahlen lassen ferner erkennen, wie mit dem ersten Beginne der
Dampfbildung (Abel-test) bei steigender Temperatur der
in der Dunstbildung beruhende Gefahrzustand sich allmählich entwickelt, dann aber in
Folge der Uebersättigung wieder abnimmt. Im groſsen und ganzen geben die Oele, wenn
sie etwa 10° über ihren Abel-test erhitzt sind, Anlaſs
zur Bildung gefahrbringender Dämpfe. Demnach erscheint es kaum gerechtfertigt, den
Temperaturgrad der ersten Dampfentwicklung als das unmittelbare Kriterium
stattfindender Gefährlichkeit zu erachten; dieser Gefahrpunkt liegt vielmehr um etwa
10° höher als der Punkt jener ersten Dunstbildung.
Um nach Darlegung der Verhältnisse der Oele nunmehr der Frage nach den Vorgängen bei
den Lampen näher zu treten, so handelt es sich zunächst um das hochwichtige Moment,
wie kommt daselbst das Dunstgemisch zu Stande? – Ein wesentliches Resultat dieser
Untersuchung ist es, daſs hierbei der Brenner die Hauptrolle spielt und daſs eine
sehr wichtige Quelle der Dunstbildung in dem mit Oel genäſsten Dochte beruht,
welcher, von gröſserer oder kleinerer Oberfläche, direct durch den Brennerkopf an
seinem oberen Theile erhitzt wird. Um diese Verhältnisse zahlenmäſsig festzustellen,
wurden die Kugeln kleiner Thermometer zunächst in einem Abstand von etwa 10mm vom Brennerboden dicht an dem Docht anliegend
befestigt und die Dochttemperatur nun nach einstündigem Brennen abgelesen. Ferner
wurde durch Heraufschieben des Thermometers die Metalltemperatur des Brenners
ermittelt. Dabei ergab sich denn nun, wie zu erwarten, eine groſse Verschiedenheit:
Es zeigte sich, daſs bei guten Brennern, die sich auch von auſsen kalt anfühlten,
bei einer Lufttemperatur von etwa 24° die Dochtwärme auf etwa 35°, in einem Falle
bis 32° sich bezifferte, daſs sie aber auch, so insbesondere bei den stark heiſs
brennenden, vielleicht etwas verbogenen Flachbrennern, bis gegen 50, ja selbst 60°
betrug. – Die Metalltemperatur war weniger sicher zu ermitteln und lag vielfach 10
bis 15° über der des Dochtes.
Es wurde versucht, den Brenner durch theilweisen Verschluſs der Luftöffnungen, durch
falsche Stellung des Cylinders zum Heiſsbrennen zu bringen, und nun entwickelten
sich in den unter gleichen Verhältnissen sonst befindlichen Oelbehältern stark
reagirende Dunstgemische, welche bei kalt brennenden Brennern sich nicht zeigten,
wie dies directe Gegenversuche bewiesen.
Hiernach ist die Bedeutsamkeit der niederen Temperatur der Brenner sehr zu betonen
und werden hierin Fehler gemacht, so geben selbst gute Oele zu Gefahrzuständen unter ungünstigen
Verhältnissen Anlaſs. Es tritt die Beschaffenheit des Oeles erst dann schützend auf,
wenn diese Oele den Charakter der zweiten Gruppe, der sehr schwer flüchtigen,
besitzen.
Ein ferneres sehr wichtiges Moment beruht in der Temperatur der Luft, worin die Lampe
brennt, und zwar nicht sowohl lediglich darin, daſs die Dampfbildung des Oeles im
Bassin dadurch begünstigt, sondern daſs die durch den erwärmten Docht gebildeten
Dünste an ihrer Condensation gehindert werden. Kühlt man nämlich von oben die
Lampenbassins ab, so erkennt man oft deutlich die Condensationströpfchen der
Oeldünste.
Um nun nach diesen Erörterungen ein der Praxis entsprechendes Bild hinsichtlich des
Zusammenwirkens dieser einzelnen Momente (Beschaffenheit des Oeles, Temperatur der
Luft, Einfluſs des Brenners) zu gewinnen, wurden direct mit Lampen die nachstehend
beschriebenen Versuchsreihen angestellt. Zu diesem Zwecke waren die Lampen mit
Rundbrennern (14 Linien) und mit doppelten Vasenringen versehen, so daſs eine
Oeffnung (sonst zum Oeleinguſs bestimmt) zur Einführung einer Zündflamme in das
Bassin sich herstellen lieſs, und zwar war diese Oeffnung genügend groſs, um die
Gefahr des Zertrümmerns der Gefäſse zu verhindern. Bei den Versuchen waren die
Temperaturen der umgebenden Luft solche, wie sie im praktischen Leben vorkommen.
Folgende tabellarische Zusammenstellung (S. 389 und 390) ergibt die gewonnenen
Resultate.
Der Charakter der Erscheinungen, welcher beim Erwärmen der Oele in Gläsern unter
Anwendung des Wasserbades hervortrat, kommt hier in so fern wieder zur Geltung, als
leichte Oele von 15 bis 19° Abel-test schon bei den
niederen Lufttemperaturen (20 bis 24°) in den Lampenbassins recht heftig reagirende
Oeldünste erzeugen. Die Explosionsfähigkeit dürfte hier sogar um deswillen noch
etwas höher als bei der entsprechenden Temperatur im Wasserbade erscheinen, indem
die dampfbildende Wirkung der Brenner den Effect erhöht.
Oele über 21 bis 24° Abel-test geben bei den niederen
Lufttemperaturen (20°) zwar milder auftretende Reactionen; allein bei gesteigerter
Wärme, schon bei 23 bis 24°, mehr noch bei 30°, ist die Reaction jedoch sehr und
zwar so heftig, daſs die Flamme der Versuchslampe erlosch. Dies trat selbst noch bei
den immerhin hochgradigen Oelen von 26° Abel-test in 30
bis 31° Lufttemperatur ein. In höheren Temperaturen, denen Hängelampen in heiſsen
Wohn – und Versammlungsräumen wohl ausgesetzt sind, erfolgt eine die
Ungefährlichkeit bedingende Uebersättigung. Auch in heiſsen Klimaten mag letzterer
Umstand bei der notorisch dort öfter vorkommenden Anwendung leichter Oele
Explosionen abwenden.
Bei den schwerer flüchtigen Oelen, deren Repräsentant hier das
Versuche angestellt mit Stobwasser'schen Rundbrenner-Lampen (14
Linien). Brennzeit 2 Stunden.
Art der Oele
Mischöl
Mischöl
BerlinerPetroleum
Mischöl
Petroleum vonenglischem Test
Mischöl
Kaiseröl
Abel-Test
15°
17°
19°
21,5°
23,5°
26°
33,5°
1. Reihe. Temperatur der umgebenden Luft 14°.
Die Lampen standen auf dem Fuſsboden.Oeltemperaturen im Bassin der
Lampen
17°Heftiger Flash;Lampe verlöscht
16,5°Deutlicher Flash
17°Sehr leiser Flash
17°Kein Flash
17°Kein Flash
17°Kein Flash
17°Kein Flash
Das Flashen in den Lampen von 15, 17, 19° Abel-test beweist
hier, daſs die Dünste anderwärts als vom Oel im Bassin (jedenfalls vom
Dochte) emanirt werden.
2. Reihe. Temperatur der umgebenden Luft 20°.
Die Lampen standen 1m,1 hoch vom Fuſsboden
ab.Oeltemperaturen im Bassin der Lampen
22,5°Sehr stark. Flash;Lampe
verlöscht
22,5°Starker Flash;Lampe verlöscht
22°Heftiger Flash
22°Starker Flash
22°DeutlicherFlash
22°SchwacherFlash
22°Kein Flash
Anmerkung wie in 1. Reihe.
3. Reihe. Temperatur der umgebenden Luft 23
bis 24°. Die Lampen standen 1m,1 vom
Fuſsboden ab.Oeltemperaturen im Bassin der Lampen
25,5°Sehr heftigerFlash;
Flammeverlöscht
24,5°Recht starkerFlash;
Flammeverlöscht
25°Starker Flash;Flamme
ver-löscht
24,5°Starker Flash;Flamme
ver-löscht
24°Immerhinstarker Flash
25°Deutlicher Flash
25°Kein Flasch
Anmerkung wie oben.
4. Reihe. Temperatur der umgebenden Luft 30
bis 31°. Die Lampen standen 2m vom
Fuſsboden ab.Oeltemperaturen im Bassin der Lampen
33°Flash; Flammebrannte
weiter;deutliche Ueber-sättigung
31°Heftiger Flash;Flamme brannteweiter;
beginn.Uebersättigung
32°Sehr heftigerFlasch;
Flammeverlöscht
31°Heftiger Flasch;Flamme
ver-löscht
32°Heftiger Flasch;Flamme
ver-löscht
31°Starker Flasch;Flamme
ver-löscht
31°Flasch
Art der Oele
Mischöl
Mischöl
BerlinerPetroleum
Mischöl
Petroleum vonenglischem Test
Mischöl
Kaiseröl
Abel-test
15°
17°
19°
21,5°
23,5°
26°
33,5°
5. Reihe. Temperatur der umgebenden Luft 38
bis 40°. Die Lampen standen der Decke nahe 2m,5 vom Fuſsboden.Oeltemperaturen im Bassin der Lampen
43°Absolute Ueber-sättig.; Flammezuckte
bei derZündung nicht
42,5°Völlige Ueber-sättigung;Flamme
bliebbrennen
42,5°Völlige Ueber-sättigung;Flamme
bliebbrennen
41°VollkommeneUebersättigung;Flamme
bliebbrennen
42°Starker
Flash;ZeichenbeginnenderUebersättigung
42°Sehr heftigerFlash;
Flammeverlöscht
42°Heftiger Flash.
Die Dochttemperatur bezifferte sich bei 24° Luftwärme auf
35 bis 36°.
Andere Reihen unter Benutzung obiger Brenner
Art der Oele
Berliner Petroleum
Echt englischesPetroleum
Mischöl
Kaiseröl
Abel-test
19°
23°
29°
33,5°
1. Reihe. Temperatur der umgebenden Luft 20
bis 21°. Die Lampen standen 1m,1 vom
Fuſsboden
Heftiger Flasch
Deutlicher Flash
Kaum Spurenvon Flash
Kein Flash
2. Reihe. Temperatur der umgebenden Luft 26
bis 27°. Die Lampen standen 2m vom
Fuſsboden ab.Das Oel zeigte nach 2stündiger Brennzeit nahezu 29° in den
Bassins.
Sehr heftigerFlasch
Heftiger, zischenderFlash
Schwacher Flash
Hauch.
Kaiseröl war, trat schon in recht warmer Lufttemperatur, bis
30° hinaufreichend, noch keine bedenkliche Dunstbildung ein; dagegen zeigen sich bei
ungewöhnlich hohen Wärmegraden (38 bis 50°) gefahrbringende Dunstgemische.
Es geht hieraus hervor, daſs eine starke Erwärmung der Lampen, wie es bei
Küchenlampen nur zu oft geschieht, wenn solche auf den Ofen oder den heiſsen Herd
gesetzt werden, selbst dann noch gefahrbringend ist, wenn sie mit den besten Oelen
gespeist sind.
Nachdem im Vorstehenden die Bedingungen für die Bildung gefährlicher Dampfgemische
erörtert sind, treten wir nun der Frage näher: wie kommt es zu deren Entzündung und
welche Sicherheitsvorrichtungen sind anzuwenden?
Die Entzündung der Bassindämpfe kann naturgemäſs nur durch die Flamme erfolgen und
kann nur dann stattfinden, wenn eine dazu geeignete Communication, d.h. eine
Verbindung vom Oelbassin zur Flamme, vorhanden ist. – Diese Communication ist nun
aber durch die oft weiten Oeffnungen im Brennerboden gegeben, durch welche das vom
Docht her absickernde Oel ins Bassin zurücktropfen soll. Diese Oeffnungen haben
zuweilen mehrere Millimeter in ihrer Abmessung und sind dann wohl geeignet, die
Rückzündung der dem Bassin entsteigenden Dämpfe zu ermöglichen. Wenn man nun
einerseits die Sorglosigkeit, mit der diese groſsen Verbindungsöffnungen angesehen
werden, in Betracht zieht und dabei doch an die immerhin kleine Zahl von
Unglücksfällen, verursacht durch Rückentzündung, denkt, so muſs man anerkennen, daſs
glücklicherweise ein Zusammentreffen vieler ungünstiger Umstände dazu gehört, damit
die wohl recht oft im Bassin vorhandenen gefahrvollen Dünste zur Entzündung
gelangen. – Gefahrbringende Momente der Art sind nun das Heraustreiben jener Dämpfe
durch Eingieſsen frischen Petroleums, das Herabdrücken der Flamme durch Ausblasen
sowie durch starkes Bewegen der Lampe. Sehr gefährlich kann auch das Putzen
brennender Lampen werden, indem leicht durch jene Oeffnungen in das Bassin
gelangende, brennende Dochtschnuppen dort eine Entzündung der Gase herbeiführen. Zur
Unterstützung dieser Ansicht, daſs weite Oeffnungen im Brennerboden gefahrbringend
sind, sei bemerkt, daſs mir Brenner explodirter Lampen vorlagen, bei denen jene
Oeffnung sehr weit war. In einem Falle fand die Explosion durch Ausblasen, im
anderen jedenfalls durch Zugwind statt. – Es ist daher Pflicht der
Lampenfabrikanten, diesen Umstand in Betracht zu ziehen, und es sind jetzt auch
Brenner ausgeführt worden, bei denen durch entsprechende Abdichtung, durch
Anbringung hydraulischer VerschlüsseEin solcher hydraulischer Verschluſs von sehr zweckmäſsiger, bequem
anzubringender Form ist von der bekannten Firma Schuster und Baer in Berlin (* D. R. P. Kl. 4 Nr. 15522 vom 30.
März 1881) angegeben worden.D. Red., durch Verkleinerung der
Gefäſse, aus denen
unmittelbar der Docht das Oel aufsaugt (z.B. Schiebelampen mit Oelkästen,
Moderateurlampen), diesem wichtigen, die Gefahr sehr wesentlich abmindernden Momente
Rechnung getragen worden ist.
Gefahrvolle Verbindungskanäle bilden sich, wenn die Dochte die Hülsen nicht
vollständig erfüllen, so daſs schlotartige Oeffnungen zwischen dem Flammenrande und
dem Dampfraume des Bassin vorhanden sind. Solche Kanäle führen die Dünste der Flamme
noch näher als die Oeffnungen im Brennerboden. Eine durch die Kölner Zeitung
gegangene Mittheilung warnt unter Anführung von Explosionsbeobachtungen vor diesen
Gefahren, welche sich immer vorher schon durch das Zucken der Flamme ankündigen.
In Betreff der Brenner sei noch bemerkt, daſs ihre ganze Einrichtung auf die
Vermeidung des Heiſsbrennens abzielen muſs. Dies wird durch eine geschickt zur
Flamme geleitete Luftzuführung bewirkt und durch genügend weite Luftzuleitungskanäle
am unteren peripherischen Theile des Brenners erreicht.
Weiter muſs angestrebt werden, daſs die Flamme den Metalltheilen des Brenners
möglichst fern bleibt; bei den Flachbrennern ist dies nicht gut möglich und tritt
bei geringer Verbiegung, bei etwas fehlerhafter Dochtlage u. dgl. sehr leicht ein.
Vielfach ist Unheil durch solche Flachbrenner gekommen; mir selbst liegen zwei
solche fehlerhafte, sich sehr heiſs brennende Flachbrenner vor, welche eine
Explosion zur Folge gehabt hatten. Oft befinden sich solche Flachbrenner an kleinen
Küchen- und Hauslampen, und werden nun solche durch das Brennen heiſs, so können sie
beim Inhalte schlechten Petroleums leicht eine Explosion verursachen.
Hierbei sei indessen beiläufig noch erwähnt, daſs selbst der bestconstruirte Brenner
zum gefährlichen Heiſsbrennen dadurch zu bringen ist, daſs die äuſseren
Luftzuführungsöffnungen durch Dochtschnuppen verstopft werden, daſs die Flamme zu
niedrig geschraubt und der Cylinder nicht richtig eingestellt, nämlich so aufgesetzt
wird, daſs die Flamme ruſst. Der die Flamme einschnürende Theil des Glascylinders
befindet sich dann nicht an der für die Flamme richtigen Stelle.
Zum Schluſs bemerke ich zusammenfassend folgendes: Es ist nicht in Abrede zu stellen,
daſs die sehr leicht flüchtigen Oele, so bis etwa 19 bis 20° Abel-test, in so fern nicht wohl empfehlenswerthe Leuchtstoffe, namentlich
bei den allgemein üblichen Brennerconstructionen, sind, als sie doch schon bei
mäſsiger Luftwärme, verstärkt durch die Brennerwärme, gefahrvolle Dunstgemische
erzeugen.
Dabei ist indessen wohl zu erwägen, daſs selbst Oele von höherem Dampfbildungspunkte,
etwa der Region 24° Abel-test angehörend, auch nicht
durchweg gefahrlos sind, wenn einerseits die die Lampen umgebende Lufttemperatur,
wie bei Hängelampen., eine entsprechend höhere ist, wenn die Brenner eine zu hohe Wärme entwickeln und
dem Dochte mittheilen, oder wenn andererseits die Erwärmung der Brenner durch
Verschluſs der Luftöffnungen, auch durch falsches Aufsetzen der Cylinder veranlaſst
wird. Dem gegenüber ist indessen geltend zu machen, daſs die bei der Anwendung
leicht flüchtiger Oele und gewöhnlicher Brenner sich ergebenden Gefahren wesentlich
dadurch abgemindert werden, daſs die Brenner entsprechend abgedichtet sind. Oele,
welche zwischen 33 bis 40° die ersten Spuren entzündlicher Dünste aushauchen
(Kaiseröl), gewähren naturgemäſs eine gröſsere Sicherheit als leichter abdunstende
Oele. – Den durch mangelhafte Einrichtung der Brenner bedingten Gefahrzuständen ist
nicht wohl eine geringere Bedeutung beizumessen als den durch das Oel an sich
herbeigeführten.
In Folge der durch die ganze Natur der Oelproduction bedingten Notwendigkeit, selbst
Oele von nicht übermäſsig hohem Test zu verwenden, erscheint es dringend geboten,
bei der Construction der Brenner obige Momente zu beachten und bei der Benutzung der
Lampen auch die Vorsichtsmaſsregeln zu berücksichtigen (insbesondere Reinhaltung der
Luftzuführungsöffnungen an der Auſsenseite der Brenner, richtiges, ein Ruſsen
vermeidendes Aufsetzen des Cylinders), deren Vernachlässigung selbst gut construirte
Brenner zum Heiſsbrennen zwingt. Leicht erkennt man durch Berührung des Brenners mit
den Fingern, ob ein Heiſsbrennen desselben erfolgt ist.
Berlin. Technisches Laboratorium der technischen Hochschule, März 1881.