Titel: | Zur Scheidung und volumetrischen Bestimmung des Bleies; von Alexander E. Haswell. |
Autor: | Alexander E. Haswell |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 394 |
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Zur Scheidung und volumetrischen Bestimmung des
Bleies; von Alexander E. Haswell.
Haswell's Scheidung und Bestimmung des Bleies.
Wird eine mäſsig verdünnte neutrale Lösung von Bleinitrat mit
Kaliumpermanganat-Lösung und einigen Tropfen einer sehr verdünnten reinen Kalilauge
versetzt und schwach erwärmt, so findet unter Abscheidung eines dunkel braunen
Niederschlages vollständige Entfärbung des Permanganates statt; ganz dasselbe
Verhalten zeigen die beiden Verbindungen in Gegenwart von verdünntem Ammoniak,
kohlensaurem Natron und besonders rasch bei Gegenwart von aufgeschlämmtem Zinkoxyd,
wie es Volhard zur Trennung des Eisens von Mangan mit
Erfolg vorschlug.
Bekanntlich oxydirt Bleihyperoxyd sowohl neutrale, wie stark salpetersaure Lösungen
der Manganoxydulsalze zu Manganhyperoxyd bezieh. Uebermangansäure. Es liegt somit
hier eine sogen. umgekehrte Reaction vor, indem das Bleioxyd die Uebermangansäure
reducirt, ähnlich dem bekannten Verhalten der Bleioxyde den Ferro- und
Ferridcyan-Verbindungen gegenüber; indem gelbes Blutlaugensalz in neutraler Lösung Bleihyperoxyd unter
Bildung von rothem Blutlaugensalz reducirt, oxydirt umgekehrt rothes Blutlaugensalz
bei Gegenwart von freiem Aetzalkali Bleioxyd zu Hyperoxyd unter Rückbildung von
gelbem Blutlaugensalze.
Dieses Verhalten der Bleisalze bei Gegenwart von Aetzkali, Ammoniak und Zinkoxyd
läſst sich nur so deuten, daſs die Uebermangansäure durch in Freiheit gesetztes
Bleioxyd bezieh. Bleioxydhydrat und durch kohlensaures Bleioxyd reducirt wird, was
in der That auch geschieht; denn erwärmt man in Wasser aufgeschlämmtes Bleicarbonat
oder frisch gefälltes Bleioxydhydrat mit Chamäleonlösung, so findet unter sofortiger
Entfärbung der Lösung die Bildung obigen braunen Niederschlages statt.
Nachdem diese qualitative Reaction mit einer Bleinitratlösung von bekanntem
Bleigehalte und Permanganattiter wiederholt ausgeführt wurde und das
Mengenverhältniſs der auf einander wirkenden Lösungen stets gleich blieb, lag der
Gedanke nahe, diese Reaction auf ihre Verwendbarkeit zur Volumetrie des Bleies zu
prüfen. Vorerst aber muſste die Natur und Zusammensetzung des Niederschlages
ermittelt werden. Zu dem Zwecke wurde eine gröſsere Menge jener Verbindung durch
Einwirken von Permanganatlösung auf salpetersaures Blei unter Zusatz einiger Tropfen
einer stark verdünnten chemisch reinen Kalilauge unter Erwärmen und schlieſslich
minutenlangem Sieden der Lösung dargestellt. Die Kalilauge muſs dabei so stark
verdünnt sein, daſs sie für sich allein die Chamäleonlösung beim Sieden nicht
verfärbt, d.h. nicht in mangansaures Salz umwandelt. Nach beendeter Reaction muſs
die über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit schwach, aber entschieden alkalisch
reagiren. Der Niederschlag wurde nun filtrirt, mit siedendem Wasser wiederholt
gewaschen und nach vollständigem Trocknen der Untersuchung unterworfen.
Das Filtrat erweist sich vollkommen bleifrei, enthält nur jene dem kleinen
Permanganatüberschusse entsprechende Menge Mangan und stellt somit eine schwach
alkalische Lösung von salpetersaurem Kali dar. Die Verbindung ist vollkommen amorph
und löst sich in Salzsäure unter Chlorentwicklung. Dieselbe, mit
Jodkalium-Stärkelösung übergössen, zeigt die blaue Jodamylum-Reaction, die Gegenwart
von Hyperoxyd kennzeichnend; in siedend heiſse Salpetersäure eingetragen, tritt
sofort die Farbe der Chamäleonlösung auf, welch letztere Reaction die Anwesenheit
sowohl von Bleihyperoxyd, als auch Manganoxydul entschieden anzeigt.
Aus dem Verhältniſs der auf einander wirkenden Verbindungen, sowie aus dem Umstände,
daſs die nach beendeter Titrirung schwach rosafarbige Lösung nach längerem Stehen
sich entfärbt, geht hervor, daſs das Mangan als Oxydul in der Verbindung enthalten
sein müsse.
Die Analyse der Verbindung zeigte folgende Zahlen: a) 0g,2802 vollständig trockener Substanz ergab 0g,2972 Bleisulfat, 0g,0304 Manganoxyduloxyd und 0g,0912
Platinchlorkalium. – b) 0g,2431 Substanz lieferten
0g,2578 Bleisulfat woraus sich folgende
procentarische Zusammensetzung berechnet:
a)
Blei
=
72,458
b) Blei = 72,447.
Mangan
=
7,830
Kalium
=
5,217.
Die Verbindung 5PbO2,2MnO,K2O enthält in 100 Theilen:
Blei
=
72,417
Mangan
=
7,556
Kalium
=
5,472
Sauerstoff
=
14,555,
woraus sich das Verhältniſs von Blei zu Mangan wie 5 zu
2 berechnet. Somit werden 5 Atome Blei durch 1 Mol. Kaliumpermanganat als Hyperoxyd
gefällt und angezeigt. 5cc einer Bleinitratlösung,
welche 1g Blei in 100cc enthielt, verbrauchten 5cc
Permanganattiter; derselbe enthält in 1cc 0g,003 übermangansaures Kalium oder 0g,001031 Mangan. Nach der Berechnung (207 ×
0,001031) : 0,01 = 21,34 kommen auf 1 Atom Blei 21,34 = (21,34 : 54) = 0,395 oder
nahezu 0,4 Atome Mangan; somit folgt auch aus dieser Analyse, daſs die Verbindung
auf 5 Atome Blei 2 Atome Mangan enthalten müsse und daſs die Reaction nach folgender
Zersetzungsgleichung erfolgt:
5Pb(NO3)2 + K2Mn2O8 + 10KHO =
5PbO2,2MnO,K2O +
10KNO3 + 5H2O.
Es liegt hier offenbar einer jener von Fremy zuerst
beschriebenen Verbindungen des Bleihyperoxydes mit Basen vor, welche er als
bleisaure Salze bezeichnet.Vgl. Berzelius' Jahresbericht, Bd. 24 S. 137.
Bd. 25 S. 228.
Bei Anwendung von Zinkoxyd, durch welches ich die verdünnte Kalilauge mit Vortheil
ersetze, tritt statt Kaliumoxyd, wie aus den weiter folgenden analytischen Daten
hervorgeht, wahrscheinlich Zinkoxyd in die Verbindung ein.
Ohne vorläufig eine Ansicht über die Constitution dieser Verbindung, die zur
Aufstellung einer rationellen Formel führen soll, aussprechen zu können, will ich
sie kurz als Manganplumbit bezeichnen und scheint sich das Bleihyperoxyd Basen
gegenüber ähnlich zu verhalten wie das Manganhyperoxyd.
Um den Verlauf der Reaction bei Anwendung von Zinkoxyd statt Kalilauge zu studieren
und die Substitution des Kaliums durch Zink in der Verbindung darzuthun, wurde in
dem gerade noch schwach rosafarbigen Beiträte einer Titrationsprobe nach Entfernung
des in Lösung getretenen Zinkes als Sulfuret das Kalium als Platindoppelsalz gefällt
und gewogen. Zu dem Zwecke wurden 10cc einer
Bleinitratlösung nach Zusatz von Zinkoxyd mit 12cc,8 Permanganattiter gefällt, filtrirt und mit siedendem Wasser gewaschen; im
Filtrate wurde das Zink als Sulfuret gefällt und abfiltrirt und das Kalium als
Platindoppelsalz bestimmt; gefunden wurde Kaliumplatinchlorid 0g,0675, entsprechend 0g,01082 Kalium. 1cc des Permanganates
enthält 0g,003 übermangansaures Kalium, somit die
12cc,8 0g,00955 Kalium. Es war somit sämmtliches Kali des Permanganates als Nitrat in
Lösung gegangen und offenbar in dem Niederschlage Zinkoxyd an seine Stelle
getreten. Der
mittels Zinkoxyd erhaltene Plumbitniederschlag wurde des mechanisch beigemengten
Zinkoxydes wegen nicht untersucht.
Bevor ich an die Beschreibung der Titrirung des Bleies nach dieser Methode gehe, muſs
ich erwähnen, daſs sowohl Kobalt, wie Nickel bei Gegenwart von Zinkoxyd
Chamäleonlösung in der Wärme unter Bildung dunkelbrauner Niederschläge reduciren,
über deren Untersuchung und Prüfung auf ihre Verwendbarkeit zur Volumetrie der
beiden Metalle demnächst berichtet werden soll.
Bei Anwendung von Zinkoxyd erfolgt somit die Fällung des Bleies nach folgender
Gleichung:
5Pb(NO3)2 + 5ZnO + K2Mn2O8 = 5 PbO2,2MnO,ZnO + 4Zn(NO3)2 + 2KNO3.
Titrirung des Bleies mit übermangansaurem Kalium. Um die
Methode auf ihre Verwendbarkeit zur maſsanalytischen Bestimmung des Bleies zu
prüfen, wird eine Bleinitratlösung durch Lösen von 1g chemisch reinen Bleimetalles in Salpetersäure, Eindampfen zur Trockne,
Auflösen in destillirtem Wasser und Verdünnen zu 100cc bereitet. 5cc derselben werden mit
etwa 0cc,5 in Wasser aufgeschlämmten Zinkoxydes
versetzt und in der Kälte unter Umschütteln die Permanganatlösung tropfenweise
zuflieſsen gelassen. Dabei entsteht sofort unter Entfärbung der Chamäleonlösung
braune Fällung, die sich rasch absetzt, und erst gegen Ende der Reaction ist die
darüber stehende Lösung schwach rosafarbig; nun wird ein wenig erwärmt, wodurch
sofort Entfärbung unter vollständiger Trennung des Niederschlages stattfindet; man
gibt jetzt abermals 1 bis 2 Tropfen Chamäleonlösung zu und erwärmt schlieſslich zum
Sieden; entfärbt sich die Lösung jetzt nicht mehr, so erhält man das Sieden ungefähr
1 Minute lang und beobachtet, ob keine Abnahme der Farbenstärke mehr eintritt; ist
dieselbe bleibend, so war die Reaction beendet. Die über dem Niederschlage stehende
Flüssigkeit ist dabei schwach rosafarbig und behält auch diese Farbe im bedeckten
Gefäſse ungefähr 24 Stunden, wonach dann allerdings vollständige Entfärbung
eingetreten ist. Dieses Verhalten erklärt sich durch die Gegenwart von Manganoxydul
in der Verbindung, welches, da es an Bleihyperoxyd gebunden ist, sich nur allmählich
mit dem kleinen Permanganatüberschusse zu Manganhyperoxyd umsetzen kann.
5cc dieser Bleilösung
verbrauchten genau 5cc Permanganattiter, wovon
jedes Cubikcentimeter nach der Gleichung (207 × 0,003) : (⅕ × 314,22) = 0g,00988 Blei anzeigt; 1cc der Bleilösung würde somit 0g,00985 statt 0g,01 Blei enthalten; 0g,01 Blei würden aber
zur Fällung an obigem Titer benöthigen 1,012 oder 5cc 5cc,06, was entschieden auſser den
Grenzen des Ablesens liegt.
Die Titrirung hat viel Aehnlichkeit mit der des Mangans nach Volhard (1880 235 387), wovon sie sich aber
dadurch unterscheidet, daſs die Hauptreaction schon in der Kälte erfolgt und daſs
man von der Neutralität der Lösung vollkommen unabhängig ist, da ja selbst saure
Lösungen durch den stets erforderlichen Zinkoxydüberschuſs ohnehin neutralisirt werden.
Auſserdem erfolgt die Reaction und die Abscheidung des Niederschlages sehr
rasch.
Es wurden nun folgende Bleilösungen nach Zusatz von Zinkoxyd mit obigem
Permanganattiter titrirt:
1cc Permanganat = 0g,00988 Blei.
Die Blei-lösung aenthält1g Blei in100cc
1cc verbr.
Permanganat 1 „ „ 1 „
„ 5 „ „10 „
„15 „ „
1cc 1 1 51015
woraus sich der Bleigehalt zu 0g,988 statt 1g berechnet,
1cc Permanganat = 0g,01579 Bleinitrat.
Gefunden
Berechnet
DieLösung benthält6g,2368Bleinitratin 300cc
5cc verbr. Perm. 5
„ „10 „ „ 1 „ „10
„ „ 5 „ „ 5 „ „ 5
„ „
6,55cc 6,512,9 1,313,0 6,5 6,6 6,5
0,10340,10260,20370,02050,20530,10260,10420,1026
0,10390,10390,2078 0,020780,20780,10390,1039 0,1039.
Die Lösung centh. 9g,5641in 100cc
1cc „ „ 1
„ „ 3 „ „
6,0cc 6,018,0
0,09474 0,09474 0,28422
0,09564 0,09564 0,28692.
Berechnet und nicht gewichtsanalytisch
bestimmt.
Um den Einfluſs der Gegenwart der Eisenoxydsalze auf die Titrirung des Bleies zu
studieren, wurden der Bleilösung b wechselnde Mengen einer salpetersauren
Eisenoxydlösung zugesetzt und wie früher titrirt. Dabei blieb der Verbrauch an
Permanganat ganz gleich:
5cc
der
Lösung
b
verbrauchen
Permanganattiter
6,5cc
5cc
„
„
„
„
„
6,55
Das Blei läſst sich nach dieser Methode auch in bedeutend verdünnteren Lösungen
titriren; 10cc der Lösung b wurden zu 100cc verdünnt und davon 10cc tirirt; allerdings trennt sich bei so starker
Verdünnung (0g,0013 Blei in 1cc) die Fällung nicht so vollständig, wohl aber
auf Zusatz einer sehr kleinen Menge Kalilauge; es genügt auf jene Menge, das Ende
eines dünnen Glasstabes durch Eintauchen in die sehr stark verdünnte Kalilauge zu
benetzen und damit die Lösung umzurühren, wobei sich der Niederschlag vollständig
trennt.
Die
10cc
verbrauchen
Permanganattiter
1,3cc
5cc
„
„
0,7
Die Titrirung der Lösung c ergibt, daſs die Resultate auch mit bedeutend
concentrirteren Lösungen befriedigend ausfallen. Das Blei läſst sich somit bei jeder
Concentration seiner Lösungen nach dieser Methode volumetrisch bestimmen.
Scheidung des Bleies von denjenigen Metallen, welche der
directen Titrirung desselben hinderlich sind. Selbstverständlich ist, daſs
die zur Volumetrie zu verwendende Lösung die Metalle als Nitrate enthalten muſs. Von den neben Blei in
Lösung befindlichen Metallen sind ohne allen Einfluſs auf die Titrirung des Bleies:
die Alkalien, Alkalierden, Thonerde und Chromoxyd, Zink und Eisenoxydsalze.
Ausgeschlossen sind: Mangan, Kobalt, Nickel und Eisenoxydul. Zinn und Antimon kommen
nicht in Betracht, da sie beim Lösen schon als Oxyde ausgeschieden werden. In der
Lösung vorhandenes Wismuth wäre durch wiederholtes Eindampfen als basisch
salpetersaures Salz auszuscheiden. Kupfer in gröſseren Mengen wirkt durch seine
Farbe störend. Zur Trennung des Bleies von demselben wird ersteres durch
kohlensaures Ammon und Ammoniak gefällt und nach dem Abfiltriren in Salpetersäure
zur Titrirung gelöst.
5cc der Lösung b wurden mit
einer Lösung von salpetersaurem Kupferoxyd im Ueberschusse versetzt und mit
kohlensaurem Ammon und Ammoniak gefällt, filtrirt, vom Filter herab in Salpetersäure
gelöst, die Lösung am Wasserbade eingeengt und nach Zusatz von Zinkoxyd mit
Chamäleonlösung titrirt; verbraucht wurden 6cc,5
Permanganat. Die Trennung ist daher eine vollständige.
Kleine Mengen von Silber üben keinen nachtheiligen Einfluſs auf die Titrirung des
Bleies. Die Trennung des letzteren geschieht wie bei Kupfer.
5cc einer Bleilösung wurden mit
2cc Silbertiter versetzt, wovon 5cc durch 2cc,5
Rhodanammoniumlösung gefällt werden. Nach Ausscheidung des Bleies als Carbonat wurde
das Silber mit dem Rhodantiter titrirt; verbraucht wurden 1cc Rhodanlösung.
Diese Methode, das Blei volumetrisch zu bestimmen, läſst sich in allen jenen Fällen
mit Vortheil anwenden, wo dasselbe als Nitrat in Lösung gebracht werden kann.
Abgesehen von der praktischen Verwendbarkeit dieses Verfahrens dürfte dasselbe auch
deshalb Interesse bieten, da es auf einer, so viel mir bekannt, neuen Reaction
zwischen Bleioxyd und Kaliumpermanganat beruht.
Wien, Juli 1881.