Titel: | Leuchtende Farbe. |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 401 |
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Leuchtende Farbe.
Gädicke, über leuchtende Farbe.
Die Phosphorescenz von Mineralien beobachtete schon i. J. 1630 V. Casciorolo zu Bologna. Balduin fand durch Schmelzen von salpetersaurem Kalk den nach ihm
benannten Balduin'schen Phosphor, welcher aber nur in der Hitze leuchtet. Canton stellte bereits die Leuchtsteine fast ebenso
stark leuchtend her, wie dies heute geschieht. Ein von ihm i. J. 1764 in eine
Glasröhre eingeschmolzenes Stück befindet sich im Besitz von Prof. Tuson in London und hat seine leuchtende Kraft bis
heute ungeschwächt behalten. Später beschäftigte sich Becquerel mit der Herstellung dieser Lichtsauger und fand er namentlich
die Schwefelverbindungen des Calciums, Strontiums und Bariums wirksam. Diese
Versuche hat Balmain fortgesetzt, nach dessen
Vorschrift die so genannte „Balmain's leuchtende Farbe“ in London hergestellt
wird (vgl. auch Sagan 1879 234 * 303).
Nach J. Gädicke (Verhandlungen
der polytechnischen Gesellschaft, 1881 S. 253) stellte John den Leuchtstein her durch Reduction von
Schwerspath mit Kohle, Osann desgleichen mit
Wasserstoff. Canton glühte Austern schalen mit
Schwefelblumen.
Der chemischen Zusammensetzung nach sind die Leuchtpulver basisches Schwefelbarium,
Schwefel Strontium oder Schwefelcalcium; die reinen Schwefelverbindungen leuchten
gar nicht. Es ist indessen die chemische Zusammensetzung allein nicht maſsgebend für
die Leuchtkraft, da von zwei Substanzen gleicher Zusammensetzung die eine leuchten
kann, während es die andere nicht thut. Es hängt vielmehr das Leuchten auſser von
der richtigen chemischen Zusammensetzung noch von einem bestimmten
Molecularzustande, ab. Daher kommt es auch, daſs z.B. ein aus gebranntem Perlmutter
hergestellter Leuchtstein besser leuchtet als solcher von gebrannten Austernschalen,
daſs ferner Kalkhydrat ein anderes Resultat liefert als Arragonit, obgleich in allen
diesen Fällen Producte von gleicher chemischer Zusammensetzung erhalten werden. Doch
hat Gädicke gefunden, daſs man den erforderlichen
Molecularzustand auch auf künstlichem Wege bei Anwendung chemisch reiner Stoffe
erreichen kann.
Die leuchtenden Pulver werden erregt durch künstliche Beleuchtung, namentlich
Magnesiumlicht und elektrisches Licht, am besten aber durch Tageslicht. Von den
Strahlen des Sonnenspectrums sind am wirksamsten die ultravioletten und violetten–,
die gelben und rothen Strahlen erregen nicht, schwächen vielmehr die Wirkung der
violetten. Die Farbe des ausgestrahlten Lichtes ist unabhängig von der Farbe der
erregenden Strahlen, d.h. ein bestimmter Leuchtstein strahlt immer dasselbe Licht aus,
gleichviel ob er durch violettes, blaues oder farbloses Licht erregt wird. Diese
Farbe ist auch nicht durch bestimmte metallische Zusätze zu erlangen; sie ist
vielmehr das Ergebniſs eines bestimmten Molecularzustandes des Leuchtsteines. Farbig
ist das ausgestrahlte Licht überhaupt nur kurze Zeit. Später haben die Leuchtsteine
aller Bereitungsarten alle das gleiche weiſsliche Licht. Die besten der bis jetzt
bekannten Leuchtpulver leuchten etwa 18 Stunden; doch gehört zur Erkennung des
letzten schwachen Schimmers völlige Dunkelheit und ein gutes Auge.
Bei der praktischen Anwendung dieser Pulver als Farbe empfiehlt sich ein weiſser
Untergrund in Zinkweiſs oder Kreide; dabei darf kein Blei haltiger Firniſs
angewendet werden, da sich sonst Schwefelblei bilden würde.
Auſser für Uhrzifferblätter, Feuerzeugständer, Schlüssellochbleche u. dgl. sollen
derartige Anstriche verwendet werden für Seezeichen, Rettungsgürtel, Taucheranzüge,
für Schlagbarrieren bei Eisenbahnen u. dgl. Wird die Decke der Eisenbahnwagen damit
bestrichen, so genügt dieses den Eintritt der vollen Dunkelheit beim Durchfahren von
Tunneln zu verhüten. Wie weit es möglich sein wird, in ähnlicher Weise
Pulvermagazine, Kohlengruben u. dgl. zu beleuchten, müssen weitere Versuche
zeigen.