Titel: | A. Riedler's Indicatorversuche an Pumpen. |
Autor: | C. Bach |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 409 |
Download: | XML |
A. Riedler's Indicatorversuche an
Pumpen.
Bach, über A. Riedler's Indicatorversuche an Pumpen.
Die jüngste Riedler'sche ArbeitA. Riedler: Indicatorversuche an Pumpen und
Wasserhaltungsmaschinen. Mit 21 Tafeln und 24 Textfiguren. (München
1881.) enthält soviel interessantes und werthvolles Material aus
einem bisher wenig angebauten und doch überaus wichtigen Gebiete des Maschinenwesens
und ist eine so verdienst volle, daſs eine kurze Besprechung derselben angezeigt
erscheint.
1) Ventilüberdruck.
Bedeutet (für ein Tellerventil):
fu
den unteren Querschnitt des Ventiles gleich der Ventilsitzöffnung,
fo
= αfu die obere
Ventilfläche, so daſs fo
– fu = (α
– 1) fu
die Dichtungsfläche miſst,
pu
die Pressung der Flüssigkeit unmittelbar unter dem Ventile,
po
die Pressung der Flüssigkeit unmittelbar oberhalb des Ventiles,
p die durchschnittliche
specifische Pressung in der Dichtungsfläche,
G das Gewicht des Ventiles in der
Flüssigkeit,
S die das geschlossene Ventil
belastende Federkraft, sofern eine solche überhaupt vorhanden ist,
so wirken in dem Augenblick, der demjenigen vorhergeht, in
welchem die Ventilerhebung beginnt, auf die letztere hin die Kräfte:
f_u\,p_u+(\alpha-1)\,f_u\,p-f_o\,p_o-G-S.
Für den Zustand des Gleichgewichtes folgt:
f_u\,p_u+(\alpha-1)\,f_u\,p-\alpha\,f_u\,p_o-G-S=0.
p_u-p_o=(\alpha-1)\,(p_o-p)+\frac{G}{f_u}+\frac{S}{f_u} . .
. . . . . (1)
Hierin kann, wenn die Untersuchung auf reine Gewichtsventile beschränkt wird, für S = 0 eingeführt werden. Riedler setzt weiter voraus G = 0 und p = 0 und nennt dann:
p_u-p_o=(\alpha-1)\,p_o . . . . . . . . . .
(2)
den Ventilüberdruck, ihn als den
zum Oeffnen des Ventiles nöthigen Ueberdruck auffassend.
Aus den Ergebnissen der Indicatorversuche wird nun abgeleitet, daſs der Ventilüberdruck, wie denselben Gleichung (2) ergibt,
nicht besteht und daſs die Gröſse der Dichtungsflächen oder mit Bezugnahme auf die eingeführten
Bezeichnungen der Ueberschuſs von a über die Einheit den
bisher angenommenen Einfluſs auf die Druckverhältnisse beim. Oeffnen des
Ventiles nicht ausübt.In wie weit dieses auf einen bisher nicht dagewesenen Reichthum an
Versuchsmaterial sich stützende Resultat mit den dermaligen Erkenntnissen
und Anschauungen übereinstimmt bezieh. diesen widerspricht, läſst sich
leicht durch Vergleichung mit dem Wenigen ermitteln, was die Literatur über
den Gegenstand bietet. In dieser Beziehung sei verwiesen auf Hrabák (Zeitschrift des
Vereines deutscher Ingenieure, 1872 S. 1. 1874 S. 449), der sich in
so fern mit Riedler in Uebereinstimmung
befindet, als er den Ventilüberdruck wesentlich niedriger ermittelt, als der
Gleichung (2) entspricht, Bochkoltz (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
1873 S. 1), Hilt (Daselbst 1880 S. 647), Savelsberg (Wochenschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1880 S. 110, vgl.
1880 236 171), Oesten (Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, 1880 * S. 325, vgl. 1880 238
* 135) und Demeure (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1881 * S. 69). Nach
den Erfahrungen, welche Referent mit von ihm ausgeführten Pumpen gemacht
hat, ist der Einfluſs der Dichtungsfläche zwar nicht von der Bedeutung, als
sie Gleichung (2) ergibt, wie dies auch nicht anders sein kann, da p (vgl. Gleichung 1) im Allgemeinen nicht
gleich Null ist; doch andererseits auch nicht bedeutungslos, wie schon
daraus geschlossen werden kann, daſs groſse Dichtungsflächen der Erzielung
groſser Saughöhen nachtheilig werden, sofern die Hubzahlen nicht relativ
klein sind. Ueber den Einfluſs der Dichtungsfläche auf die Hubzahlen findet
sich weiteres in der Zeitschrift des Vereines
deutscher Ingenieure, 1881 * S. 137 (vgl. 1881 240 237). Zur Begründung ist gesagt,
daſs bei Untersuchung mehrerer Hundert Pumpen
verschiedenartigster Ausführung und Detailconstruction der Ventile u.s.w. stets
Diagramme erhalten wurden, welche entweder gar keinen Ventilüberdruck aufweisen,
oder nur eine Andeutung desselben. Ferner konnte in vielen Fällen an ein und
derselben Pumpe durch Aenderung der Sitzflächen keine Aenderung der Pumpendiagramme
erzielt werden, selbst dann nicht, wenn auſsergewöhnlich groſse Sitzflächen
vorhanden sind.
Die diesbezüglichen Versuche (Pumpen unter hohem Druck) erstrecken sich auf: a)
Pumpen von Gestängemaschinen ohne Rotation (mit Hubpausen); b) Pumpen von
Gestängemaschinen mit Rotation (ohne Hubpausen), c) Pumpen ohne Gestänge, mit
Schwungradbewegung, welche mit verschiedenartigen Ventilen arbeiteten.
Bei Pumpen mit Etagen- und combinirten Ventilen wurde festgestellt, daſs sich die
Ventile, für welche α am gröſsten ist, d.h. die
obersten bezieh. die kleineren Ventile, zuerst erhoben. Der Grund dürfte darin zu
suchen sein, daſs die specifische Pressung in der Dichtungsfläche p (Gleichung 1) für breite Dichtungen gröſser ausfallen
wird und daſs die beim Oeffnen des Ventiles zu beschleunigenden Massen Einfluſs
nehmend auftreten.
Der S. 25 ausgesprochenen Meinung, daſs das Spiel der Pumpenventile weniger von der
Kolbengeschwindigkeit als von der Hubzahl abhängt, kann nur beigepflichtet
werden.
2) Gewicht der Pumpenventile.
Mit Recht wird hier die Wichtigkeit genügenden Ventilgewichtes betont und die
Thatsache, daſs unrichtige Functionirung der Pumpen mehr im Spiel des Saug- als des Druckventiles zu suchen ist, in helles
Licht gestellt. Doch möchten wir den Satz (S. 29), daſs je gröſser das Ventilgewicht
und je kleiner der Ventilhub ist, desto sicherer und rascher erfolgt das Schlieſsen des Ventiles, nicht ohne die Bemerkung
lassen, daſs ein Gewichtsventil bei bestimmter Hubhöhe zum Schlieſsen eines gewissen
Zeitraumes bedarf, welcher einen gewissen Grenzwerth nicht unterschreiten kann, und
daſs sich eine Vermehrung des Ventilgewichtes als wirkungslos gegenüber dieser
Grenze erweist, wie Referent in der Zeitschrift des Vereines
deutscher Ingenieure, 1881 S. 139 entwickelt hat.
Die auf die Erörterungen über das Gewicht der Ventile bezüglichen Diagramme sind von
groſsem Interesse, insbesondere auch die ganz abnorme Schwankungen zeigenden
Drucklinien der Speisepumpendiagramme. Die Schwankungen in den Sauglinien dürften
häufig ihren Grund in der ungleichförmigen Bewegung der dem Saugventil zuströmenden
Wassermasse haben. In überzeugender Weise ist der Einfluſs künstlicher
Ventilentlastungen erörtert und an Diagrammen nachgewiesen.
Die rechnungsmäſsige Bestimmung des Ventilgewichtes bezieh. des Ventilhubes wird
unter Vernachlässigung der dynamischen Verhältnisse durchgeführt, was kaum zulässig
erscheint. Jedenfalls dürfte der Ausfluſscoefficient, wie stillschweigend geschehen,
nicht gleich 1 gesetzt werden, sondern wäre mit dem Charakter eines allgemeinen
Correctionscoefficienten in die Rechnung einzuführen.
In einem Anhang wird der Einfluſs angesaugter Luft besprochen, dem bekanntlich nicht
genug Aufmerksamkeit geschenkt werden kann.
3) Kolbengeschwindigkeit der Pumpen.
Der Verfasser hegt die Meinung, daſs die Zukunft des ganzen Pumpenbaues an die Lösung
der Frage rasch laufender Pumpen gebunden ist. Wenn man auch nicht gerade in dieser
Allgemeinheit sich ihm anschlieſst, so muſs man doch zugeben, daſs mit der
Geschwindigkeit bezieh. Tourenzahl weiter zu gehen ist, als dies z. Z. noch der
Fall, jedenfalls so weit, als wirthschaftliche oder lokale (specielle) Verhältnisse
es fordern und technische es gestatten. Man wird sich also angelegen sein lassen
müssen, die Pumpen so zu vervollkommnen, daſs höhere Umgangszahlen zulässig werden.
Dem entsprechend werden empfohlen: Ventile mit groſsen Durchgangsquerschnitten, mit
geringem Hub, groſsem Gewicht und verläſslicher Führung. – Referent kann diese
Forderungen bis auf das groſse Gewicht zu den seinigen machen. Nicht mit einem
groſsen Gewicht, sondern mit einer kleinen Ventilmasse sind die gröſsten Hubzahlen
erreichbar, wie am oben angegebenen Orte nachgewiesen worden ist.
Von hohem Interesse sind die Diagramme, welche über die Druckschwankungen bei geringer Umgangszahl
Auskunft geben. Der Verfasser fand beispielsweise bei Untersuchung der
unterirdischen Wasserhaltungsmaschine am Amalienschacht in Kladno, daſs, wenn alle
vier Pumpen (Plunger) der Zwillingsmaschine in Gang waren, nie andere als gerade
Drucklinien in den Diagrammen zum Vorschein kamen, gleichgültig, ob die Maschine 11
oder 26 Umgänge machte. Wurde eine Hälfte der Maschine ausgekuppelt, arbeiteten also
nur zwei Plunger und das Steigrohr, so zeigte sich bei mittlerer Geschwindigkeit von
etwa 20 Umgängen angefangen bis zur erreichbaren gröſsten Geschwindigkeit (44
Touren) eine ziemlich befriedigende, von der Geraden wenig abweichende Drucklinie.
Bei geringerer Geschwindigkeit hingegen waren folgende Erscheinungen zu verzeichnen:
Sank die Umdrehungszahl von 20 bis herab auf etwa 13, so entstanden ansteigende
Druckcurven und zwar um so höher ansteigend, je mehr die Geschwindigkeit abnahm.
Diese bei gröſserer Geschwindigkeit nicht vorhandenen Druckschwankungen erfolgten
vollkommen stoſsfrei. Diagramme, welche oberhalb der Druckventile genommen wurden,
bestätigten die Beobachtungen.
Aus den hierauf bezüglichen Diagrammen wird geschlossen: Regelmäſsig veränderliche
Druckwirkung während der Druckperiode tritt bei raschem Gange nie auf, weder bei
Eincylindermaschinen (2 Plunger oder eine doppeltwirkende Pumpe), noch bei
Zwillingspumpen (4 Plunger). Bei Pumpen, die mit entsprechend versetzten Kurbeln
gekuppelt sind, entstehen solche Druckschwankungen auch bei langsamem Gange nicht.
Nicht gekuppelte Pumpen, mit Druckwindkesseln versehen und angetrieben durch
Schwungradmaschinen, erzeugen bei langsamem Gange regelmäſsige, ohne Stoſs wirkende
Druckschwankungen von solcher Höhe, daſs selbst ein Vielfaches des normalen
Betriebsdruckes erreicht werden kann.
Die Erklärung dieser Erscheinung wird in der Bewegung der Druckwassersäule gesucht:
Bei raschem Gange und mehr noch bei gekuppelten Pumpen ist diese Bewegung eine mehr
gleichförmige, bei langsamem Gange, oder wenn nur eine Pumpe (mit 2 Plungern) in das
Steigrohr drückt, eine abwechselnd stark verzögerte und beschleunigte. Bezüglich der
Einzelheiten muſs auf das Buch selbst verwiesen werden.
4) Versuche an Wasserhaltungs-Dampfmaschinen.
Wenn auch dieser Abschnitt nicht von dem allgemeinen Interesse ist wie die
vorhergehenden, so enthält er doch des Werthvollen genug, um die volle Beachtung der
Fachgenossen zu verdienen. Zunächst werden die Gestängemaschinen ohne Schwungrad
besprochen und hier auſser den Dampfcylinderdiagrammen noch
Geschwindigkeitsdiagramme gegeben, welche in der Art aufgenommen sind, daſs der
Indicatorstift mit entsprechender Uebersetzung vom Gestänge und der Papiercylinder
des Indicators mit
constanter Geschwindigkeit bewegt wurde. Es folgen
dann die Schwungradmaschinen, an welche sich die unterirdischen
Wasserhaltungsmaschinen mit und ohne Schwungrad anschlieſsen, bei welcher
Gelegenheit auch die Frage der Condensation des Auspuffdampfes erörtert wird.
Wir schlieſsen die Besprechung mit dem Ausdruck der Hoffnung, daſs der Verfasser die
in Aussicht gestellten weiteren Mittheilungen seiner Versuchsresultate bald folgen
lassen und damit die Förderung des Pumpenbaues, welche in seiner vorliegenden Arbeit
in so reichlichem Maſse enthalten ist, fortsetzen werde, sowie mit dem Wunsche, daſs
das Riedler'sche Werk die Würdigung erfahren möge, die
es verdient.
C. Bach.