Titel: | Neuerungen an Sicherheitsschlössern; von Prof. Lüdicke. |
Autor: | Lüdicke |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 435 |
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Neuerungen an Sicherheitsschlössern; von Prof.
Lüdicke.
Mit Abbildungen auf Tafel 27.
(Patentklasse 68. Schluſs des Berichtes S. 348
dieses Bandes.)
A. Lüdicke, über Neuerungen in Sicherheitsschlössern.
Sicherheitsschlösser mit Stechschlüssel.
Schlösser Kleinau'scher Anordnung: Trotzdem das
Kleinauschloſs in diesem Journale bereits (1878 229 *
523) und auch die daran von Juhl angebrachte
Vereinfachung (1879 231 * 310) ausführlich besprochen
worden ist, sei es mir gestattet, an dieser Stelle kurz auf die von A. Kleinau in Hamburg selbst in späterer Zeit für
nöthig befundenen Vereinfachungen (* D. R. P. Nr. 5296 vom 27. October 1878 und
Zusatz Nr. 5590 vom 19. Juli 1878) einzugehen.
Die Fig. 10 Taf. 27 ist der Patentschrift Nr. 5296 entnommen. Das Schloſs
besteht aus dem Riegel a, dessen Bewegung durch die
Nuſs d eingeleitet wird, den in einem Riegelausschnitt
liegenden Zuhaltungen b und dem hakenförmigen
Sperrstift c. Vorhanden sind 5 Zuhaltungen, von denen
b1 (Fig. 11) in
der Mitte liegt, eingeschlossen von den beiden Zuhaltungen b2 und diese von b3. Die Zuhaltungen b2 sind einander
gleich, ebenso die Zuhaltungen b3, um den Schlüssel von beiden Seiten einführen zu
können. Diese 5 Zuhaltungen liegen zwischen Verdeckungsplatten b4. Führt man den
Schlüssel durch das punktirt bei n angedeutete
Schlüsselloch ein, so hebt derselbe zunächst nur die Zuhaltung b1 aus, deren Angriff
i1 weniger tief
liegt als der entsprechende aller übrigen Zuhaltungen, und bringt dadurch deren
Haken g über den Sperrstift c. Der Riegel kann nunmehr um die durch die Buchstaben f3 und c2 (Fig. 10)
begrenzte Strecke zurückgezogen werden. Während dieser Bewegung steigen sämmtliche
Zuhaltungen dadurch, daſs sich die schrägen Flächen h
gegen die entsprechenden Stufen des Schlüssels (Fig. 13)
legen, empor und stellen sich so ein, daſs der Sperrstift c bei weiterer Bewegung des Riegele in die Fenster f eintreten kann. Gegen das Ende der Riegelschiebung fallen die Zuhaltungen wieder
herunter und legen sich mit der Oberkannte der erweiterten Fensteröffnungen auf den
Sperrstift c auf. Der Schlüssel läſst sich, wenn der
Riegel ganz hereingeschlossen ist, herausziehen. Bei dieser Stellung des Riegels
hakt sich der tiefe Ausschnitt f2 der Zuhaltung b1 über den Vorsprung c1 des Sperrstiftes und stellt den Riegel
fest. Der Vorgang bei dem Zuschlieſsen ist genau der gleiche.
Dadurch, daſs der Schlüssel nicht eher abgezogen werden kann, bis die Zuhaltungen bei
dem Verschlieſsen eingefallen sind und den Riegel gesperrt haben, ist volle Gewähr
für sicheren Verschluſs gegeben. Das gewöhnliche Verfahren des Aufsperrens ist auch
hier anwendbar. Vexirzähne und Einschnitte an den entsprechenden Kanten der
Zuhaltungen und am Sperrstift lassen jedoch das Gelingen von Sperrversuchen höchst
unwahrscheinlich erscheinen. Das Schloſs besitzt, ohne Vexirzähne ausgeführt, eine
geringere Sicherheit als jedes mit einem Schlüssel zu schlieſsende Chubbschloſs. Man
braucht zum Oeffnen desselben nur einen, bei dem Chubbschloſs zwei Sperrhaken. Sehr
hübsch ist die von Kleinau getroffene Einrichtung,
welche bezweckt, bei Sperrversuchen mittels Haken Schritt für Schritt Hindernisse zu
bieten. Die Kanten der Fenster (Fig. 12)
und des Sperrstiftes sind mit Sperrzähnen versehen. Jede Zuhaltung muſs jetzt während der Dauer des Riegeleinschubes durch das
Sperrwerkzeug auf richtiger Höhe gehalten werden. Dies
erschwert das Oeffnen mit Haken ungemein, macht es voraussichtlich unmöglich. Die
bisher übliche Stellung und Anbringung der Vexirzähne bedingte, daſs die gerade die
Riegelschiebung hindernde Zuhaltung mit dem Haken nur einmal ausgehoben zu werden
brauchte. Hatte sie sich auf den Sperrstift aufgehängt, so konnte sie sich selbst
überlassen werden.
Vergleicht man das vorstehend besprochene Schloſs mit der Bd. 229 * S. 523
erläuterten Construction (* D. R. P. Nr. 504), so findet sich, daſs die Zahl der
Zuhaltungen auf die Hälfte herabgesunken ist, ohne daſs das Schloſs eine wesentliche
Einbuſse an Sicherheit erleidet. Die Anfertigung gestaltet sich dadurch beträchtlich
leichter und billiger. Uebrigens zeigt das Bd. 231 * S. 310 besprochene Juhl'sche Schloſs (* D. R. P. Nr. 7121 vom 31. October
1878 und Zusatz * Nr. 8400 vom 22. Mai 1879) bereits die gleiche Vereinfachung. Als
weiterer Vorzug ist anzuführen, daſs die Unbequemlichkeit, den Schlüssel vor
Vollendung des Riegeleinschubes abziehen zu müssen, beseitigt ist. Das Kleinau'sche Schloſs muſs, namentlich wenn es mit den
durch Fig. 12 angegebenen Verbesserungen versehen ist, als vorzüglich
bezeichnet werden. Vom rein praktischen Standpunkte aus möchte ich nur einen Einwand
erheben. Die Führung der Zuhaltungen ist derartig, daſs, da auch der Schlüssel
excentrisch angreift, Klemmungen und dadurch Störungen eintreten können und die
Kraft zum Ausheben der Zuhaltungen in Folge der gröſseren Widerstände, wie bei um
einen Bolzen drehbaren
Zuhaltungen, eine gröſsere ist. Kleinau hat
vorsichtiger Weise die Ecken der Zuhaltungen abgerundet; ob dies genügt, Klemmungen
zu vermeiden, muſs die Erfahrung lehren.
Nach dieser letzteren Richtung ist das von K. M. Sander in Hamburg (Erl. * D. R. P. Nr. 3752 vom
23. Juli 1878) construirte Schloſs dem Kleinau'schen
entschieden überlegen. Die Zuhaltungen B und i des Sander'schen Schlosses (Fig. 14 bis
16 Taf. 27) sind wie bei dem Chubbschloſs um einen Stift drehbar. Fig.
15 läſst erkennen, daſs der ausgeschlossene Riegel allein durch die
Zuhaltung B gesperrt ist. Führt man den Schlüssel ein,
dessen Gestalt aus Fig. 14
hervorgeht, so hebt dieser vermöge der Abschrägung am vorderen Ende die Zuhaltung
B aus. Der Kopf derselben steht nun genau der
Durchgangsöffnung zwischen c und o gegenüber und der Riegel kann durch den Drücker etwas
hereingezogen werden. Der Riegelschenkel trägt bei r
einen Stift, welcher in der Nuth s der Platte E läuft. Gegen den Stift m
derselben Platte legen sich die Zuhaltungsfedern. Bei dem Zurückziehen des Riegels
bewegt sich die Platte E nach Pfeil 1 und bringt alle Zuhaltungen i zum Anlegen an die entsprechenden Stufen des Schlüsselbartes, so daſs
deren Köpfe jetzt ebenfalls zwischen c und o stehen. Gegen Ende des Riegelweges bewegt der Stift
r die Platte E in
Richtung des Pfeiles 2. Der Stift n hebt die
Zuhaltungen i aus dem Schlüssel heraus, wobei dieselben
mit dem Haken i1 hinter
o fassen. Zwischen i1 und o
bleibt ein Spiel von einigen Millimeter, um bei dem Zuschlieſsen denselben Vorgang
zu ermöglichen. Sobald der Schlüssel herausgezogen wird, legt sich der Ausschnitt
v der Zuhaltung B über
c; der Riegel ist auch in dieser Stellung
festgehalten.
Stellen wir nun auch hier die Frage: Ist das Schloſs wirklich verschlossen, wenn der
Schlüssel herausgezogen wird, und welche Sicherheit besteht gegen Sperrversuche? Die
erste Frage möchte ich unbedingt mit Ja beantworten. Es ist zwar möglich, daſs die
Zuhaltung B (Fig. 15),
wenn der Riegel nicht weit genug herausgeschoben wurde, bei dem Abziehen des
Schlüssels nicht hinter c einfällt. Schiebt man nun den
Riegel zurück, so wird dieser doch sehr bald durch die bei der Einfahrt sich
einlegenden Zuhaltungen i am weiteren Zurückgehen
verhindert. Es wäre übrigens leicht, auch Gewähr für sicheres Einlegen der Zuhaltung
B zu schaffen. Man brauchte die Zuhaltungen i durch den Stift n eben
nur so weit ausheben zu lassen, daſs nur bei völlig herausgeschobenem Riegel das
Abziehen des Schlüssels möglich ist. Bezüglich der anderen Frage ist zunächst zu
erwähnen, daſs die Sicherheit des Schlosses, wenn es so wie gezeichnet ausgeführt
wird, nicht gröſser, aber auch nicht viel kleiner als die eines gewöhnlichen
Chubbschlosses ist. Man kann, wenn man die Olive so belastet hat, daſs der Riegel
bestrebt ist hereinzugehen, zunächst mit einem Sperrhaken die Zuhaltung B ausheben, worauf der Riegel etwas einfährt; dann hebt
man mit demselben Haken immer diejenige der Zuhaltungen i aus, welche die Stützung des Riegels bewirkt. Man kann also hier mit einem Haken das Aufsperren besorgen.
Das Sander'sche Schloſs läſst sich aber auf gleiche
Stufe wie das Kleinau'sche bringen durch Anlegung von
Vexirzähnen, wie dies Fig. 16
andeutet. Auch die Sperrzähne, welche das Halten der Zuhaltungen auf richtiger Höhe
während der ganzen Riegeleinfahrt nothwendig machen, lassen sich hier mit Vortheil
verwenden; aber sie sind Kleinau patentirt.
Ein sehr einfaches, dabei aber doch ziemlich hohe Sicherheit
gewährendes Schloſs mit Stechschlüssel bieten E. G. Müller
und G. J. Preuſsger in Zittau (* D. R. P. Nr. 5044 vom 12. September 1878
als Zusatzpatent zu Nr. 1343). a (Fig. 17
Taf. 27) ist der auch als Falle zu benutzende Riegel, welcher nur mit Hilfe der Nuſs
b bewegt werden kann. Die Zuhaltungen e sind um einen auf dem Nuſsflügel stehenden Stift z drehbar. Ist der für Gebrauch von beiden Seiten
eingerichtete Schlüssel eingesteckt und wird die Nuſs rechts herum gedreht, so heben
die auf den Bartstufen emporsteigenden schiefen Ebenen bei r die Zuhaltungen so weit aus, daſs die Ausschnitte p dem Sperrstifte q
gegenüberstehen und der Riegel völlig zurückgezogen werden kann. Wie aus Fig.
17 ersichtlich, stützt sich der Nuſsflügel b1 bei ausgeschobenem Riegel gegen den
Schaft des Federstiftes k (Fig. 18).
Sobald nun b1 bei dem
Oeffnen über den Ansatz k1 geglitten ist, springt der Federstift vor und sperrt durch k1 die Nuſs. Die
Zuhaltungen liegen schon mit den Ausschnitten p über
dem Sperrstift q und das Schloſs kann nunmehr als
Fallenschloſs gebraucht werden. Will man dasselbe verschlieſsen, so hat man nur den
Knopf vorzudrücken. Ist die Riegelfeder stark genug, so gehen alle Theile in die
Lage Fig. 17 und das Schloſs kann nur mit dem Schlüssel (Fig. 19)
geöffnet werden. Gegen Sperrversuche läſst sich noch gröſsere Sicherheit durch
Vexireinschnitte schaffen. Das Schloſs zeichnet sich hauptsächlich dadurch aus, daſs
die Herstellung aller Theile äuſserst einfach ist und wenig Hilfsmittel erfordert.
Bei Massenfabrikation würde sich der Preis dieses Schlosses gewiſs niedrig
stellen.
In die Besprechung der Sicherheitsschlösser mit Stechschlüssel
sei höchst origineller Bauart wegen an dieser Stelle auch das von G. Fuhrmann in Berlin erfundene Schloſs (Erl. * D. R.
P. Nr. 7228 vom 11. Februar 1879) aufgenommen. Dieses Schloſs besitzt concentrisch
zu einander liegende Sicherungstheile, welche durch den Schlüssel Bewegung in
Schraubenlinien erhalten. Die Steigung der von den einzelnen Sicherungstheilen
beschriebenen Schraubenlinien ist die gleiche, aber die Gröſse des Drehwinkels ist
verschieden, so daſs die in achsialer Richtung zurückgelegten Wege ebenfalls verschieden sind. Schlüssel
und Schloſs sind in Fig. 20 bis
23 Taf. 27 dargestellt. In einem zwischen Schloſs- und Deckblech drehbar
gelagerten cylindrischen Körper a sind zwei lange Hebel
d und e leicht drehbar
eingebettet. Diese Hebel greifen bei der in Fig. 21 und
23 gezeichneten Lage in Ausschnitte des Deckbleches ein und verhindern
Drehung des Cylinders a. In dieser Stellung werden die
Hebel gehalten durch die an den Rohren c1, c2 und c3 und an dem Dorn c4 sitzenden Teller. Soll ein Auslösen des Hebels d möglich sein, so muſs der Teller c1 bis zur Höhe des
Ausschnittes e1, c2 bis e2, c3 bis e3 und c4 bis in die Bohrung
e4 niedergedrückt
werden unter Ueberwindung der Kraft der zwischen den Tellern und zwischen c4 und h liegenden Spiralfedern. Bei dieser Stellung verlegt
eine Feder m (Fig. 23)
den Hebel d ganz in das Innere des Cylinders a. Aber noch verhindert Hebel e die Drehung von a. Um auch e auszulösen, müssen die Teller c1 bis c3 noch so viel gedreht werden, daſs in den Rändern
derselben angebrachte Einschnitte dem Hebel e
gegenüberstehen (Fig. 21).
Beide Bewegungen der Sicherheitstheile, die achsiale Verschiebung und die Drehung,
erfolgen gleichzeitig durch den Schlüssel und ergeben so die schraubende Bewegung.
Der korkzieherartige, durch Winden eines Stückes Flachstahl hergestellte Schlüssel
(Fig. 20) trägt unten in verschiedenem Abstand von der Achse Stufen von
verschiedener Tiefe, welche bei dem Einstecken des Schlüssels auf die aus Fig.
21 ersichtlichen Zähne der Rohre c1 bis c3 wirken und deren Drehung veranlassen; der mittlere
Zapfen drückt den Dorn c4 nieder. Da das Schlüsselloch ein der Dicke des Schlüssels entsprechender
rechwinkliger Spalt ist, kann der Schlüssel auch nur durch eine schraubende Bewegung
eingebracht werden. Ist auch der Hebel e durch Feder
n in das Innere des Cylinders verlegt, so läſst
sich letzterer drehen und der Flügel k, welcher bis
dahin den Riegel sperrte, wird frei. Um das Schloſs zu verschlieſsen, ist der Riegel
mit Hilfe der Nuſs auszuschieben, der Cylinder a durch
den Schlüssel zurückzudrehen und dieser abzuziehen. Die starke, unter dem Teller von
c4 liegende Feder
bewirkt das Auslegen der Hebel, die übrigen Teller gehen ebenfalls unter
Federwirkung herauf und werden zugleich durch dieselben Federn zurückgedreht.
Der Sicherheitsgrad dieses Schlosses ist ohne Zweifel ein sehr groſser. Die Bewegung
der Sicherungen nach Schraubenlinien und die Lage der Angriffe derselben erschwert
die Anwendung von Sperrwerkzeugen ungemein. Die ganze Anordnung des
Schloſsmechanismus läſst überhaupt das bei allen anderen Sicherheitsschlössern
anwendbare und wiederholt erwähnte Sperrverfahren nicht zu. Wenn man hier den
Drücker der Nuſs so belastet, daſs der Riegel gegen den Flügel k angepreſst wird, kann man wohl den Cylinder a so viel drehen, als das Spiel der Hebel d und e in den Schlitzen
der Schloſsdecke zuläſst. Dadurch wird aber nur das „Fühlen“, welcher der
Zuhaltungsteller den
meisten Widerstand an den Hebeln findet, wenn davon hier überhaupt die Rede sein
kann, erschwert. Um bei diesem Schlosse einen Sperrversuch mit Aussicht auf Erfolg
vornehmen zu können, müſsten die Hebel d und e auf irgend eine Weise stark gegen die Teller der
Sicherungen angepreſst werden. Der von den Federn m und
n auf die Hebel und durch diese auf die Teller
abgegebene Druck erscheint mir nicht genügend, um auf Grund der dadurch
hervorgerufenen Reibung erfolgreiche Sperrversuche zu ermöglichen.
Der in diesem Schloſs verwirklichte Gedanke muſs als ganz vorzüglich anerkannt
werden. Die Anordnung der Sicherungstheile in der angegebenen Weise ist meines
Wissens neu und viel versprechend, weil es dadurch unmöglich gemacht ist, das
Schloſs auf die bisher übliche Weise aufzusperren. Die Herstellung der Theile
verursacht ebenfalls keine Schwierigkeiten. Auch können dieselben solid angefertigt
werden. Bedenken erregt nur, daſs die zwischen den Tellern liegenden Federn auch als
Torsionsfedern zu wirken haben.
Styriaschlösser.
Eine recht gute Construction zeigt das für Geldschränke bestimmte, in Fig. 24 bis
27 Taf. 27 dargestellte Sicherheitsschloſs von Karl Ade in Stuttgart (* D. R. P. Nr. 1585 vom 5. August 1877). Der
Schlüssel desselben (Fig. 26)
zeigt die Form des Styriaschlüssels; er enthält zwei gezahnte Platten und läſst sich
zum Schutz derselben taschenmesserartig zusammlegen. Das Schloſs (Fig. 24)
besitzt einen Hauptriegel A, welcher durch den auf dem
Verschluſsriegel B sitzenden starken Zahn b gesperrt wird. Will man das Schloſs öffnen, so hat
man zunächst den Schlüssel in das Schlüsselloch l
einzuführen und bis zum Aufsitzen hineinzustoſsen. Dreht man nun die Nuſs C rechts um, so steigt der Verschluſsriegel B auf und ertheilt dem um den Stift k drehbaren Wechsel K
ebenfalls Rechtsdrehung. Auf der Nabe dieses Wechsels sitzen lose drehbar eine
Anzahl Zuhaltungen oder Sicherheitsplatten E der aus
Fig. 27 ersichtlichen Gestalt. Zwischen den Zuhaltungen liegen zur
Trennung dünne Metallscheiben. Eine mit dem Wechsel K
verschraubte etwas federnde Platte K1 (Fig. 25)
preſst die Zuhaltungen gegen einander und gegen den Wechsel. Die dadurch entstehende
Reibung genügt, um bei Drehung des Wechsels durch den aufsteigenden Verschluſsriegel
die Sicherheitsplatten so lange mitzunehmen, bis diese einen Widerstand finden.
Dieser tritt dadurch auf, daſs die an den Zuhaltungen befindlichen Stifte x gegen die Schlüsselstufen stoſsen. Haben sich die
Zuhaltungen angelegt, so stehen die tiefen Einschnitte n derselben genau über einander und gestatten dem Riegelstift D bei weiterer Drehung der Nuſs den Eintritt. Der
Nuſsflügel faſst den Angriff des Hauptriegels und zieht diesen zurück, sobald der
Verschluſsriegel seine höchste Stellung erlangt hat. Ist irgend eine Zuhaltung E nicht genau eingestellt, so stöſst der Riegelstift
D gegen dieselbe und der Verschluſsriegel kann
nicht weiter ausgehoben werden.
Auf die gewöhnliche Weise unternommene Sperrversuche werden bei diesem Schloſs kaum
zu einem Erfolg führen, weil die Bewegung der Zuhaltungen, selbst wenn sich
dieselben nicht an dem Riegelstift D reiben, nur nach
Ueberwindung einer verhältniſsmäſsig groſsen Reibung möglich ist. Selbst äuſserst
feines Gefühl dürfte hier kaum diejenige Zuhaltung herausfinden lassen, welche am
meisten von dem Riegelstift D gepreſst wird.
Vexireinschnitte machen das Gelingen des Sperrversuches ebenfalls im höchsten Grade
unwahrscheinlich. Das Schlüsselloch dieses Schlosses wird nach dem Herausziehen des
Schlüssels durch eine sich selbstthätig schlieſsende Klappe verschlossen, um das
Eindringen von Staub zu verhüten. Eine wesentliche Erschwerung bei Sperrversuchen
kann dadurch aber nicht herbeigeführt werden. Das Schloſs zeichnet sich ganz
abgesehen von dem gebotenen hohen Sicherheitsgrade vortheilhaft durch solide
Construction aus. Besonders ist das Fehlen aller Federn hervorzuheben, durch welche
Störungen am häufigsten eintreten.
In dem Zusatzpatent (Nr. 1767 vom 6. September 1877) hat Ade noch folgende Veränderungen des eben beschriebenen Schlosses
niedergelegt. Der Schlüssel besitzt in einem besonderen, in Fig. 28
Taf. 27 herausgezogen gezeichneten Schieber I fünf
eingesetzte, durch einen federnden Keil gehaltene Röhrchen r, welche an der vorderen (rechten) Seite mit Bohrungen verschiedener
Conicität versehen sind. In diese Bohrungen treten die in die Zuhaltungen
eingesetzten Stifte x (Fig. 27)
ein. Die Kegelwinkel der zusammenarbeitenden Röhrchen und Stifte müssen genau zu
einander passen, sonst werden die Sicherheitsplatten nicht richtig eingestellt. Ist
das Schloſs verschlossen und will man das Schlieſsen mit dem richtigen Schlüssel
Unbefugten unmöglich machen, so hat man nur nöthig, den Schieber I des Schlüssels herauszuziehen, den Federkeil p zu lösen und zwei der Röhrchen mit einander zu
vertauschen. Davon dürfte nicht viel Gebrauch gemacht werden, da für den Besitzer
des Schlüssels die Gefahr zu nahe liegt, durch ein Versehen bei dem Vertauschen oder
Einstellen vor erneutem Gebrauch selbst nicht mehr schlieſsen zu können. Diese
Bauart hat aber hauptsächlich dadurch Werth, daſs das Nachmachen eines Schlüssels,
selbst wenn der richtige zur Verfügung steht, sehr schwierig ist, wegen der
verschieden conischen Bohrungen der Röhrchen und ferner dadurch, daſs die 5 Röhrchen
120 verschiedene Stellungen zulassen, man also 120 Schlösser mit Schlüsseln versehen
kann, bei denen je zwei und zwei Röhrchen gleich sind, ohne daſs ein Schlüssel mehr
als ein Schloſs sperrt.
Zur weiteren Erhöhung der Sicherheit des Schlosses hat Ade noch folgende Einrichtung hinzugefügt. Die Stirnseite des
Schlüsselschiebers I
trägt zwei conische
Bohrungen (Fig. 28),
in welche bei dem Einstecken des Schlüssels in Richtung des Pfeiles Fig. 29 die
Stifte I und II eintreten.
Diese werden durch Federn unterstützt, geben dem Drucke nach und gehen, nachdem der
Schlüssel ganz eingesteckt ist, so weit zurück, daſs zwei halbkreisförmige
Einschnitte a bei b
zusammenfallen und eine cylindrische Bohrung bilden, in welche von unten her ein am
Verschluſsriegel B (Fig. 24)
angebrachter Dorn eintritt. Fallen diese Einschnitte a
nicht zusammen, so läſst sich der Verschluſsriegel nicht weiter bewegen. – Die
Sicherheit des Schlosses wird durch diese Einrichtung erhöht; daran ist nicht zu
zweifeln. Eine Erhöhung derselben scheint mir aber gar nicht nothwendig; sie führt
nur zu Umständlichkeiten.
An diesem Ade'schen Schloſs hat Karl Hermann in Nürnberg verschiedene Veränderungen
angebracht, die jedoch nicht alle als hervorragende Verbesserungen betrachtet werden
können. Zweckmäſsig ist von Hermann der
Verschluſsriegel so angeordnet worden, daſs derselbe bei einer weiteren
Rechtsdrehung der Nuſs C (Fig. 24)
wieder heruntergeht. Dadurch wird der Schlüssel frei und kann nach dem Oeffnen
abgezogen werden, während er bei der Ade'schen
Construction stecken bleiben muſs, so lange das Schloſs offen ist. Ferner führt Hermann die Röhrchen in den Schlüssel von der Rückseite
ein und sichert dieselben durch einen kleinen Schieber. Dieser ist so durchbohrt,
daſs nur immer je zwei Röhrchen auf einmal herausgenommen oder vertauscht werden
können. Bei dem Ade'schen Schlüssel können bei
ungeschickter Handhabung recht leicht alle Röhrchen auf einmal herausfallen.
Eine etwas veränderte Ausführung des Ade-Hermann'schen Schlosses zeigt das Schloſs von J. Ostertag in Aalen (* D. R. P. Nr. 9208 vom 15. Februar 1879).
Vereinigung mehrerer Sicherheitsschlösser.
Geldschrankfabrikanten suchen zuweilen ihren Schlössern die höchste Sicherheit gegen
Aufsperren dadurch zu geben, daſs sie zwei Sicherheitsschlösser gleicher oder
verschiedener Systeme zu einem Ganzen vereinigen. Vom theoretischen Standpunkt läſst
sich dagegen nichts einwenden, wenn man die von einem Schlosse gebotene Sicherheit
für ungenügend hält. Man darf aber nicht auſser Acht lassen, daſs Störungen um so
häufiger auftreten werden, je umständlicher der Mechanismus ist. Ein gut construirtes Sicherheitsschloſs ist deswegen
meiner Meinung nach immer einer Combination mehrerer vorzuziehen. Bei Durchsicht der
auf Sicherheitsschlösser ertheilten Patente fanden sich folgende Combinationen: 1)
Brahma- mit Chubbschloſs, 2) Chubbschloſs mit Styriaschloſs, 3) Chubbschloſs mit
Chubbschloſs.
Das Brahma-Chubbschloſs von Franz Garny in Frankfurt a. M. (* D. R. P. Nr. 11619
vom 14. Februar 1880) ist geschickt angeordnet. Das Gehäuse des Brahmaschlosses ist
oben zu einer flachen cylindrischen Dose erweitert, in welcher der Verschluſsriegel
des Chubbschlosses nebst Zuhaltungen untergebracht sind. Originell an dem
Chubbschlosse ist, daſs die Zuhaltungen 2mal rasch nach einander ausgehoben werden.
Zu diesem Zwecke trägt der Schlüssel zwei unter etwa einem rechten Winkel zu
einander stehende, ungleich gestufte Chubbbärte. Bei dem Aufschlieſsen hebt zuerst
der Bart 1, gleich darauf der Bart 2 die Zuhaltungen aus. Geschieht dies nicht, oder nicht
in der richtigen Weise, so kann der Schlüssel nicht weiter gedreht und das Schloſs
nicht geöffnet werden.
Das Styria-Chubbschloſs von G. Schnizer in Stuttgart (* D. R. P. Nr. 11786 vom 9.
März 1880) ist streng genommen keine Combination. In einem Gehäuse liegen ein
Styriaschloſs als Hauptschloſs und ein Chubbschloſs neben einander. Nachdem das
erstere verschlossen, schreitet man zum Verschlieſsen des Ghubbschlosses, wodurch
noch ein Riegel ausgeschoben wird, ferner der Mechanismus des Styriaschlosses durch
eine übergeschobene gehärtete Stahlplatte, welche zugleich durch eine Zunge das
Schlüsselloch desselben absperrt, weiter gedeckt wird und endlich der
Verschluſsriegel des Styriaschlosses noch eine besondere Feststellung erfährt.
Unter den Combinationen zweier Chubbschlösser nimmt die von Otto Kötter in Barmen (* D. R. P. Nr. 11014 vom 10.
Februar 1880) angegebene die erste Stelle ein. Das Schloſs ist in Fig. 30 und
31 Taf. 27 dargestellt. Mit b ist der
zweiköpfige Hauptriegel, mit c eine schieſsende Falle
bezeichnet. Die um den Stift o drehbaren Zuhaltungen
sind in zwei Gruppen p und q von je 4 oder 5 Stück getheilt und haben die Form eines doppelarmigen
Hebels. Die Zuhaltungen liegen über einander und zwar die ungeraden bei p, die geraden bei q. Wird
nun der mit Doppelbart versehene Schlüssel über den Dorn r eingeführt und im Sinne des Pfeiles Fig. 31 um
90° gedreht, so stellen sich alle Zuhaltungen so ein, daſs der Zahn k die Einschnitte durchlaufen kann, wenn durch
Weiterdrehen des Schlüssels die Hebung des Verschluſsriegels i erfolgt. Hat man mit dem Schlüssel eine Gesammtdrehung von 270°
ausgeführt, so sind die Zuhaltungen abermals ausgehoben und der zweite Bart faſst
den zweiten Angriff des Verschluſsriegels und bringt denselben in die zweite Tour.
Hierbei verläſst der am Verschluſsriegel sitzende Zahn l den Riegeleinschnitt und ist dessen Rückschiebung nicht mehr hinderlich.
Ebenso verläſst die Fläche u am Verschluſsriegel die
Nuſs d, welche nunmehr erst gedreht werden kann. Aber
noch läſst sich der Hauptriegel nicht zurückziehen, da er durch den Sperrkegel n gesperrt ist. Um n
auszuheben, hat man den Schlüssel noch um 90°, also insgesammt um 450°, zu drehen. Dabei steigt der
Verschluſsriegel noch etwas auf und hebt mit dem Stift m den Sperrkegel n aus. Durch eine
Rechtsdrehung der Nuſs zieht man den Hauptriegel b
herein. Die Falle c folgt erst, wenn der kürzere Flügel
f gegen den kurzen Arm des Hebels gg1 wirkt; der längere
Arm erfaſst den auf dem Fallenschaft befindlichen Stift s. Der Arm g1
tritt bei völlig zurückgezogener Falle unter den Schnapper n und stützt diesen, wenn der Schlüssel um 90° zurückgedreht wird, um
abgezogen zu werden. Die Thür kann geöffnet werden; Riegel und Falle sind ganz
hereingezogen, letztere, wenn beide Flügel der Nuſs horizontal stehen. Dreht man
hierauf die Nuſs etwas zurück, so schieſst die Falle wieder vor und der Schnapper
n legt sich, weil der Arm g1 ihn nicht mehr stützt, gegen den
Riegelschaft. Wird die Thür zugeworfen, so geht die Falle zurück und schlieſst dann
ein. Die Thür ist verschlossen; denn die Falle kann durch die Nuſs nicht
zurückgezogen werden, da jetzt der Schnapper n den
Hebel gg1 sperrt, wie
aus Fig. 30 hervorgeht.
Man hat, um das Schloſs zu öffnen, erst wieder den Schlüssel einzuführen und um 90°
zu drehen, wobei der Schnapper n durch den
Verschluſsriegel ausgehoben wird. Um das Schloſs ganz zu verschlieſsen, hat man den
Hauptriegel mittels Nuſs vorzuschieben und den Verschluſsriegel durch eine volle
Umdrehung des Schlüssels einzulegen. Gewähr für sicheren Verschluſs ist ohne
weiteres gegeben; denn der Verschluſsriegel läſst sich nicht einschlieſsen, wenn der
Hauptriegel nicht ganz ausgeschoben ist. Das Schloſs ist als sehr sicher zu bezeichnen. Die Hebelarm Verhältnisse der Zuhaltungen sind
sehr günstig; es verhalten sich die Strecken x und y (Fig. 31)
wie 1 zu 1,75; eine geringe Abweichung der Bartstufen wird also bereits eine
Verschiebung des Verschluſsriegels hindern. Jeder Bart des Schlüssels enthält ebenso
viel Stufen, als Zuhaltungen vorhanden sind; die geraden und die ungeraden Stufen
kommen bald mit der einen, bald mit der anderen Gruppe der Zuhaltungen in Wirkung.
Sperrversuche dürften bei der groſsen Zahl der Zuhaltungen kaum zu einem Erfolg
führen. Die Theile des Schlosses lassen sich leicht herstellen. Der Schlüssel hat
nur den Verschluſsriegel zu bewegen; alle Sicherungstheile können in Folge dessen
leicht gehalten werden, Hauptriegel und Nuſs dagegen sehr stark.
Ein guter Gedanke liegt dem aus einer Combination zweier
einfacher Chubbschlösser bestehenden Schloſs von C.
Hartbrich in Berlin (* D. R. P. Nr. 12 579 vom 21. Mai 1880) zu Grunde.
Leider ist die Ausführung, wie weiter unten ersichtlich, eine ungenügende, m (Fig. 32 und
33 Taf. 27) ist der Hauptriegel des Schlosses, welcher nur durch die Nuſs
n Bewegung erhält. In dem Kasten i sind zwei einfache Chubbschlösser untergebracht,
deren Riegel mit k und k1 bezeichnet sind. Die Riegel sind
rechtwinklig umgebogen, die Köpfe l und l1 in Gelenken
eingehängt und werden durch Federn immer gegen den Hauptriegel herangetrieben. Bei
der gezeichneten Stellung läſst sich der Hauptriegel ausschlieſsen. Verschlieſst man
nun mit dem Schlüssel (Fig. 34)
das doppelte Chubbschloſs, so legen sich die Köpfe l
und l1 in die
Ausschnitte p und p1 und sperren den Hauptriegel. Dies tritt aber nur
dann ein, wenn der Hauptriegel ganz herausgeschoben war. Ist der Hauptriegel in
Folge einer Nachlässigkeit nicht ganz ausgeschlossen, so läſst sich das Chubbschloſs
trotzdem verschlieſsen. Es stellen sich die Köpfe l und
l1 dann schräg,
ohne den Hauptriegel zu sperren. Derselbe läſst sich mit der Nuſs zurückziehen. Der
Erfinder mag wohl von folgenden Gedanken ausgegangen sein: Man schlieſst das
Chubbschloſs auf, zieht mit einem Knopf den Hauptriegel zurück und verschlieſst das
Chubbschloſs sogleich wieder. Die Thür ist offen. Will man sie schlieſsen, so ist
nur der Hauptriegel wieder vorzuschieben. Aber es ist keine Gewähr geboten, daſs die
Thür auch wirklich verschlossen ist; sie kann vielmehr durch einen einzigen Griff zu
öffnen sein. Hätte Hartbrich die Köpfe l und l1 fest mit den Riegeln verbunden, so wäre damit ein
Schloſs geschaffen, welches bezüglich Sicherheit den Anforderungen entspricht, die
man an ein für Laden- und Niederlags-, ja selbst für Geldschrankthüren bestimmtes
Schloſs gewöhnlich stellt.
Denkt man sich aus dem eben beschriebenen Schloſs das
Doppel-Chubbschloſs herausgelöst, den einen Riegel k
direct als Hauptriegel verwendet, den anderen k1 als Blindriegel, welcher nie aus dem Inneren des
Schlosses heraustritt und die Rolle eines Verschluſsriegels spielt, so erhält man
die Construction von Ferdinand Kausch in Berlin (* D.
R. P. Nr. 5972 vom 10. December 1878). Die beiden Riegel sind durch einen
gleicharmigen Hebel oder Wechsel so mit einander verbunden, daſs die Verschiebung
des einen nur bei gleichzeitiger Verschiebung des anderen vor sich gehen kann. Das
Schloſs gewährt, da die Zahl der Zuhaltungen doppelt so groſs ist als bei einem
einfachen Chubbschloſs, eine etwas gröſsere Sicherheit, wird aber dafür auch nahezu
das doppelte kosten. Der Schlüssel muſs sehr solid hergestellt werden, da mit
demselben beide Riegel zu verschieben sind.