Titel: | Versuche über die Darstellung von Kaliumsulfat aus Kalium-Magnesiumsulfat; von H. Precht. |
Autor: | H. Precht |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 457 |
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Versuche über die Darstellung von Kaliumsulfat
aus Kalium-Magnesiumsulfat; von H. Precht.
Precht's Darstellung von Kaliumsulfat aus
Kalium-Magnesiumsulfat.
Durch die neuesten Aufschlüsse von groſsen Kainitlagern in den Staſsfurter Bergwerken
ist die Grundlage zu einer fabrikmäſsigen Verarbeitung dieses Minerals, welches
bisher nur zu landwirtschaftlichen Zwecken Verwendung fand, gegeben; daher erscheint
es sehr naheliegend, daſs die Versuche, eine vortheilhafte Fabrikationsmethode
aufzufinden, mit groſsem Eifer betrieben wurden. Wenngleich nicht alle patentirten
Methoden von praktischem Erfolge begleitet waren, so darf man doch heute den ersten
Theil der Kainitverarbeitung, die billige Darstellung von Kalium-Magnesiumsulfat,
als eine vollständig gelungene Bestrebung in der Staſsfurter Industrie bezeichnen.
Kalium-Magnesiumsulfat mit 48 bis 50 Proc. Kaliumsulfat und höchstens 3 Proc. Chlor
bildet jetzt ein neues Handelsproduct der Staſsfurter Industrie, welches bei der
gebotenen Sicherheit der gleichmäſsigen Qualität ein gutes Absatzgebiet gefunden
hat. Zunächst beabsichtigten die Staſsfurter Fabrikanten, das von Chlor möglichst
freie Product als concentrirtes Düngesalz in der Landwirtschaft einzuführen, indem
man hervorhob, daſs die Chlorverbindungen, die den Pflanzen schädlichen Substanzen, ausgeschieden seien.
Seitdem aber die Agriculturchemiker auf die Anwendung eines von Chlor freien
Düngesalzes kein groſses Gewicht legen und häufig Chlor haltige Producte vorziehen,
wird ein erheblicher Absatz für Kalium-Magnesiumsulfat nur dort zu erzielen sein, wo
hohe Transportkosten für Rohproducte in Rechnung kommen.
Die weitere Verarbeitung von Kalium-Magnesiumsulfat zu dem werthvolleren Kaliumsulfat
bildet noch immer eine Frage von hoher Bedeutung; daher dürfte eine Besprechung der
hierbei zu verfolgenden Methode nicht überflüssig erscheinen.
Die Zusammenstellung ist nach folgendem Schema geordnet:
I) Verfahren ohne Zersetzung von Kaliumsulfat und Magnesiumsulfat. A) Mittels Wasser: a) durch Trennung in Form von unlöslichem
Kaliumsulfat, b) durch Trennung in Form von unlöslichem Magnesiumsulfat und
löslichem Kaliumsulfat. – B) Durch Bildung von
Doppelsalzen: a) Kaliumsulfat haltige Doppelsalze, b) Magnesiumsulfat
haltige Doppelsalze.
II) Verfahren mit Zersetzung von Magnesiumsulfat und ohne Zersetzung von
Kaliumsulfat. A) Mittels Chlorkalium und Chlornatrium: a)
in wässeriger Lösung, b) durch Glühen im Wasserdampfe. – B) Mittels Calciumhydroxyd: a) durch Kochen in wässeriger Lösung, b) durch
Glühen der trockenen Mischung. – C) Durch Glühen mit
Kohle.
I) Verfahren ohne Zersetzung von Kaliumsulfat und
Magnesiumsulfat.
A) Die in der chemischen Industrie häufig in Anwendung gebrachte Trennung von
Doppelsalzen durch Umkrystallisiren in wässeriger Lösung führt bekanntlich beim
Kalium-Magnesiumsulfat nur unvollständig zum Ziele. Kaliumsulfat zeigt bei Gegenwart
von Magnesiumsulfat eine Abweichung von der allgemeinen Regel für die Löslichkeit
von Salzcombinationen; denn 100 Th. Wasser lösen bei 15° von reinem Kaliumsulfat
10,3 Theile, von dem Doppelsalze dagegen 22,7 Theile, d.h. 13,4 Th. Kaliumsulfat und
9,3 Th. Magnesiumsulfat. Eine heiſs gesättigte Kalium-Magnesiumsulfatlösung läſst
ein Salzgemisch auskrystallisiren, welches aus etwa 70 Proc. Kaliumsulfat und 30
Proc. Magnesiumsulfat besteht, während die Mutterlauge dem entsprechend einen
Ueberschuſs an Magnesiumsulfat enthält; ist die Lösung nicht vollständig für
Kalium-Magnesiumsulfat gesättigt, so erhält man beim Erkalten fast reines
Kaliumsulfat; die Menge desselben beträgt jedoch nur 15 bis 20 Procent von dem in
der Lösung vorhandenen. Verschiedene Umstände, namentlich die Bildung übersättigter
Lösungen, können das Resultat wesentlich beeinflussen, da Kalium – Magnesiumsulfat
viel leichter eine übersättigte Lösung bildet als Kaliumsulfat; letzteres scheidet
sich in der Regel zuerst aus. In gleicher Weise kann das fein krystallinische Doppelsalz durch
Behandlung mit Wasser in ein an Kaliumsulfat reicheres Salzgemisch oder durch
ununterbrochenes Auslaugen in reines Kaliumsulfat umgewandelt werden; die Ausbeute
an letzterem beträgt bis zu 24 Proc.
Die Angabe von A. Frank (Wagner's Jahresbericht, 1875 S. 487), daſs beim einfachen Umkrystallisiren
des Doppelsalzes das schwer lösliche Kaliumsulfat sich zur Hälfte ausscheide,
während ein neues Doppelsalz von der Zusammensetzung K2SO4,2MgSO4 in Lösung bleibe, habe ich in dem angegebenen Maſse nicht bestätigt
gefunden.
Von einer fabrikatorischen Benutzung dieser unvollkommenen Trennungsmethode kann nur
dann die Rede sein, wenn eine vortheilhafte Verwendung der an Magnesiumsulfat
reicheren Lauge ohne besondere Fabrikationskosten möglich ist. Bei der
Kainitverarbeitung können diese von Chlor freien Mutterlaugen zum Waschen von Chlor
haltigem Kalium-Magnesiumsulfat statt Wasser mit Vortheil benutzt werden, da die
Laugen nur Chlorverbindungen aufnehmen, während sich eine entsprechende Menge
Kalium-Magnesiumsulfat ausscheidet. Die Trennung von Kalium-Magnesiumsulfat in Form
von unlöslichem Magnesiumsulfat und löslichem Kaliumsulfat suchte ich durch
Zersetzung unter Dampfdruck zu bewirken (vgl. 1881 240
313). Was die praktische Ausführung dieser Methode anbetrifft, so möchte ich
hinzufügen, daſs die Gewinnung von Kaliumsulfat auf diese Art nur durch Eindampfen
groſser Mengen Salzlösungen und nicht ohne erheblichen Verlust möglich ist. Das
unter Dampfdruck gefällte Doppelsalz, K2SO4,2MgSO4,H2O, wird mit kaltem Wasser in Schönit und Bittersalz
übergeführt, wobei letzteres vorzugsweise in Lösung bleibt und auf diese Weise
entfernt werden kann.
B) Handelt es sich um die Darstellung eines Kalium haltigen Doppelsalzes behufs
Trennung des Kaliumsulfates vom Magnesiumsulfat, so nimmt jedenfalls der Alaun die
hervorragendste Stellung ein; denn es unterliegt keinem Zweifel, daſs
Kalium-Magnesiumsulfat von den in Staſsfurt erzeugten Salzen zur Alaunfabrikation am
meisten geeignet ist und als Ersatz der bisher zur Fällung von Aluminiumsulfat
benutzten Mischung von Chlorkalium und Kieserit eingeführt werden kann. Wird eine
heiſs gesättigte Lösung von Kalium-Magnesiumsulfat mit einer concentrirten Lösung
von Aluminiumsulfat nach molecularen Verhältnissen zusammengemischt, so
krystallisirt Kaliumsulfat und Aluminiumsulfat als Alaun fast vollständig aus und
Magnesiumsulfat bleibt in Lösung. Die gut ausgebildeten Alaunkrystalle ermöglichen
eine vollkommene Trennung der Lauge von dem festen Salze. Wird neben
Kalium-Magnesiumsulfat auch Chlorkalium hinzugefügt, so ergibt sich eine
Chlormagnesiumlösung und auſserdem wird auch die Schwefelsäure im Magnesiumsulfat
nutzbar gemacht. Für die Alaunfabrikation hat das Kalium im Kalium-Magnesiumsulfat
denselben Werth wie
im Chlorkalium und die Schwefelsäure kann zu gleichem Preise wie im Kieserit
angerechnet werden.
Würde im Fabrikbetriebe eine Trennung des Alauns in Kaliumsulfat und Aluminiumsulfat
leicht durchführbar sein, so könnte das letztere Salz als Träger für Kaliumsulfat
dienen, um aus Kalium-Magnesiumsulfat und Chlorkalium die werthvollste Verbindung,
das Kaliumsulfat, darzustellen.
Weit günstiger bezüglich der Regeneration verhält sich Kalium-Calciumsulfat, dessen
Darstellung als Zwischenproduct bei der Verarbeitung des Kainits in Kalusz von H. Schwarz (1876 219 354)
empfohlen wurde. Kalium-Calciumsulfat, K2SO4, CaSO4, H2O, bildet sich beim Zusammenreiben von
Calciumsulfat mit Kalium haltigen Salzlösungen. Die Bildungsfähigkeit dieses
Doppelsalzes ist nicht gering, da Kaliumsulfat aus Salzlösungen, welche nur Sulfate
enthalten, durch Calciumsulfat bis auf 2,5 Proc. gefällt wird; reines
Kalium-Calciumsulfat erleidet durch Wasser von 15° so lange eine Zersetzung, bis die
Lösung 2,5 Proc. Kaliumsulfat enthält. Um festzustellen, ob bei der Zersetzung die
Gegenwart von Magnesiumsulfat einen Einfluſs ausübt, behandelte ich dieses
Doppelsalz mit Magnesiumsulfatlösung von verschiedener Concentration. Das
Hauptresultat der Versuche war in allen Fällen gleich, da die Lösung ohne Rücksicht
auf den Gehalt von Magnesiumsulfat stets 2,5 Proc. Kaliumsulfat enthielt. Nach
diesen theoretischen Betrachtungen würden 100 Th. Kalium-Magnesiumsulfat (enthaltend
59,2 Proc. K2SO4 und
40,8 Proc. MgSO4), mit der richtigen Menge
Calciumsulfat und Wasser behandelt, 111 Th. Kalium-Calciumsulfat, K2SO4, CaSO4, H2O, und 185 Th.
Salzlösung (enthaltend 22 Proc. MgSO4 und 2,5 Proc.
K2SO4) liefern;
in der Lösung sind demnach 7,8 Proc. vom Gesammt-Kaliumsulfat enthalten, welche bei
der Fabrikation als Verluste auftreten würden. Da die Zersetzung des
Kalium-Calciumsulfates bekanntlich durch siedendes Wasser leicht bewirkt werden
kann, so könnte selbst bei einem Verluste von 7,8 Th. Kaliumsulfat die Verarbeitung
des Kalium-Magnesiumsulfates nach dieser Methode vortheilhaft erscheinen, wenn nicht
unüberwindliche praktische Schwierigkeiten derselben entgegentreten. H. Schwarz glaubte auf Grund seiner a. a. O.
mitgetheilten Versuche, daſs diese Methode für die Verarbeitung des Kainits –
wenigstens nach Ausscheidung des Chlormagnesiums – praktisch durchführbar sei. Nach
meinen Versuchen muſs ich dagegen solches sehr bezweifeln, da das Doppelsalz bei
allen Variationen der Darstellung sehr voluminös erhalten wird und das
abzuscheidende Magnesiumsulfat als Lösung fast vollständig in sich aufnimmt. Nach
Art der beim Fabrikbetriebe üblichen Trennung der Lauge von dem festen Salze auf
Ableckbühnen würde man ein Product mit 50 bis 60 Proc. Wasser erhalten und daher die
bezweckte Trennung des Kalium-Magnesiumsulfates nur zur Hälfte erreichbar sein. Das Abpressen
der Lauge würde bei einem billigen und ein groſses Volumen darstellenden
Zwischenproducte in der Fabrikation zu viel Kosten verursachen und den genannten
Zweck nur unvollkommen fördern, da das Doppelsalz in kleinen Mengen gut gepreſst, 18
bis 20 Proc. anhängendes Wasser zurück hält. Schwarz
zeigt in seinen ausführlich mitgetheilten Versuchen, daſs die Gegenwart von
Chlormagnesium, welches auf Kaliumsulfat eine Rückzersetzung zu Chlorkalium bezieh.
Carnallit ausübt, eine gröſsere Löslichkeit des Kaliums bedingt; daher versuchte ich
diese Rückzersetzung durch einen Zusatz von Magnesiumsulfat zu verhindern, was zwar
theoretisch gelang, aber in Rücksicht der finanziellen Verhältnisse nicht praktisch
sein wird.
Ueber den anderen zu dieser Rubrik gehörigen Weg, eine Trennung durch ein
Magnesiumsulfat haltiges Doppelsalz zu bewirken, läſst sich sehr wenig mittheilen,
da die hierzu anwendbaren Salze entweder zu theuer sind, oder die Trennung nur
unvollkommen ermöglichen. Zu den letzteren Salzen gehört Ferrosulfat, welches aus
einer Kalium-Magnesiumsulfatlösung Kaliumsulfat niederschlägt, während
Magnesium-Ferrosulfat gelöst bleibt. Praktisch könnte diese Reaction nur dann
ausgebildet werden, wenn für das als Nebenproduct gewonnene Magnesium-Ferrosulfat
eine Verwendung zu erhoffen ist.
II) Verfahren mit Zersetzung von Magnesiumsulfat und ohne
Zersetzung von Kaliumsulfat.
A) Die Darstellung von Kaliumsulfat aus Kalium-Magnesiumsulfat mittels Chlorkalium
nach H. Grüneberg wurde bereits in der ersten
Entwicklung der Stafsfurter Industrie praktisch durchgearbeitet, konnte sich jedoch
auf der bisherigen Grundlage keinen dauernden Eingang verschaffen, da das hierzu
erforderliche billige Kalium-Magnesiumsulfat aus Kainit nicht gewonnen wurde. Die
Fabrikation, welche sich auf die bekannte Reaction nach der Gleichung: K2SO4.MgSO4 + 2KCl = 2K2SO4 + MgCl2 stützt,
wurde in Wagner's Jahresbericht, 1868 S. 282 und 1875
S. 487 beschrieben; da jedoch die bisherigen Mittheilungen über diesen Gegenstand
unvollkommen sind, so wiederholte ich die Versuche, um die günstigsten Bedingungen
bei der Umsetzung zu ermitteln. Wie schon von Borsche
in der Patentschrift Nr. 2173 (vgl. 1879 231 155)
hervorgehoben ist, muſs bei der Zersetzung des Kalium-Magnesiumsulfates mittels
Chlorkalium nach Art des ununterbrochenen Auslaugens verfahren werden; ich habe
hierzu einen Apparat (* D. R. P. Kl. 75 Nr. 14534 vom 15. December 1880) construirt,
welcher nach dem Princip der entgegengesetzten Strömung eine rasche und vollständige
Umsetzung ermöglichen soll. Das Chlorkalium wird am besten in einer bei 50°
gesättigten 30 procentigen Lösung zugeführt, welche nur 1,2 Proc. Kaliumsulfat löst
In dem Maſse, wie die Zersetzung fortschreitet, wird das Chlorkalium in Chlormagnesium übergeführt und
die Lauge behufs vollständiger Ausnutzung des Chlorkaliums zuletzt mit reinem
Kalium-Magnesiumsulfat gerührt. Von dem angewendeten Chlorkalium wird etwa ⅔ zu
Kaliumsulfat nutzbar gemacht, ⅓ dagegen bleibt in der Lauge, welche auſserdem
Kalium-Magnesiumsulfat und etwa 16 Proc. Chlormagnesium enthält.
Nach meinen Versuchen beruht die vielfach verbreitete Angabe, daſs die Umsetzung bis
zur Bildung von künstlichem Carnallit vor sich geht, auf einem Irrthum, da aus einer
16procentigen Chlormagnesiumlösung das Doppelsalz von Chlorkalium-Chlormagnesium
nicht krystallisirt. Das Verfahren läſst sich selbstverständlich ohne Eindampfen von
Salzlösungen ökonomisch nicht ausführen; da nun die Menge der gewonnenen Lösung sehr
bedeutend und die Zusammensetzung für das Eindampfen nicht günstig ist, so
entsprechen die praktischen Erfolge nicht den gehofften Erwartungen. Wesentlich
günstiger liegt die Fabrikation, wenn die erhaltene Lösung vor dem Eindampfen in
einer anderen Fabrikation nutzbar gemacht wird, wozu die Darstellung von
Kalium-Magnesiumsulfat durch Zersetzung des Kainits unter Dampfdruck günstige
Gelegenheit bietet.
Wie schon früher (1881 240 313) beschrieben, bildet sich
bei der Zersetzung von Kainit unter Dampfdruck ein Doppelsalz von der Formel K2SO4, 2MgSO4, H2O, welches bei
der Fabrikation von Kalium-Magnesiumsulfat durch Behandlung mit Wasser in Bittersalz
und Schönit, oder besser mittels einer Chlorkaliumlösung in Chlormagnesium und
Schönit zerlegt wird. Statt einer reinen Chlorkaliumlösung läſst sich hierbei die
bei der Kaliumsulfatfabrikation erhaltene Lösung von Chlorkalium und Chlormagnesium
vortheilhaft verwenden, welche aus dem unreinen Zwischenproducte nur Chlornatrium
löst und Kaliumsalze ausscheiden läſst. Bei der Zersetzung von Kainit unter
Dampfdruck wird neben dem Doppelsalze auch Chlorkalium gewonnen; dasselbe kann nach
obiger Reihenfolge zunächst zur Kaliumsulfatfabrikation und die Lösung alsdann zur
Zersetzung und Reinigung des Doppelsalzes, K2SO4, 2MgSO4 + H2O, Verwendung finden. Wenn die Lösung für
Chlornatrium gesättigt ist, dient dieselbe zur Zersetzung von Kainit unter
Dampfdruck, wird auf diese Weise in eine von Schwefelsäure fast freie Chlorkalium-
und Chlormagnesiumlösung übergeführt und zum Verdampfen geeignet gemacht.
Eine ähnliche Zersetzung kann auch in der Glühhitze durch Wasserdampf bewirkt werden
nach der Gleichung: K2SO4,MgSO4 + 2KCl + H2O = 2K2SO4 + MgO + 2HCl. Die Zersetzung von Magnesiumsulfat
mit Chlorkalium in der Glühhitze wurde zuerst von De
Luna zur Glaubersalzfabrikation praktisch durchgeführt (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1855 S. 59) und i. J. 1864
dieselbe Reaction von Clemm zur Nutzbarmachung von
Kieserit empfohlen. In einer Patentanmeldung von M. Sprenger in Berlin
(Nr. 27965 vom 11. October 1880) wurde die Behandlung der Mischung von
Magnesiumsulfat und Chlornatrium bez. Chlorkalium in der Glühhitze mit überhitztem
Wasserdampfe als eine wesentliche Neuerung und patentfähige Erfindung hingestellt.
Der wichtigste Punkt, die Zersetzung von Kalium-Magnesiumsulfat mit Chlorkalium, ist
jedoch in der betreffenden Patentbeschreibung nicht erwähnt} denn lieſse sich die
Reaction überhaupt mit gutem Erfolge ausführen, so würde die Verarbeitung dieses
Doppelsalzes zunächst in Frage kommen. Nach vielen Versuchen, bei denen ich auch auf
die Gewinnung von Salzsäure Werth legte, halte ich die praktische Anwendung dieser
Methode für unmöglich. Ein inniges Gemenge von Kalium-Magnesiumsulfat und
Chlorkalium, nach den Verhältnissen obiger Gleichung bei einer der Rothglühhitze
nahe liegenden Temperatur mit überhitztem Wasserdampfe behandelt, schmilzt zu
leicht, bevor eine merkliche Salzsäure-Entwicklung stattfindet, und die Entwicklung
wird vollständig unterbrochen, wenn die poröse Beschaffenheit der Mischung durch
Zusammensintern verloren geht. Das Resultat blieb ebenfalls erfolglos, als bei einer
höheren Temperatur überhitzter Wasserdampf in eine dünnflüssige geschmolzene
Salzmischung eingeleitet wurde. Nach einer 2stündigen Einwirkung konnte nur eine
Zersetzung bis zu 22 Procent der theoretischen festgestellt werden.
Die zuerst von H. Schwarz (1876 219 352) versuchte Zersetzung von Kalium-Magnesiumsulfat durch
Chlornatrium in der Kälte, behufs Gewinnung von Kaliumsulfat und Natriumsulfat ist
ebenfalls nur einer beschränkten Anwendung fähig und könnte höchstens bei der
Verarbeitung eines gering procentigen Kainits, welcher den zur vollständigen
Umsetzung erforderlichen Ueberschuſs an Chlornatrium enthält, in Frage kommen. Die
Zersetzung des Kalium-Magnesiumsulfates durch Chlornatrium in der Glühhitze ist
vielleicht leichter durchführbar als mittels Chlorkalium, dürfte aber in Rücksicht
auf das erhaltene Product, bestehend aus Kaliumsulfat, Natriumsulfat und Magnesia,
vom praktischen Standpunkte betrachtet, kaum eines Versuches werth sein.
B) Die allgemein bekannte Reaction der Zersetzung von Magnesiasalzen durch
Calciumhydrat wurde in neuester Zeit zur Fällung von Kalium-Magnesiumsulfat behufs
Darstellung von Kaliumsulfat wieder in Anregung gebracht; dabei verbindet sich, wie
aus der oben unter IB aufgeführten Betrachtung hervorgeht, das gefällte
Calciumsulfat mit dem Kaliumsulfat zu dem bekannten Doppelsalze: K2SO4.CaSO4.H2O, aus welchem
durch heiſses Wasser Kaliumsulfat gelöst wird. Das gefällte Magnesiumhydrat und
Calciumsulfat bildet eine sehr voluminöse Masse, welche ein rasches und
vollständiges Auslaugen des Kaliumsulfates sehr erschwert und im Fabrikbetriebe fast
unmöglich macht. Nach den Beobachtungen von Hoppe-Seyler (vgl. 1874 212 210) geht Gyps mit Wasser beim
Erhitzen auf 140° in ein krystallinisches Pulver, bestehend aus halb gewässertem
Calciumsulfat, 2CaSO4, H2O, über, welches sich in unverändertem Zustande mit Kaliumsulfat nicht
verbindet. Um diese Eigenschaft auf obige Verhältnisse anzuwenden, versuchte ich,
das Auslaugen von Kaliumsulfat unter Dampfdruck vorzunehmen, und erhielt auch
einerseits den gewünschten Erfolg, da eine ziemlich concentrirte Kaliumsulfatlösung
erhalten wurde, aus welcher beim Erkalten ein Theil des Salzes krystallisirte; die
auſserdem bezweckte Bildung einer krystallinischen Masse gelang wiegen des
vorhandenen Magnesiahydrates nicht.
Zur Umgehung der erwähnten Uebelstände wurde von Dupré
und Hake (D. R. P. Nr. 8021, vgl. 1880 235 328) vorgeschlagen, die innige Mischung von
Calciumhydrat und Kalium-Magnesiumhydrat zunächst zu glühen, um nach der
Entwässerung von Calciumsulfat und Magnesiumhydrat Kaliumsulfat leichter auslaugen
zu können; das Erhitzen muſs so weit getrieben werden, daſs der Gyps todt gebrannt
wird und beim Auslaugen kein Wasser aufnimmt. Die calcinirte Masse enthält das
Kaliumsulfat so innig eingeschlossen, daſs ein vollständiges Auslaugen sehr
schwierig ist und daher nur verdünnte Laugen resultiren, ohne der Hauptsache, durch
directe Kristallisation eine hohe Ausbeute an Kaliumsulfat zu erzielen, näher zu
kommen. Nach meiner Ansicht hat diese Methode den oben dargelegten Verhältnissen
gegenüber nur den Nachtheil, eine gröſsere Ausgabe für Arbeitslohn und Kohlen zu
verursachen.
Um aus Kainit direct Kaliumsulfat und Natriumsulfat darzustellen, macht J. Townsend (D. R. P. Nr. 10641, vgl. 1880 239 88) den Vorschlag, denselben mit Kieselsäure- und
Thonerdesilicaten innig zu vermengen und in Muffelöfen auf 400 bis 470° zu erhitzen,
wobei durch Einwirkung von Wasserdampf oder Luft Salzsäure bezieh. Chlor entwickelt
werden soll, während ein Rückstand, bestehend aus Kaliumsulfat, Natriumsulfat.; Magnesiumsilicat und Thonerdesilicat, entsteht.
Daſs dieses Verfahren anderen Methoden gegenüber einen pecuniären Erfolg nicht
erzielen läſst, bedarf wohl kaum einer Erwähnung.
In Anbetracht der Ausgaben für gebrannten Kalk, der Schwierigkeit einer vollständigen
Auslaugung, des werthlosen Rückstandes und der Verdampfungskosten verdünnter
Sulfatlaugen halte ich die unter B aufgeführten Methoden, welche zwar eine exact vor
sich gehende chemische Reaction zur Grundlage haben, vorläufig beim Fabrikbetriebe
für nicht nutzbringend.
Wenn ich die Hauptresultate vorstehender Betrachtung zusammenfasse, so muſs ich die
i. J. 1864 von H. Grüneberg ausgearbeitete Methode der
Darstellung von Kaliumsulfat mittels Chlorkalium in wässeriger Lösung als die zur
Zersetzung von Kalium-Magnesiumsulfat am meisten geeignete empfehlen. Auf der
bisherigen Grundlage der Bildung von Kalium-Magnesiumsulfat aus Chlorkalium und Kieserit ist dieselbe nicht
dauernd zur praktischen Ausführung gekommen; seitdem aber reines
Kalium-Magnesiumsulfat aus Kainit dargestellt wird, dürften für diese Fabrikation
günstigere Bedingungen vorhanden sein. In kleinem Maſsstabe wird gegenwärtig auf
diese Weise Kaliumsulfat von den Vereinigten chemischen Fabriken zu Leopoldshall
erzeugt.
Ein anderer Weg der Zersetzung von Kalium-Magnesiumsulfat liegt in dem Glühen mittels
Kohle. Die Hauptreactionen, welche dabei vor sich gehen, habe ich in- der deutschen
Patentanmeldung Nr. 9724 vom 14. Mai 1881 beschrieben und beabsichtige, die
Versuchsresultate in einem folgenden Artikel über die Darstellung von Kaliumcarbonat
aus Kalium-Magnesiumsulfat ausführlich mitzutheilen.
Neu-Staſsfurt, Juli 1881.