Titel: | Ueber neuere Theerfarbstoffe. |
Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 60 |
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Ueber neuere Theerfarbstoffe.
Ueber neuere Theerfarbstoffe.
Die Einwirkung von Benzylchlorid auf
Diphenylamin bespricht R. Meldola in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1881
S. 1385. Auf der Pariser Ausstellung 1878 hatte die Firma Brook, Simpson und Spiller einen von R.
Meldola entdeckten grünen Farbstoff unter dem Namen ViridinThenius bezeichnete als Viridin die Theerbase
C12H19N
(vgl. Wagner's Jahresbericht, 1861 S.
699). ausgestellt, welcher jetzt als AlkaligrünDie Farbwerke, vormals Meister, Lucius und
Brüning erhalten ein Alkaligrün aus Benzyldiphenilamin und
Chloramil (vgl. 1880 235 317). in der
Technik Eingang gefunden hat. Um diesen neuen Farbstoff darzustellen, wird
Diphenylamin mit etwa doppelt so viel Benzylchlorid gemischt, als nach der
Gleichung: NH(C6H5)2 + C7H7Cl = NC7H7(C6H5)2
+ HCl erforderlich ist. Die Mischung wird in einer
Flasche mit Rückfluſskühler einige Stunden hindurch im Sieden gehalten, so lange
noch Salzsäure abgespalten wird. Der Ueberschuſs des Benzylchlorides wird dann
abdestillirt und das so erhaltene dicke Oel in einer Schale auf dem Wasserbade mit
Salzsäure und Arsensäure mehrere Stunden lang erhitzt. Es bildet sich eine
dunkelgrüne Schmelze, welche sorgfältig mit Wasser ausgewaschen wird und dann nach
dem Erkalten eine spröde Masse bildet. Dieselbe wird fein pulverisirt, getrocknet
und wiederholt mit kaltem Benzol oder Toluol ausgezogen. Im Rückstande befindet sich nun das salzsaure
Salz der neuen Base als bronzefarbenes Pulver. Zur weiteren Reinigung wird das
Chlorhydrat in die Base durch Behandlung mit Alkohol, Benzol und kaustischen
Alkalien verwandelt. Beim Hinzufügen von Wasser zu der Lösung der Base in Benzol
scheidet sich dieselbe als eine Schicht von tief rothbrauner Farbe ab. Die wässerige
Schicht wird entfernt und Salzsäuregas in die Benzollösung geleitet, wobei sich das
Chlorhydrat als ein bronzefarbenes, mikroskopische Krystalle bildendes Pulver
abscheidet.
Das neue Grün bildet sehr leicht Sulfosäuren. Wird das Chlorhydrat kalt mit
Schwefelsäure angerührt, so entsteht sofort eine in Wasser unlösliche, aber in
kaustischen Alkalien leicht lösliche Sulfosäure, welche Wolle und Seide genau so
färbt wie das Nicholsonblau. Erhitzt man die Lösung in Schwefelsäure, so bilden sich
wasserlösliche Sulfosäuren.
Aehnliche Farbstoffe hat Meldola durch Oxydation der
Stoffe erhalten, welche durch die Einwirkung von Benzylchlorid auf
Methyldiphenylamin, β-Naphtolphenylamin und ähnliche
Verbindungen entstehen. Auch bilden sich in ähnlicher Weise durch die Einwirkung von
Benzylchlorid auf andere Monamine, primäre, secundäre und tertiäre, wie z.B. auf
Anilin und seine Homologen, Dimethylanilin u.s.w., dicke, ölige Producte, welche bei
der Oxydation ebenfalls Farbstoffe geben.
Die Darstellung von Farbstoffen durch
Einwirkung von Diazoanisolen auf Naphtole und Naphtolsulfosäuren beschreibt
die Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen a. Rh. (D. R. P. Kl. 22 Nr. 12451 vom 3. Januar 1879). Zur
Darstellung der Diazoanisole dienen folgende
Amidoverbindungen: Amidophenolmethyläther, Amidoanisol oder Anisidin, C6H4.NH2.OCH3,
Amidophenoläthyläther oder Amidophenetol, C6H4NH2.OC2H5,
Amidophenolamyläther oder Amidophenamylol, C6H4.NH2.OC5H11, sowie die
entsprechend zusammengesetzten Methyl-, Aethyl- und Amyläther des Amidocresols, C7H6.NH2.OH, und der beiden isomeren Amidonaphtole αβ, C6H6.NH2.OH. Zur
Herstellung der Diazoanisolsulfosäuren dienen die
Amidoverbindungen: Anisidinsulfosäure, C6H3.SO3H.NH2.OCH3,
Amidophenetolsulfosäure, C6H3.SO3H.NH2.OC2H5, Amidophenamylolsulfosäure, C6H3.SO3.NH2.OC5H11, sowie die
zusammengesetzten Methyl-, Aethyl- und Amyläther der Amidocresolsulfosäure, C7H5. SO3H. NH2. OH, und der
Amidonaphtolsulfosäure, C10H5.SO3H.NH2.OH.
Aus der Vereinigung von je 1 Mol. der genannten Diazokörper mit je 1 Mol. der
Naphtole und der Naphtolsulfosäuren werden rothe und
violette Azofarbstoffe erzeugt.
Zur Herstellung der Anisolroth genannten scharlachrothen
Farbstoffe werden 10k Anisidin mit 30k concentrirter Salzsäure in 200l Wasser gelöst und durch allmählichen Zusatz
einer wässerigen Lösung von 5k,61 reinem Natriumnitrit in salzsaures
Diazoanisol übergeführt. Beim Eintragen dieser Lösung in eine alkalisch zu haltende
Auflösung von 18k,2 betanaphtolmonosulfosaurem
Natrium scheidet sich das Anisolroth als rother Niederschlag aus. Man
vervollständigt die Fällung durch Zusatz von Kochsalz, filtrirt und trocknet. Statt
des Diazoanisols können die äquivalenten Mengen der anderen genannten Amidoanisole
in derselben Weise mit der Betanaphtolmonosulfosäure combinirt werden. Man erhält so
scharlachrothe Farben aus den Phenol- und Cresolverbindungen; die Aether der
Amidonaphtole geben violette, orseilleähnliche Farbstoffe.
Um die Farbstoffe aus Diazoanisolsulfosäuren herzustellen, wird z.B. 1k Anisidin mit 4k Schwefelsäure von 1,84 sp. G. mehrere Stunden auf dem Wasserbade
erhitzt, bis eine Probe sich klar in Wasser löst. Nun wird alles in Wasser gelöst,
die überschüssige Schwefelsäure als Gyps entfernt und durch Zusatz von kohlensaurem
Natrium das Natronsalz der Anisidinsulfosäure dargestellt. In derselben Weise werden
die Sulfosäuren der anderen genannten Amidoanisole erhalten.
Nach einem anderen Verfahren wird 1k
anisolsulfosaures Natrium in 2k Salpetersäure von
1,48 sp. G. nach und nach unter Vermeidung zu starker Erhitzung eingetragen. Die
krystallinisch ausscheidende Nitrosäure wird von der überschüssigen Salpetersäure
mechanisch getrennt und durch Umkrystallisiren aus Wasser rein erhalten. Mittels
Zinn und Salzsäure führt man diese in die Anisidinsulfosäure über. In derselben
Weise werden die Sulfosäuren der anderen Amidoanisole aus den entsprechenden
Anisolsulfosäuren erhalten.
Zur Farbstoffdarstellung mittels der Diazoanisolsulfosäuren werden 16k,5 Anisidinsulfosäure in 20k concentrirter Salzsäure und 200l Wasser eingetragen und durch Zusatz von 5k,61 reinem Natriumnitrit in Diazoanisolsulfosäure
übergeführt. Durch Zusatz derselben zu einer alkalisch zu erhaltenden Auflösung von
11k,7 Betanaphtol oder 18k,2 Betanaphtolmonosulfosäure oder 24,7
Betanaphtoldisulfosäure scheiden sich die Farbstoffe als rothe Niederschläge aus.
Man vervollständigt die Fällung durch Zusatz von Kochsalz, filtrirt und trocknet.
Statt der Diazoanisolsulfosäure können die äquivalenten Mengen der anderen
Diazoanisolsulfosäuren in derselben Weise mit dem Betanaphtol und den
Betanaphtol-Mono- und Disulfosäuren combinirt werden. Es entstehen so aus den
Phenol- und Cresolverbindungen rothe Farbstoffe, aus den Aethern der
Amidonaphtolsulfosäuren aber violette, orseilleähnliche Farbstoffe.
Die durch Nitriren geeigneter Naphtolsäuren hergestellten Nitrosulfosäuren des
Alphanaphtols, namentlich die Binitronaphtolsulfosäure bildet schöne, wasserlösliche
Farbstoffe (vgl. Wagner's Jahresbericht, 1880 S.
781).
Zur Herstellung der Azophtalsäure
wird nach A. Claus (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1881 S. 1330) durch Nitriren von Phtalsäureanhydrid
hergestellte Nitrophtalsäure in verdünnter Natronlauge gelöst und auf je 100g Säure nach und nach mit einem Amalgam aus 60g Natrium und 4k
Quecksilber versetzt. Aus der rothbraunen Lösung scheidet sich das azophtalsäure
Natrium, Na4C11,
H6N2O8.10H2O, in schönen
gelbrothen Krystallen aus. Die daraus mittels Salzsäure abgeschiedene Azophtalsäure,
C16H,l0N2O8, bildet rein
gelbe Krystalle.
Bei der Herstellung des künstlichen
Alizarins wollen A. Domeier und C. J.
Marzell in London (D. R. P. Nr. 12938 vom
11. August 1880) die heiſse wässerige Lösung der Alizarinschmelze mit Schwefligsäure
sättigen. Das niedergeschlagene Alizarin wird abgepreſst, die Lauge mit Calcium-,
Barium- oder Strontiumhydrat behandelt, das gebildete kaustische Alkali wird zur
neuen Schmelze wieder verwendet und die gefällten schwefligsauren alkalischen Erden
mit Salzsäure zerlegt, um die Schwefligsäure wieder in die gelöste Schmelze
einzuleiten.
Durch Behandlung von Alizarin in ammoniakalischer Lösung mit
Zinkstaub hat H. Römer (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1881 S. 1259) das nach der Gleichung C14H8O4 + 2H2 = C14H10O3 + H2O in
hellgelben Nadeln krystallisirende Desoxyalizarin, C14H10O3, erhalten. Wird die alkalische Lösung desselben
mit Luft geschüttelt, so bildet sich wieder Alizarin.
Um Dinitrooxyanthrachinon
darzustellen, wird nach S. E. Simon (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1881 S. 464) zunächst käufliches
anthrachinonmonosulfosaures Natrium im Autoclaven mit der 5 fachen Menge 20
procentiger Natronlauge 5 bis 6 Stunden auf 160 bis 165° erhitzt, die Schmelze mit
Wasser verdünnt und mit Salzsäure gekocht. Der Niederschlag wird mit Barytwasser
kochend ausgezogen, um von dem gebildeten Alizarin zu trennen, und aus dem Filtrate
durch eine Säure das Monooxyanthrachinon, C14H8O3, in goldgelben Blättchen abgeschieden, welche bei
302° schmelzen. Wird diese Verbindung in die 15 fache Menge rauchender Salpetersäure
von 1,52 sp. G. eingetragen und auf 60 bis 70° erwärmt, so erhält man Dinitrooxyanthrachinon, C14H5(NO2)2OH.O2.
Dieses ist in kaltem Wasser schwer, in heiſsem Wasser leichter löslich. Die Lösung
ist gelb oder rothgelb, je nach der Concentration. In Alkohol, Aether und Benzol ist
es schwer löslich, in Anilin löst es sich leicht mit braunrother Farbe. Es färbt
Wolle und Seide schön orange. Das Dinitrooxyanthrachinon schmilzt beim allmählichen
Erhitzen unter Zersetzung, bei raschem Erhitzen verpufft es. Es besitzt den
Charakter einer schwachen Säure und zersetzt Acetate. Seine Salze sind gefärbt und
krystallisiren meist in Nadeln oder Blättchen mit metallischem Glänze. Beim Erhitzen
verpuffen sie alle mehr oder minder stark.