Titel: | Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation. |
Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 206 |
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Ueber Neuerungen in der
Zuckerfabrikation.
Mit Abbildungen auf Tafel 18.
(Patentklasse 89. Fortsetzung des Berichtes S. 113
Bd. 241.)
Ueber Neuerungen in der Zuckerfabrikation.
Zur selbstthätigen Entfernung von
Luftarten oder Schaum aus Diffusionsgefäſsen, Filtern u. dgl. setzt K.
Leyser in Oschersleben (* D. R. P. Nr. 11403 vom 15. Februar 1880) mittels des
Stutzens a (Fig. 1 Taf.
18) einen kleinen Behälter f mit Schwimmer g darauf. Luft und Schaum entweichen durch Sieb e und Ventil b; sobald
aber Saft in den Behälter f eintritt, hebt sich der
Schwimmer und schlieſst das Auslaſsventil. Durch die Probehähne h und i kann man sich von
der Beschaffenheit der Flüssigkeit und der Gase überzeugen.
Der für ununterbrochenen Betrieb bestimmte Diffusionsapparat von D. Duchamp in
St. Pierre, Martinique (* D. R. P.
Nr. 12290 vom 9. Juni 1880) besteht aus zwei Reihen von Gefäſsen A (Fig. 2 Taf.
18) mit doppeltem Boden, in denen Körbe B aus
Drahtgewebe hängen, welche die von der Schnitzelmaschine durch die Rinne o kommenden Zuckerrohrscheiben oder Rübenschnitzel
aufnehmen. Die Körbe sind um eine Achse n drehbar und
können durch mit Gegengewicht L versehene Ketten k, welche über Rollen c
laufen, gehoben und gesenkt werden, sobald diese Rollen c mit der Betriebswelle H verbunden werden.
Die Schnitzel gelangen so von einem Gefäſs zum anderen, wobei die seitliche
Einfassung P das Herunterfallen derselben verhindert,
die ausgelaugten Schnitzel verlassen den Apparat durch die Rinne z. Das Wasser flieſst in umgekehrter Richtung vom Rohr m aus von einem Gefäſs ins andere über, der erhaltene
Saft flieſst durch das Rohr g ab. Die Verbindungsrohre
r dienen zur Entleerung des Apparates; Sand, kleine
Steine u. dgl. sammeln sich in den Behältern e. Das
Anwärmen des Saftes geschieht durch das Dampfrohr w.
Zur Anwärmung des Saftes schalten E.
Kluge in Halle a. S. und O. Mönnig in
Merseburg (* D. R. P. Nr. 12540 vom
9. Juni 1880) als Calorisator einen
guſseisernen Cylinder c (Fig. 3 Taf.
18) ein, welcher 7 Messingröhren r umschlieſst. Wegen
der ungleichen Ausdehnung von Guſseisen und Messing sind die auſsen von Dampf
umgebenen Röhren unten in den festen Boden b, oben in
den verschiebbaren Boden a eingesetzt, dessen Umbiegung
k durch den eingelegten Ring s gedichtet wird.
A. Gobiet (Organ des österreichischen Vereines für
Rübenzucker, 1881 S. 331) empfiehlt für Diffusionsapparate rinnenförmig
gebogene, auf allen Flächen gelochte Siebbleche (Fig.
4 Taf. 18). Dieselben haben gröſsere Siebfläche als die gewellten Bleche,
verstopfen sich weniger leicht und sind stärker als die gewöhnlichen Bleche.
Der Apparat zum Klären geschiedener
Zuckersäfte von J. A. Berenger und J.
Stingl in Wien (* D. R. P. Nr. 14403 vom 14. October 1880) soll die Filterpressen
theilweise ersetzen. Er besteht aus einer Reihe senkrechter Cylinder A (Fig. 5 Taf.
18) mit einem kleinen conischen Gefäſse a, um den Stoſs
der durch Rohr e eintretenden Flüssigkeit aufzunehmen.
Der Saft steigt langsam in den mit Dampfmantel c
versehenen Absatzgefäſsen auf, der abgesetzte Schlamm wird durch einen Hahn in den
conischen Boden abgelassen.
Zur möglichst guten Ausnutzung der Kohlensäure beim Saturiren der Rübensäfte geht nach G.
Ebert in Wallhausen (* D. R. P. Nr. 14627 vom 26. Januar 1881) der Ueberschuſs
derselben durch das Sicherheitsventil nicht ins Freie, sondern wird ebenfalls in den
Saft geleitet. Zu diesem Zweck ist das Sicherheitsventil b (Fig. 6 Taf.
18) des Zuleitungsrohres d mit einem zweiten Rohrstrang
e verbunden. Derselbe endet in der Scheidepfanne in
einer zweiten Schlange c, welche höher angebracht ist
als die von d ausgehende Schlange a. Die Anzahl über einander liegender Schlangen kann
beliebig vermehrt werden. Das hinter der Abzweigung eines jeden Rohrstranges
anzubringende Sicherheitsventil, welches das Zuführungsventil für den nächsten
Rohrstrang bildet, ftiuſs nur eine der Differenz der Safthöhe entsprechende
geringere Belastung haben, also s eine solche, welche
der Höhe xy entspricht.
Zur Wiederbelebung der Knochenkohle
wird dieselbe nach H. Tietz in
Braunschweig (* D. R. P. Nr. 13681
vom 6. Juli 1880) in gewöhnlicher Weise behandelt, kommt dann aber zum
Dämpfen im Gefäſse A (Fig. 7 Taf.
18), deren Dampfein- und Auslaſsstutzen a und c mit Siebblechen versehen sind. Die Entleerung
geschieht durch Oeffnen des unteren Mannloches. Die Darrebene OP (Fig.
8) hat eine Neigung von etwa 30°,
entsprechend dem Böschungswinkel der feuchten Kohle. Die oben bei O aufgegebene Knochenkohle sinkt, sobald ein Abziehen
von geglühter Kohle aus den Glühröhren e stattfindet,
selbstthätig nach. Die Entleerungsöffnungen n der
Glührohre sind für je eine Reihe in einem gemeinschaftlichen Guſsstück D angebracht (Fig. 9 bis
11 Taf. 18) und werden durch Drehschieber b
geöffnet und geschlossen. Um dieses bei einer Reihe von Rohren gleichzeitig
ausführen zu können, sind die Angriffspunkte der Drehschieber, wie die Draufsicht
Fig. 10 zeigt, durch Stangen d mit einander
verbunden. Damit beim Ziehen der Schieber nur eine bestimmte Knochenmenge aus den
einzelnen Glühröhren austritt, sind unter den Entleerungsöffnungen n oben offene Behälter G
angebracht, welche sich nur so weit füllen, wie es der natürliche Böschungswinkel
der Knochenkohle gestattet. Durch Verlängern oder Verkürzen der Tragstangen s kann der Abstand des Bodens dieses Kastens von den
Entleerungsöffnungen vergröſsert und verkleinert und somit die Menge der
austretenden Knochenkohle z (Fig. 11)
geregelt werden. Hat sich der Kasten mit Knochenkohle gefüllt, so hört das
Nachrutschen derselben aus den Glührohren von selbst auf, die Schieber b werden dann geschlossen und der Kasten wird durch
Umkippen in die punktirte Stellung nach unten zu, in ein zur Aufnahme der geglühten
Knochenkohle bestimmtes Gefäſs, entleert (vgl. 1881 241 *
114).
Mit dem neuen Spodiumsurrogat von
J. Stranecky hat A. v.
Wachtel Versuche ausgeführt und im Organ des
österreichischen Vereines für Rübenzucker, 1881 S. 487 mitgetheilt. Die
verwendete Grundmasse ist ein gelbes, poröses Mineral, eine Art Bergkork, bestehend
aus 94,26 Proc. Kieselsäure, 5,10 Proc. Eisenoxyd und Thonerde, 0,64 Proc. Magnesia.
Die Masse wird geglüht, in Stücke gebrochen, mit organischen Stoffen getränkt und
diese verkohlt. Hierzu wurde anfangs eine Sprocentige Leimlösung, dann mit gleich
gutem Erfolg eine 5 procentige Melasselösung verwendet. Das beste Resultat erhielt
man durch Glühen der Grundmasse mit alkalischem Blut, während Fette und
Kohlenwasserstoffe hierzu völlig unbrauchbar waren. Die Stärke der
Entfärbungsfähigkeit hängt wesentlich vom Kohlenstoffgehalt des künstlichen Spodiums
ab. Gewöhnlich genügte eine 3 malige Tränkung mit Melasse, um einen
Kohlenstoffgehalt von 3 Proc. zu erhalten; bei nochmaliger Tränkung erhielt man
einen solchen von etwa 5 Proc.; doch ist das erhaltene Spodium um so besser, je
plötzlicher und heftiger die bei Luftabschluſs angewendete Wärme einwirkt.
Das künstliche Spodium ist etwas härter und verliert seinen Kohlenstoffgehalt
schwerer durch Glühen an der Luft als Knochenkohle, sein Raumgewicht ist geringer,
als das der letzteren. Die durchschnittliche Zusammensetzung von Dünnsaft vor und nach der Filtration
durch Knochenkohle und künstliches Spodium war folgende:
Unfiltrirt
Filtrirt durch
Knochenkohle
künstl. Spodium
Saccharometer
21,37
21,92
21,51
Polarisation
19,13
20,42
19,87
Alkalinität
0,0616
0,0398
0,0298
Farbe
8,31
2,53
4,84
Quotient
89,64
92,96
92,33.
Das künstliche Spodium wirkt demnach auf die Entfernung der
Alkalinität des Saftes kräftiger, auf Farbe und Quotient weniger stark als
Knochenkohle. Auch bei der Filtration von Dicksaft waren Farbe und Quotient weniger
gut als mit Knochenkohle.
Um die Filtration der Rübensäfte über
Knochenkohle zu umgehen, versetzt Jünemann
(Organ des österreichischen Vereines für
Rübenzucker, 1881 S. 388) den geschiedenen, saturirten und filtrirten
klaren Saft, welcher eine Alkalinität von etwa 0,06 zeigt, mit Schwefligsäure bis
fast zur Neutralisation. Nun wird abgedampft bis auf 28° B., vom ausgeschiedenen
Gyps mittels Filterpressen getrennt, bei etwa 75° mit gepulvertem Witherit behandelt
und von dem gebildeten kohlensauren Calcium und schwefelsauren Barium abfiltrirt,
worauf der Saft sofort weiter verkocht werden kann.
Bei einem bezüglichen Versuche wurden 1102171k
Rüben in Arbeit genommen von folgender durchschnittlicher Zusammensetzung:
Saccharometer
12.4
Zucker
9,42
Nichtzucker
2,98
Quotient
76,0.
Der Saft enthielt nach der ersten und zweiten Saturation:
I
II
Saccharometer
6,8
6,76
Zucker
5,45
5,55
Quotient
80,10
82,1.
Nach der Behandlung mit Schwefligsäure hatte der Saft einen Reinheitsquotienten von
90,2 Proc., es war also eine Verbesserung um 8,1 Proc. eingetreten. Dem entsprechend
deckten sich die Brode auch leicht aus, enthielten keine Spur Gyps, waren
durchgehends schön weiſs und zeigten folgende Zusammensetzung:
Zucker
99,90
Wasser
0,01
Asche
0,04
Organischer Nichtzucker
0,05
Bei einem ferneren Versuche mit 811t Rüben enthielt
der Saft vor und nach der 1. und 2. Saturation:
Saft
1. Saturation
2. Saturation
Saccharometer
11,57
6,84
6,70
Zucker
8,88
5,43
5,45
Nichtzucker
2,69
–
–
Quotient
76,70
79,0
81,3.
Nach der Behandlung mit Schwefligsäure hatte der Saft einen
Reinheitsquotienten von 89,1 Proc., es war also eine Verbesserung von 7,8 Proc.
eingetreten. Nachdem dieser Saft auf 28° B. eingedickt und filtrirt war, wurde er
unter stetem Umrühren mit 1 Proc. gepulverter schwefelsaurer Thonerde versetzt, die
überschüssige Schwefelsäure mit kohlensaurem Baryt neutralisirt und wieder filtrirt,
endlich zur Füllmasse eingekocht; dieselbe enthielt:
Zucker
88,95
Wasser
8,65
Asche
6,55
Organischer Nichtzucker
1,85
Quotient
97,3.
Die erhaltenen Brode deckten sich leicht aus und waren tadellos weiſs. Der bei diesem
Verfahren sich bildende sehr voluminöse Niederschlag ist sehr schwer durch
Filtration von der Flüssigkeit zu trennen und muſs daher diese letztere mit groſsem
Druck in die Filterpressen gepreſst werden. In dem abgepreſsten trockenen
Niederschlage finden sich groſse Mengen von Alaun, schwefelsaurem Kalk,
schwefelsaurem Baryt und organischen Stoffen.
Zur Ausscheidung der überschüssigen
Schwefligsäure aus den damit entfärbten Zuckersäften verwendet A.
Reinecke in Königslutter (* D. R. P. Nr. 14024 vom 4. September 1880) ein geschlossenes
Gefäſs A (Fig. 12
Taf. 18) mit Manometer m, Sicherheitsventil v und Thermometer t. Die
Schwefligsäure wird durch das Rohr s eingeleitet, dann
wird der entfärbte Saft mittels der Dampfschlange n auf
115 bis 120° erhitzt und zur Trennung von dem gebildeten Niederschlage durch Rohr
z zur Filterpresse abgelassen.
Bei dem Verdampfapparat von A.
Herbst in Moskau (* D. R. P. Nr. 10686 vom 7. December 1879) sind die
Verdampfkörper A (Fig. 13 und
14 Taf. 18) mit Heizrohrsystemen B
ausgestattet. Jedes Rohrsystem besteht aus einem völlig frei auf den Knaggen n der guſseisernen Mantelringe R ruhenden Cylinder c, welcher von einer
groſsefl Anzahl Rohre a durchsetzt ist. In das
Rohrsystem des ersten Körpers wird durch den Stutzen d
directer Dampf oder Retourdampf eingeführt. Der Dampf umströmt die Rohre a und erwärmt Boden, Deckel und Mantel des Cylinders
c, welche ebenfalls als Heizfläche dienen, während
das gebildete Condensationswasser seitlich abflieſst. Die im Körper A aus den Säften entwickelten Dämpfe gelangen durch
Stutzen bd in das Rohrsystem des zweiten Körpers,
die dadurch hier in gleicher Weise entwickelten Dämpfe in das Rohrsystem B des dritten Körpers. Von hier steigen die aus den
einzukochenden Säften sich entwickelnden Dämpfe durch die Stutzen b und f in den Condensator
C, welcher genau so wie die Rohrsysteme B construirt ist. Die Dämpfe werden hier mittels des in
dem Behälter D enthaltenen Kühlwassers so wirksam condensirt, daſs für die
Luftpumpe nur die geringe Arbeit verbleibt, die in dem Verdampfkörper vorhandene
Luft und die sich entwickelnden Ammoniakdämpfe zu entfernen. Etwa mitgerissener Saft
sammelt sich in Schalen g unter den Böden e und flieſst in die Sammelgefäſse S.
R.
Riedel in Halle a. S. (* D. R. P. Nr. 10937 vom 25. September 1879) legt in den
Körper des Verdampfapparates über der gebräuchlichen
Rohrheizkammer R (Fig. 15)
noch eine besondere Rohrschlange S, welche von dem
kochenden Safte bespült und durch Ventil a mit directem
Dampf versehen wird. Der Condensationstopf c hindert
den Austritt des Dampfes, so daſs dieser seine anfängliche Spannung annähernd
behalten und in Folge dessen eine sehr starke Wirkung ausüben kann. Das von dem
Condensationstopf durchgelassene sehr heiſse Wasser wird dann, wenn der Hahn h geöffnet ist, durch das Rohr d mitten in die Rohrheizkammer R
hineingedrückt, damit dasselbe seine überschüssige Wärme hier nutzbar abgeben kann.
Soll die Schlange S für Rückdampf benutzt werden, so
wird das Ventil a geschlossen und Ventil b geöffnet, welches mit der Retourdampfleitung in
Verbindung steht; auſserdem wird Hahn h geschlossen und
g geöffnet. Der Rückdampf strömt dann durch die
Schlange; das durch seine Condensation gebildete Wasser wird durch das Rohr f direct nach dem Wassersammler abgeleitet.