Titel: | Ueber die Gewinnung von Silber, Kupfer und Blei. |
Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 212 |
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Ueber die Gewinnung von Silber, Kupfer und
Blei.
Ueber die Gewinnung von Silber, Kupfer und Blei.
Zur Gewinnung von Silber, Kupfer und
Blei aus Erzen mittels Kupferchlorid und Chlornatrium werden nach J. F. N.
Macay in Charapoto, Südamerika (D. R.
P. Kl. 40 Nr. 13616 vom 16. März 1880) die zerstückelten und wo nöthig concentrirten
Erze fein gepulvert, so daſs sie durch ein Sieb von 120 Maschen auf 25mm hindurchgehen. Das Pulver wird in einem
eisernen, innen glasirten Gefäſs mit einer Lösung von 1 Th. Kupferchlorid und 0,2
Th. Chlornatrium erhitzt, bis die Masse breiartig wird. Sie wird dann auf einem
Kollergange gemahlen, dessen Platte aus Granit hergestellt ist, so daſs sie nicht
mit Metall in Berührung kommt, während gleichzeitig Dampf in die Masse geblasen
wird, worauf man zur Auslaugung schreitet. Enthielt das Erz Schwefelsilber, so
findet angeblich folgende Zersetzung statt: 4 CuCl2
+ NaCl + Ag2S = Cu2Cl2 + 2CuCl2 + NaCl + 2AgCl + S.
Die Lösung wird entfernt, der Rückstand mit heiſsem saurem Wasser ausgewaschen, bis
das Kupfer entfernt ist, worauf man mit Natriumthiosulfat das Chlorsilber löst.
Letztere Lösung wird mit Schwefel gekocht, bis alles Silber als Schwefelsilber
gefällt ist, worauf man
die Thiosulfatlösung wiederholt benutzen kann. Das erhaltene Schwefelsilber wird mit
Kupferchlorid und Chlornatrium gekocht, das gebildete Chlorsilber ausgewaschen, in
einer heiſsen Kochsalzlösung gelöst und durch Eisen als metallisches Silber
ausgeschieden. Das erhaltene Eisenchlorid soll auf Colcothar verarbeitet werden
(vgl. 1880 236 504). Erze, welche im Wesentlichen
Schwefelkupfer oder Bleiglanz enthalten, sollen in ähnlicher Weise behandelt werden;
die mitgetheilten Zersetzungsgleichungen erscheinen jedoch wenig wahrscheinlich.
Zur Gewinnung von Silber und Blei aus
gemischten Erzen werden dieselben nach F. M. Lyte in
London (D. R. P. Kl. 40 Nr. 13792 vom
9. September 1880) geröstet, um den gröſsten Theil des Schwefels zu
entfernen, dann gepulvert und mit heiſser 15 bis 17 procentiger Salzsäure das
vorhandene Zink und Kupfer gelöst, während Blei und Silber gröſstentheils ungelöst
mit der Gangart zurückbleiben, jedoch durch neue Mengen von Salzsäure gelöst werden.
Diese Lösung läſst man in ein zweites Gefäſs ablaufen, in welchem sich frisches
calcinirtes Erz befindet, und wird hier durch Aufnahme von Zink und Kupfer
theilweise neutralisirt, so daſs sich die gelösten Chloride von Blei und Silber
niederschlagen. Die erhaltene Lösung wird mit Kreide neutralisirt, dadurch Eisenoxyd
und Thonerde niedergeschlagen, das Kupfer wird mit Zink und dann aus der
zurückbleibenden Lösung mit Kalkmilch Zinkoxyd gefällt. Der erhaltene, vom Zink und
Kupfer befreite, aber an Chlorsilber und Chlorblei allmählich angereicherte
Rückstand wird mit einer heiſsen Kochsalzlösung behandelt. Aus der erhaltenen Lösung
scheidet sich beim Abkühlen das Chlorblei gröſstentheils aus, der Rest des Bleies
und das Silber werden durch Einlegen von Zink metallisch niedergeschlagen, der
Niederschlag wird mit frischer, Chlorsilber haltiger Kochsalzlösung
zusammengebracht, bis er 2 bis 4 Proc. Silber enthält, worauf das Silber haltige
Blei ohne weiteres abgetrieben werden kann.
Die chemischen Processe bei der
Amalgamation hat C. Rammelsberg näher
untersucht. Dieses in Amerika fast allgemein übliche Silbergewinnungsverfahren wurde
zuerst von Karsten untersucht, welcher am 11. December
1828 und 30. October 1851 darüber der Berliner Akademie Mittheilung machte, dann von
Boussingault (1833 48
192), J. Bowring (1844 93
157. 1845 96 51), Malaguti
und Durocher (1850 115 279).
Nach RammeisbergZeitschrift für das Berg-, Hütten- und
Salinenwesen, 1881 S. 191. geben nun Kupferchlorid und
Silber, Kupferchlorür und Chlorsilber: 2CuCl2 + 2Ag
= 2AgCl + Cu2Cl2
oder 2CuCl + Ag = AgCl + Cu2Cl; es
entsteht aber kein Silberchlorür, wie F. Fernandez
angenommen hatte. Schwefelsilber wird von Kupferchlorid bei Siedhitze völlig zersetzt:
Ag2S + CuCl2 =
2AgCl + CuS oder AgS + CuCl = AgCl + CuS. Chlornatrium wirkt lösend auf Chlorsilber und beschleunigt den
Zersetzungsproceſs.
Kupferchlorür und Schwefelsilber geben Chlorsilber und Dikupfersulfuret: Ag2S + Cu2Cl2 = 2AgCl + Cu2S
oder AgS + Cu2Cl = AgCl + Cu2S. Löst man das Kupferchlorür zuvor in
Chlornatrium auf, so geht die Umwandlung schneller vor sich, aber es bleibt eine
gewisse Menge Chlorsilber in der Flüssigkeit. Fügt man dem abgeschiedenen Gemenge
Zink hinzu und erhitzt die Kochsalzlösung, so bleibt ein Gemenge von 2 At. Silber
und von 1 Mol. Cu2S zurück. Boussingault hat wohl lediglich berechnet,
daſs die Fällung halb so viel Kupfer enthalte, was theoretisch unmöglich ist; Malaguti und Durocher
behaupten, es entstehe metallisches Silber und es bilde
sich Kupferchlorid, und haben dabei nicht bedacht, daſs diese beiden Körper nicht
neben einander bestehen können, wie oben gezeigt wurde.
Kupferchlorid und Schwefelarsen geben rasch Schwefelkupfer und Arsenchlorür: As2S3 + 3CuCl2 = 3 CuS + 2AsCl3
oder AsSs + 3CuCl = 3 CuS + AsCl3. Dagegen enthält der bei der Einwirkung
von Kupferchlorid auf Schwefelantimon (Sb2S3 oder SbS3) gebildete grüngraue Absatz neben Schwefel und
Kupfer viel Antimon, sowie Chlor und Sauerstoff' in Folge der Zersetzung des
Antimonchlorides durch Wasser und Bildung von Oxychlorid. Dabei bleibt aber ein
groſser Theil Antimon in der Flüssigkeit, welche Schwefelsäure enthält. Da die
Analyse das abgeschiedene Kupfer und Chlor in dem Verhältniſs wie im Chlorür ergibt,
so darf man glauben, daſs der Rest des Chlores oxydirend auf einen Theil Schwefel
gewirkt habe.
Kupferchlorür und Schwefelantimon verhalten sich ähnlich; nur scheint das Kupfer ganz
oder groſsentheils metallisch in der Abscheidung vorhanden zu sein, welche
gleichfalls Antimonoxychlorid enthält, während sich aus dem kupferreichen Filtrat
beim Stehen Antimonsaure absetzt. Beide Arten Rothgültigerz werden durch
Kupferchlorid zersetzt; in der abgeschiedenen Masse, welche beim Arsenerze schwarz,
beim Antimonerze grau aussieht, findet sich das Silber, der Schwefel und das
Antimon, Arsen nur zur Hälfte. Das Silber ist bei lichtem Rothgülden nur zum Theil,
bei dunkelm ganz als Chlorsilber vorhanden; der Rest des Niederschlages besteht aus
Schwefelkupfer und freiem Schwefel. Wenn auch hierbei schwer zu entscheiden war, ob
die Zersetzung der natürlichen Silberverbindung vollständig erfolgte, so zeigen
diese Versuche doch, daſs beide Rothgültigerze durch Kupferchlorid lebhaft
angegriffen werden und daſs Chlorsilber gebildet wird. Auch die Einwirkung des
Kupfer Chlorides im Gemisch mit Chlornatrium war Gegenstand besonderer Versuche,
welche zeigten, daſs die Producte bei beiden Arten Rothgültigerz das Silber zum
Theil als Chlorid, zum Theil als Sulfuret enthalten. Schwerlich ist aber das
letztere in allen diesen
Fällen als solches vorhanden, weil es sonst vom Kupferchlorid doch hätte in
Chlorsilber verwandelt werden müssen.
Kupferchlorür, in Chlornatrium gelöst, wirkt in der Siedhitze auf dunkles
Rothgültigerz, wobei dieses in ein schwarzes Product verwandelt wird, welches den
gröſsten Theil des Silbers (der Rest ist als Chlorid durch das Chlornatrium gelöst),
den ganzen Antimon- und Schwefelgehalt enthält, sowie auſserdem Kupfer und Chlor.
Die Analyse ergibt 1 At. Kupfer gegen 3 At. Silber und das Chlor reicht hin für ⅓
des Silbers, während der Schwefel an Kupfer, Antimon und an ⅓ des Silbers gebunden
ist, mithin ⅓ von diesem metallisch vorhanden sein muſs, falls man nicht die Bildung
von Cu2S annimmt. Die Resultate entsprachen der
Annahme, daſs 2Ag3SbS3 auf Cu2Cl2 wirken. Vergleicht man dieses Verhalten mit dem des Kupferchlorürs gegen
reines Schwefelsilber und reines Schwefelantimon, so treten die Abweichungen hervor,
welche vorläufig nicht gestatten, an eine entsprechende Wirkung des Kupferchlorürs
zu denken. Bei Anwendung von lichtem Rothgültigerz enthält das graue
Umsetzungsproduct alles Silber und allen Schwefel, ⅔ des Arsens, viel Kupfer und
etwas Chlor; Kupferchlorid und Arsenchlorür bleiben in Lösung.
Aus dem Verhalten von Kupferchlorid zu Silber, welches zur Bildung von Chlorsilber
und Kupferchlorür führt, folgt, daſs letztere nicht auf einander wirken. Bei
Gegenwart von Ammoniak geht die Reaction jedoch rückwärts, es scheidet sich
metallisches Silber ab und es entsteht Kupferchlorid. Es wurde hierbei zugleich
nachgewiesen, daſs die Annahme von Malaguti und Durocher, es bilde sich zuerst das Subchlorür Ag2Cl, nicht begründet ist.
Erhitzt man eine ammoniakalische Lösung von Chlorsilber mit Kupfersulfuret, CuS, so
entsteht eine blaue Lösung; dabei wird die Hälfte des Chlorsilbers in Schwefelsilber
verwandelt; der schwarze Absatz, welcher kein Kupfer enthält, besteht aus
Schwefelsilber und ¼ des unzersetzten Chlorsilbers, während ¾ in der blauen Lösung
des Kupferchlorids bleiben. Es haben also 4AgCl auf CuS so eingewirkt, daſs AgCl und
2Ag2S ungelöst, 3AgCl und 2CuCl2 gelöst bleiben. Behandelt man 1 Mol.
Dikupfersulfuret mit 2 Mol. in Ammoniak gelöstem Chlorsilber, so setzt sich aus der
blauen Flüssigkeit ein Gemenge von Silber und Kupfersulfuret ab: 2AgCl + Cu2S = 2Ag + CuS + CuCl2 oder AgCl + Cu2S = Ag + CuS + CuCl. Verdoppelt man die Menge des Chlorsilbers, so ist die Abscheidung
fast frei von Kupfer: 4AgCl + Cu2S = 2Ag + Ag2S +2CuCl2 oder 2AgCl + Cu2S = Ag + AgS + 2
CuCl.
Die Wirkung des Quecksilbers auf festes Chlorsilber erfolgt, wie bereits Karsten beobachtete, sehr langsam, bei gleichzeitiger
Gegenwart von Kupfer wird es in Chlorür verwandelt. Schwefelsilber wird durch Kochen
mit Wasser und Quecksilber nur träge versetzt; in einem Versuche betrug die
zersetzte Menge nur 12 Proc. Gewiſs ist die Wirkung beim Zusammenreiben eine weit
bessere. Dasselbe erfolgt, wenn man auſserdem Eisen hinzusetzt; nach halbstündigem
Kochen fanden sich 95,2 Procent des Schwefelsilbers zerlegt. Auch in diesem Falle
befördert das Zusammenreiben der Stoffe den Vorgang, welcher dem sogen.
„Washoeproceſs“ in Amerika zu Grunde liegt. Rothgültigerz wird unter
gleichen Umständen von Quecksilber allein wenig angegriffen; bei Zusatz von Zink ist
die Wirkung stärker, jedoch nie vollständig. Aber auch hier dürfte der Erfolg beim
Zusammenreiben ein günstigerer sein. Schwefelsilber, welches von verdünnter
Chlorwasserstoffsäure nicht angegriffen wird, gibt auf Zusatz von Zink oder Eisen
eine lebhafte Entwicklung von Schwefelwasserstoff, während metallisches Silber sich
abscheidet. Setzt man noch Quecksilber hinzu, so erhält man Silberamalgam. Auch
Rothgültigerz entwickelt mit der Säure auf Zusatz von Zink Schwefelwasserstoff, wird
aber nur wenig angegriffen.
Es ergibt sich daraus folgendes Verhalten des Schwefelsilbers und des Rothgültigerzes
bezüglich der Form, in welcher das Silber abgeschieden wird:
Kupferchlorid
Kupferchlorür
Zink (Eisen)
Schwefelsilber
Chlorsilber
Chlorsilber
Silber
Lichtes Rothgültig
ChlorsilberSchwefelsilber
SilberChlorsilber
Silber(wenig)
Dunkles Rothgültig
Chlorsilber
ChlorsilberSchwefelsilber
Ferner wird Chlorsilber zu Silber reducirt durch Zink, Eisen oder Quecksilber;
umgekehrt wird Silber in Chlorsilber verwandelt durch Kupferchlorid.
Die amerikanische Amalgamation der Silbererze war ursprünglich, in der von Bartolomé de Medina begründeten Form, der überall
befolgte Proceſs, welcher, weil die Hauptoperationen auf dem Hüttenplatz oder Hof
(patio) sich vollziehen, der Patioproceſs heiſst. Schon längst weiſs man, daſs durch
ihn gewisse Erze nicht hinreichend zu Gute gemacht werden können. Es sind dies die
natürlichen Sulfosalze des Silbers, welche ja nirgends rein, sondern mit den
Sulfureten des Eisens, Zinkes, Bleies u.s.w. zusammen vorkommen. Deshalb hat man
besonders in neuerer Zeit Abänderungen versucht, wobei aber selbstverständlich
solche, welche Rost- und Schmelzarbeiten im Grefolge haben und die nur an sehr
vereinzelten Orten ausführbar sind, nicht in Betracht kommen. Unter diesen
Aenderungen des alten Processes sind als besonders wichtig hervorzuheben der Krönckeproceſs in Chile und der in den Weststaaten
Nordamerikas im groſsen Maſsstabe betriebene Washoeproceſs.
Im Patioproceſs kommt das Erz mit Magistral, d.h. Kupferchlorid, Chlornatrium und
Quecksilber in Berührung. Nach Karsten
erfolgt die Bildung des
Chlorsilbers mit Hilfe des Kupferchlorides, sodann die lösende Wirkung des
Chlornatriums auf Chlorsilber und in Folge dessen die leichtere Zersetzung des
letzteren durch Quecksilber. Karsten hält die Zerlegung
der Schwefelsilberverbindungen durch das Kupferchlorid für eine sehr unvollständige.
– Boussingault (1833 48 192)
schreibt die Hauptwirkung dem Kupferchlorür zu und bezeichnet als Ursache für die
Bildung desselben die Wirkung des Quecksilbers und die des Schwefelsilbers auf
Kupferchlorid. Die erste Angabe ist richtig, in so fern beim Einführen des
Quecksilbers Kupferchlorid noch vorhanden ist; die zweite ist unrichtig, da der
Proceſs einfach nach der Gleichung Ag2S + CuCl2 = 2AgCl + CuS
erfolgt. Karsten hat aber schon bemerkt, daſs das
Silber, welches der Proceſs schlieſslich als Amalgam liefert, vorher nicht gänzlich
Chlorsilber gewesen sein könne, daſs anscheinend ein Theil des Schwefelsilbers durch
das Quecksilber zerlegt werde und daſs es daher gerathen sei, Eisen zuzusetzen und
das Quecksilber später zuzufügen. Rammelsberg's
Versuche beweisen die Richtigkeit dieser Ansicht, ja daſs der Washoeproceſs nur
Eisen und Quecksilber als wirksame Reagentien hat. Die Ansicht von Boussingault, daſs die Wirkung des Kupferchlorürs in
erster Linie stehe, ist schon deshalb nicht statthaft, weil eine Lösung von
Kupferchlorür in Chlornatrium bei Berührung mit Luft äuſserst rasch basisches
Kupferchlorid absetzt, so daſs seine Existenz nur eine sehr beschränkte sein
kann.
Rammelsberg zeigt, daſs Schwefelsilber und die
Verbindungen desselben mit Schwefelarsen und Schwefelantimon von beiden Chloriden
des Kupfers vollkommen zersetzt werden und zwar derart, daſs bei Gegenwart von
Quecksilber der volle Silbergehalt schlieſslich im Amalgam sich finden muſs. Die
Bedingungen aber, unter welchen diese Reactionen bei Versuchen im Kleinen erfolgen,
sind andere als die, unter welchen der Proceſs im Groſsen verläuft. Bei jenen wurde
die Einwirkung durch Wärme, selbst Siedehitze, befördert. Dafür ist die äuſserst
feine mechanische Vertheilung der Erze im Groſsen kein genügendes Aequivalent; vor
allem aber ist die Anwesenheit fremder Erze und des Gesteins, d.h. Quarz, Kalk oder
Thon, ein Hinderniſs für die vollständige Zersetzung bei der Arbeit im Groſsen. Auch
jetzt; wo analytische Versuche das Verhalten jedes einzelnen der in Frage kommenden
Körper dargelegt haben, bleibt Karsten's Theorie die
einzige wissenschaftlich annehmbare. Jene Versuche widerlegen manche irrige Annahme,
welche seit Karsten aufgetaucht ist; es sei in dieser
Beziehung nur eines Aufsatzes von Vicente Fernandez
gedacht: La teoria del beneficio de patio por
amalgamacion in El Repertorie, Guanajuato
1876, sowie der Abhandlungen von Bowring und von Grützner.
Der Krönckeproceſs, welcher im nördlichen Chile in neuerer Zeit eingeführt ist (vgl.
1877 226 401), besteht in einer Fässeramalgamation, bei welcher
Kupferehlorür, Zink und Quecksilber die wirksamen Bestandtheile sind. Hier ist die
Luft fast ausgeschlossen und die Amalgambildung erfolgt binnen wenigen Stunden.
Obige Versuche lassen es als zweifellos erscheinen, daſs dadurch eine vollständige
Zersetzung der geschwefelten Erze erzielt wird. Die Erfolge des Processes werden in
der That als sehr günstig geschildert. Auſserordentlich verbreitet ist in Nevada,
Californien u.s.w. jene Art der amerikanischen Amalgamation, welche man den
Washoeproceſs nennt und wodurch sehr groſse Mengen Silber erzeugt werden. In seiner
einfachsten Form eine Kessel- oder Pfannenamalgamation, läſst er den feinen Erzbrei,
unterstützt durch Wärme, zwischen eisernen Platten mit Quecksilber anhaltend
zusammenreiben. Wenn die Behauptung wahr ist, daſs ein Zusatz von Kochsalz oder von
diesem und von Kupfervitriol, wie dies auf einzelnen Werken der Fall ist, kein
höheres Silberausbringen zur Folge hat, so muſs die Zersetzung des Schwefelsilbers
durch Eisen und Quecksilber als die wesentliche Grundlage des Processes angesehen
werden.
Die Anwendung des Magistrate bei der
amerikanischen Haufenamalgamation bespricht Raimondi.Aus den Annales de construcciones civiles i de minas
del Peru durch die Berg- und
Hüttenmännische Zeitung, 1881 S. 302. Im Allgemeinen
wird der Magistrat durch Calciniren der Kupferkiese bei Luftzutritt hergestellt. Ein
solches pulveriges bleigraues Erz enthielt:
WasserSchwefelsaures Kupfer
10,0013,62
Löslichin Wasser
EisenoxydBasisches KupfersulfatSulfide von Eisen,
Kupfer, BleiQuarz
4,20 7,2744,9319,00
Unlöslichin Wasser
––––––
99,02
Der durch Rösten hergestellte Magistrat bildet ein röthliches, wie Eisenoxyd
aussehendes, sehr hygroskopisches Pulver:
WasserSchwefelsaures KupferSchwefelsaures
EisenChlornatriumSchwefelsaures Natrium
14,8412,91 0,50 4,07 4,68
Löslichin Wasser
Schwefelsaures BleiBasisches
KupfersulfatEisenoxydUnlösliches
10,00 0,6523,2028,82
Unlöslichin Wasser
–––––––
99,67.
Da aber das Chlornatrium erst während der Fabrikation des Magistrals dem Kupfererze
zugesetzt wird, so muſs das Kupfer theilweise in Kupferchlorid übergeführt werden,
so daſs sich für den in Wasser löslichen Theil folgende Zusammensetzung ergeben
würde:
Wasser
14,84
Kupferchlorid
4,67
Schwefelsaures Kupfer
7,40
Schwefelsaures Eisen
0,50
Schwefelsaures Natrium
9,59
–––––––
37,00 Proc.
Das rohe Erz enthält daher fast doppelt so viel löslichen Kupfervitriol als der
fertige Magistrat. Dieses Ergebniſs ist nach Raimondi
die natürliche Folge des Kochsalzzusatzes bei der Herstellung des Magistrate, ein
Zusatz, welcher, nur um alten Traditionen zu genügen, unüberlegter Weise zugegeben
wird. Der Kupfervitriol ist der Werthbestandtheil des Magistrate, obwohl er erst als
Kupferchlorid bei der Silbergewinnung wirkt, indem bei der Mischung des Magistrate
mit den Kochsalz haltigen Silbererzen eine Doppelzersetzung zwischen Kupfersulfat
und Chlornatrium erfolgt, welche zur Bildung von CuCl2 und Na2SO4 führt. Verständigere Hüttenleute verwenden denn auch öfters den
Kupfervitriol des Handels. Wo Eisen- und Kupferkies fehlen, dagegen reichliche
Mengen von Eisenvitriol vorkommen, könnte man die Wirkung dieses Salzes auf die Oxyd
verbin düngen des Kupfers zur Darstellung des als Magistrat dienenden Kupfervitriols
verwenden. Metallisches Eisen fällt bekanntlich das Kupfer aus den Lösungen seiner
Salze. Das Umgekehrte geschieht bei der Berührung unlöslicher oxydischer Kupfer
Verbindungen mit Eisensalzlösungen. Versetzt man z.B. eine Eisenvitriollösung mit
Kupferoxyd, so bemerkt man bald das Eintreten einer blaugrünen Färbung der Lösung
unter Abscheidung eines röthlichen Niederschlages, nach der Formel: Fe2(SO4)3 + 3CuO = 3CuSO4 + Fe2O3 oder Fe2
O3, SO3
+3CuO = 3CuO, SO3 + Fe2O3. Ebenso verhält sich Kupfercarbonat.
Eisenchlorid und Kupferoxyd geben als Magistrat verwendbares Kupferchlorid: Fe2Cl6 + 3CuO =
3CuCl2 + Fe2O3 oder Fe2Cl3 + 3CuO = 3CuCl + Fe2O3.
Atacamit gibt mit Eisensulfat Kupferchlorid und schwefelsaures Kupfer, mit
Eisenchlorid lediglich Kupferchlorid. Weniger gut eignet sich zu diesen Umsetzungen
Eisenvitriol und schwefelsaure Thonerde.
Eine wichtige Anwendung dieser Reaction könnte zur Gewinnung
von Kupfer auf nassem Wege gemacht werden. Es gibt an der peruanischen
Küste groſse Lager von Kupfererzen mit 10 bis 20 Proc. Kupfergehalt als: Cuprit,
Malachit, Azurit, Atacamit, Brochantit und andere in verdünnten Säuren leicht
lösliche Kupfererze. Diese könnten mit dem meist in der Nähe vorkommenden
Eisenvitriol oder Alunit in Lösung gebracht, dann durch metallisches Eisen
ausgefällt werden. Bezüglich der Wirkung des Magistrate bei der Haufen am algamation
führt Raimondi folgende Reactionen an: Beim Mischen des
Kochsalz haltigen Erzes mit dem Magistrat bildet sich Kupferchlorid: CuSO4 + 2NaCl = CuCl2 +
Na2SO4 oder CuO, SO3 + NaCl = CuCl + NaO, SO3. Schüttelt man diese Kupferchlorid
haltige Lösung mit metallischem pulverigem Silber, so bildet sich Chlorsilber 2CuCl2 + 2Ag = Cu2Cl2 + 2AgCl; die gleichzeitige Gegenwart von
Chlornatrium ist hierzu nicht erforderlich. Quecksilber gibt mit obiger Lösung
Calomel: 2CuCl2 + 2Hg = Cu2Cl2 + Hg2Cl2, Schwefelsilber auſser Chlorsilber je
nach den Mengenverhältnissen Kupferchlorür oder Schwefelkupfer: Ag2S + 2CuCl2 = Cu2Cl2 + 2AgCl + S und
Ag2S + CuCl2 =
CuS + 2AgCl. Wendet man statt des Kupferchlorides Eisenchlorid an, so erhält man
unter gleichen Bedingungen alle eben angeführten Reactionen, nur daſs sie langsamer
und minder energisch sind; am schwächsten ist die Wechselwirkung zwischen
Schwefelsilber und Eisenchlorid. Daraus folgert Raimondi, daſs Kupfer- oder Eisenchloridlösungen sowohl für sich, als auch
in Gegenwart von Chlornatrium im Stande sind, bei gewöhnlicher Temperatur
Quecksilber, Silber, Schwefelsilber zu chloriren; die Wirkung ist am energischsten
beim Quecksilber, am schwächsten beim Schwefelsilber. Auſserdem entstehen bei der
Reaction auf Quecksilber und Silber Kupfer- oder Eisenchlorür, zwei mit reducirenden
Eigenschaften begabte Körper.
Bei der Bildung des Silberamalgams ist zu berücksichtigen, daſs fein vertheiltes
Silber sofort von Quecksilber gelöst wird. Quecksilber bildet mit Chlorsilber
allmählich Calomel und Silberamalgam; doch ist diese Umsetzung unbedeutend. Rascher
ist die Einwirkung des Quecksilbers auf Schwefelsilber, unter Bildung von
Schwefelquecksilber und Silberamalgam. Eine Lösung von Kupferchlorür in Kochsalz
allein ist nicht im Stande, Chlorsilber zu reduciren. Mit gepulvertem Schwefelsilber
gibt diese Kupferchlorürlösung Silber, Schwefelkupfer und Kupferchlorid: Cu2Cl2 + Ag2S = CuCl2 + CuS +
2Ag oder Cu2Cl + AgS =
CuCl + CuS + Ag. Somit
kann Kupferchlorür Schwefelsilber unmittelbar reduciren; es entsteht mit dem
Quecksilber sofort Amalgam, ohne daſs das Silber erst in Chlorsiber übergeführt zu
werden braucht. Eisenchlorür reducirt Schwefelsilber nicht. Damit nun das durch
Wirkung des Magistrals auf das Quecksilber entstandene Kupferchlorür das Chlorsilber
reduciren könne, bedarf es des Quecksilbers; unter der galvanischen Einwirkung des
Kupferchlorürs auf Quecksilber wird das Chlorsilber reducirt und das frei werdende
Silber gibt mit dem Quecksilber Amalgam. Diese Wirkung kommt auch bei der Reduction
des Schwefelsilbers in Betracht, da das Kupferchlorür in dem Maſse, als es wirkt, zu
Kupferchlorid wird und dadurch seine Reductionsfähigkeit einbüſst, durch das
Quecksilber dann aber wieder zu Chlorür reducirt wird. Daher muſs bei dieser
Silbergewinung die Chlorirung fast gleichzeitig mit der Amaigamation vorgenommen
werden.
Die Vorgänge bei der kalten Amalgamation sind daher ziemlich verwickelter Natur,
zumal die Reactionen je nach der Natur des Erzes veränderlich sind. Die Erfahrung
zeigt, daſs nach dieser Methode nur die Erze gute Erfolge liefern, welche das Silber
metallisch als Chlorid, als Sulfid, als Bestandtheil einiger Oxyde, als Carbonat und
als Antimoniat enthalten, während das Ergebniſs bei Antimon- und Arsensulfiden wenig
befriedigend, bei Bleiglanz und mehrfach geschwefelten Erzen (z.B. Fahlerz,
Bournonit u. dgl.) völlig negativ ist. Die auszubeutenden Metallmassen können
demnach behufs vortheilhafter Verarbeitung durch die amerikanische Amalgamation das
Silber als Metall, als Chlorid, als Sulfid, als Antimonmetall enthalten.
Bei der amerikanischen Amalgamation wird demnach zunächst Kochsalz mit der Erzmasse
innig vermischt und dann der Magistral zugesetzt. In Berührung mit der
Chlornatriumlösung, womit die Erze getränkt sind, verwandelt sich der Magistral in
Kupferchlorid, welches mit dem Natriumsulfat und dem Kochsalzüberschuſs vermischt
bleibt; das so gebildete Kupferchlorid wirkt chlorirend auf das Silber und zugleich
noch energischer auf das Quecksilber; natürliches Chlorsilber, welches den
Lichtwirkungen ausgesetzt war, wird durch das Kupferchlorid in der Kochsalzlösung
leichter löslich gemacht. Um die Wirkung des Magistrate vorzugsweise den
Silberverbindungen zuzuwenden, wird das Quecksilber erst 2 oder 3 Tage nach dem
Magistral zugesetzt; in dieser Zwischenzeit bildet das Silber theilweise
Chlorsilber, welches sich in der Chlornatriumlösung theilweise löst.
Bei der Chlorirung des Silbers entsteht Kupferchlorür, welches aber an der Luft
leicht in unwirksames Oxychlorid übergeht. Beim Zusätze des Quecksilbers bildet das
noch nicht chlorirte metallische Silber unmittelbar Amalgam; das noch in der
Erzmasse vorhandene Kupferchlorid bildet Calomel und Kupferchlorür; letzteres
reducirt das wenig angegriffene Schwefelsilber und dann gemeinsam mit dem
Quecksilber mittels galvanischer Einwirkung das Chlorsilber, dessen nascirendes
Silber mit dem Quecksilber sofort Amalgam bildet.