Titel: | Fangvorrichtungen für Fördertonnen. |
Autor: | S–l. |
Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 209 |
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Fangvorrichtungen für Fördertonnen.
Mit Abbildungen auf Tafel 18.
Tittel und Neubert's Fangvorrichtungen für
Fördertonnen.
Bei allen für Fördergefäſse bestimmten Fangzeugen ist bisher nur Rücksicht darauf
genommen worden, daſs dieselben an Gerüsten oder Förderschalen passend anzubringen
seien, während ihre Einrichtung für die bei vielem Erzbergbau üblichen Treibtonnen,
welche nach dem Herauskommen aus der Grube behufs ihrer Entleerung gestürzt werden,
nicht ins Auge gefaſst worden war. Allerdings bietet das Stürzen des Fördergefäſses
für die Anbringung der Fangzeuge Schwierigkeiten, weil bei dem zum Stürzen nöthigen
Nachlassen des Treibseiles das Fangzeug zu wirken sich bestrebt, daher die Tonne
festhalten würde, weil ferner das Stürzen eine doppelte Leitung erfordert, welche
der freien Bewegung des Fangzeuges beim Aufsetzen und Kippen der Tonne im Wege ist.
Erst in neuerer Zeit nun hat man, um den beim Reiſsen der Förderseile entstehenden
Schäden thunlichst vorzubeugen, sich in Freiberg i. S. bemüht, Fangvorrichtungen für
Fördertonnen zu Ersinnen, und sind die bezüglichen beiden Constructionen im
Nachstehenden beschrieben.
Die Fangvorrichtung von A. Th. Tittel in Freiberg (* D.
R. P. Kl. 5 Nr. 11575 vom 21. Mai 1880), welche als Universal-Fangvorrichtung
bezeichnet und für jeden wie immer beschaffenen, flachen oder saigeren Schacht,
sowohl für Gestelle, als für Tonnen anwendbar sein soll, ist in Einern besonderen
Gerüst, dem Fangwagen, angebracht, der mit Ketten Unter dem Fördergefäſs angehängt
ist. Die Wirkung der Vorrichtung, deren Einrichtung Fig. 18 bis
20 Taf. 18 für flache Schächte veranschaulicht, soll folgende sein: Beim
Bruche des Seiles o. dgl. soll, da Angeblich von zwei an dem Seile unter einander
aufgehängten Körpern beim plötzlichen Aufhören der Seilspannung der obere Körper
etwas früher als der untere zu fallen beginnt (welche Zeitdifferenz ein unter dem
Fangwagen a angebrachter Fallschirm u noch zu vergöſsern bestimmt ist), die Seil- oder
Kettenverbindung zwischen beiden plötzlich schlaff werden; in Folge dessen soll die gespannte
Spiralfeder o in der Weise wirken, daſs sie die in der
Mitte des Fangwagens befindliche Spindel f niederzieht,
hierdurch aber veranlaſst, daſs die zurückstehenden, mit gezahnten Klauen q versehenen Fanghebel i
seitwärts ausgreifen, da sie, um festliegende Achsen drehbar, mit ihren inneren
elliptisch gelochten Enden l gemeinschaftlich den mit
der Spindel f fest verbundenen Bolzen m umfassen. Es würde hierdurch erreicht werden, daſs
die gezahnten Klauen in die zur seitlichen Leitung der Tonnen dienenden Streichbäume
r, unter welchen die Tonnen mit den Spurnägeln e fortgleiten, sich einbeiſsen und entweder sofort den
Fangwagen zum Festsitzen bringen, oder mindestens in so weit hemmen, daſs die
Fanghebel p sich ohne allzu bedeutenden Stoſs auf die
nächst tiefer gelegenen Einstriche s mit den an ihren
äuſseren Enden unten angebrachten Eisenschuhen aufsetzen. Die wie der Fangwagen mit
den Rädern d auf Eisenbahnschienen laufende Tonne c, welche mit dem Wagen durch Ketten b in Verbindung gebracht ist, soll sich dann auf den
bereits festsitzenden Fangwagen aufstellen und durch diesen im Schachte gehalten
werden, wozu der obere Theil des Wagens besonders stark gebaut sein muſs. Der Wagen
nebst Zubehör wiegt 240k, die Federspannung soll
200k betragen.
Das zweite für die Patentertheilung bereits angemeldete Fangzeug für Tonnen ist von
F. Neubert in Freiberg angegeben und in Fig.
21 bis 25 Taf. 18
dargestellt; dasselbe wird innerhalb eines Blechgehäuses am Boden der Tonne
angeschraubt. Der wirksame Theil besteht aus einem Winkelhebel, dessen abwärts
stehender Arm a am unteren Ende gezahnt ist, während
auf den horizontalen Arm b, welcher noch eine doppelte
rechtwinklige Biegung zeigt, die Feder c drückt und
denselben nieder, damit aber gleichzeitig den Arm a
nach auſsen zu schieben sucht. Zwei Ketten g vereinigen
sich wie die Quenzelketten m der Tonne im Schloſsgliede
n und sind, so lange die Tonne am Seile hängt,
angespannt, wobei sie mittels je einer eisernen, an der inneren Seite der Tonnenwand
herabgehenden, durch eine halbrunde Blechrinne f
geschützten Zugstange e, deren unterer Theil wegen der
Kreisbogenbewegung des Hebelarmes b ein Gelenk besitzt,
diesen Arm b nach oben ziehen. Bricht das Seil, so
wirkt die Feder c auf den Arm b, in Folge dessen a durch den im
Blechgehäuse angebrachten Schlitz heraus in die innere Seite des Streichbaumes h schlägt und die Tonne festhält. Da die Tonnenleitung,
besonders in saigeren Schächten, aus zwei einander parallelen Streichbäumen besteht,
so ist der Fangarm a gabelförmig hergestellt, um in
beide Streichbäume gleichzeitig einzugreifen; auſserdem sind noch zwei Arme a1 auſsen angesetzt,
welche, wenn die Stellung der Tonne im Schachte eine entsprechende ist, noch in die
Einstriche i einschlagen.
Sitzt die Tonne unten im Schachte behufs Füllung auf, so kommt auch der untere Theil
des Armes b auf das Uebersteckholz zu liegen und
dadurch wird das Ausschlagen des Armes a verhindert;
beim Stürzen über der Hängebank dagegen ruht die Tonne auf den Sturzhaken x und ist in jedem Streichbaum an entsprechender Stelle
ein Ausschnitt y vorhanden, durch welchen der Fangarm
hindurchgehen kann. Nach vollendetem Stürzen und wieder erfolgtem Anholen der Tonne
wird der Ausschnitt y durch den Blechbacken z geschlossen, der mit dem Sturzhaken gleichzeitig
mittels eines einarmigen Hebels bewegt wird.
Gemeinsam ist bei den vorstehend besprochenen Fangzeugen die
Einrichtung, daſs sie mittels gezahnter Klauen einseitig, nämlich von innen, in den
Streichbaum schlagen, dieser also etwas stärker als unter gewöhnlichen Verhältnissen
hergestellt werden muſs; beide gehen ferner von dem Bestreben aus, die Tonne bei
eintretendem Seilbruche plötzlich im Schachte
festzuhalten, und soll bei dem Tittel'schen Apparate,
nur wenn dieses nicht gelingt, gewissermaſsen ein Bremsen stattfinden und das
wirkliche Festsitzen auf den Schachteinstrichen erfolgen. – Wenn die Fördertonnen
ihrer ganzen Bauart nach im Wesentlichen zwar auch nur für Productenförderung
bestimmt erscheinen, so ist doch ein Fahren von Menschen auf solchen immerhin nicht
gänzlich ausgeschlossen und ist es deshalb, besonders da schon bezügliche Vorgänge
vorhanden sind, bedauerlich, daſs an dem alten Princip des plötzlichen Aufhaltens
festgehalten worden ist, anstatt daſs ein allmähliches Verzehren der im fallenden
Fördergefäſs vorhandenen mechanischen Arbeit erstrebt wird. Ganz abgesehen davon,
daſs der plötzlich zu bewirkende Stillstand eine viel massigere Construction aller
einzelnen Theile beansprucht, ist doch wesentlich der Punkt im Auge zu behalten,
daſs die auf dem Fördergerüst befindlichen Menschen nicht einen Stoſs in Folge des
Seilbruches erleiden, welcher ihr Leben oder ihre Gesundheit zu schädigen vermag.
Wie bei den meisten Fangvorrichtungen, so scheint auch bei den hier in Rede
stehenden hauptsächlich darauf Rücksicht genommen zu sein, daſs das aufgehende
Fördergefäſs vom Seile abreifst, während – nach Erachten des Referenten – vorerst
der ungünstigste Fall zu beachten ist, daſs der Seilbruch bei abwärts gehendem
Gefäſse erfolgt und daher das in diesem bei gröſster Fördergeschwindigkeit
vorhandene Moment der Berechnung zu Grunde gelegt werden muſs.
Vergleicht man im Uebrigen beide Fangvorrichtungen, so muſs das
Urtheil wohl unbedingt zu Gunsten der Neubert'schen
ausfallen, einmal, weil bei dieser die Vorrichtung, an der Tonne selbst befestigt,
diese direct zum Anhalten bringt, das andere Mal, weil sie auf dem allein richtigen
Princip der Wirkung einer gespannten Feder beruht, endlich, weil sie sehr einfach
ist und eine höchst unwesentliche Mehrbelastung des Seiles bewirkt. Dem gegenüber
wird bei dem Tittel'schen Apparate erst der Fangwagen
aufgehalten und auf ihn setzt sich die noch (etwa 1m hoch) frei fallende Tonne auf, was bei nicht sehr flachen Schächten die
Möglichkeit bietet, daſs entweder der Fangwagen wieder losgeschlagen wird, oder, wie
dies häufig beim Abreiſsen der Tonne sich ereignet, diese aus der Leitung springt,
im Schachte umstürzt und sich entleert. Sodann will Tittel hauptsächlich den Fallschirm als wirkend benutzen, was kaum
zulässig erscheint (vgl. Selbach: Kritik der
Fangvorrichtungen, 1881 241 268) und wobei noch
die Frage entsteht, ob nicht der etwa 2m über dem
Schirm liegende Tonnenboden für die Tonne eine ähnliche Wirkung haben würde wie
jener für den Fangwagen. Von der Erörterung der Frage, ob beim Bruche des Seiles
wirklich die Tonne früher fallen muſs als der Fangwagen, sei hier abgesehen. Das
Trägheitsmoment für beide kann kaum verschieden sein; höchstens würde die Wirkung
der Federkraft zur Geltung kommen. Ferner besitzt die Tittel'sche Vorrichtung mehr bewegliche Theile, ist also weniger einfach, und
endlich dürften die 240k Mehrbelastung des Seiles,
welche bei der gewöhnlichen Groſse der Treibtonnen 15 bis 20 Procent des Gewichtes
derselben einschlieſslich Förderlast darstellen, kaum unbeachtet zu lassen sein.
Nach unserer Ansicht ist die Tittel'sche Fangvorrichtung zwar für stark geneigte Schächte mit Erfolg
anwendbar, für saigere dagegen nicht, ist also keine Universal-Fangvorrichtung,
während der Neubert'sche Apparat, weil beim Eingreifen
die Fangarme direct auf die Tonne wirken, für jede Neigung des Schachtes anwendbar
erscheint.
S–l.