Titel: | Maschinen für Kerzengiesserei; von Paul Morane in Paris. |
Autor: | Dte. |
Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 235 |
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Maschinen für Kerzengieſserei; von Paul Morane in
Paris.
Mit Abbildungen auf Tafel 19.
Morane's Maschinen für Kerzengieſserei.
Beim Beginn der Stearinfabrikation bestand der Gieſsapparat aus einer Anzahl Formen,
an deren unterem Ende der Docht durch einen kleinen Holzpflock oder einen Stift
festgehalten und dadurch centrirt wurde, daſs man in jede Form oben einen Ring aus
Weiſsblech legte, durch welchen man den Docht hindurchführte und dann befestigte.
Die Arbeit mit einem solchen Apparat war umständlich und zeitraubend; doch hat man
bis zum J. 1848 fast nirgend eine andere Gieſsvorrichtung gekannt. Zu dieser Zeit
führte sich in die französischen Stearinfabriken ein bedeutend verbesserter Apparat
ein, welcher von Cahouet herrührt. Um sowohl das
Gieſsen, wie auch das Herausbringen der Kerzen schneller bewerkstelligen zu können, vereinigte der
Genannte mehrere Formen zu einem Gieſsapparat und beseitigte den Stift, welcher den
Docht am unteren Ende der Form hielt. Sein Apparat bestand aus einem Kasten, welcher
den Gieſskopf aufzunehmen hatte. Der Boden des Kastens hatte runde Löcher, in welche
die Formen eingeschraubt wurden, deren Zahl zwischen 16 und 30 wechselte. Am unteren
Ende einer jeden Form befand sich ein kleiner Messinghahn, durch welchen der Draht
hindurchging. Durch Umdrehung je um 90° konnte man den Docht befestigen und
abschneiden und zwar ebenso genau und sicher als früher mit dem Stift, wo dann der
Docht hinterher mit der Schere abgeschnitten wurde. In den französischen
Stearinfabriken ist dieser Apparat bis zum J. 1856 in Gebrauch geblieben.Diese Einrichtung (in Deutschland gewöhnlich als „Gieſspark“
bezeichnet) ist beschrieben und abgebildet in Bolley: Das Beleuchtungswesen. Braunschweig 1862 S.
123.
Schon 10 bis 15 Jahre früher hatte man sich von verschiedenen Seiten bemüht, eine
Maschine zu construiren, bei welcher das Einziehen der Dochte nicht mit der Hand
bewirkt zu werden braucht und die Dochte auch nicht aus einzelnen Enden bestehen,
sondern sich ununterbrochen nachziehen, bei welcher ferner keine Hähne zum
Festhalten der Dochte erforderlich sind, auch die Formen vor dem Gieſsen erwärmt und
nachher abgekühlt werden können, ohne sie vom Platze zu bewegen, eine Maschine
endlich, bei welcher sofort ein neuer Guſs vorgenommen werden kann, nachdem die fest
gewordenen Kerzen herausgebracht sind. Der Erste, welcher sich bemüht hat, diese
Aufgabe zu lösen, war Newton (vgl. 1861 159 * 260). Ihm
folgte sehr bald ein Fabrikant von Gieſsformen, Morgan.
Von 1846 bis 1853 beschäftigten sich dann mit demselben Gegenstand Fournier, Cahouet, Kendal, Binet und Cahouet u.a. An
den construirten Maschinen zeigen sich von vorn herein zwei verschiedene
Grundgedanken, dieselben, welche sich noch heute bei den verschiedenen im Gebrauch
befindlichen Gieſsmaschinen bemerklich machen; das eine Princip besteht darin, daſs
man die Kerzen von oben her herauszieht, das andere, daſs man sie von unten herauf
herausdrückt. Das zweite System hat zuerst Verwendung gefunden. Seit d. J. 1850 sind
Maschinen nach diesem System zur Anwendung gelangt und zwar zum Gieſsen von
Talglichten und sogen. Compositkerzen, welche bekanntlich aus einem Gemisch von
destillirtem Palmöl und Cocosöl bestehen und besonders von der Firma Price eine Zeit lang in groſsem Maſsstabe angefertigt
wurden. Wenige Jahre später ging man auch in Frankreich an die Construction von
Gieſsmaschinen, benutzte jedoch nicht das von den Engländern zur Anwendung gebrachte
System des Herausschiebens der Kerzen, sondern das oben erwähnte erste System des
Herausziehens. Daſs man dieses Verfahren wählte, hatte seinen Grund in der
Beschaffenheit der in Frankreich dargestellten Kerzen. Die Maschinen zum Herausschieben, welche man
damals baute, waren ziemlich umständlich; man konnte aber in England nur Maschinen
nach diesem System anwenden, weil bei den daselbst erzeugten Kerzen in Folge ihrer
weichen Beschaffenheit ein Herausziehen nicht möglich gewesen wäre. Bei den harten
Kerzen in Frankreich war es anders; dieselben lieſsen sich sehr leicht durch ein
einfaches Ziehen aus der Form herausbringen. Man wendete sich also in Frankreich dem
System des Herausziehens zu, hatte jedoch anfänglich viel Schwierigkeiten zu
überwinden und zwar hinsichtlich der Einrichtung, welche dazu dient, den Docht
festzuhalten, ihn genau zu centriren und einen Angriffspunkt zu bieten für die
Vorrichtung, welche die Kerzen herauszuschaffen hat. Alle Anstrengungen, welche
gemacht sind, dieser Vorrichtung eine zweckmäſsige Gestalt zu geben, blieben bis zum
J. 1856 erfolglos und erst nach vielen Versuchen kam Paul
Morane der Aeltere dahin, alle Schwierigkeiten zu überwinden., welche sich
dem Gebrauch der Maschinen entgegenstellten. Sobald aber diese Schwierigkeiten
überwunden waren, dauerte es nicht lange, bis die französischen Stearinfabriken
diese Maschinen annahmen, und bald verbreiteten sich dieselben auch nach Belgien,
England und Holland. Von diesen Maschinen, welche in ihrer Construction bis heute
ziemlich unverändert geblieben sind, hat Morane bis
jetzt gegen 3500 Stück gebaut.Die Maschine ist ausführlich beschrieben und abgebildet in Bolley a. a. O. S. 127.
Als man in Frankreich anfing, ebenfalls zur Destillation der Fettsäuren überzugehen,
und dadurch eine Kerzenmasse von niedrigerem Schmelzpunkt erhielt, war man
genöthigt, von den oben erwähnten Gieſsmaschinen abzugehen, indem es zuweilen
geschah, daſs nur die Dochte herausgezogen wurden, während die Kerzen in der Form
sitzen blieben. Die sogen, amerikanischen Gieſsmaschinen, bei welchen die Kerzen
herausgeschoben werden, wie sie Stainthorp, Riedig und
Wünschmann u.a. construirten, können einen solchen Uebelstand nicht zeigen.
Seit d. J. 1860, d.h. seit der Zeit, wo die Destillation der Fettsäuren in
Frankreich allgemeiner eingeführt zu werden begann, hat auch Paul Morane angefangen, sich mit der Construction von Maschinen zum
Herausschieben der gegossenen Kerzen zu beschäftigen. Im J. 1871 gelang es ihm
endlich, eine zweckmäſsige Maschine dieser Art fertig zu stellen. Sie ist viel
kleiner als die Maschine zum Herausziehen der Kerzen und enthält nicht mehr als 30
bis 60 Formen. Auf einem leichten Gestell f (Fig.
14 und 15 Taf. 19)
aus Guſseisen befindet sich der Formträger und der Kasten d für die Formen. Letztere, mit dem einen Ende im Formträger und mit dem
anderen im Kasten befestigt, sind cylindrisch und so aufgestellt, daſs die Rohre h, welche das Herausschieben der Kerzen bewirken,
bequem durch sie hindurchgehen können. Diese Rohre h, welche also
unter jeder einzelnen Form stehen, sind mit ihrem Fuſsende in einer wagrechten
Platte befestigt, die beweglich ist und mit Hilfe einer Schraube, zweier Kegelräder
und einer Handhabe g auf und nieder bewegt werden kann.
An das obere Ende des Rohres h ist eine Kappe
angelöthet, welche die Form für die Spitze der Kerze bildet. Die Dochtspulen e befinden sich zu beiden Seiten der Maschine und sind
in Folge dessen leicht zu überwachen. Der Docht geht durch das Rohr h und wird beim Herausschieben der Kerze nachgezogen.
Fig. 16 zeigt den Obertheil der Maschine mit Formen m, aus der Form herausgeschafften Kerzen n und anhängenden Dochten o; eine Vorrichtung i ermöglicht es, die
Seitenwände des Einguſskastens umzulegen. Hierdurch wird erreicht, daſs der
Gieſskopf leicht zu beseitigen ist, sowie auch, daſs gar kein Docht verloren geht,
indem die herausgeschobenen Kerzen mit ihrer Spitze fast unmittelbar auf das
Fuſsende der in die Form eingegossenen nächsten Kerze zu stehen kommen. Es ist dies
ein Vorzug vor den gewöhnlichen amerikanischen Gieſsmaschinen, bei welchen für jede
Kerze 3cm Docht verloren gehen.
Die Arbeit mit der Maschine geht schnell von statten, so daſs eine Arbeiterin 4
Maschinen zugleich bedienen und in jeder dieser Maschinen 3 Güsse in der Stunde
ausführen kann. Einen Nachtheil soll die Maschine haben, daſs man nicht auch
Fettsäuren von hohem Schmelzpunkt darin gieſsen kann. Die letztgenannten Fettsäuren
geben stets einen Gieſskopf von mehreren Centimeter Dicke, welcher so hart wird,
daſs er sich nur schwer mit dem Messer entfernen läſst. Dieser Umstand hat Morane veranlaſst, noch eine andere Gieſsmaschine, bei
welcher die fertigen Kerzen auch herausgeschoben werden, zu construiren, welche er
als „la parisienne“ bezeichnet.
Diese Maschine (Fig. 17 bis
20 Tafel 19) ist im Wesentlichen ebenso construirt wie die vorhergehende.
Kasten p und Formträger ruhen auf einem Gestell aus
Guſseisen; die Dochtspulen e befinden sich zu beiden
Seiten der Maschine; unter jeder Form befindet sich ein Rohr, welches die fertige
Kerze q herauszuschieben hat. Der ganze Apparat zum
Herausschaffen der Kerzen wird durch Schraube, Zahnräder und Handhabe in Bewegung
gesetzt. Die wenigen Unterschiede, welche diese Maschine gegen die vorige aufweist,
bestehen in einer eigenthümlichen Construction des Halters v für die fertigen Kerzen und in der Gestalt der Form, welche die Spitze
der Kerzen bildet. Den betreffenden Theil der früheren Maschine ersetzte Morane durch ein kleines Messingstück, welches nur die
äuſserste Spitze der Kerze hält und einen Angriffspunkt bildet, der bei der Härte
des Materials genügt, auch die noch nicht vollkommen fest gewordene Kerze
herauszuschieben. Statt der Klammern, welche bei der zuvor beschriebenen Maschine
die Kerzen halten, werden bei der neuen bewegliche Hülsen angewendet, welche sich,
bevor die Kerze in die Höhe gewunden ist seitlich ausbiegen lassen; sind die Kerzen hoch gebracht,
so sitzen sie in diesen Hülsen sicher und fest, bis sie abgeschnitten werden.
Bei dieser Maschine soll man das Herauswinden der Kerzen schon vornehmen können, wenn
sie nur äuſserlich fest, innerlich aber wie auch am Gieſskopf noch weich sind; 10
bis 15 Minuten sollen genügen, um der Masse eine solche Härte zu geben, daſs sie,
ohne zerdrückt zu werden, herausgeschafft werden kann. Wenn die Kerze dann noch 10
bis 15 Minuten auſserhalb der Form abkühlt, so ist sie vollkommen fest. Fig.
19 und 20 zeigen
im gröſseren Maſsstabe den MechanismusFig.
19 zeigt die Theile liegend statt stehend, wie sie in der Maschine
sich befinden. für das Herausbringen und Festhalten der Kerzen
q aus den Formen y.
Zum Herausschieben der Kerzen dienen die Stäbe u, zum
Festhalten die Hülsen v; letztere sind in Fig.
20 im Durchschnitt gezeichnet.
Dte.