Titel: | Ueber die Erhaltung der öffentlichen Bronzedenkmäler; von J. W. Brühl. |
Autor: | J. W. Brühl |
Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 252 |
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Ueber die Erhaltung der öffentlichen
Bronzedenkmäler; von J. W.
Brühl.
Brühl, über die Erhaltung der öffentlichen
Bronzedenkmäler.
Es ist eine bekannte Thatsache, daſs die meisten in neuerer Zeit aufgestellten
Erzbildwerke mit einer unschönen dunklen Hülle überzogen sind. Noch rascher als bei
uns zu Lande geht diese Schwärzung in dem industriellen England vor sich und auch
Frankreich macht hierin keine Ausnahme. Die Vendôme-Säule, die Statue Ludwig XIV. auf der Place des
victoires in Paris erscheinen ebenso unansehnlich und matt in der Farbe wie
die Mehrzahl der in diesem Jahrhundert in Deutschland errichteten Standbilder. An
den in unseren Tagen so vielfach aufgestellten Denkmälern fällt es vor Allem auf,
mit welcher Schnelligkeit diese Zerstörung der Oberfläche voranschreitet. In wenigen
Jahren bedecken sie sich mit einer fahlen schwarzen Kruste, welche das darunter
befindliche Metall dicht überzieht und ihm das Aussehen von Guſseisen ertheilt. Die
stumpfe, dunkle Färbung vermag die Musculatur und alle feinere Gliederung nicht mehr
zur Anschauung zu bringen, die Wirkungen von Licht und Schatten gehen gänzlich
verloren.
Das öffentliche Interesse, welches dieser Gegenstand verdient, dürfte es
gerechtfertigt erscheinen lassen, denselben hier einer Erörterung zu unterziehen,
zumal da ich auch Gelegenheit hatte, mich mit den Fragen nach der Ursache der
Schwärzung der Bronzen und nach den Hilfsmitteln zur Wiederherstellung derselben
experimentell zu beschäftigen.
Fast ebenso allgemein wie die Schwärzung der Erzbildwerke ist eine Erklärung dieses
Umstandes verbreitet, nämlich die, daſs der dunkle Ueberzug aus Schwefelkupfer
besteht, herrührend von der Einwirkung Schwefelwasserstoff haltiger Atmosphäre auf
die Legirung. Diese Annahme ist indessen durchaus unbegründet. Die Zusammensetzung
der Luft ist in den verschiedensten Städten und sehr häufig untersucht; aber niemals ist ein
nennenswerther Gehalt der städtischen Atmosphäre an Schwefelwasserstoff nachgewiesen
worden. Seine Anwesenheit in geschlossenen Räumen ist zwar eine Thatsache, welche
sich durch die Schwärzung des Silbergeräthes täglich kundgibt; dennoch ist das Gas
in einiger Entfernung von seinem Bildungsherde nicht mehr nachweisbar. Durch den
Sauerstoff der Luft wird es eben sehr leicht zerstört und in kurzer Zeit zu Wasser
und Schwefel bezieh. Schwefelsäure verbrannt. Diesem Umstand ist es zu verdanken,
wenn trotz der unaufhörlichen, massenhaften Bildung des Schwefelwasserstoffes durch
den Fäulniſsproceſs, in den Gewerben u. dgl. doch die Atmosphäre groſser Städte und
der Schwefelbäder, wie z.B. Aachens, keine nachweisbaren Mengen dieses Gases
enthält.
Daſs der schwarze Ueberzug unserer Bronzedenkmäler nicht aus Schwefelkupfer bestehen
kann, wird auch durch die vielen in Kirchen befindlichen Erzbilder bestätigt, welche
trotz ihres zum Theil sehr hohen Alters fast ausnahmslos eine schöne Oberfläche
besitzen. Ich erinnere nur an das altberühmte Petrusbild in S. Pietro im Vatican,
welches aus dem 5. Jahrhundert stammt, von Papst Paul V
nach der Peterskirche verpflanzt worden ist und gewiſs Zeit genug hatte, allmählich
schwarz zu werden. Ebenso bekannt ist es, daſs eine groſse Anzahl alter, auf
öffentlichen Plätzen aufgestellter Denkmäler vorhanden sind, welche sich durch eine
wohl ausgebildete Patina auszeichnen. Mit Recht berühmt ist in dieser Hinsicht das
Reiterstandbild Marc Aurel's auf dem römischen Capitol
und in dem sehr gewerbreichen Düsseldorf die Erzfigur des Kurfürsten Johann Wilhelm, i. J. 1711 errichtet, ferner die
prachtvoll smaragdgrünen Kupferdächer in Dresden, Pillnitz u.s.w. In Aachen stehen
ein schön grün gefärbtes Denkmal Karls des Groſsen, aus
dem Beginn des 17. Jahrhunderts, und vor dem Münster zwei wohlpatinirte
Bronzestücke, eine Wölfin und einen Pinienzapfen darstellend, aus dem 10.
Jahrhundert, welche trotz der nächsten Nähe zahlreicher und sehr kräftiger
Schwefelthermen im Laufe einer so langen Zeit nicht geschwärzt wurden.
Der grüne Ueberzug, die sogen. Patina oder der Edelrost, besteht bekanntlich aus
kohlensaurem Kupfer, und wenn der Schwefelwasserstoff die Bronzen verdürbe, so würde
auch der Edelrost nicht bestehen können, da derselbe noch weit leichter durch
Schwefelwasserstoff' geschwärzt wird als blankes Kupfer oder eine Kupfer haltige
Legirung. Und daſs der dunkle Ueberzug der neueren Bronzen kein Schwefelkupfer ist,
geht auch aus den Eigenschaften dieser Substanz selbst hervor, welche, fast ebenso
unbeständig als Schwefelwasserstoff, in feuchter Luft zu löslichem Kupfervitriol
oxydirt und durch den Regen abgespült werden müſste.
Vor einiger Zeit wurde ich von dem Magistrate der Stadt Aachen zur Untersuchung eines
dort kurz zuvor aufgestellten Bronzedenkmals aufgefordert, welches sich binnen weniger Jahre mit einem
dichten grauschwarzen Ueberzug bedeckt hatte. Nicht die geringste Spur von
Schwefelkupfer konnte in dem zu diesem Zwecke abgeschabten schwarzen Pulver
nachgewiesen werden. Durch das Mikroskop lieſs sich dagegen sogleich eine Masse
kleiner Steinkohlenbruchstücke, Sand und Staub erkennen, weitaus den
Hauptbestandtheil des Pulvers bildend. Auſserdem ergab die Analyse noch die
Gegenwart einer geringeren Menge von Oxyden des Kupfers, Zinnes, Zinkes und
Bleies.
Man hat bis dahin nur wenig oder keine Versuche gemacht, vollkommen schwarz gewordene
öffentliche Bronzedenkmäler zu restauriren, vielleicht ausgehend von der falschen
Voraussetzung, daſs die schwarze dichte Hülle aus Schwefelkupfer besteht und wegen
der Gefahr, ein Kunstwerk mit warmer Salpetersäure oder Königswasser zu behandeln,
welche diesen Körper allein rasch zu lösen vermögen. Nachdem die Bestandtheile der
schwarzen Kruste des Aachener Denkmales ermittelt waren, wurden an demselben
Versuche zur Entfernung des Ueberzuges angestellt. Eine mechanische Ablösung erwies
sich als nahezu unausführbar, da die dunkle Substanz so fest haftete, daſs eine
Entfernung derselben durch Abreiben mit Sand, Ziegelmehl u. dgl. den feineren
Formenabstufungen gefährlich werden muſste. Eine chemische Ablösung mit Hilfe von
verdünnter Schwefelsäure erfolgte ebenfalls nur langsam und schwierig; dagegen
zeigte es sich, daſs eine wässerige Lösung von Ammoniumcarbonat hierzu ganz
vorzüglich geeignet war. Die Abwaschung geschieht am raschesten und vollständigsten,
wenn eine starke Lösung des Salzes (1k käufliches
kohlensaures Ammoniak auf 4l Wasser) mit der
Bürste aufgetragen wird. Durch leichtes Abreiben, bei stärkerer Adhäsion der
schwarzen Substanz mit einer heiſsen Auflösung, erfolgt die vollkommene Entfernung
des dunklen Ueberzuges. Dieselbe vollzieht sich dadurch, daſs die Oxyde des Kupfers
in wässerigem Ammoniumcarbonat leicht auf löslich sind. Die Cohäsion der schwarzen
Hülle wird also aufgehoben und der Staub und Rufs u. dgl. mechanisch mit abgespült.
Die Oberfläche bleibt jedoch, zumal an vertieften, schwer zugänglichen Stellen,
nicht glänzend und überzieht sich bald mit einem ungleichmäſsigen grünen Anflug von
kohlensaurem Kupfer. Es ist auf diese Weise leicht, selbst ein gröſseres Erzbild
werk in kürzester Zeit mit einer künstlichen Patina zu versehen. Allein diese
Behandlung erfordert sehr sachkundige und kunstgeübte Hände, wenn schroffe und
unnatürliche Farbenübergänge vermieden werden sollen. Nachdem das Denkmal in oben
beschriebener Weise aus der schwarzen Haut herausgeschält war, wurde es zur
Entfernung des grünlichen Ueberzuges mit ganz verdünnter Schwefelsäure abgewaschen
und nach dieser doppelten Behandlung erschien dann die Legirung in ihrem
ursprünglichen Glanz. Das Denkmal machte den Eindruck, als wenn es frisch aus der
Ciselirwerkstätte
gekommen wäre. Dieses Verfahren wenig zeitraubend und nicht kostspielig, empfiehlt
sich daher zur Restauration selbst umfangreicher Bronzen.
Es erhob sich nun die Frage, ob man das Erzbild in dieser Verfassung belassen sollte
und ob bezieh. welche Maſsregeln zum Schütze des Kunstwerkes zu ergreifen seien.
Ganz zweifellos würde eine gereinigte Bronze, sich selbst überlassen, in einiger
Zeit wieder in den ursprünglichen Zustand zurückkehren. Durch erneute Behandlung in
der erwähnten Weise würde es indessen möglich sein, die ursprüngliche Oberfläche des
Erzes dauernd zu erhalten. Es wurde vorhin hervorgehoben, daſs solche Denkmäler,
welche in früheren Zeiten einmal eine Patina erlangt haben, dieselbe auch
beibehalten; somit bietet dieser Ueberzug nicht nur die vom künstlerischen
Standpunkte erwünschteste Färbung eines Denkmales, sondern auch den besten Schutz
gegen Zerstörung und Schwärzung. Die schöne Patina jener Bronzen ist zu einer Zeit
entstanden, wo es noch keine Dampfkessel, keine Steinkohlenfeuerung gab. Die
Atmosphäre der Städte war daher in jenen Tagen frei von Rufs und Kohlenstaub und
geeignet, eine langsame Oxydation des Kupfers zu kohlensaurem Kupfer zu bewirken.
Fern von gewerbreichen Städten, sowie in groſsen geschlossenen Räumen, in Kirchen u.
dgl., werden auch neuerdings aufgestellte Erzbilder sich mit der Zeit mit einer
grünen Schicht überziehen. Dies ist jedoch bei Denkmälern, welche sich auf Straſsen
und Plätzen groſser Städte befinden, heut nicht mehr möglich. Die blanke metallische
Oberfläche wird zuerst durch den Sauerstoff der Luft angegriffen, sie wird rauh. Es
setzt sich sogleich Staub und Rufs fest, die Feuchtigkeit haftet und beschleunigt
eine verderbliche Oxydation. Die Flächen werden immer mehr uneben, der neu
aufgetragene Rufs setzt sich um so dichter an und ist nun selbst durch den stärksten
Platzregen nicht mehr abzuspülen. In wenigen Jahren ist in der Regel ein neues
Bronzedenkmal vollständig entstellt, schwarz. Ganz anders verhält sich die Sache,
wenn eine Patina bereits vorhanden ist. Der langsam entstandene Edelrost bildet eine
gleichmäſsige, dichte und glatte Oberfläche, welche das Haften von Staub u. dgl.
erschwert und, wenn solcher sich dennoch abgesetzt hat, so wird er durch den Regen
sehr leicht wieder abgespült. Dies ist auch die Ursache der Conservirung der alten
Denkmäler. Die dichte grüne Hülle bildet einen Schutz gegen die fortgesetzte
zerstörende Einwirkung der Luft und Feuchtigkeit. Es ist erstaunlich, daſs diese
einfache Erscheinung nicht längst von den Künstlern, von den Bronzegieſsern erkannt,
nicht behufs Erhaltung ihrer Werke benutzt wurde.
So leicht es ist, eine Bronze in der Werkstatt zu patiniren, so schwierig wird es,
ein bereits aufgestelltes Denkmal mit diesem wünschenswerthen Ueberzuge zu versehen.
Die dahin gerichteten Bestrebungen sind bis jetzt erfolglos geblieben und man muſs gestehen, daſs es
heut noch kein Verfahren gibt, öffentliche Bronzedenkmäler durch irgendwelche
einmalige Behandlung vor den verderblichen Einflüssen der Atmosphäre, des Ruſses,
Staubes und der Feuchtigkeit zu schützen. Es würde wohl der Mühe werth sein, in
einer Stadt, in welcher kunstgeübte Arbeiter zur Verfügung stehen, das vorhin
erwähnte Patinirungsverfahren mit Ammoniumcarbonat an einem im Freien aufgestellten
Erzdenkmal einer praktischen Probe zu unterziehen.
G. Magnus (vgl. 1869 192 477) empfahl i. J. 1869 zur
Erzeugung einer Patina, die Bronzebildwerke jeden Monat einmal, nach
vorausgegangener Reinigung mit Wasser, mit Knochenöl oder Olivenöl zu überstreichen
und sogleich mittels wollener Lappen wieder abzureiben. Bei kleineren Denkmälern ist
dieses Verfahren gewiſs anwendbar und an verschiedenen Orten, z.B. in Frankfurt a.
M., ist es in der That mit Erfolg angewendet worden. Bei gröſseren Bildwerken wird
diese Operation indessen kaum durchführbar sein.
Da es mir in Aachen an geschulten Arbeitern fehlte, mit welchen ich einen Versuch zur
Patinirung des dortigen Denkmales mittels Ammoniumcarbonat hätte unternehmen können,
so zog ich es vor, das Bronzedenkmal in einer weniger Kunstfertigkeit erheischenden
Weise behandeln zu lassen. Dasselbe wurde nämlich, in Zwischenräumen von einigen
Wochen, wiederholt mit einer Lösung von etwa 20 Th. Eisessig in 100 Th. Knochenöl
bestrichen und jedesmal sofort wieder mit Wolle abgerieben. Der Eisessig löst sich
bis zu 20 Proc. in jenem Oel und die Mischung ist vortheilhafter anzuwenden als
reines Knochenöl. In beiden Fällen wird durch Einwirkung der Luft das Oel zersetzt,
es bildet sich eine äuſserst dünne Haut von grünem ölsaurem Kupfer, – Kupferseife.
Durch Essigsäure scheint diese Zersetzung beschleunigt zu werden und diese Säure
selbst bildet mit der Legirung Grünspan. Es sind mit diesem Verfahren ganz günstige
Resultate erzielt worden. Ich hatte in den letzten Sommerferien Gelegenheit, das
Denkmal wieder zu sehen, nachdem seit der eben beschriebenen Behandlung 3 Jahre
verstrichen waren. Die Bronze hat sich unterdessen mit einem dünnen grünen Anflug
überzogen, welcher einen natürlichen, guten Eindruck macht. Da Erfahrungen hier ganz
fehlen, so muſs es abgewartet werden, ob diese Grünfärbung sich weiter entwickeln
und ob sie haltbar sein wird.
Wenn sich die Künstler und namentlich die Bronzegieſser dazu entschlieſsen könnten,
ihre Werke nicht eher aufzustellen, bis dieselben mit einer schönen, dauerhaften
Patina versehen sind, so würde der Uebelstand der Schwärzung neuer Erzdenkmäler
aufhören. Daſs eine künstliche Bildung der Patina möglich ist und auch fabrikmäſsig
betrieben wird, zeigen die vielfach gefärbten Bronzegeräthschaften und
Galanteriewaaren. In dieser Industrie sind uns indessen die Franzosen sehr weit überlegen. Sie
verstehen es, auch den gröſsten und complicirtesten Kunstwerken die schönste
Oberfläche zu ertheilen, sie zu bronziren, zu bruniren und mit einer täuschend
nachgeahmten grünen Patina zu überziehen. Die letzte Pariser Weltausstellung
enthielt eine prachtvolle Sammlung derartiger kunstgewerblicher Erzeugnisse. Es ist
nicht einzusehen, warum eine künstlich hervorgerufene Patina, ein durch Aetzen der
Bronze bewirkter Ueberzug von Kupfercarbonat, sich nicht auf öffentlichen
Erzdenkmälern ebenso gut halten sollte als eine natürlich entstandene. Und wäre es
nicht weit rathsamer, die Erzbilder mit einer an den Antiken so sehr bewunderten
Färbung von vorn herein auszustatten und dadurch zugleich die Erhaltung der Werke zu
sichern, als dieselben durch miſsverstandene Scheu vor jeder künstlichen Behandlung
der unfehlbaren Verunstaltung in kürzester Frist zu überlassen. Die alten Hellenen
waren da weniger abergläubisch und ihre Sprödigkeit ging nicht einmal so weit, um
sie vor dem Bemalen des parischen Marmors abzuhalten. Vielleicht haben sie auch ihre
Erzbildwerke nicht, wie dies zuweilen bei uns geschieht, messinggelb der
Oeffentlichkeit übergeben. Von der im Alterthume hoch gerühmten Statue des Aristonides, welche den reuigen Athamas, seinen in der Raserei erschlagenen Sohn Learchos betrauernd, darstellte, wird berichtet, daſs der Künstler dem Erz
Eisen beigemengt habe, um durch den feurig gebildeten Rost die Schamröthe
darzustellen. Es ist kaum zu bezweifeln, daſs die Griechen auch vor dem Färben und
Antikisiren der Bronzen nicht zurückscheuten und doch war das Volk des Phidias, des Alkamenes und
Praxiteles eine ganz leidlich ästhetische
Gesellschaft.
Lemberg, im Januar 1882.