Titel: | Ueber die Untersuchung von Rüben und Zucker. |
Fundstelle: | Band 243, Jahrgang 1882, S. 407 |
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Ueber die Untersuchung von Rüben und
Zucker.
Ueber die Untersuchung von Rüben und Zucker.
Die Bestimmung des Zuckergehaltes des
Scheideschlammes nach Scheibler's Extractionsmethode (vgl. 1880 240 * 381)
ist von A. Nord (Neue Zeitschrift für Rübenzuckerind.,
1881 Bd. 7 S. 8) versucht worden. Diese durch die Schlammentzuckerungs-Verfahren
mehr in den Vordergrund getretene Bestimmung ist wohl meist nach dem von Scheibler (i. J. 1869) angegebenen Methode ausgeführt,
nach welchem neben gleichzeitiger Wassergehaltsbestimmung eine Probe des zu
untersuchenden Schlammes mit Wasser angerührt und dann mit Kohlensäure saturirt
wurde. Hierbei wird eine ziemlich dunkel gefärbte, braune Lösung erhalten, deren
Aussehen schon deutlich genug beweist, daſs fremdartige Stoffe wieder in Lösung
übergeführt werden, welche bei der Scheidung durch den Aetzkalk aus dem rohen Safte
ausgeschieden worden sind. Abgesehen von der sehr verdünnten Lösung und der dadurch
geschaffenen Fehlerquelle wird nun die ohnehin schon vorhandene Unsicherheit in
Betreff etwaiger auſser
Zucker noch vorhandener, optisch wirksamer Stoffe hierdurch noch vergröſsert und es
würde mithin auch bei dieser Art von Untersuchungen die Anwendung des neuen
Scheibler'schen Extractionsverfahrens sehr vortheilhaft sein. Die Auslaugung des
zweckmäſsig zerkleinerten Schlammes gelingt nun sehr leicht und vollständig; jedoch
bietet die Notwendigkeit, den im Schlamme vorhandenen Aetz- oder Zuckerkalk
unschädlich zu machen, einige Hindernisse dar.
Eine Anzahl von Versuchen, die mit Scheideschlamm von verschiedenartiger
Beschaffenheit – sowohl mit unausgelaugtem, wie mit fabrikmäſsig ausgelaugtem –
ausgeführt wurden, ergab nun, daſs man durch einen Zusatz von Ammoniumcarbonat zu
dem Schlammbrei in viel einfacherer Weise diesen Zweck erreicht, wie durch die weit
umständlichere Saturation desselben mit Kohlensäure. Während die nach der Saturation
des Schlammbreies mit Kohlensäure abfiltrirte Lösung sehr dunkel gefärbt erscheint,
zeigt die bei Anwendung von Ammoniumcarbonat erhaltene nur eine schwach weingelbe
Farbe. Auch ist das specifische Gewicht der letzteren ein sehr geringes, so daſs
eine Wiederauflösung bereits abgeschiedener fremder Stoffe nicht stattzufinden
scheint. Ob man den Schlammbrei erhitzt oder die Operation auf kaltem Wege ausführt,
scheint gleichgültig zu sein, denn Nord erhielt in
beiden Fällen die nämlichen Zahlen. Wohl aber hat man Sorge zu tragen, die Lösung
vor dem Klären mit Bleiessig durch Essigsäure zu neutralisiren, da sonst die
Polarisation bedeutend niedriger ausfällt. Bei einem Zusatz von 18 Ammoniumcarbonat
auf 50g Schlamm und 200g Wasser drehte die Lösung ohne vorherige
Neutralisation 1,8°, wogegen sich nach gehöriger Neutralisation mit Essigsäure eine
Drehung von 3,0° ergab.
Man wägt in einer nicht zu kleinen Porzellanschale 20g von der zu untersuchenden, vorher gut durchgemischten Schlammprobe ab
und verreibt sie mittels eines kleinen Pistilles, um etwa vorhandene Klümpchen zu
zerdrücken, sucht aber die Masse möglichst am Boden der Schale zu halten, ohne sie
zu sehr über die Wandungen zu verbreiten. Hierauf wird eine hinreichende Menge von
Ammoniumcarbonat, etwa 0g,2 oder auch mehr, in
etwas Wasser gelöst zugesetzt und gut untergemischt, ferner ungefähr 20g Sand hinzugefügt, sorgfältig gemischt, um alle
möglicherweise noch vorhandenen Klümpchen zu zertheilen und sämmtliche
Schlammtheilchen mit dem Ammoniumcarbonat in Berührung zu bringen. Nunmehr wird die
Schale sammt dem Pistill auf ein Wasserbad oder an einen anderen passenden, mäſsig
warmen Ort gestellt, um die Masse auszutrocknen. Die halb trockene, noch etwas
teigartige, jedoch nicht mehr an der Schale haftende Masse sticht man mittels des
Spatels von der Schale und dem Pistill los und zerkleinert sie vorsichtig zu
ungefähr erbsengroſsen Stückchen, ohne zu viel Pulver zu erzeugen, worauf man
vollends austrocknen läſst.
Die Extractionsröhre versieht man zweckmäſsig mit einem doppelten Filzscheibchen oder
auch noch mit einer kleinen, aus Filtrirpapier gefertigten Kapsel, um das
Hindurchdringen feiner Schlammtheilchen zu verhindern, welche beim Kochen leicht ein
heftiges Stoſsen veranlassen. Auſserdem mischt man in einem Gläschen etwa 15g Wasser und 20g
Alkohol. Nach vollendetem Austrocknen der in der Schale befindlichen Brocken werden
diese nun mittels des Trichters in die Extractionsröhre eingefüllt. Die in die Röhre
eingefüllte Substanz wird jetzt zweckmäſsig mit einer Schicht von
zusammengeknäueltem Filtrirpapier bedeckt, um ein Zerfallen der Stückchen beim
Aufgieſsen des verdünnten Alkohols und die Bildung einer gleichmäſsigen Sandschicht
zu verhindern. Von jenem tröpfelt man nun eine kleine Menge hinein, welche eben
hinreicht, die Substanz zu durchfeuchten; den Rest der Flüssigkeit benutzt man dazu,
Schale und Pistill zu reinigen. Die zuletzt noch der Schale und dem Pistill
anhaftenden Schlammtheilchen, welche durch den Alkohol nicht abgelöst werden, reibt
man mit einem aus Filtrirpapier gedrehten Kügelchen, welches man mit einer Pincette
ergreift, ab und wirft den Papierballen ebenfalls in die Röhre hinein. Ist auf diese
Weise der ganze Inhalt der Schale in die Röhre hineingebracht worden, so wird der
etwa noch übrig gebliebene Alkohol nachgegossen, der Rückfluſskühler aufgesetzt und
die Extraction in bekannter Weise ausgeführt. Dieselbe ist innerhalb einer halben
Stunde vollständig beendet. Bei etwa eintretender Verstopfung braucht man nur für
einige Minuten die Lampe zu entfernen. Sobald sich die Alkoholdämpfe im Apparat
verdichten, pflegt die in der Extractionsröhre angesammelte Flüssigkeit in einem
zusammenhängenden Strahle abzuflieſsen und die Operation hinterher anstandslos zu
verlaufen.
Das Reductionsvermögen der Zuckerarten
gegen alkalische Kupferlösungen (vgl. 1881 239 312) hat P. Degener untersucht (Zeitschrift des deutschen Vereines für Rübenzuckerindustrie, 1881 S.
349). Die Fehling'sche Lösung ist ihrer Darstellung nach eine Lösung von
schwefelsaurem Natron, Kupferoxydhydrat, weinsaurem Natronkali und Natronhydrat in
Wasser. Basisch weinsaures Kupferoxyd-Natron kann darin nicht wohl angenommen
werden, weil dieses Salz von der Zusammensetzung Cu3Na2(C4H4O6)2O2.7H2O sich bei der gebräuchlichen Concentration der
Fehling'schen Lösung nicht bilden kann. Bringt man eine Lösung von 34g,64 Kupfervitriol in 0l,5 Wasser und eine solche von 173g Seignettesalz, ebenfalls zu 0l,5, zusammen, so entsteht erst nach einiger Zeit
ein Niederschlag von weinsaurem Kupfer. Da nun nach Fehling's Vorschrift zur Lösung
des Kupfervitriols die Lösung des Alkalis zugleich mit der des Seignettesalzes
gegeben wird, so können sich unter diesen Umständen nicht basisch weinsaures
Kupferoxyd-Natronkali, schwefelsaures Natron und weinsaures Natron bilden, sondern
schwefelsaures Natron und Kupferoxydhydrat. Letzteres wird durch das Seignettesalz in Lösung erhalten und
mag mit demselben irgend ein zur Zeit noch unbekanntes Doppelsalz bilden. Dasselbe
wird aber in seiner Zusammensetzung wesentlich von dem oben angegebenen abweichen
müssen und es wird demselben wahrscheinlich auch ein anderes chemisches Verhalten,
ein anderes Oxydationsvermögen zukommen, und zwar scheint die in der Fehling'schen
Lösung enthaltene Doppelverbindung schwieriger reducirbar zu sein als das von Degener angewendete Doppelsalz, so daſs durch den
Einfluſs des freien Alkalis dem reducirenden Zucker schon ein Theil seines
Reductionsvermögens genommen ist, bevor jenes noch unbekannte Doppelsalz zur
Einwirkung kommt, wodurch die Unzuverlässigkeit der Fehling'schen Lösung erklärlich
wird. Wurde dagegen eine gewogene überschüssige Menge weinsauren Kupfers mit
Natronlauge längere Zeit in der Wärme bis zum Verschwinden der alkalischen Reaction
digerirt, abfiltrirt und das Ungelöste gewogen, so zeigte sich, daſs sich auf 4 Mol.
Natronhydrat genau 3 Mol. weinsaures Kupfer gelöst hatten, entsprechend der Formel:
3C4H4O6Cu.3H2O + 4NaOH =
Cu3Na2(C4H4O6)2.7H2O + Na2C4H4O6 + 4H2O.
400cc Normalnatronlauge = 16g NaOH lösten 80g,2 weinsaures Kupfer, so daſs die erhaltene Lösung das fragliche
Doppelsalz enthält. Mit einer derart bereiteten, zu 0l,5 aufgefüllten Lösung sind die Versuche angestellt worden. Man kann
jedoch der Fehling'schen Lösung die gleichen Eigenschaften geben, wie sie obige
Lösung von basisch weinsaurem Kupferoxyd-Natron besitzt, wenn man die
vorgeschriebene Menge schwefelsaures Kupfer in möglichst wenig Wasser löst, dann so
viel Seignettesalz in ebenfalls der geringsten Menge Wasser auflöst, als durch die
Gleichung: 2CuSO4.5H2O + 2KNaC4H4O6.4H2O =
2CuC4H4O6.3H2O + Na2SO4.10H2O + K2SO4 + H2O bedingt
wird, beide Lösungen zusammen gieſst und einige Zeit stehen läſst.
Degener erhielt nun, wenn er auf 1 Mol. schwefelsaures
Kupfer 2 Mol. Alkali anwendete, auf 1 Mol. Traubenzucker zwischen 3,5 und 4,3 Mol.
Kupferoxydul, bei Anwendung von 3 und 4 Mol. Natron auf 1 Mol. Kupfervitriol 5,3 bis
5,4 Mol. Kupferoxyd. In allen Versuchen wurden 5 Mol. Seiguettesalz hinzugefügt und
½ Stunde im Kochsalzbade erhitzt. Versuche mit obiger Kupferlösung zeigten, daſs
dieselbe, für sich in einer Lintner'schen Druckflasche erhitzt, nichts abschied;
wohl aber schied sich auf Zusatz von Traubenzucker, ebenso behandelt, ein schmutzig
grüngelber, nicht zu reinem Kupfer reducirbarer Niederschlag aus. Mit Aetznatron
ohne Traubenzucker in der Druckflasche erhitzt, schied sich eine braune Substanz
aus; derselbe Versuch unter Zusatz von Seignettesalz gab eine viel geringere
dunkelrothe Ausscheidung. Wurde die Lösung mit Traubenzucker längere Zeit im
Wasserbade im offenen Kolben gekocht, so ergab sich ein gelbrother, miſsfarbiger
Niederschlag; bei Wiederholung desselben Versuches mit Zusatz von Seignettesalz war der
Niederschlag tiefroth gefärbt. Weinsaures Kupfer wurde auch bei Gegenwart von
Seignettesalz, durch Traubenzucker selbst bei anhaltendem Kochen nicht reducirt.
Wurden gewogene Mengen Traubenzucker mit beliebigen Mengen jener Kupferlösung nach
Zusatz von 6 Mol. Seignettesalz (auf Kupfer berechnet) 10, 20 und 30 Minuten im
Wasserbade erhitzt, so wurden 0,64, 0,78 und 1,19 Mol. Kupfer ausgeschieden. Von da
an vermehrte sich die Menge des letzteren nicht mehr. Es wurde nun chemisch reiner
und wasserfreier Traubenzucker in einem Erlenmeyer'schen Becherkolben abgewogen,
dann die verschiedenen Lösungen von basich weinsaurem Kupferoxyd-Natron,
Normalnatronlauge und Seignettesalz sowie das Wasser mittels Pipetten hinzugefügt,
das Kölbchen mit einem Kautschukstopfen, in dessen Durchbohrung ein langes, oben
offenes Glasrohr steckte, geschlossen und so vorbereitet in ein kochendes
Kochsalzbad gebracht. Nach etwa 30 Minuten wurde der Inhalt noch heiſs durch ein
Asbestfilter filtrirt, der Rückstand mit Wasser, Alkohol und Aether gewaschen, kurze
Zeit im Trockenschrank getrocknet und entweder mit Wasserstoff reducirt, oder mit
Sauerstoff oxydirt. Letzteres muſste da vorgenommen werden, wo bei ungenügendem
Alkaligehalt organische Substanzen mit niedergerissen waren. Das Asbestfilter trägt
auf einem kleinen Platinconus eine Schicht von mit Salpetersäure ausgekochtem und
danach geglühtem Asbest. Zwischen diese Schicht und den Conus nach Allihn's
Vorschlag Glaswolle zu bringen, empfiehlt sich nicht, da durch die heiſsen
alkalischen Filterflüssigkeiten die Glaswolle rasch angegriffen wird und die meiste
Glaswolle Blei enthält, so daſs bei der Reduction des Kupferoxyduls im
Wasserstoffstrom die ganze Glaswollschicht intensiv schwarz wird von reducirtem Blei
bezieh. Schwefelblei. Beim Filtriren muſs man sich hüten, das Filter, wenn man – was
fast unumgänglich nothwendig ist – mit der Wasserluftpumpe arbeitet, je trocken
laufen zu lassen. Es bilden sich dabei stets Kanäle, durch welche Asbestfäserchen
und Theile des Kupferoxyduls verloren gehen. Die Reinigung der Filter bewerkstelligt
man mittels ein paar Tropfen Salpetersäure, wenn man Kupferoxydul hat. Nach dem
Auswaschen mit Wasser, Alkohol und Aether ist es wieder brauchbar. Hat man
Kupferoxyd, so entfernt man die stets sehr fest zusammenhängende Schicht desselben
erst mechanisch, den letzten Rest mittels etwas Königswasser. Der Platinconus wird
dadurch in der Kälte nur schwach angegriffen.
Nach den so ausgeführten Versuchen scheidet Traubenzucker aus Lösungen von basisch
weinsaurem Kupferoxyd-Natron, welche auf 3 Atom Kupfer weniger als 4 Mol. freien
Alkalis und 16 bezieh. 18 Mol. Seignettesalz enthalten, bei ½stündiger Kochdauer
wechselnde Mengen eines Kupferoxyduls aus, mit welchem stets zugleich organische
Substanz fällt. Bei den Versuchen mit ungenügendem Alkalizusatz ging der Reduction des
Kupferoxydes stets eine mehr oder weniger starke gelblichgrüne Trübung der
Flüssigkeit voraus. Bei Anwendung von 4 Mol. freien Alkalis und 16 oder 18 Mol.
Seignettesalz werden bei ½ stündiger Kochdauer Mengen reinen Kupferoxyduls
ausgeschieden, welche fast ganz genau dem Molecularverhältniſs von 1 Mol.
Traubenzucker auf 6 Mol. Kupferoxyd entsprechen. Bei Anwendung von 6 Mol. freien
Alkalis und 16 oder 18 Mol. Seignettesalz werden bei ½stündiger Kochdauer genau 6
Mol. Kupferoxyd durch 1 Mol. Traubenzucker reducirt. Eine noch gröſsere Menge von
Alkali scheint bis zu einer gewissen Grenze ohne schädlichen Einfluſs zu sein. Die
Reaction ist bei Anwendung von 4 Mol. freien Alkalis nach 15 Minuten langem Kochen
noch nicht beendet. Bei Anwendung von 6 und besonders von mehr als 6 Mol. Alkali
scheint sie sich bedeutend rascher zu vollziehen.
Die Menge des zugesetzten weinsauren Kali-Natrons ist aus noch unbekannten Gründen
von wesentlichem Einfluſs auf die Vollständigkeit der Reaction. Bei 16 oder 18
Molecülen erfolgt die Ausscheidung des Kupferoxyduls bei Gegenwart von 4 und mehr
Molecülen freien Alkalis vollständig und frei von organischen Beimengungen. Bei
gänzlicher Abwesenheit von Seignettesalz sind die Niederschläge hellroth gefärbt,
sonst dunkelroth. Die Concentration scheint ganz ohne Einfluſs innerhalb gewisser
Grenzen zu sein. Bei zu starker Concentration würden natürlich die Wirkungen, welche
concentrirte Alkalien auf organische Substanzen und auf Kupferlösungen ausüben, zur
Geltung kommen.
Degener (a. a. O. S. 362 u. 789) hat ferner vergleichende Bestimmungen des Zuckergehaltes der Rüben
ausgeführt. Die Untersuchungen von Schuhe und Sachs über die abweichenden Polarisationen der durch
Anwendung verschieden starken Druckes gewonnenen Rübensäfte waren Veranlassung,
bezügliche Bestimmungen mittels einer kleinen hydraulischen Presse, welche einen
Druck von 150k auf 1qc ausüben läſst, und unter Anwendung einer Spindelpresse anzustellen,
welche für eine normale Manneskraft einen Druck von 12k auf 1qc gestattete. Da den früheren
Angaben gemäſs zu vermuthen war, daſs der Zuckergehalt der durch hydraulische
Pressung gewonnenen Säfte geringer sein würde als der durch die Spindelpresse
erhaltenen, so glaubte Degener auf diesem Wege den nach
Scheibler's Alkoholmethode erhaltenen Werthen nahe zu kommen. Es gelang aber nicht,
die Unterschiede ganz zu verwischen; eine Bestimmung des absoluten Zuckergehaltes
durch Pressung ist eine Unmöglichkeit; die Polarisation des gepreſsten Saftes gibt
nicht einmal richtige vergleichende Resultate und hat nur einen Werth zur
Quotientenermittlung. Zur Bestimmung des absoluten Zuckergehaltes durch Auslaugen
mittels Alkohol wurde ein dem Scheibler'schen ganz ähnlicher Apparat verwendet und zu gleicher Zeit
untersucht, ob dieser in derselben Zeit die Auslaugung einer gewissen Menge
Rübenbrei besorgt, wie die von Szombathy und Soxhlet construirte Extractionsröhre (vgl. 1879 232 *
463). Es ergab sich, daſs der Scheibler'sche Apparat eben so rasch und vollständig
auslaugt wie die Soxhlet'sche Röhre.
Zur ersten Extraction des Rübenbreies wurde 96procentiger Alkohol in der Menge
angewendet, daſs die bis zur Marke aufgefüllte extrahirte Flüssigkeit etwa bis zur
Hälfte aus Alkohol bestand. Für 100cc-Kölbchen
wurden daher – mit Rücksicht auf die Verdunstung – 60cc Alkohol angewendet. Für die zweite Extraction – welche übrigens selten
mehr als 0,1° am Ventzke-Scheibler'schen Apparat polarisirte – wurde ein Gemisch von
80 Th. 96procentigem Alkohol mit 20 Th. Wasser verwendet. Da die bei der ersten
Extraction erhaltenen Flüssigkeiten nach einiger Zeit heftig schäumen und unter
Stoſsen kochen, so war es nöthig, ein Stückchen spiralförmig aufgerollten
Platindraht oder ein Ende ausgekochten dünnen Bindfaden, an ein Glasstäbchen
gebunden, in das Kölbchen zu bringen. Die Dampfbildung erfolgt dann ruhiger. Das
Schäumen kann man sehr vermindern durch Zusatz einer kleinen Menge Paraffin oder
Vaselin. Der nach 1 bis 1½ Stunden erhaltene Auszug wurde dann, mit einigen
Cubikcentimeter Bleiessig versetzt und polarisirt.
Aus den ausführlich mitgetheilten Versuchen ergibt sich, daſs der bei Ausübung
stärkeren Druckes hinterbleibende Preſsrückstand nur in der Regel, nicht immer, an
Wasser ärmer ist als der durch schwächeren Druck erhaltene. Der im ersten Falle
gebildete Preſssaft ist meist, nicht immer, an Wasser reicher als der wie zuletzt
angegeben erhaltene, oder der Trockensubstanzgehalt der durch schärferen Druck
erzeugten Säfte ist meist geringer als jener der durch schwächeren Druck
hergestellten. Der wahre Trockensubstanzgehalt ist immer geringer als der aus dem
specifischen Gewicht der Säfte berechnete scheinbare.
Der wahre Quotient ist daher auch stets gröſser als der scheinbare. In den auf verschiedene Weise erhaltenen Preſssäften nimmt der
Zückergehalt nicht proportional dem Nichtzucker- bezieh. Trockensubstanzgehalt zu
oder ab. Der durch schwächere Pressung erhaltene Saft enthält in der Regel, aber
nicht immer, mehr Nichtzucker; sein Quotient ist daher meist ein schlechterer als
der des durch stärkeren Druck erzeugten. Es scheint daher, daſs die
Flüssigkeitsmengen, welche durch stärkeren Druck aus bereits mit Anwendung
schwächeren Druckes entsafteten Rübenbrei erhalten werden, wesentlich aus reinem
oder doch nur wenig Stoffe gelöst enthaltendem Wasser bestehen (Scheibler's
Colloidwasser).
Es ist somit ganz unthunlich, unter Zugrundelegung eines für alle Fälle gültigen
Saftgehaltes der Rübe aus der Polarisation des durch Pressen erhaltenen Saftes den
Zuckergehalt der Rübe zu bestimmen. Verglichen mit dem durch Alkoholextraction
ermittelten Gehalt an Zucker geben die Polarisationen des hydraulischen wie des
Spindelpreſssaftes bei Annahme von 95 oder 96 Saftgehalt derart von dem absoluten
Zuckergehalt abweichende Zahlen, daſs dieselben für die Ausbeuteberechnungen nur
einen sehr untergeordneten Werth beanspruchen können; ebenso ist die Berechnung des
Colloidwassers aus der Preſssaft – Polarisation ganz unmöglich. Die hierbei
erhaltenen Zahlen schwanken je nach Stärke des Druckes in denselben Grenzen wie die
für den Zuckergehalt berechneten. Es ist eben ein Ding der Unmöglichkeit, den
zuckerführenden Saft der Rübe auf mechanischem Wege von dem zuckerfreien zu trennen;
der letztere wird je nach Stärke des Druckes und nach wechselnder anatomischer
Structur der Rübe bezieh. der Zellwände in gröſserer oder geringerer Menge dem
ersteren sich beimengen. Bis die Wissenschaft eine noch genauere Methode der
Zuckerbestimmung kennt, muſs daher die Scheibler'sche Alkoholextraction als die
einzig zuverlässige bezeichnet werden. Zu bedauern ist bei derselben nur, daſs sie
die Quotientenermittlung nicht gestattet. Geht sie aber neben der Saftpolarisation
her, so sind dadurch beide Zwecke vereinigt. Der kleine Fehler, welchen die Erhöhung
der Polarisation des Zuckers durch Alkohol bedingt, ist für die Praxis kaum von
Bedeutung und fällt innerhalb der Beobachtungsgrenzen, wenigstens für die
Quarzkeilapparate. Eine allen Anforderungen der analytischen Chemie entsprechende
Methode werden wir erst dann erwarten können, wenn es gelungen ist, den Zucker und
ihn allein mittels irgend eines Reagens aus ihn enthaltenden Lösungen als unlösliche
Verbindung abzuscheiden, oder wenn wir gelernt haben, alle zur Zeit zum groſsen
Theil noch unbekannten, entweder optisch selbst activen, oder doch das
Drehungsvermögen des Zuckers beeinfluſsenden Körper, welche denselben in der Rübe
begleiten, von ihm zu trennen.