Titel: | Ueber neuere Materialprüfungsmaschinen. |
Autor: | Fr. |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 16 |
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Ueber neuere
Materialprüfungsmaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 3.
Ueber neuere Materialprüfungsmaschinen.
In den Fig. 2 und 3 Taf. 3 ist
nach Glaser's Annalen für
Gewerbe und Bauwesen, 1882 S. 8 eine Materialprüfungsmaschine der Elsässischen Maschinenbau-Gesellschaft in Grafenstaden
dargestellt, bei welcher die Anspannung des Probestückes durch veränderliches
Rädervorgelege mit Schraubenspindel geschieht und die übertragene Kraft durch
Gewichtshebel mit Laufgewicht gemessen wird.Vgl. auch Williamson 1882 244 * 41. Letzteres geht auf einer horizontalen
Schraubenspindel und wird mittels eines Handrades der Belastung entsprechend
allmählich nach auſsen bewegt; einer Umdrehung des Handrädchens entspricht dabei
eine Belastungsdifferenz von 500k, während eine am
Umfange des Rädchens angebrachte Theilung Abstufungen bis zu 25k ablesbar macht. Diese Einrichtung dürfte
jedenfalls vor derjenigen mit fester Wagschale und veränderlichem Gewichte den
Vorzug gröſserer Handlichkeit haben und zu genaueren Versuchsresultaten führen.
Namentlich ist wichtig, daſs sich hier die Elasticitätsgrenze scharf markiren wird,
indem der Gewichtshebel in Folge der plötzlich eintretenden groſsen Dehnung des
Probestückes auf seine Unterlage herabsinkt. Die Theilung des Hebels geht bis zu
40000k; Zulagegewichte machen übrigens
Belastungen bis zu 50000k möglich.
Besondere Sorgfalt ist auf Construction der Einspannvorrichtung verwendet, welche
durch Einschaltung kugelförmiger Auflagerflächen das Eintreten nicht beabsichtigter
Spannungen im Probestück verhindert. Die Maschine läſst sich für Zerreiſsungs-,
Zerdrückungs- und Biegeproben verwenden; dabei ist die gröſste Weite zwischen den
Einspannapparaten 380mm, die geringste 150mm. – Auf Verlangen wird eine Controlwage
beigegeben, um ein Nachjustiren der Wägevorrichtung vornehmen zu können.
In der Gesammtanordnung wie in der Einzelconstruction ist die Maschine gut
durchgebildet und dürfte deshalb wohl Beachtung verdienen, wenn ihr auch gegenwärtig
noch eine bedeutsame Verbesserung fehlt, welche bei den neuesten Zerreiſsmaschinen
angebracht wurde: die Einrichtung zum Registriren. Das Bedürfniſs, den Zusammenhang
zwischen Kraft und der dadurch hervorgebrachten Form Veränderung im Probestück in
allen Phasen auf das genaueste verfolgen zu können, muſste naturgemäſs dazu führen,
die Zerreiſsmaschinen mit einem Schreibapparat zu versehen, welcher, selbstthätig
arbeitend, das Verhältniſs jener beiden Gröſsen in jedem Augenblick verzeichnet.
Eine derartige Zerreiſsmaschine mit Registrirapparat ist die vom Maschinen-Inspector
V. Pohlmeyer in Dortmund construirte, welche in
Fig.
4 bis 6 Taf. 3
nach Stahl und Eisen, 1881 S. 236 dargestellt ist. Die
Einrichtung derselben ist ohne weiteres aus den Abbildungen zu entnehmen: Der auf
das Probestück ausgeübte hydraulische Druck wird durch ein Hebelsystem im
Verhältniſs 1 : 100 reducirt auf den im unbelasteten Zustande vertikal stehenden
Schenkel eines Gewichtshebels übertragen und durch dessen Ausschlag gemessen; ein
Zeigerwerk mit Maximumzeiger gibt die Belastung direct an; auſserdem wird dieselbe
aber durch einen Schreibstift auf einer sich der Dehnung des Probestabes
entsprechend von rechts nach links verschiebenden Schreibtafel registrirt. Man
erhält somit eine graphische Darstellung, an welcher die Ordinaten die Belastung,
die Abscissen die Dehnung des Probestabes angeben.
Um das Verhalten desselben innerhalb der
Elasticitätsgrenze zu verfolgen, ist ein Fernrohr angebracht, welches durch die
Dehnung des Probestabes aus seiner Horizontalen verschoben wird und dessen Ausschlag
auf einem in gröſserer oder geringerer Entfernung aufgestellten Maſsstabe abgelesen
werden kann. Eine weitere Vorrichtung, welche für besondere Verhältnisse hinzugefügt
wird, ermöglicht es, die Versuche bei einer bestimmten Temperatur der den Probestab
einhüllenden Luftschicht vorzunehmen. Die Maschine ist für eine Belastung bis zu
100000k construirt; die Versuche können sich
auf absolute, relative und rückwirkende Festigkeit erstrecken. Da die Maschine
vollkommen selbstständig arbeitet, so kann der Beobachter seine ganze Aufmerksamkeit
dem Verhalten des Probestabes zuwenden.
Nach den Mittheilungen von Pohlmeyer zeigen die
gewonnenen Diagramme fast durchweg die in Fig. 7
wiedergegebene charakteristische Form, welche 3 Perioden unterscheiden läſst.
Innerhalb der Elasticitätsgrenze ist die Curve ganz oder sehr annähernd vertikal.
Die Belastung steigt also, ohne daſs eine am Diagramm besonders merkliche Dehnung
eintritt; diese erfolgt nun beim Ueberschreiten der erwähnten Grenze plötzlich und
zwar zunächst unter gleichbleibender, zuweilen unter abnehmender Belastung; in der
dritten Periode findet die Hauptdehnung statt, die Belastung steigt dabei immer
langsamer, die Curve geht fast in eine Horizontale über, um dann schlieſslich vor
erfolgendem Bruche wieder rascher zu fallen. Der Verlauf dieser Linie zeigt, daſs
die bisherige Annahme, die Dehnungscurve sei, abgesehen vom Anfang und Ende, eine
sanft ansteigende gerade Linie, nicht richtig war.
Die Registrirvorrichtung, welche ursprünglich nur für das Verzeichnen von Curven bei
Zerreiſsversuchen eingerichtet war, ist in jüngster Zeit dahin verbessert, daſs auch
bei Zerdrückungsversuchen Diagramme genommen werden können, worüber jedoch nähere
Angaben noch fehlen.
Eine andere registrirende Materialprüfungsmaschine von Herm.
Mohr in Mannheim (*D. R. P. Kl. 42 Nr. 16 960 vom 5. Juni 1881) ähnelt im
Princip der oben besprochenen Maschine der Grafenstadener Fabrik in so fern, als der
Antrieb durch Rädervorgelege mit Schraubenspindel erfolgt und die Belastung durch
ein Laufgewicht gemessen wird. Der Schreibstift ist hier mit dem Laufgewicht in
Verbindung gebracht und verzeichnet das Diagramm auf einer dem Papiercylinder des
Indicators nachgebildeten Trommel, welche durch die Dehnung, Zusammendrückung oder
Durchbiegung des Probestückes in Drehung versetzt wird.
Wie schlieſslich aus einer in der Wochenschrift des
österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1882 S. 116 enthaltenen
Notiz hervorgeht, ist eine vom Ingenieur Stummer Ritter von
Traunfels in Wien construirte Zerreiſsmaschine mit Registrirvorrichtung
seit kurzer Zeit in der Locomotivwerkstätte der Oesterreichischen Nordbahn zu
Floridsdorf im Gebrauche; über die Einrichtung derselben und die mit ihr gewonnenen
Resultate sind jedoch nähere Mittheilungen nicht gemacht.
Die Verbindung eines Registrirapparates mit der Probirmaschine ist entschieden eine
Verbesserung von weittragendster Bedeutung, welche die Möglichkeit genauer
Untersuchungen von Materialien über ihr Verhalten bei Belastungen wesentlich fördert
und bei der ausgedehnten Verwendung, welche Registrirapparate für sonstige Zwecke
bereits fanden, und der geringen Schwierigkeit ihrer Anbringung an Probirmaschinen
ist nur zu verwundern, daſs man erst jetzt dazu übergeht, ihre Vortheile auch hier
nutzbar zu machen.
Fr.