Titel: | Abt's Eisenbahnsystem. |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 59 |
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Abt's Eisenbahnsystem.
Mit Abbildungen auf Tafel 6.
Abt's Eisenbahnsystem.
Nach Ingenieur Paulus (Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure, 1882 S. 27) eignet
sich Abt's combinirtes
Tractionssystem für Industrie- und Secundärbahnen besonders für solche
Strecken, welche auf kurze Entfernungen groſse Höhenunterschiede zu überwinden
haben. Als Motor dienen gewöhnliche Locomotiven, welche den Verkehr auf den
horizontalen und wenig geneigten Linien in der üblichen Weise besorgen. Auf den
steilen Strecken erfolgt der Verkehr mit Zuhilfenahme eines Gegengewichtswagens
derart, daſs beim Anlangen des Zuges an dem Fuſse der Steilrampe die Maschine mit
einem Drahtseil, welches um eine liegende Scheibe geschlungen ist und an dem anderen
Ende das Gegengewicht trägt, gekuppelt wird. Bei gelöster Bremse hilft das
Gegengewicht den Zug in die Höhe ziehen. Ist der Zug über die Rampe geschafft, so
wird das Seil abgekuppelt und die Fahrt in gewöhnlicher Weise fortgesetzt. Bei der
Thalfahrt wird der Zug abermals mit dem Drahtseil verbunden, wobei das untenstehende
Gegengewicht hinaufgezogen wird.
Mit Hilfe dieses Zugsystemes ist es möglich, mit den gewöhnlichen Adhäsionsmaschinen
noch auf Steigungen von 120 auf 1000 mit Sicherheit jene Last mit einer
Geschwindigkeit von etwa 10km zu befördern, welche
Zahnradmaschinen von gleichem Dienstgewicht auf eben solcher und die
Adhäsionsmaschinen auf halb so starker Steigung zu ziehen vermögen. Für Steigungen
über 120 auf 1000 empfiehlt es sich auch hierbei, das Adhäsionssystem zu verlassen
und Zahnstange und Zahnradlocomotive anzuwenden.
Die Bahn der Steilrampe hat ein einfaches Geleise mit einem Ausweichplatz in der
Mitte. Durch eine geschickte Anordnung des Eisenbahnoberbaues an dieser Stelle und
durch eine besondere Einrichtung der Räder des Gegengewichtswagens erfolgt das
Ausweichen selbstthätig und sicher. Die Räder der Locomotive sowie die der
Eisenbahnwägen sind die gewöhnlichen, mit zwischen den Schienen angebrachten
Spurkränzen (C
Fig.
17 Taf. 6). Die Spurkränze der Räder des Gegengewichtes werden entweder
auſserhalb der Schienen angebracht (B
Fig.
17), wobei die Anordnung der Weichen nach Fig. 18
ausgeführt wird, oder es werden bei den Rädern des Gegengewichtes auf der einen
Wagenseite die Spurkränze beiderseits der Schiene angeordnet, während die Räder der
anderen Wagenseite als Rollen, ohne Spurkränze, construirt werden (A
Fig.
17); die Weichen erhalten dann die in Fig. 19
angedeutete Einrichtung. Diese beiden Anordnungen verdienen aus dem Grunde eine
besondere Beachtung, weil dieselben auch bei der gewöhnlichen Seilförderung auf
geneigten, eingeleisigen Bahnen mit einem Ausweichplatze in der Mitte mit Vortheil
angewendet werden können, indem hierbei die bisher angewendeten beweglichen Zungen,
welche stets eine sorgsame Bedienung erheischen, ganz wegfallen. Durch die
auſserhalb des Geleises angeordnete Seilleitung (Rollen mit horizontalen und
vertikalen Achsen) wird auch das lästige Ueberfahren. des Seiles vermieden.