Titel: Ludw. Seyss' rotirende Schabmaschine für Münzplatten.
Fundstelle: Band 245, Jahrgang 1882, S. 61
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Ludw. Seyſs' rotirende Schabmaschine für Münzplatten. Mit Abbildung auf Tafel 6. Seyſs' rotirende Schabmaschine für Münzplatten. C. v. Ernst beschreibt in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1882 S. 263 eine neue, von Ludw. Seyſs in Atzgersdorf bei Wien construirte Münzplatten-Schabmaschine, bei welcher das Schneidwerkzeug in einiger Entfernung vom Mittelpunkt der Münzplatte ansetzt und gegen den Umfang hin einen spiralförmigen Span wegnimmt. Hierbei bleibt die Mitte der Münze für erhabenere Prägung unberührt. Dieses so nahe liegende Auskunftsmittel scheint auf den ersten Blick nichts Neues zu bieten, denn Aehnliches wurde schon vor langer Zeit durch das rotirende Schaben in mehreren Münzstätten bewirkt. Entweder die Münzplatte wurde in die Docke einer Drehspindel gespannt und das Messer vom Arbeiter gegen dieselbe gedrückt (Venedig), oder das Messer wurde durch einen Mechanismus in drehende Bewegung versetzt und die Münzplatte gegen dasselbe gepreſst (Mailand). In beiden Fällen erhielt man kreisförmige Schabreifen auf der Oberfläche der Münzplatte, welche, wenn es wünschenswerth erscheinen mochte, das Centrum derselben frei lieſsen. Allein bei diesen Methoden wurden die Platten in der Regel erst nach wiederholtem Schaben, welches jedesmal ein Ausheben und Nachwägen derselben nothwendig machte, richtig, da eben der Arbeiter das Messer oder den Träger der Münzplatte mit der Hand herandrücken muſs und von einer gleichförmigen Wirkung daher keine Rede sein konnte. Zudem gehörte eine groſse Geschicklichkeit dazu, die Platte nicht zu verschaben. Sie wurde daher, ebenso wie bei den Hobelmaschinen mit horizontaler Hin- und Herbewegung, nur bis zu einer gewissen Grenze beschabt und zuletzt durch Feilstriche vollkommen just gemacht. Bei der Seyſs'schen rotirenden Schabmaschine werden alle diese Operationen selbstthätig zu Ende geführt; es genügt, die Münzplatten nach ihrer Schwere durch die Sortirmaschine in Klassen von verschiedenem unter sich gleichem Uebergewichte zu sichten und je nach der Stellung des Schneidwerkzeuges und der Gewalt, mit welcher die Platte gegen dasselbe gedrückt wird, entfernt dann ersteres genau jene Menge Metall von ihrer Oberfläche, welche nothwendig ist, um die Platte auf das richtige Gewicht zu bringen, wobei, wie erwähnt, das Centrum derselben unberührt bleibt. Die Art und Weise, in welcher die Maschine diese Aufgabe erfüllt und nebstbei eine ganze Reihe Bewegungen ausführt, welche ihre Hauptfunction unterstützen und sie denkbarst vollkommen zu Ende zu führen veranlaſst, möge mit Hilfe der Skizze Fig. 21 Taf. 6 erklärt werden. Die Münzplatten werden in die cylindrische Büchse F gefüllt und gelangen eine nach der anderen durch den Zubringer D in den Trichter C, wo sie sich senkrecht aufstellen. Der Fänger G verschliefst den Trichter, bis er, im richtigen Augenblick abgezogen, der Münzplatte gestattet, durch einen Kanal in den Kopf der Spindel S einzufallen. Die Platte gelangt hierdurch in das Centrum des Spindelkopfes c, wo dieselbe durch den eben herankommenden Kolben K gegen einen Stahlring gepreſst wird. Nun wirkt das glockenförmige Messer J, welches in H befestigt ist und zurückgeführt worden war, über dem Centrum auf die Platte und zwar mit einem Drucke, welcher durch das an dem Winkelhebel I angehängte Gewicht P geregelt ist. Dieses Gewicht P wird durch aufgelegte Metallplatten je nach Bedürfniſs, d.h. je nachdem mehr oder weniger Metall von der Münzplatte abgeschabt werden soll, regulirt. Während des Angriffes des Messers wird H allmählich gehoben, so daſs auf der in Rotation befindlichen Platte ein spiralförmiger Schabstreifen von 1 bis 3½ Umgängen ausgeführt wird. Nach diesem Vorgang tritt H zurück und senkt sich in seine ursprüngliche Stellung; auch der Kolben K tritt hinter den Einfallskanal zurück, der Fänger G öffnet sich, eine neue Münzplatte gleitet ein und treibt bei der Einpressung in den Ring die eben justirte Platte hinaus, welche in ein unterhalb angebrachtes Gefäſs W fällt, welches auch die Schabspäne auffängt, gegen deren Zerstreuung einige Schutzrinnen vorhanden sind. Diese verschiedenen Bewegungen, welche sämmtlich von der Antriebswelle A ausgehen, werden durch eine Reihe sehr sinnreich angebrachter und in einander wirkender Mechanismen selbstthätig bewerkstelligt, so daſs die Bedienung der Maschine nur in der Füllung der Büchse mit den zu justirenden Münzplatten besteht. Die Welle A, welche durch eine seitwärts angebrachte Riemenscheibe bethätigt wird, überträgt die Bewegung einerseits durch ein aufgesetztes Kegelrad auf die Spindel S, andererseits durch Zapfeneingriffe (1 : 6) auf die Welle B. Diese zweite Arbeitswelle wird also nach je 6 Umgängen von A einmal umgetrieben und jeder Umgang von B bildet einen Vollzug sämmtlicher Spiele der Maschine zur Abfertigung einer Münzplatte auf je einen Lauf. Sechs solche Läufe sind auf einem Gestelle neben einander angebracht, welche sämmtlich von den gemeinschaftlichen Wellen A und B bedient werden, so daſs also stets 6 Münzplatten gleichzeitig justirt werden. An der auf der Welle B aufgesetzten Scheibe M sind kleine Krummzapfen O angebracht, an welchen die Hebel U hängen. Unter den Winkelhebeln I läuft beiderseits eine im Winkel abgebogene Schiene t hin, an welcher eine Achse q für die Hebel U angebracht ist, während die Winkelarme ts beiderseits am Hauptgestelle angelenkt sind. Daraus folgt, daſs während der Zapfen O einen Kreis beschreibt, der Stift p einen ellipsenartigen Weg im Sinne von O, die Schiene t aber einen nahezu senkrechten Weg auf und ab und der Zapfen r, in der Verlängerung von U, einen ellipsenartigen Weg im entgegengesetzten Sinne von p zurücklegt. Hierdurch ist bedingt, daſs, wenn die Umdrehung der Scheibe M in der durch den Pfeil angedeuteten Richtung fortschreitet, folgende Stellungen eintreten: 1) Durch das Ansteigen von O wird die Schiene t und somit der Hebel I gehoben und in Folge der Verbindung mit dem Hebel H durch die Stellschraube x tritt das Messer J zurück. – 2) Da gleichzeitig die Rolle R, durch den Doppelarm V genöthigt, in den Ausschnitt der Scheibe M einfällt, tritt der Kolben K von der eben justirten Münzplatte zurück. Zugleich wird der bei m an dem Doppelarm befestigte Fänger G zurückgezogen und die neue Münzplatte kann in den Spindelkopf c einfallen. – 3) Durch ein in p angehängtes Gestänge und Umsetzung der Bewegung durch einen Hebel wird der Rückgang des Zubringers D veranlaſst. – 4) Durch ein Gestänge zwischen r (an U) und r1 (an T) wird T gezwungen, sich drehend um r2, also niederwärts zu bewegen. Sobald die Rolle R aus dem Ausschnitte der Scheibe M zurücktritt, erfolgt die Einpressung der neuen Münzplatte durch den Kolben K, der Fänger G schlieſst den Trichter, t läſst den Winkelhebel I hinab, der Druck des Gewichtes P wird wirksam und das Messer J angedrückt. Während des Umganges des Krummzapfens O unterhalb dem Mittel der Welle B steht der Kolben K unter Druck ruhig; durch p wird der Zubringer D vorwärts bewegt, eine neue Platte in den Trichter C schiebend; i geht frei abwärts und r, mit r1 verbunden, nöthigt T (die gemeinschaftliche Stütze der Messerträger H) etwas abwärts zu steigen, um den Spiralgang des Schnittes zu erzielen. Die Stärke und Dauer des Schnittes, welche je nach dem gröſseren oder kleineren Uebergewichte der Münzplatten verschieden sein wird, wird theils durch die veränderliche Belastung bei P, theils durch die Stellschraube x geregelt, mittels welcher erzielt wird, daſs das Messer früher oder später von der Platte zurücktritt und daher auch mehr oder minder lang in Schnittthätigkeit bleibt. Die Messer haben, wie erwähnt, die Form einer Glocke erhalten, damit der Rand gleichförmig scharf auf einer Kugelform geschliffen werden kann. Der Schnitt nimmt stets nur einige Millimeter in Anspruch, während der übrige Umfang der Messerschneide in Reserve bleibt. Sobald eine Abstumpfung des thätigen Theiles wahrgenommen wird, ist nach Lüftung der Anziehschraube y das Glockenmesser etwas zu drehen, was ohne merkliche Unterbrechung der Arbeit geschieht. Die Antriebswelle A hat noch eine eigenthümliche Einrichtung in der seitwärts aufgesetzten Riemenscheibe. Diese, kapsel- oder dosenförmig gebaut, ist auf der Welle nicht fest; vielmehr ist der Angriff durch einen Mitnehmer und zwei im Rande der Riemenscheibe nach innen vorstehende Nasen vermittelt. Durch einen neben der Riemenscheibe gelegten, mit Handgriff versehenen Hebel und einen im Centrum der Welle A beweglichen Bolzen kann mit Verstellung des Hebels der Mitnehmer auf der Welle verkürzt werden, so daſs die Scheibe leer umläuft. Dies wird nun nicht allein angewendet, um den Gang der Maschine nach Willkür abzustellen, sondern die Maschine veranlaſst die Abstellung selbst bei jedem für die Zeit eines halben Umganges der Welle. Dieser Augenblick tritt ein, wenn die im Trichter C befindliche Platte, durch Abzug des Fängers G veranlaſst, nach dem Centrum des Spindelkopfes c gleitet, welche Ruhepause der Spindel auch die senkrechte Richtung des Gleitkanales entsprechen muſs. Aus der vorstehenden Beschreibung ist zu erkennen, daſs die rotirende Schabmaschine von L. Seyſs nach allen wünschenswerthen Richtungen hin das Vollkommenste leistet, was bisher auf mechanischem Wege erzielt worden ist. Sie hat sich auch in mehreren Münzstätten (Berlin, Hamburg, Frankfurt) mit einer Arbeitsleistung von 60 bis 70 Stück in der Minute bestens bewährt. Einen Beleg für die auſserordentliche Genauigkeit, mit welcher die Seyſs'sche Schabmaschine arbeitet, wird dadurch geliefert, daſs sie selbst zum Justiren der sehr kleinen goldenen 5-Markstücke mit stets gleich sicherem Erfolge verwendet wird. Ebenso gut dient sie aber für jede andere auch die gröſste Münzsorte, wenn je nach ihrer Gröſse die Büchse F, der Zubringer D, dann der Stahlring in S und die Kolbenköpfe an K geeignet gewählt werden, sowie eine Abänderung in der Stellung der Stifte r und p am Hebel U vorgenommen wird.

Tafeln

Tafel Tafel 6
Tafel 6