Titel: | Ueber Patinabildung; von Prof. Dr. Rud. Weber. |
Autor: | Rud. Weber |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 86 |
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Ueber Patinabildung; von Prof. Dr. Rud. Weber.
R. Weber, über Patinabildung.
Die aus Bronzelegirungen bestehenden, in groſsen Städten so vielfach aufgestellten
Bildsäulen zeigen der Mehrzahl nach ein so dunkles Ansehen, daſs sie nicht den
Eindruck von Gebilden aus edlen Metalllegirungen machen, sondern Güssen aus Eisen
oder aus solchen Metallen gleichen, welche man, wie es beim Zink zu geschehen
pflegt, mit einem Anstriche versah, der dann im Laufe der Zeit seine Farbe verändert
hat. Viele der in Berlin vorhandenen Statuen zeigen dieses Verhalten; sehr
ausgeprägt ist dasselbe an dem Standbilde Friedrich's
des Groſsen, an den Denkmalen von Thaer, dem Grafen von
Brandenburg, sowie an der Löwenkämpfergruppe
vor dem Museum, den Rossebändigern am Schloſsportale.
Mit dieser sehr dunklen, stumpfen Oxydhaut sind auch viele der Standbilder in
München, besonders die am Promenadeplatze und in den anstoſsenden Straſsen
aufgestellten, bedeckt und von den Pariser Bildsäulen zeigt die Mehrzahl – und zwar
sehr ausgeprägt z.B. die von Henry IV. – diesen rauhen,
unschönen, an Guſseisen erinnernden Ton.
Nur wenige der Bronzebildnisse sind mit einer grünen Oxydschicht bekleidet, welche
wegen ihres öfteren Auftretens an antiken Bronzen mit dem Namen „antike
Patina“ belegt wird. Diese Oberflächenschicht weicht nun nicht allein durch
ihre schöne, oft leuchtende Farbe von jenen miſsfarbigen Oxydhäuten ab, sondern sie
zeichnet sich durch Glätte, die sich zuweilen bis zum Glänze steigert, sowie durch
einen gewissen Grad von Transparenz aus, welcher das unterliegende Metall
durchschimmern läſst. Sie bedeckt meistens solche Bronzen nicht durchweg, sondern
wechselt mit bräunlichen Oxydbeschlägen, welche indessen gleichfalls glatt, sogar
oft glänzend sind und das edle Grundmetall nicht – wie die stumpfen, miſsfarbigen
Deckschichten – verschleiern.
Beispiele sehr schön patinirter Statuen sind das Standbild des Groſsen Kurfürsten in Berlin, mehrere kleinere in den
kgl. Gärten zu Potsdam aufgestellte Bronzen, so der Schäfer nach Thorwaldsen, der Bachus, von Hopfgarten
gegossen, ferner das Standbild des Kurfürsten Johann
Wilhelm in Düsseldorf.
Auch im Freien aufgestellte Geschützröhren, die oft mit
kunstvoll ausgeführten Ciselirungen versehen sind, zählen zu den Beispielen schön
patinirter Bronzen. So zeigt die Geschützgruppe im Garten vor dem Stadtschlosse in
Potsdam die Patina in ihrer charakteristischen Beschaffenheit, in ihrem vom leuchtenden Grün
zum lichten Braun sich abstufenden Colorit neben der ihr eigenthümlichen Glätte und
Transparenz. Schön grün sind auch oft die Theile bronzener Brunnen patinirt, welche vom Spritzwasser getroffen werden. Beispiele
bietet München an seinen öffentlichen Brunnen mehrfach dar.
An Gegenständen aus reinem unlegirtem Kupfer tritt ebenfalls zuweilen diese
Oberflächenfarbe sehr schön auf, so an den Kupferbedachungen des alten Rathhauses zu Breslau, des Japanischen Palais
in Dresden, des neuen Museums und auch an der Victoria-Gruppe auf dem Brandenburger Thore zu Berlin.
Zahlreiche Fälle bilden den Uebergang von dem einen zum anderen Extreme. Die
betreffenden Gebilde haben theils einen zwar ins Grün schimmernden, aber doch mehr
ins Dunkle ziehenden Farben ton, theils und zwar der Mehrzahl nach zeigen sie ein
entschieden dunkles Colorit und sind dabei stumpf. Diese rauhe, stumpfe Oxydhaut
wird nun einerseits vom künstlerischen Standpunkte als ein Mangel erachtet, weil sie
unschön ist, auch- das edle Metall nicht zur Wirkung kommen läſst; andererseits
tritt vom rein technischen Standpunkte das Bedenken hervor, daſs die reichliche
Bildung und Absonderung von Oxyd einen baldigen Vergang der feinen Conturen solcher
Bronzen zur Folge haben muſs.
Mannigfach hat man sich bestrebt, die Bedingungen zu erforschen, unter denen sich die
Bronzen mit einer Oberflächenschicht bekleiden, wie sie bei den antiken Statuen
vielfach auftritt. Daſs diese Erscheinung nicht lediglich durch das hohe Alter
bedingt wird, lehren gut patinirte, aus jüngerer Zeit stammende Güsse. Beispiele der
Art sind die oben erwähnten, in den kgl. Gärten bei Potsdam aufgestellten
Statuen.
Als nothwendige Vorbedingung für die Möglichkeit der Entstehung von Patina muſs
selbstverständlich eine reine Atmosphäre, eine die Bildsäule umgebende Luft
vorausgesetzt werden, welche keine die Metalle schwärzenden, zufälligen
Nebenbestandtheile (z.B. Schwefelwasserstoff, Cloakengase, oder auch reichliche
Mengen von Rauch, insbesondere fossiler, an Schwefel reicher Kohlen) enthält. Es ist
nicht zu erwarten, daſs in der Nähe stinkender Abzugsgräben derartige oxydische
Ueberzüge entstehen und sich erhalten werden, denn selbst die gebräuchlichen edlen
Metalllegirungen werden ja unter dem Einflüsse solcher Dünste schwarz.
Als einen der Patinabildung günstigen Umstand hat man die Feuchtigkeit angesehen. Man
stützt sich dabei auf die erwähnten, an den bronzenen Brunnen gemachten Erfahrungen,
sowie auf die allbekannte Beobachtung der raschen Oxydation zeitweilig befeuchteter
Metalloberflächen. Ein Salzgehalt der atmosphärischen Niederschläge, wie solcher in
der Nähe der Meeresküste bekanntlich allgemein vorhanden ist, begünstigt den
Oxydationsprozeſs der in den Bronzen enthaltenen Metalle.
Zu diesen äuſseren Bedingungen gehört auch die Beschaffenheit der Oberfläche der
Bronzen. Langjähriger Erfahrung gemäſs setzen dichte, glatte Flächen besser und
dauerhafter als poröse, ungleichmäſsige Oberflächenschichten an. Auf letzteren
erfolgt wegen der gröſseren Wirkungsfläche und wegen des Rückhaltes an Feuchtigkeit
der Oxydationsvorgang zu schnell; in Folge dessen verbinden sich die Oxydtheilchen
nicht zu harten, glänzenden, sondern nur zu lockeren, matt und glanzlos
erscheinenden Schichten. Darin liegt der Grund der alten Regel der Bronzeciseleure,
daſs sie die so oft porös ausfallende Oberflächenschicht des Metalles durch
kräftiges Hämmern verdichten.
Was nun diesen äuſserlichen Verhältnissen gegenüber den Einfluſs der Natur des
Metalles auf die Patinabildung betrifft, so lehren ja vieljährige Erfahrungen an den
mannigfaltigsten Gegenständen das sehr abweichende Verhalten der Zinklegirungen (des
Rothgusses, des Messings) gegenüber den Zinnlegirungen. Allbekannt ist es ja, daſs
das Messing namentlich in feuchter Luft leicht schwarz wird, mit einer stumpfen,
rauhen Oxydschicht sich überkleidet, während Gegenstände aus Bronze solchen
Einflüssen entschieden widerständiger, der Oxydation nicht in dem Maſse unterworfen
sind.
Obschon solche Erfahrungen denn doch den Gedanken nahe legen, daſs die
Zusammensetzung einen Einfluſs auf die Neigung der Güsse, in freier Luft sich zu
schwärzen, ausübt, so hat man in der neuesten Zeit doch immer wieder Standbilder
ausgeführt, die aus Legirungen mit namhaften Zusätzen von Zink bestehen (vgl. 1882
244 215). Dieser Gebrauch findet seine Erklärung
darin, daſs die Legirungen auch mannigfachen anderen Bedingungen zu genügen haben,
von denen einerseits das leichtere Gelingen des Gusses und andererseits
Erleichterungen der Nacharbeitung abhängen. Die hier namentlich in Betracht
kommenden Umstände sind folgende: Das Metall muſs so dünnflüssig werden, daſs es in
die feinen Conturen der Form eindringt. Es darf das Guſsstück beim Erkalten nicht
reiſsen; auch soll das Metall dabei nicht zu stark schwinden, da dann leicht
Höhlungen entstehen. Es sollen keine Ausscheidungen von besonderen Metalllegirungen
stattfinden, welche die Oberfläche ungleichartig und fleckig machen. Dabei soll das
Metall sich möglichst dicht gieſsen und soll nicht fein- oder gar grobporös werden.
Es soll ferner das Metall eine angenehme Farbe, nicht einen messinggelben, zu sehr
an Kupfer erinnernden Ton zeigen. Der Guſs soll sich leicht nacharbeiten lassen,
soll nicht zu hart, aber auch nicht gar zu weich sein, da sonst ein zu schneller
Vergang der Statuen zu besorgen ist.
In erster Linie stehen die auf die Dünnflüssigkeit, auf die Erhaltung der
gleichmäſsigen Metallmischung sich beziehenden Bedingungen. Auf Erleichterungen beim
Gieſsen und auf gröſsere Bequemlichkeit beim Ciseliren ist entschieden in vielen
Fällen mehr, als es hätte geschehen sollen, Bedacht genommen worden. So haben die Gieſser
vielfach den leichter gieſsbaren, leichter ciselirbaren Legirungen zu Ungunsten
anderer Eigenschaften den Vorzug gegeben. Erfahrungsmäſsig werden nun aber
Legirungen, welche nur Kupfer und Zinn enthalten, beim Erkalten leicht
ungleichförmig, indem aus der erstarrenden Metallmasse Gemische von anderer
Zusammensetzung, nämlich an Zinn reichere, härtere, sich abscheiden. Diese
Ausscheidungen bedingen nun einerseits eine ungleichförmige Färbung der
Metalloberfläche, andererseits erschweren sie oft wegen ihrer groſsen Härte die
Ciselirung. Zusätze von Zink und Blei, welches letztere vielfach in den
griechischen, römischen, auch in den egyptischen Bronzen angetroffen wird, mindert
diesen Uebelstand wesentlich ab. Namentlich wirkt das Zink sehr dieser Entmischung
entgegen; es bewahrt damit die Gleichmäſsigkeit der Metalllegirungen und bedingt dem
Ciseleur sehr erwünschte gleichartige Härte. Dabei begünstigt es die
Dünnflüssigkeit, verhindert das zu starke Einsinken des erstarrenden Metalles und
das in der Ausscheidung von Gasblasen beruhende Poröswerden. Auch das Blei wirkt auf
eine bessere Vereinigung von Kupfer und Zinn; davon ist aber nur ein kleiner Zusatz
zulässig, da es sich leicht abscheidet und die Oberfläche der Güsse fleckig
macht.
So hat sich denn das Zink seit langer Zeit beim Statuengusse eingebürgert und ist
auch in den Metallgemischen der Bronzen neuerer Zeit vielfach vertreten. Berühmte
ältere Kunstgebilde, so z.B. die Bronzen der Gebrüder
Keller (aus dem 17. Jahrhundert), die Güsse von Gor enthalten Zink in erheblichen Mengen. Auch in den neueren Statuen ist
es reichlich vertreten, so in der Kiſs'schen St. Georg-Gruppe im Schloſshofe zu Berlin und in
anderen Standbildern daselbst. Folgende Zahlen veranschaulichen die Zusammensetzung
solcher Bronzen und die groſse Variation hinsichtlich des Mischungsverhältnisses.
Die Analyse des Metalles der St. Georg-Gruppe, des Brandenburg-Denkmals hat der Verfasser kürzlich
ausgeführt:
StandbildLouis XIV. vonKellerVgl. Bibra: Die Bronze, S.
196.
StandbildLouis XV. vonGorVgl. Bibra: Die Bronze, S.
196.
St. Georg-Gruppezu
Lauchhammergegossen
Standbild v. Branden-burg, von
Gladenbeckgegossen
KupferZinkZinnBlei
91,40 5,35 1,70 1,37
82,45 10,30 4,10 3,15
90,52 6,98 2,30 0,86
89,15 8,59 1,76 0,32
Summe
100,00
100,00
100,66
99,82
Es bestehen selbst Statuen, bei welchen das Zinn nur einen der Menge nach völlig
untergeordneten Nebenbestandtheil darstellt, so die Gruppen der Rossebändiger zu Berlin. Die von dem Verfasser
ausgeführte Analyse ergab:
Kupfer
84,55
Zink
15,63
Blei
0,11
Zinn
0,14
––––––
100,43.
Diesen zinkischen Legirungen stehen diejenigen gegenüber, welche jenes Metall nur in
sehr untergeordneter Menge enthalten. Dazu gehören nicht allein die antiken Bronzen
aus der Blüthezeit griechischer und römischer Kunst, sondern auch die einer
wesentlich späteren Zeitepoche, wie das Standbild des Groſsen Kurfürsten in Berlin und eine gröſsere Zahl kleinerer, im Freien
aufgestellter Kunstgebilde. Sie zeigen, wie die oben erwähnten Schwierigkeiten des
Gieſsens und Ciselirens auch ohne Mitwirkung erheblicher Mengen von Zink überwunden
werden können.
Die trotz günstiger Luftverhältnisse oft eintretende Schwärzung der aus den
hergebrachten Metallgemischen gegossenen Bronzen lenkte die Aufmerksamkeit auf die
Zusammensetzung der Legirungen. Diesen Umstand hat C.
HoffmannVgl. Berliner Gewerbe- und
Industrie-Handelsblatt, 1843 S. 209. ins Auge gefaſst.
Er theilt die Bronzelegirungen in zwei Klassen, von denen die eine zu der Annahme
einer guten Patina geeigneter ist als die andere. Zu ersterer rechnet er die
Legirungen mit einem Gehalte von 11 bis 15 Proc. Zink bei 3½ bis 4⅓ Proc. Zinn. Die
an Zink reicheren (18,5 bis 31,5 Proc.) bezeichnet er als die andere Gruppe. Später
äuſsert sich fast gleichlautend Guettier (1849 114 281). In der Folgezeit wurden ähnliche Ansichten
ausgesprochen; von verschiedenen Seiten wird dem Zink ein schädlicher Einfluſs auf
die spätere Oberflächenbeschaffenheit zugeschrieben. Ganz allgemein ist im Publikum
die Meinung verbreitet, daſs das pechschwarze Ansehen des Denkmals Friedrich des Groſsen in dem erheblichen Zinkgehalte,
in der messingartigen Natur des dazu verwendeten Metalles beruhe. Dem gegenüber wird
nun aber von ariderer Seite geltend gemacht, daſs auch namhaft Zink enthaltende
Legirungen sich gut patiniren könnten. Sichere Normen, hervorgegangen aus
vergleichenden Beobachtungen, fehlen.
Mit der Frage über die Bedingungen der Bildung einer guten Patina hat sich auch der
Verein für Gewerbfleiſs in Berlin beschäftigt. Derselbe hat Analysen gut patinirter
Bronzen ausführen lassen und aus dem Ergebnisse den Schluſs gezogen, daſs Bronzen von der verschiedensten Zusammensetzung schön
grün werden können.Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleiſses, 1864 S. 27. Demzufolge sind wohl dessen
Bestrebungen namentlich auf die Ermittelung des Einflusses gerichtet gewesen,
welchen äuſsere Verhältnisse auf die Bildung der Patina ausüben, so besonders eine
sorgfältige, oft wiederholte Säuberung der Oberflächen durch Wasser. Auch wurden
Versuche über den Einfluſs dünner Fettschichten gemacht, welche bei Kupfer- und Messinggeräth in der
Haushaltung die Oxydation begünstigen. Es wurden zu dem Ende sowohl kleine Büsten,
als auch die in Berlin aufgestellten Standbilder von Friedrich dem Groſsen, Blücher u.a. während mehrerer Jahre mit Oel
überrieben. Nach dem zuletzt erstatteten Berichte ergibt sich als Resultat dieser
Versuche, daſs Bronzen von verschiedenster Zusammensetzung eine schöne grüne Patina
annehmen können, und daſs die Patinabildung durch öfteres Abwaschen, durch öfteres
Ueberreiben mit Oel befördert wird.
Der Verfasser kann hierbei nicht unbemerkt lassen, daſs durch jene Operationen, trotz
mehrjähriger Fortsetzung, auf den Berliner Standbildern grüne Patina nicht
hervorgerufen worden ist. Mannigfache Wahrnehmungen an im Freien aufgestellten
Denkmälern und an anderen Metallgegenständen haben den Verfasser zu der Ansicht
geführt, daſs das für die Patinabildung wesentlichste Moment die Zusammensetzung der
Legirungen ist. Welcher andere Erklärungsgrund läſst sich denn für die Thatsache
aufstellen, daſs durchaus unberührt gebliebene, zuweilen fast unzugänglich
aufgestellte Statuen mit den glatten, erst bräunlichen, dann ins Grüne mehr oder
weniger übergehenden Schichten sich bekleiden, während andere unter gleichen
äuſseren Verhältnissen eine Oxydhaut von wesentlich verschiedenem Charakter
bekommen.
(Fortsetzung folgt.)