Titel: | Ch. T. Liernur's selbstthätige Betriebseinrichtungen zur Entfernung von Abortstoffen aus Städten. |
Autor: | Mg. |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 113 |
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Ch. T. Liernur's selbstthätige Betriebseinrichtungen zur
Entfernung von Abortstoffen aus Städten.
Mit Abbildungen auf Tafel 10.
Liernur's pneumatisches Abortsystem.
Das Liernur'sche Verfahren zur unterirdischen Entfernung
von Abortstoffen aus Städten besteht bekanntlich (vgl. 1869 192 430. 1871 199 335. 418. 201 86. 1874 214 490) in der
Schaffung gröſserer Behälter zur direkten, aber nur vorläufigen Aufnahme der aus den
Häusern kommenden Abortstoffe; es werden die in diese Behälter einmündenden Rohre
beständig oder in gewissen Zwischenräumen durch Erzeugung einer Luftverdünnung (etwa
¾ Vacuum) im Behälter in diesen entleert. Aus diesen Sammelbehältern wird nun der
Stoff auf dieselbe Weise auſserhalb der Stadt befördert. Das Verfahren beim Betrieb besteht nun: 1) in der
Herstellung einer theilweisen Luftverdünnung in den erstgenannten
Bezirksammelbehältern durch Oeffnen und darauf folgendes Schlieſsen eines Hahnes
zwischen letzterem und dem Hauptabzugsrohr, in welchem mittels der Betriebsmaschinen
eine beständige Luftverdünnung erhalten wird; 2) in der Ueberführung der Abortstoffe
in den Bezirksammelbehälter durch Oeffnen und Schlieſsen der betreffenden Hähne und
3) in der endlichen Entleerung des Bezirksbehälters in den Hauptkessel durch Oeffnen
und Schlieſsen des Hahnes im Hauptabführrohr. Die Ausführung dieser Bewegungen
geschah bislang durch Arbeiter, brachte aus diesem Grunde aber allerlei
Unzuträglichkeiten mit sich, weshalb sich Ch. T.
Liernur in Haarlem (*D. R. P. Kl. 85 Nr. 17374 vom 9. August 1881)
entschlossen hat, den Betrieb der Bezirksammelbehälter völlig selbstständig in der
Weise zu gestalten, daſs die Entleerung der Behälter zu beliebig zu bestimmenden
Zeiten oder selbst fortwährend stattfinden kann. Zu diesem Zweck werden sämmtliche
Hähne durch das im Hauptrohr herrschende Vacuum bewegt.
Mit Hinweis auf Fig. 11 bis
14 Taf. 10 ist A ein Bezirksammelbehälter
mit dem Vacuumrohr B und dem Entleerungsrohr C. Die Rohre D bis G führen in die verschiedenen Straſsen des Bezirkes.
Sämmtliche Rohre steigen in der dargestellten Kammer senkrecht in die Höhe; sie sind
mit Hähnen H ausgerüstet, welche durch die
Vacuumcylinder K jeder für sich bethätigt werden
können. Wird im Obertheil eines Cylinders K ein Vacuum
erzeugt, so wirkt der Luftdruck durch den unteren offenen Cylinderdeckel auf den
Kolben und bewegt die gezahnte Kolbenstange und somit auch den Hahnkolben selbst; im
anderen Falle fällt der Kolben durch seine eigene Schwere.
Die Herstellung der Verbindung zwischen dem Cylinder und dem
Vacuumrohr einerseits und das Eintretenlassen von Luft andererseits wird durch die
für jeden Cylinder angeordneten kleinen Ventile d und
e veranlaſst. Von diesen bewirkt d die Verbindung zwischen einem vom Vacuumrohr B ausgehenden Zweigrohr B1 und dem zum Cylinder K führenden engen Rohr c,
während das Ventil e durch das Rohr c Luft eintreten läſst. Die zu den sämmtlichen
Cylindern K gehörenden Ventile d und e sind in einer Reihe auf dem Tische
L angebracht und können durch die auf der Walze M befindlichen und auf die Ventilhebel n wirkenden Daumen geöffnet und geschlossen werden.
Die Walze M wird von der Feder h aus mittels der auf der Welle O befindlichen Schnecke N1 und des Schneckenrades N betrieben; letzteres sitzt auf der Welle M1 der Walze M.
O trägt auſserdem ein Hemmungsrad l, in
welches die Hemmung des Pendels m eingreift, um die
Abwickelung der Feder zu reguliren. In dem Maſse, wie die Feder h abläuft, wird sie mittels eines kleinen
zweicylindrigen Vacuummotors S, unter Vermittelung des
Räderpaares R, der Welle Q, der Schraube P und des Schneckenrades O1, an dessen Umfang
das äuſsere Ende der Feder befestigt ist, wieder aufgezogen. Diese Feder dient somit
zur Uebertragung der Bewegung vom Vacuummotor aus, gleichzeitig aber auch zur
Absorbirung der Stöſse, welche durch die Absätze in der Bewegung des Hemmungsrades
bedingt werden. Die Bewegung des Vacuummotors ist daher auch trotz der Stöſse eine
ununterbrochene.
Da die Höhe der in dem Vacuumrohr vorhandenen Luftverdünnung
variabel ist, so bedarf der Apparat einer Vorrichtung, durch welche die
Geschwindigkeit des Motors S so regulirt wird, daſs die
Spannung der Feder h gleich bleibt und das Pendel
isochrone Schwingungen macht. Hierzu dient etwa folgende Einrichtung: Auf der
Schneckenwelle O ist durch eine Stellschraube die Hülse
q befestigt und auf dieser dreht sich das
Schneckenrad O1.
Zwischen letzterem und
der Hülse ist die Feder h mit einem Ende an O1, mit dem anderen an
der Hülse q befestigt. Die von dem Motor S ausgehende mechanische Arbeit wird somit zunächst zur
Spannung der Feder h verwendet und, wenn diese einen
bestimmten Spannungsgrad erreicht hat, zur Bewegung des Pendels m und der Walze M. Ist
aber in Folge eines zu hohen Vacuums die Leistung des Motors eine zu bedeutende, so
daſs das Uhrwerk dadurch eine ungeeignete Beschleunigung erfahren könnte, so stöſst
der am Rande von O1
befestigte Stift s gegen den Arm r einer Hülse p, welche
lose auf der Welle O sitzt und zum Theil von der Hülse
q umschlossen wird. Es findet eine relative Drehung
von p gegen q statt, in
Folge dessen sich p auf dem Stift o aus der Hülse q
herausschraubt und die Feder f zusammenpreſst.
Hierdurch wird dem Motor ein erhöhter Widerstand entgegengesetzt, indem das
Zusammenpressen der Feder einen Kraftaufwand erheischt. Gleichzeitig aber erfolgt
durch den Hebel g eine Drehung des Hahnes im Rohr i derart, daſs dessen Durchgangsöffnung verengt wird.
Bei eintretender Verringerung der Geschwindigkeit des Motors läſst der Druck des
Stiftes s gegen r nach und
die Feder f dehnt sich aus. Damit wird der Widerstand
gegen die Arbeitsleistung des Motors vermindert und, da die Hülse p zurückweicht, so erweitert sich die Durchgangsöffnung
des Hahnes im Rohr i.
Soweit die Anordnung jetzt beschrieben ist, dreht sich die Walze
fortwährend, so daſs demnach auch eine unaufhörlich sich wiederholende Entleerung
der Aborte veranlaſst wird. Soll die Entleerung jedoch, wie üblich, nur 1 oder 2mal
am Tage vor sich gehen, so ist auch die Walze nur nach der gewünschten Pause wieder
einmal zu drehen. Für diesen Zweck ist folgende Vorrichtung angegeben, welche die
lose auf der Welle M1
steckende Walze zur gewünschten Zeit kuppelt und die Verbindung nach einmaliger
Umdrehung wieder löst.
Auf der Welle M1 befindet sich ein verschiebbarer Kuppelmuff oder
Mitnehmer j, welcher die Walze M in Umdrehung setzt. Ferner wird von der Schnecke P1 auf Welle M1 ein Schneckenrad T getrieben, auf dessen Achse noch die Scheibe t steckt. Letztere ist mit einem Daumen t1 versehen, welcher
gegen den Zahn k1 des
Hebels h drückt. Dieser Hebel greift mit zwei Zapfen in
die Ringnuth des Kuppelmuffes j, welcher in der
Zeichnung als einfacher Mitnehmer angegeben ist. Das Rad T macht zusammen mit der Scheibe t eine
Umdrehung in 24 Stunden. Hat nun der Daumen t1 mittels des Hebels k
den Mitnehmer j der Walze genähert, so wird letzterer
beim Anstoſsen an den Stift w die Walze in Drehung
setzen. Nachdem diese eine Umdrehung vollbracht und damit das einmalige Oeffnen und
Schlieſsen der verschiedenen Hähne bewirkt hat, verläſst der Daumen t1 den Zahn k1, die Feder u drückt den Hebel h nebst
Mitnehmer j zurück und die Walze steht wieder still. Um
je nach Umständen eine oder mehrere Entleerungen an jedem Tage vornehmen zu können,
bringt man mehrere Scheiben t neben einander an, von
denen die erste einen Daumen t1 hat, die zweite deren zwei, die dritte drei
u.s.w., und macht diese Scheiben auf deren Achsen verstellbar.
Mg.