Titel: | J. Henin's Fördervorrichtung. |
Autor: | S–l. |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 208 |
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J. Henin's Fördervorrichtung.
Mit Abbildungen auf Tafel 16.
Henin's Fördervorrichtung.
In der Revue universelle, 1881 Bd. 8 S. 101 beschreibt
J. Henin in Farcienne, Frankreich, eine inzwischen
auch im Deutschen Reiche patentirte Fördervorrichtung (*D. R. P. Kl. 5 Nr. 9655 vom
20. September 1879), deren Prinzip darin gipfelt, von dem Fördergerüst den Weg von
einer Etagenhöhe zur anderen ohne Hilfe der Fördermaschine zurücklegen zu
lassen.
Zur Beschreibung der Vorrichtung ist es nöthig, den über Tage und in der Grube
befindlichen Theil derselben gesondert zu betrachten und ist über den ersteren
zunächst das Nachstehende zu bemerken: Die vier senkrechten Stangen A (Fig. 1 bis
3 Taf. 16) tragen in so viel verschiedenen Höhen Daumen a, b und c, als das
Fördergerüst Etagen besitzt; die Daumen liegen auf den Querstücken M, N und P auf und können
auf diesen seitlich innerhalb derjenigen Grenzen bewegt werden, welche die Coulissen
m, n und p gewähren,
innerhalb welcher sich die Stangen A mit Hilfe einer
aus den Theilen s und t
bestehenden Hebelvorrichtung verschieben lassen. Soll der Förderkorb aufgesetzt
werden, so nähert man die Daumen einander, so daſs sie die Stellungen a1, b1 und c1 einnehmen, und es
setzt sich der Förderkorb mit den Schuhen q auf, die
oben unter 45° abgeschrägt sind, um die Daumen nöthigenfalls aus einander schieben
zu können, wenn ja dieselben beim Aufgange des Gerüstes sich in der genäherten
Stellung befinden sollten. Auch die Eckrahmenstücke des Gerüstes tragen unten die
abgeschrägten Ansätze W, um die Daumen seitwärts
drücken zu können, wenn sie sich nach dem Vorübergange des oberen Gerüsttheiles
wieder geschlossen haben. Hat sich das Gerüst auf die obersten Daumen aufgesetzt, so
wird der auf der ersten Etage stehende Förderwagen abgezogen, worauf man die Daumen
ausrückt und dasselbe Spiel bei jeder Etage wiederholt.
Wesentliche Vortheile der Einrichtung sucht Henin darin,
daſs das Gerüst lediglich auf Zug, nicht aber auf Druck in Anspruch genommen wird,
daher eine gröſsere Widerstandsfähigkeit besitzt und daſs in Folge jener
Inanspruchnahme die festen Armstücken nach Befinden durch Ketten oder Seile ersetzt
werden können.
Der zweite Theil der Einrichtung ist der in der Grube befindliche, welcher in Fig.
4 bis 6 Taf. 16
dargestellt ist. Die Hauptrolle spielen hier vier hydraulische Cylinder A, welche durch die in h
sich vereinigenden Rohre f und g unter einander verbunden sind. Der Theil h
besitzt die Höhe des Förderkorbes und mündet in einen Wasserbehälter, aus welchem
etwaige, beim Gebrauch der Vorrichtung entstehende Wasserverluste ersetzt werden
können. Die in den Cylindern gehenden Kolben tragen bewegliche Daumen a, welche durch Anschlagen an die Knaggen c um Zapfen d in einem
Winkel bis zu 72° aufwärts gedreht werden können und, wenn in der Horizontallage
befindlich, auf den Knaggen b aufliegen. Soll nun das
Fördergerüst aufgesetzt oder vielmehr aufgehängt werden, so bringt man mittels einer
Hebelvorrichtung die Daumen a in die horizontale Lage
a1, wodurch
gleichzeitig die Knaggen c die Stellung c1 einnehmen und die
Hähne P sich schlieſsen. Es setzt sich hiernach das
Gerüst mit den Schuhen q auf die Daumen auf; nunmehr
läſst der Maschinist noch ein Stück Seil, dessen Länge der Gerüsthöhe entspricht,
vom Seilkorbe ablaufen; durch Oeffnen der Hähne P wird
der Förderkorb sodann von dem Anschläger bis in die Füllortsohle niedergelassen; die
Hähne werden geschlossen und dann kann der erste leere Wagen abgezogen und durch
einen vollen ersetzt werden, ein Verfahren, welches sich für jede folgende Etage
wiederholt. Ist darauf das ganze Gestell neu besetzt, so tritt die Fördermaschine
wieder in Thätigkeit, wobei gleichzeitig die Hähne P
geöffnet werden, so daſs die Kolben erneut ihren höchsten Stand einnehmen; durch ihr
Aufsteigen werden die Daumen a mit den Knaggen c in Berührung gebracht, wodurch sie in die Lage a zurückgehen und der Weg für das Gerüst geöffnet wird.
Hähne und Daumen bleiben dann offen, bis das nächste Gerüst sich wieder aufsetzen
soll.
Vortheile sollen auſser den bereits für die Einrichtung über Tage angegebenen noch
sein, daſs das in der Grube befindliche Gerüst in seinen Bewegungen von dem über der
Hängebank stehenden völlig unabhängig ist und daſs ein sehr schnelles Besetzen der
Gerüste zu ermöglichen sei.
Ein nicht unwesentlicher Mangel der an sich schon etwas umständlichen Maschinerie,
den Henin nicht berührt, liegt freilich darin, daſs
durch das Lockern des Treibeseiles, sobald das Gerüst in der Grube sich aufgesetzt
hat, Hängeseil entsteht, das eine wesentlich stärkere Seilabnutzung veranlaſst, als
solche bei der Gerüstförderung im Allgemeinen stattfindet, bei welch letzterer sonst
stets die Seile straff angespannt bleiben. Die Länge des Hängeseiles aber muſs im
Ganzen der doppelten Gerüsthöhe gleich sein, da beim Beginn des Wagenwechsels das
über Tage befindliche Gerüst mit seiner untersten Etage in der Hängebanksohle, das
in der Grube hängende gleichfalls mit seiner untersten Etage in der Füllortsohle zu
stehen hat, beide aber allmählich so weit gesenkt werden, daſs unmittelbar vor dem
Einsetzen der Förderung je die obersten Etagen in den bezeichneten Sohlen stehen;
denn, wollte man bei dem aus der Grube getriebenen Gerüst mit Entleerung der
obersten Etage beginnen, so würde zum Fortrücken das Eingreifen der Fördermaschine
unentbehrlich sein.
Jedes Gerüst wird während des Wagenwechsels aus dem höheren Stande nach und nach mit
Hilfe seines Eigengewichtes gesenkt; diese Senkung erfolgt durch die in der Grube
getroffene Anordnung sehr leicht ohne Stoſs, weil die weitere oder geringere
Oeffnung der Hähne über die Geschwindigkeit des Ganges entscheidet. (Ein Versehen
freilich läſst sich nicht wieder gut machen, da das zu weit niedergelassene Gerüst
nur durch die Maschine zu heben ist.) Für das über Tage befindliche Gerüst aber
liegt die Sache anders, da hier eine Bremsvorrichtung fehlt, der Ausläufer selbst
also mit dem Gerüst nicht hantiren kann, wenn dasselbe nicht den gefährlichsten
Stöſsen ausgesetzt sein soll; daher erübrigt einzig, die Bremse der Fördermaschine
bezieh. diese selbst, wenn auch ohne die treibende Kraft, zu Hilfe zu nehmen.
In wie fern ein schnelleres Wechseln der Wagen erzielt werden soll als bei dem
gewöhnlichen Verfahren, darüber fehlen nähere Belege, da doch das Senken der Gerüste
mit groſser Vorsicht zu erfolgen hat, also schneller als mit Hilfe der Maschine kaum
stattfinden wird. Ueberhaupt scheinen die Vortheile der ganzen Einrichtung gegenüber
den Mängeln nicht genügend groſse zu sein, um dieser Förderung eine allgemeinere
Einführung in Aussicht stellen zu können.
S–l.