Titel: | Ueber die Verarbeitung der Melasse. |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 328 |
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Ueber die Verarbeitung der Melasse.
Patentklasse 89. Mit Abbildungen auf Tafel 23.
Ueber die Verarbeitung der Melasse.
Osmose. Das bereits i. J. 1855 von Dubrunfaut (1856 139 305.
1867 184 * 149. 186 44. 1868
189 * 143. 154) vorgeschlagene Osmoseverfahren ist
nach den Monatsheften zur Statistik des deutschen
Reiches, Januar 1882 im deutschen Zollgebiet für das Betriebsjahr 1880/81
in 121 Fabriken, gegen 111 im Vorjahre, eingeführt, während in 39 Fabriken, gegen 35
im Vorjahre, mittels eines der verschiedenen Elutions- oder Substitutionsverfahren
Melasse verarbeitet wurde. Bezüglich des Osmoseverfahrens wird aus der Provinz
Sachsen berichtet, daſs die erzielten Resultate im Allgemeinen günstig waren. Die in
dieser Provinz mit Osmose arbeitenden 48 Fabriken sollen durchschnittlich 1075k Rüben zur Darstellung von 100k Rohzucker verbraucht haben, während sich ohne
Anwendung der Osmose der Verbrauch an Rüben auf etwa 1250k belaufen haben würde. Bei diesen Erfolgen wird
eine weitere Verbreitung des Verfahrens erwartet, dessen Anwendung sich schon mit
Rücksicht auf die geringen, zu den günstigen Betriebsergebnissen in keinem
Verhältniſs stehenden Anlage- und Betriebskosten empfehlen soll. Die Steuerbehörde
in Breslau kommt jedoch zu dem entgegengesetzten Urtheil, daſs man nämlich über das
Stadium der Versuche immer noch nicht hinaus gelangt sei und nach den gewonnenen
Erfahrungen sich eher voraussetzen lasse, daſs die Osmose als zu wenig rentabel über
kurz oder lang wieder werde aufgegeben werden müssen.
Soweit bezügliche Zahlenangaben vorliegen, sind in 56 Fabriken der Steuerbezirke
Westpreuſsen, Sachsen, Hannover, Braunschweig und Anhalt zusammen aus 349556 Ctr.
(zu 100k) Melasse 78095 Ctr. oder 22,3 Proc. Rohzucker mittels des
Osmoseverfahrens gewonnen worden. In 5 von diesen Fabriken ist nur einmal osmosirt
und dabei aus 18 730 Ctr. Melasse eine Ausbeute von 3169 Ctr. oder 16,9 Proc.
Rohzucker erzielt worden; in 17 Fabriken sind bei 2maligem Osmosiren aus 111190 Ctr.
Melasse 26016 Ctr. oder 23,4 Proc. Rohzucker und in 8 Fabriken bei 3 maligem
Osmosiren aus 64461 Ctr. Melasse 18028 Ctr. oder 28 Proc. Rohzucker gewonnen worden;
bezüglich der übrigen von den oben angeführten 56 Fabriken liegen Angaben nicht vor,
ob und wie oft der Osmoseprozeſs wiederholt worden ist. Zu bemerken ist bei diesen
Angaben, daſs neben eigentlicher nicht mehr krystallisirbarer Melasse auch
Ablaufsyrupe vom 1. oder 2. Produkt verwendet wurden.
Von den sonstigen Melasse-Entzuckerungsverfahren kamen in den meisten Fällen das Scheibler-Seyffarth-Bodenbender'sche, auſserdem aber
auch das Manoury'sche Elutionsverfahren zur Ausführung;
nach dem Eisfeldt'schen Verfahren wurde in 2 Fabriken
gearbeitet. In einigen Fabriken wurde weiter das Substitutionsverfahren nach Drevermann oder Steffen in
Anwendung gebracht. Aus den vorhandenen Angaben über die durch Elution und
Substitution aus der Melasse gewonnene Zuckerausbeute geht hervor, daſs in 28
Fabriken mittels der Elution aus 376802 Ctr. Melasse (bezieh. Ablaufsyrup) 136375
Ctr. oder 36,2 Proc. Rohzucker, und in 2 Fabriken mittels der Substitution aus 15806
Ctr. Melasse u. dgl. 5630 Ctr. oder 35,6 Proc. Rohzucker dargestellt worden sind,
wobei übrigens zu erwähnen ist, daſs diese Angaben auf Berechnungen und Schätzungen
beruhen, da der Zucker nicht direkt aus der Melasse gewonnen wird, die
Zuckerausbeute also auch nicht direkt zu ermitteln ist. Die Direktivbehörde der
Provinz Sachsen gibt an, daſs in den 16 Fabriken, welche innerhalb ihres Bezirkes
mit Elution arbeiten, zur Darstellung von 100k
Rohzucker 996k Rüben genügt hätten. Bei dieser
Berechnung ist jedoch der gesammte Zuckerkalk, also auch derjenige in Rechnung
gezogen, welcher aus angekaufter oder aus früheren Betriebsjahren übernommener
Melasse hergestellt ist. Wenn nur der Zuckerkalk berücksichtigt wird, welcher aus
der Melasse des Betriebsjahres 1880/81 gewonnen wurde, so sollen ungefähr 1037k Rüben zur Darstellung von 100k Rohzucker erforderlich gewesen sein. Im
Allgemeinen stimmen die Berichte darin überein, daſs noch viel weniger, als
bezüglich der Osmose, in Betreff der anderen zur Ausführung gelangten
Melasse-Entzuckerungsverfahren, welche alle mit erheblichen Anlage- und
Betriebskosten verbunden sind, die bis jetzt gewonnenen Erfahrungen ein bestimmtes
Urtheil über Rentabilität und Lebensfähigkeit zulassen.
Eine österreichische Fabrik erzielte in den 2 letzten Arbeitsjahren nachfolgende
Resultate. Im Betriebsjahre 1881:
Syrup
vor
der
Osmose
75,44° Sacch.
51,38° Polar.
24,06 Nichtz.
68,10 Quot.
„
nach
„
„
37,26
28,25
9,01
75,82
Osmosewasser
2,33
0,65
1,68
27,89
819930k verarbeiteter Syrup gaben 701700k osmosirte Füllmasse, daher Syrupverlust
118230k oder 14,4 Proc. Die Ausbeute an
Rohzucker von durchschnittlich 94° Polarisation betrug 186900k oder 22,8 Procent des in Arbeit genommenen
Syrups:, die durchschnittliche Leistung eines Osmogens in 24 Stunden 1485k. An Pergamentpapier wurde 1 Bogen für je 540k Einlaufsyrup verbraucht.
Im Betriebsjahre 1882:
Syrup
vor
der
Osmose
80,30 Sacch.
53,19 Polar.
27,11 Nichtz.
66,24 Quot.
„
nach
„
„
37,10
27,65
9,45
74,47
Osmosewasser
2,45
0,66
1,79
26,53
986300k verarbeiteter Syrup
gaben 862000k osmosirte Füllmasse, daher
Syrupverlust 124300k oder 12,6 Proc. Die
Rohzuckerausbeute ist noch nicht bekannt. Die Osmosewasser wurden sämmtlich auf 40°
B. mit verfügbarem Retourdampf eingedampft und zur Erzeugung von Potasche verkauft;
erhalten wurden 103200k eingedampfter Wasser. Die
durchschnittliche Leistung eines Osmogens in 24 Stunden betrug 1550k, der Verbrauch an Pergamentpapier für 670k Einlaufsyrup 1 Bogen. Zur Reinigung der Apparate
wurde keine Salzsäure verwendet. (Zeitschrift für
Zuckerindustrie in Böhmen, 1882 Bd. 6 S. 336.)
Osmose-Entlastungspapier. Nach E. Löw (Daselbst S. 137) werden bei der Osmosearbeit nicht nur die
mechanischen Verunreinigungen des Wassers, sondern auch die durch das Erhitzen
desselben sich ausscheidenden festen Bestandtheile auf dem Pergamentpapier
abgelagert, wodurch dieses zuweilen schon nach 3 bis 5 Tagen brüchig und unbrauchbar
wird. Er empfiehlt zur Vermeidung dieser Uebelstände das gebräuchliche
Pergamentpapier entweder ein-, oder beiderseitig mit eigens für diesen Zweck
erzeugtem Entlastungspapier zu überdecken und so in den Osmoseapparat
einzusetzen.
Die Entlastungspapiere nehmen alle mechanischen Verunreinigungen sowohl aus der
Melasse, als auch aus dem Wasser auf, bewirken eine Filtration im Osmoseapparate
selbst und ermöglichen hierdurch, daſs das Pergamentpapier längere Zeit gut wirkend
erhalten bleibt, was eine seltenere Auswechslung des Pergamentpapieres und ganz
besonders die Erlangung eines gleichmäſsig guten Reinheitsquotienten bei der
Osmosearbeit zur Folge haben soll.
Die Vorrichtung zur Regelung des Zuflusses von Wasser und
Melasse in die Osmoseapparate von Bafa und Urban besteht aus dem mittels Kautschukschlauch c (Fig. 15
Taf. 23) an den Hahn b des Zufluſsrohres a befestigten U-Rohr f,
welches das Ausfluſsrohr i und bei g das Glasrohr e trägt.
Beim Betriebe wird zuerst die kalte, in dem Rohr a
angesammelte Melasse abgelassen und hierauf der Hahn b
theilweise geschlossen. Ist die Menge der durch den Hahn eintretenden Melasse
gröſser, als durch die Ausfluſsöffnung i abflieſsen
kann, so wird die Melasse in dem Glasrohr e bis zu
einer gewissen Höhe steigen und bei dieser so lange verbleiben, als der Druck, unter
welchem der Zufluſs aus dem Behälter erfolgt, gleich bleibt. Wird derselbe kleiner,
so sinkt die Flüssigkeit, deren Höhe man durch Verschieben der Marke k gekennzeichnet hatte, in dem Rohre e, steigt aber sofort wieder zu der gewünschten
ursprünglichen Höhe, wenn man den Hahn b mehr
öffnet.
Man kann somit nicht bloſs in gleichen Zeiträumen gleiche Flüssigkeitsmengen
ausflieſsen lassen, sondern auch je nach Bedarf die Ausfluſsmenge mit Leichtigkeit
und ohne Zeitverlust um eine beliebige Gröſse ändern, wenn man ein für alle Mal
durch vorausgegangene Versuche die Ausfluſsmengen bestimmt hat, welche gewissen
Höhen der Flüssigkeitssäule in dem Standrohr e
entsprechen. (Zeitschrift für Zuckerindustrie in
Böhmen, 1882 Bd. 6 S. 247.)
Die Neuerungen an Osmoseapparaten von Selwig und Lange in Braunschweig (*D. R. P. Zusatz Nr.
17433 vom 16. September 1881) beziehen sich wesentlich auf die Umschaltung des Wasser- und Melasselaufes. Die
Einrichtung des hierfür angewendeten Achtwegehahnes ermöglicht es, sämmtliche Rahmen
durch die oberen Kanäle mit dem Wassereinlauftrichter gleichzeitig in Verbindung zu
setzen, so daſs man beim Einleiten von Wasser in diesen Trichter und entsprechende
Oeffnung der beiden Entleerungshähne in allen Rahmen zum Zweck einer leichten und
gründlichen Reinigung derselben von darin abgesetzten Schmutztheilen u.s.w. einen
nach abwärts gehenden Wasserstrom erhält. Dieser Zweck wird aber nur unvollkommen
erreicht, wenn man statt des unbequemen und öfters zu erneuernden Bindfadenbezuges
der Rahmen zur Unterstützung des Pergamentpapieres im Inneren derselben horizontale,
mit einigen Durchbrechungen für den Durchgang des Wassers oder der Melasse versehene
Holzstäbe anbringt, indem der Schmutz oder andere Niederschläge, welche sich auf der
Oberfläche dieser Stäbe ablagern, auch durch einen nach unten gehenden Wasserstrom
wegen der zu geringen Geschwindigkeit desselben nicht genügend entfernt werden. Es
müssen daher in diesem Falle die Rahmen öfters mittels Abwaschens der Stäbe
gründlich gereinigt werden.
Eine solche zeitweilige gründliche Reinigung der Rahmen wird jedoch völlig
überflüssig, sobald man zur Unterstützung des Pergamentpapieres Spiralen verwendet,
welche den Umlauf des Wassers und der Melasse in keiner Weise hindern und eine zu
geringe Oberfläche haben, als daſs sich ein nennenswerther Niederschlag auf ihnen
absetzen könnte. Die Spiralen werden aus einem Material hergestellt, welches von den
Salzen der Melasse oder dem etwa zum Reinigen des Apparates benutzten angesäuerten
Wasser nicht angegriffen wird, namentlich Messing- und Kupferdraht, oder auch stark
verkupferter oder oxydirter Stahl- oder Eisendraht. Man kann die Spiralen jedoch
auch durch Aufschneiden von Röhren aus Messing, Kupfer, Hartgummi u. dgl. in einer
Schraubenlinie herstellen.
Die Spiralen werden in Entfernungen von 50 bis 70mm
von einander innerhalb der Rahmen ausgespannt und müssen alsdann einen äuſseren
Durchmesser haben, der 2 bis 3mm geringer als die
Rahmenstärke ist. Eine sehr bequeme Art der Befestigung in den Rahmen ist die in
Fig. 16 Taf. 23 abgebildete, wobei die beiden Spiralenden zu Oesen
umgebogen sind, um über Metallhaken, welche von innen in die Rahmenhölzer
eingeschraubt sind, gehängt zu werden. Die die Reinigung der Osmoserahmen so sehr
erleichternde gleichzeitige Verbindung der beiden oberen Circulationskanäle mit dem
Wassereinlauftrichter, sowie der beiden unteren Circulationskanäle mit dem
Melasseeinlauftrichter läſst sich auch bei solchen Osmoseapparaten, welche mit zwei
Vierwegehähnen zum Umschalten des Wassers und Melasselaufes versehen sind, leicht
herstellen. Bekanntlich steht der obere dieser beiden Hähne, deren Griffe mit
einander verbunden werden können so, daſs sich ihre Küken gleichzeitig drehen, mit
dem Wassereinlauf- und dem Melasseauslauftrichter sowie den beiden oberen Kanälen,
der untere dagegen mit dem Melasseeinlauf und dem Wasserauslauftrichter, sowie den
beiden unteren Kanälen des Apparates in Verbindung.
Gibt man diesen beiden Hähnen die in Fig. 17 und
18 Taf. 23 gezeichnete Einrichtung, so erhält man in der mittleren
Stellung des Kükens dieselbe Verbindung zwischen dem Wasser und
Melasseeinlauftrichter und den Kanälen des Apparates wie durch den Achtwegehahn
(vgl. Wagner's Jahresbericht, 1881 * S. 677). Der hintere Ausgang w des Vierwegehahnes ist mit dem Wassereinlauftrichter (bei dem unteren
Hahn mit dem Melasseeinlauftrichter durch m), die
beiden seitlichen Ausgänge n und p sind mit den beiden oberen Circulationskanälen
verbunden; an den vorderen Ausgang a schlieſst sich der
Melasseauslauftrichter (bei dem unteren Hahn der Wasserauslauftrichter) an. Nachdem
die Einmündungen der Ausgänge n und p in dem Hahngehäuse näher nach dem Eingang w als dem Ausgang a zu
liegen, sind dieselben in der (gezeichneten) mittleren Stellung des Kükens nur
theilweise durch den Steg i desselben verschlossen,
während dagegen a abgesperrt ist.
Man hat also in dieser Stellung des Hahnes die gewünschte Verbindung zwischen den
beiden Einlauftrichtern und den Kanälen des Apparates, bei welcher, wie durch die
Pfeile angedeutet, das Wasser aus dem Wassereinlauftrichter gleichzeitig in beide
oberen Kanäle, aus dem Melasseeinlauftrichter gleichzeitig in beide unteren Kanäle
eintritt, während keine Verbindung zwischen den beiden Auslauftrichtern und den
Kanälen des Apparates vorhanden ist.