Titel: | Ueber die Beurtheilung von Dampfkesselfeuerungen; von Ferd. Fischer. |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 357 |
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Ueber die Beurtheilung von Dampfkesselfeuerungen;
von Ferd. Fischer.
F. Fischer, über die Beurtheilung von
Dampfkesselfeuerungen.
Im Anschluſs an die früheren Mittheilungen (1879 232 *
237. 336) mögen zunächst die neueren Arbeiten auf diesem Gebiete kurz besprochen
werden.
Recht dürftig ist die Beurtheilung von Dampfkesselfeuerungen von J. DenferJ. Denfer: Die Dampfkessel. Deutsch von Th. d'Ester. (Berlin 1879. Pr. 36
M.) behandelt (a. a. O. S. 1 bis 15). Es fehlt jede Anleitung zur
Ausführung bezüglicher Untersuchungen, die (S. 3 und 5) angegebenen Zahlen für
Gewicht und specifische Wärme der Gase sind mit einer einzigen Ausnahme falsch,
nicht minder auch einige andere Angaben der fraglichen Abschnitte, so daſs das Buch
in dieser Beziehung völlig unbrauchbar ist.
L. H. ThielmannL. H. Thielmann: Handbuch über vollständige
Kesselanlagen. Mit vollständiger Berechnung der Dampfkessel u.s.w.
(Leipzig 1881. Preis 15 M.) erwähnt zwar Brennstoffe und
Gasanalysen, sagt aber nicht, in welcher Weise betreffende Versuche ausgeführt oder
die analytischen Resultate verwerthet werden sollen, sondern überläſst es dem Leser,
sich die betreffenden Angaben aus einer groſsen Zahl von älteren und neueren
Berichten über Verdampfungsversuche, welche ohne jede Bemerkung abgedruckt sind, zu
entnehmen. Wie wenig dies möglich ist, geht u.a. daraus hervor, daſs der Brennwerth
des Kohlenstoffes (a. a. O. S. 148) zu 7160c, an
anderen Stellen aber zu 8080° angenommen ist.
Noch mangelhafter sind die Angaben über Beurtheilung von Feuerungsanlagen von R. Ferrini.R. Ferrini: Technologie der Wärme,
Feuerungsanlagen u.s.w. Unter Mitwirkung des Verfassers aus dem
Italienischen von M. Schröter. (Jena
1878.) Die Brennstoffe sind (a. a. O. S. 116 bis 156) sehr
oberflächlich besprochen, zur Untersuchung der Feuergase wird nur der längst als
unbrauchbar erkannte Apparat von Schinz (vgl. 1878 227 173) näher beschrieben (Bunsen wird nicht erwähnt) und dann (S. 284) behauptet, daſs man die
Kohlensäure mit Potasche, die Kohlenwasserstoffe mit Schwefelsäure bestimme. Solche
Fehler sollte man doch vermeiden.
Besser behandelt J. SchnirchJ. Schnirch: Instruktion zur Durchführung der
Controle in den Kesselhäusern. (Pardubitz 1881.) diese
Untersuchungen, indem er wesentlich die Berechnungen nach Schwackhöfer ausführt, welche allerdings auch nicht ganz genau sind.
Keineswegs ausreichend ist es ferner, wenn in jeder Schicht nur eine Gasanalyse
ausgeführt wird; unrichtig die Angabe (a. a. O. S. 19), daſs eine Feuerung bei
Zuführung des 1,7 fachen der theoretischen Luftmenge an Luftmangel leideAuch A. Naumann behauptet fälschlich, der Kohle
müsse zur völligen Verbrennung das doppelte der theoretisch erforderlichen
Luftmenge zugeführt werden. (Vgl. A. Naumann;
Thermochemie, Braunschweig 1882 S. 539.)., obgleich die
Rauchgase kein Kohlenoxyd enthielten (vgl. 1879 232 345).
Von den veröffentlichten Verdampfungsversuchen sollen nur die neuesten erwähnt
werden. J. Schnirch berichtet in der Zeitschrift des Dampfkesseluntersuchungsvereins, 1882
S. 22 über zwei Heizversuche an einem Dampfkessel. Die Untersuchung der Rauchgase –
es werden nur 4 Analysen mitgetheilt – ergab, daſs das Kesselmauerwerk nicht dicht
war, so daſs kalte Luft zutreten konnte. Die Hauptresultate der beiden Versuche
waren folgende:
Versuch A
Versuch B
Dauer des Versuches
9 St 5 Min.
8 St. 5 Min.
Dampfdruck in den Kesseln
4at,1
3at,4
Temperatur des Speisewassers
17°
16,25°
Verdampftes Wasser
16129k
17991k
Mechanisch mitgerissenes Wasser
190,9
326
1qm Heizfläche
verdampft stündlich Wasser
8,97
12,06
Kohle wurde im Ganzen verbrannt
1839,5
2301,5
Auf 1qm Rost
stündlich
59,36
88,97
1k Kohle verdampft
Wasser
8,768
7,818
Asche in Proc. Kohle
9,54%
8,28%
Temperatur im Fuchse
207,4°
237°
Luftüberschuſs n-fach
n =
1,81
1,81
Theoretischer Heizwerth der Kohle
6647c
6647c
An Wasser abgegeben
5576c
4968c
Ausnützung
83,00%
74,74%
Verlust
durch
den Schornstein in Proc. Kohle
12,05
14,52
„
„
unvollkommene Verbrennung
1,50
1,36
„
„
Einströmen kalter Luft
1,82
1,38
„
„
mitgerissenes Wasser im Dampfe
0,21
0,28
„
„
Flugruſs
0,32
0,40
„
„
Verlegen mit Flugasche u. dgl.
1,01
1,03
„
„
Erhitzung der Rückstände, Strah-lung der Flammen u.
dgl.
–
5,67
Gesammtverluste
16,91%
25,26%.
Das Resultat, namentlich des ersten Versuches, ist so auffallend günstig, daſs
anscheinend die wenigen Analysen nicht dem richtigen Durchschnitt entsprechen. – Im
Wesentlichen dasselbe gilt von einem Heizversuche mit einem Sicherheitsröhrenkessel
von J. C. Schmidt (1881 242
* 400), welcher nach dem Bericht im Organ für
Rübenzuckerindustrie, 1882 S. 343) nur 3½ Stunden dauerte; die Rauchgase
wurden nur 5mal untersucht. Wie wichtig aber sorgfältigere Untersuchungen sind, wird
auch von Prof. F. V. Götter in der Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1882 S. 129
bestätigt, wonach in der Zuckerfabrik Mochov der Kohlen verbrauch in Folge einer
besseren Ueberwachung der Feuerung von 29,6 auf 18,8 Proc.der verarbeiteten Rüben
herunter gegangen ist. Dennoch war, wie sich aus den mitgetheilten Angaben ersehen
läſst, auch jetzt noch die Feuerung keineswegs musterhaft, da die Rauchgase mit 381
bis 424° und einem
Kohlensäuregehalt von nur 6,4 Proc. entwichen, so daſs auf Grund fernerer
Untersuchungen leicht noch weitere erhebliche Ersparungen gemacht werden könnten
(vgl. 1879 232 344).
Um zunächst eine Durchschnittsprobe der verwendeten
Kohlen zu erhalten, breitete Scheurer-Kestner
die zu einem Versuche bestimmten 20t Kohlen
gleichmäſsig auf einer 10qm groſsen Fläche aus,
theilte diese durch Schnüre in 100 gleiche Felder, entnahm aus jedem Felde etwa 1k Kohle und zerkleinerte die erhaltene 100k schwere Probe. Das Kohlenpulver wurde nun wieder
auf einer quadratischen Fläche ausgebreitet, diese durch diagonale Schnüre in 4
gleiche Dreiecke getheilt, wovon 2 gegenüber liegende entfernt, die beiden anderen
wieder gemischt und in gleicher Weise weiter getheilt wurden, bis eine Probe von nur
noch etwa 1k übrig blieb. Im Wesentlichen das
gleiche Verfahren wird auch von W. GyſslingW. Gyßling: Auswahl des Brennmaterials für
Dampferzeugung, München 1881 S. 67. und dem Wiener
Comité (vgl. S. 361 Note 10) empfohlen.
Beim Dampfkesselbetrieb kann das Verfahren zweckmäſsiger Weise dahin geändert werden,
daſs von jedem Karren der zugeführten Kohlen eine Schaufel voll in eine mit Deckel
versehene Kiste geworfen wird. Nach Beendigung des Versuches werden diese Kohlen
zerschlagen, gut gemischt, in erwähnter Weise 4 bis 5cm hoch ausgebreitet, wiederholt in 4 Theile zerlegt und von 2 gegenüber
liegenden Dreiecken eine Durchschnittsprobe von etwa 1k,5 in eine gut zu verschlieſsende Flasche gefüllt. Für genauere
Untersuchungen empfiehlt es sich auch von der zurückgelegten Hälfte in gleicher
Weise eine Durchschnittsprobe zu nehmen und diese getrennt zu untersuchen.
Sind die Kohlen naſs, so daſs während dieser Probenahme bereits ein Wasserverlust zu
befürchten ist, so werden von Zeit zu Zeit kleinere Durchschnittsproben von etwa
50g in Probegläschen mit Glasstopfen gefüllt,
um zur Wasserbestimmung zu dienen. Eine 44,01 Proc. Wasser enthaltende Braunkohle
hatte z.B. nach 24 Stunden bei 18° und 50 Proc. Luftfeuchtigkeit in offener Schale
bereits 9,03 Proc. Wasser verloren.
Bezüglich der Untersuchung der ins Laboratorium gelieferten
Proben ist zu bemerken, daſs dieselben völlig gepulvert werden müssen und
nicht etwa der schwerer zu zerkleinernde Rest beseitigt werden darf. Die Wasserbestimmung darf nicht in offenen Schalen
geschehen, wie u.a. folgende Versuche zeigen:
2g,471
Deisterkohle, auf einem offenen Uhrschälchen 2 Stunden auf 100°
erwärmt, wogen
2,423g
nach 1 Stunde auf 110°
2,435
nach 2 Stunden auf 110°
2,464
dann eine Nacht über Wasser
2,550
wieder 3 Stunden auf 110°
2,473
dann eine Nacht über Wasser
2,559
wieder 2 Stunden auf 110°
2,487
Die Kohle hatte also auf dem offenen Uhrglase in 2 Tagen 64mg oder 2,6 Proc. zugenommen und zwar, wie
folgender Versuch zeigt, durch Aufnahme von Sauerstoff (vgl. 1868 190 398):
4g derselben Kohlenprobe wurden
in einem Röhrchen 3 Stunden lang auf 100 bis 110° erwärmt und dabei 21 trockene,
Kohlensäure freie Luft übergeleitet; die Kohle verlor 1,778 Proc., die übergeleitete
Luft aber enthielt:
Wasser
1,844 Proc. der Kohle
Kohlensäure
0,125
Kohlenstoff
0,049
Wasserstoff
0,022
Die Kohle hatte also in den 3 Stunden 0,07 Proc. Kohlenwasserstoff und 0,125 Proc.
Kohlensäure abgegeben, dagegen 0,262 Proc. Sauerstoff aufgenommen. Wahrscheinlich
ist auch ein Theil der Kohlensäure und des Wassers erst durch Oxydation der
Kohlenbestandtheile gebildet. Bei der Bestimmung des Wassers in den fossilen
Brennstoffen ist daher der Zutritt der atmosphärischen Luft auszuschlieſsen, oder
doch möglichst zu beschränken.
Für technische Zwecke erwärmt man daher 2 bis 4g
des zu untersuchenden Brennstoffes zwischen zwei Uhrgläsern oder in einem Tiegel mit
gut schlieſsendem Deckel 2 Stunden lang auf 105 bis 110° im Luftbade, läſst erkalten
und wiegt. Die für die Elementaranalyse bestimmte Probe ist stets im Stickstoffstrom
zu trocknen.
Die Bestimmung der Asche geschieht durch Erhitzen von
etwa 5g der Probe in einer Platinschale. Die
sonstigen Untersuchungen wurden bereits anderwärtsF.Fischer: Chemische Technologie der
Brennstoffe, Braunschweig 1880 * S. 105. ausführlich
besprochen.
Enthält nun der fragliche Brennstoff c Proc.
Kohlenstoff, h Proc. Wasserstoff, s Proc. Schwefel, o Proc.
Sauerstoff und w Proc. Wasser, so erfordert 1k Kohle:
\frac{2,667\,c+8\,h+s-o}{100} Kilogr. oder
\frac{2,667\,c+8\,h+s-o}{100\times 1,43} Cubikm. Sauerstoff,
oder \frac{2,667\,c+8\,h+s-o}{21\times 1,43} Cubikmeter
atmosphärische Luft (L) zur vollständigen Verbrennung
(wenn dieselbe 21 Proc. Sauerstoff enthält; vgl. 1879 234
51).
Ungemein verschieden ist die Art der Berechnung des
Brennwerthes nach der sogen. Dulong'schen
Formel. VieleW. Avenarius: Chemisch-technische Analyse,
Braunschweig 1882 S. 32. verwenden die einfache Formel (vgl. 1874
213 70):
W=\frac{8000\,c+34500\,(h-1/8\,o)}{100} oder
auch W=\frac{8080\,c+34462\,(h-1/8\,o)}{100}
Andere berücksichtigen das hygroskopische Wasser, z.B.E. Kopp: Bolley's Handbuch der
chemisch-technischen Untersuchungen, Leipzig 1876 S.
533.:
W=\frac{8000\,c+34400\,(h-1/8\,o)-637\,w}{100}.
F. SchwackhöferBericht des von der niederösterreichischen Gewerbekammer eingesetzten Comité
zur Berathung über eine in Wien zu errichtende Versuchsanstalt für die
Erprobung des Heizwerthes von Brennstoffen. Redigirt von C. Völckner, Wien 1880 S. 11 und 47 (vgl. Schnirch a. a. O. S. 15). führt in
den Brennstoffanalysen den Sauerstoff nicht als solchen, sondern mit Wasserstoff
verbunden als „chemisch gebundenes Wasser“ auf, für welches die latente Wärme
ebenfalls in Abzug gebracht wird, so daſs sich unter Beibehaltung der hier gewählten
Bezeichnungen die Formel ergibt:
W=\frac{8080\,c+34462\,(h-1/8\,o)-637\,(w+9/8\,o)}{100}.
Wieder Andere stellen die Verdampfungswärme des gesammten bei der Verbrennung
gebildeten Wassers in Rechnung und zwar B. KerlB. Kerl und Stohmann: Technische Chemie,
Braunschweig 1876 Bd. 3 S. 867. mit 540c, Ferrini (a. a. O.
S. 135) mit 600 (abgerundet statt 637) und C. A. M.
BallingC. A. M. Balling: Metallurgische Chemie, Bonn
1882 S. 224. sogar mit 652c
(für 150°), so daſs nach:
Ferrini:
W=\frac{8100\,c+34500\,h-600\,(w+9\,h)}{100}
nach
Balling aber:
W=\frac{8080\,c+34462\,(h-1/8\,o)-652\,(w+9\,h)}{100}.
L. Grüner (1874 213 70. 242.
430) führt aus, daſs, wenn der feste Kohlenstoff 8080c gibt, dem vergasten Kohlenstoff, entsprechend dem Weiler'schen Gesetze (vgl. 1876 220 182) 11214c zukommen, so daſs der,
seiner Ansicht nach, wenig condensirte Kohlenstoff der Steinkohlen mehr Wärme
erzeugen müsse als der reine Kohlenstoff aus Holzkohle. Andererseits müsse man für
den im festen Zustande befindlichen Wasserstoff der Steinkohle eine niedrigere Zahl
als 34462c wählen, weil diese für den gasförmigen
Wasserstoff gelte. Er schlägt daher vor, für den Kohlenstoff der Steinkohlen 9000c, für den Wasserstoff 30000c einzusetzen, und empfiehlt zur Beurtheilung der
Kohlen die sogen. Immediatanalyse, da die Heizkraft der Kohlen mit der Menge des bei
der Destillation zurückbleibenden festen Kohlenstoffes zu- und abnehme. In derselben
Weise [8080 – (2 × 2473)] berechnet auch Bankine (vgl.
1868 189 44) die Vergasungswärme des Kohlenstoffes zu
3134c.
Sehr ähnlich ist der Vorschlag von HiltZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1875 S. 290. und Cornut, die
Kokesausbeute zu bestimmen und dann den Brennwerth der Kohle zu berechnen nach:
W=\frac{8080\,c_f+11214\,c_v+34462\,h}{100},
worin cf den festen, cv den flüchtigen Kohlenstoff bedeutet. Hierbei ist völlig
übersehen, daſs die Vergasung der Kohlenstoffes doch Wärme erfordert hat, so daſs
die Berechnung nach dieser Formel (abgesehen von der zu hohen Zahl für Wasserstoff)
zu hohe Werthe gibt.
(Schluſs folgt.)