Titel: | Mikroskopstativ mit Kugelgelenken; von A. Martens, Ingenieur in Berlin. |
Autor: | A. Martens |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 373 |
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Mikroskopstativ mit Kugelgelenken; von A.
Martens, Ingenieur in Berlin.
Mit Abbildung.
Martens' Mikroskopstativ mit Kugelgelenk.
Bei mikroskopischen Untersuchungen über die Gefügeverhältnisse der Metalle und
namentlich von Eisen und Stahl machte sich sehr bald das Bedürfniſs nach einem
Instrumente fühlbar, welches die Vornahme der Untersuchung auch an gröſseren Stücken
gestatten würde. Man ist nur selten im Stande, von gröſseren Metallstücken solche
Theile abzutrennen, welche sich direkt als Objekte für die mikroskopische
Untersuchung eignen. Diese Trennung ist häufig nur mit einem beträchtlichen Aufwände
von Zeit möglich und auch dann oft noch mit einer Beschädigung der interessantesten
Theile des Objektes verbunden. Die bisher gebräuchlichen Instrumente gestatten
durchweg nur die Anwendung von Objekten beschränkter Ausdehnung, so daſs also die
Untersuchung hierdurch ganz wesentlich erschwert ist.
Auch andere Arbeiten würden gefördert werden können, wenn die Mikroskop- oder
Instrumentenstative im Allgemeinen eine gröſsere Beweglichkeit besitzen würden.
Beispielsweise würde das Mikroskop auch für den Chemiker von gröſserer
Verwendbarkeit werden, wenn es gestattete, daſs er mit seinen Instrumenten und
Behältern direkt in das Gesichtsfeld desselben gelangen könnte; bei anatomischen
Untersuchungen am Thier, wie an Pflanzenstoffen würde es oft von groſsem Werthe
sein, wenn das Mikroskop so eingerichtet ist, daſs es ohne weiteres an die zu untersuchende Stelle herangeführt und dann in jeder
gewünschten Lage festgeklemmt werden kann. Ablese-Mikroskope, welche zur
Untersuchung von Flächen, mikrophotographischen Aufnahmen u. dgl. dienen sollen,
werden in vielen Fällen gute Dienste leisten, wenn sie ein bewegliches Stativ
haben.
Alle diese Erwägungen veranlaſsten mich über eine zweckmäſsige Construction eines
beweglichen Stativs nachzudenken und bewirkten nach mehrfachen VersuchenVgl. Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1880 Taf. 21. * D. R. P. Kl. 42 Nr. 15 545 vom 13.
April 1881. schlieſslich die Feststellung der beistehend
veranschaulichten Form.
Das Instrument hat einen schweren guſseisernen Fuſs, welcher auf einer ringförmigen
Sitzfläche den massiven halbkugelförmigen Objekttisch trägt. Dieser ist mit einer
kreisförmigen Tischplatte versehen, welche in den Tischkörper mehr oder minder tief
eingeschraubt werden kann. An der Tischplatte können kleinere Objekte mittels der
gebräuchlichen Klammerfedern festgeklemmt werden.
Textabbildung Bd. 245, S. 373
Die bewegliche Tischplatte ist nicht dringendes Erforderniſs, da man die Halbkugel
selbst auf ihrem Sitz beliebig drehen und neigen kann; sie ist aber für die Arbeit
recht bequem, namentlich wenn man ein Objekt nach einander von allen Seiten
beleuchten will. Alsdann muſs der zu untersuchende Punkt nahezu in die
Rotationsachse des Tisches gebracht werden. Ferner leistet die drehbare Tischplatte
beim Photographiren wesentliche Dienste, wenn man den Tisch so weit in den Untersatz
hineinschraubt, daſs der Objektpunkt mit dem Kugelmittelpunkt des Tisches zusammenfällt. Alsdann
kann man mit leichter Mühe die beste Beleuchtung durch Lagenänderung des Tisches
einstellen. Der halbkugelförmige Tisch muſs aus diesem Grunde sanft, aber so schwer
beweglich sein, daſs er in jeder Einstellung stehen bleibt. Dies wird dadurch am
besten erreicht, daſs man die auf ihren Sitz aufgeschlossene und darum leicht
bewegliche Kugelfläche mit einer Schmiere aus Talg und Wachs bestreicht, welche
genügend zähe ist, um den Tisch in seiner Lage festzuhalten.
Das eigentliche Stativ des Instrumentes ist ebenfalls sehr vielseitig beweglich.
Erreicht wurde dies durch Anbringung zweier Kugelgelenke, deren Kugeln hohl sind und
einen verhältniſsmäſsig groſsen Durchmesser erhalten haben. Die untere Kugel ist in
ein schalenförmiges Lager am Stativfuſs gebettet und kann in demselben mittels eines
Klemmringes festgeklemmt werden. Die zweite Kugel steht mit der ersten durch ein
knieförmiges Rohr in fester Verbindung und ist an der Schale, an welcher der Tubus
des Instrumentes befestigt ist, umgeben, welche durch den zugehörigen Klemmring auf
der Kugel festgeklemmt wird. Damit jederzeit ein sicheres Klemmen und somit eine
feste Einstellung des Tubus erzielt werden kann, sind die ringförmigen Klemmflächen
in den beiden Ringen möglichst nahe gegen die Mittelebene der Gelenkkugeln gerückt,
während die Klemmflächen in den Lagerschalen mehr von dieser Ebene entfernt sind.
Durch diese unsymmetrische Anordnung der Klemmflächen wird ein leichtes Loslassen
der Klemmung erzielt. Das Klemmen wird durch die beiden geränderten Schrauben in den
Klemmringen bewerkstelligt, denen eine Feder entgegenwirkt, Es geschieht das Klemmen
mit einer solchen Sicherheit, daſs man nach dem Anziehen der Klemmschrauben das
ziemlich schwere Instrument an dem Tubushalter aufheben kann, ohne die Einstellung
zu verändern.
Da es sich bei den Untersuchungen der Metalle u. dgl. fast regelmäſsig nur um geringe
Vergröſserungen handelt, so wurde für die Tubusverschiebung nur eine recht
ausgiebige Einstellung mittels Trieb und Zahnstange vorgesehen und von der
Anbringung einer eigenen Beleuchtungslinse Abstand genommen, weil es bei diesen
schwachen Vergröſserungen genügt, das Objekt in der gehörigen Weise dem Lichte
zuzuwenden, was ja bei der beschriebenen Einrichtung des Objekttisches immer leicht
ausgeführt werden kann.
Bezüglich der optischen Einrichtungen ist zu bemerken, daſs zunächst 3
Vergröſserungen mittels gewöhnlicher Wechsellinsen und Okular vorgesehen worden
sind, welche für die meisten Untersuchungen in der Praxis vollkommen ausreichend
sein werden. Dabei ist es jederzeit möglich, besondere Objektivsysteme dem
Instrumente zuzufügen. Das Instrument ist jedoch vornehmlich dazu bestimmt, in die
für feine Arbeiten weniger geschickten Hände des Praktikers und in Räumlichkeiten
überzugehen, die einem scharfen Staube sehr stark ausgesetzt sind; deshalb wird zum Schütze
der Objektivgläser vor dieselben eine planparallele Glaslinse eingeschaltet, welche
nach einer etwaigen Beschädigung sehr leicht ausgewechselt werden kann. Diese
Einschaltung ist zulässig, weil es sich nur um geringe Vergröſserungen handelt.
Bei der Untersuchung an sehr groſsen und schweren Stücken bringt man diese auf einer
passenden Unterlage in die richtige Stellung gegen das Tageslicht, stellt den Tubus
des zweckentsprechend aufgebauten Mikroskopes in die geeignete Einstellung und kann
die Untersuchung dem entsprechend auch noch an Stücken vornehmen, welche für die
gewöhnlichen Instrumente unzugänglich sind.
Das Instrument wird in der beschriebenen Form und Ausstattung
durch die Firma Franz Schmidt und Haensch in Berlin,
Stallschreiberstraſse Nr. 4 hergestellt.