Titel: | Die Bestimmung des Alkoholgehaltes gegohrener Flüssigkeiten; von Dr. G. Holzner, Professor in Weihenstephan. |
Autor: | G. Holzner |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 470 |
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Die Bestimmung des Alkoholgehaltes gegohrener
Flüssigkeiten; von Dr. G. Holzner, Professor in Weihenstephan.
Holzner, über Bestimmung d. Alkoholgeh. gegohrener
Flüssigkeiten.
Die genauesten und am meisten angewendeten Methoden zur Bestimmung des
Alkoholgehaltes gegohrener Flüssigkeiten beruhen auf der Ermittelung des
specifischen Gewichtes des von einer bestimmten Menge derselben erhaltenen
Destillates. Dieses wird entweder direkt bestimmt, oder aus dem specifischen
Gewichte der gegohrenen Flüssigkeit vor und nach der Austreibung des Alkohols
berechnet (indirekte Destillationsmethode).
Die direkte Bestimmung wird am bequemsten in der Weise ausgeführt, daſs G Gramm (75 bis 76g)
einer gegohrenen Flüssigkeit so lange der Destillation unterzogen werden, bis ein
enghalsiges Pyknometer (nach Reischauer), welches bis
zur Marke 50g destillirtes Wasser faſst,
entsprechend mit Destillat gefüllt ist.Das Destillat darf nur bis zur Marke reichen, wenn die Zimmertemperatur höher
ist als die Normaltemperatur. Hat das Destillat letztere erhalten und es
fehlen ein paar Tropfen, so wird Wasser zugegeben. Dieses wird
sodann in die Normaltemperatur versetzt und gewogen. (D
= Gewicht des Destillates, folglich 0,02 D = Sd = specifisches
Gewicht desselben.) Man sucht nun in der Tabelle den zu Sd gehörigen Alkoholprocentgehalt d. Sodann ist 100 : d = D :
A1 und daraus A1 = (Dd :
100), wobei A1 die
Alkoholmenge im Destillate bezeichnet. Den Gehalt (A)
der gegohrenen Flüssigkeit an Alkohol in Gewichtsprocent ergibt die Gleichung:
G\,:\,\frac{D\,d}{100}=100\,:\,A und daraus
A=\frac{D\,d}{G}.
Da d eine Funktion von D ist, so läſst sich für das Produkt Dd eine Tabelle herstellen. Nimmt man auſserdem G immer gleich, so kann man eine Tabelle berechnen, in
welcher man bloſs D aufzusuchen braucht, um A sofort zu erhalten.Eine solche Tabelle für Bieranalysen (Normaltemperatur 140 R.) befindet sich
in meiner Attenuationslehre Tab. VIII. (Verlag
von Wiegandt, Hempel und Parey. Berlin
1876.)
Es sei z.B. das Gewicht des Destillates von 76g Bier zu 49g,53
gefunden worden, so beträgt das specifische Gewicht (des Destillates) Sd = 0,9906, welchem
ein Alkoholgehalt von 5,45 Gew.-Proc. entspricht, d.h. 100g des Destillates würden 5g,45 absoluten Alkohol enthalten. Da aber nicht
100g, sondern nur 49g,53 Destillat vorhanden sind, so berechnet sich
die erhaltene Menge Alkohol (A1) nach der Proportion 100 : 5,45 = 49,53 : A1 und daraus A1
– 5,45 × 0,4953 = 2,699.
Dieser Alkohol ist in 76g Bier
enthalten; somit berechnet sich der Alkoholgehalt (A)
dieser Flüssigkeit = 76 : 2,699 = 100 : A und daraus
A 269,9 : 76 = 3,55 Gew.-Proc.Bei Benutzung meiner Tabelle (VIII) ist nur nöthig, in der 5. Spalte die Zahl
49,53 aufzuschlagen und die hierzu gehörige Zahl 3,552 in der 3. Spalte zu
entnehmen.
Für die Berechnung des specifischen Gewichtes des (hypothetischen) Destillates aus
dem specifischen Gewichte der gegohrenen Flüssigkeit vor der Entgeistung (Sf) und nach der
Austreibung des Alkohols (Se), indem man sie bis auf ⅔ des Volumens eindampft und sodann mit
destillirtem Wasser versetzt, bis das ursprüngliche Gewicht wieder erhalten wird,
sind verschiedene Formeln aufgestellt worden. Dieselben sind Ableitungen aus der
GrundformelVgl. Der bayerische Bierbrauer, 1877 S.
319.
S_d=\frac{v-v_1}{V-v_2} welche durch nachfolgende Ueberlegung
erhalten wird.
Das Bier (ohne Kohlensäure) besteht aus Extract und Weingeist. Nach Vertreibung des
Alkohols und Ersatz desselben durch Wasser besteht die Flüssigkeit aus Extract und
Wasser. Demgemäſs sind das Gewicht des Weingeistes (im Bier vor der Destillation)
und das Gewicht des Wassers einander gleich. Bezeichnet V das Volumen des zur Untersuchung verwendeten Bieres und Sf dessen specifisches
Gewicht, so ist das absolute Gewicht G = VSf. Hat das hierauf entgeistete Bier (nach
Zusatz der entsprechenden Menge Wassers) das Volumen v
und das specifische Gewicht Se, so ist das absolute Gewicht G = vSe. Wird durch v2 das Volumen bezeichnet, welches das
Extract im Biere einnimmt, so ist V – v2 das Volumen des
Weingeistes. Ebenso ist v – v1 das Volumen des Wassers (nach der Entgeistung), wenn v1 das Volumen
bezeichnet, welches das Extract in dieser Flüssigkeit einnimmt.
Da der Weingeist (vor der Entgeistung) und das Wasser (nach dem Abrauchen) gleiches
absolutes Gewicht haben, so verhalten sich die specifischen Gewichte (Sd für Weingeist und 1
für Wasser) umgekehrt wie die Volumen, also:
S_d\,:1=(v-v_1)\,:\,(V-v_2) und daraus
S_d=\frac{v-v_1}{V-v_2}
Drückt man die zu Sd gehörigen Alkoholgewichtsprocente mit d, die (gesammte) Alkoholmenge im untersuchten Biere
mit A1 und den
procentischen Alkoholgehalt mit A aus, so ist das
Gewicht des (hypothetischen) Destillates oder Weingeistes: D = (V – v2)Sd,
ferner:
100\,:\,d=(V-v_2)\,S_d\,:\,A_1 und
A_1=\frac{d\,(V-v_2)}{100}\,S_d, endlich
G\,:\,\frac{d\,(V-v_2)}{100}\,S_d=100\,:\,A
und
A=\frac{d\,(V-V_2)}{G}\,S_d=\frac{d\,(V-v_2)}{V}\
\frac{S_d}{S_f}=\frac{d\,(V-V_2)}{v}\ \frac{S_d}{S_e}.
Wäre bekannt, welches Volumen für den Extractrest vor und nach der Destillation in
Ansatz zu bringen wäre, so könnte man Sd und A genau
berechnen.
Korschelt (Der bayerische
Bierbrauer, 1876 S. 126) hat angenommen, daſs bei der Auflösung von Extract
in sehr verdünntem Weingeist oder Wasser keine Contraction stattfindet, so daſs v1 = v2 ist. Hiernach
wird:
S_d=\frac{v-v_1}{V-v_1} und
A=\frac{d\,(V-v_1)\,S_d}{G}
Nach obigen Bezeichnungen ist V = G :
Sf und v = G :
Se. Wird der Procentgehalt an Extract
(nach Balling's Tabelle) mit e und dessen Gesammtmenge mit E bezeichnet,
so ist:
100:e=G:E und E=0,01\
Ge.
Zieht man E und G ab, so bleibt das Gewicht des Wassers (H) übrig, nämlich: H=G-E=G-0,01\ Ge=G\
(1-0,01\ e). Da das Gewicht des Wassers zugleich dessen Volumen in
Cubikcentimeter ausdrückt, so ist das Volumen des Extractrestes:
v_1=v-H=\frac{G}{S_e}-G\,(1-0,01\,e)=G\,\left[\frac{1}{S_e}-\left(1-\frac{e}{100}\right)\right].
Demnach: V=\frac{G}{S_f},\ v=\frac{G}{S_e}
und
v_1=G\,\left[\frac{1}{S_e}-\left(1-\frac{e}{100}\right)\right].
V-v_1=\frac{G}{S_f}-G\,\left[\frac{1}{S_e}-\left(1-\frac{e}{100}\right)\right]=G\,\left[\left(\frac{1}{S_f}-\frac{1}{S_e}\right)+\left(1-\frac{e}{100}\right)\right]
und
v-v_1=G\,\left(1-\frac{e}{100}\right).
Setzt man diese Werthe in die Formel für Sd und A, so wird:
S_d=\frac{\left(1-\frac{e}{100}\right)}{\left(\frac{1}{S_f}-\frac{1}{S_e}\right)+\left(1-\frac{e}{100}\right)}
und A=d\,\left(1-\frac{e}{100}\right).
Nach der Annahme von Reischauer (1868 189 408) ist die Contraction bei der Lösung des Extractes
in Wasser und (sehr verdünntem) Weingeist gleich und so groſs, daſs das Volumen
unverändert bleibt, d.h. v1
= v2 = 0; demnach
ist:
S_d=\frac{v}{V}=\frac{G}{S_e}\,:\,\frac{G}{S_f}=\frac{S_f}{S_e}
und A=\frac{d\,v}{G}=\frac{d\,G}{G\,S_e}=\frac{d}{S_e}
Setzt man in der Reischauer sehen
Formel Se = 1, so wird
A = d, d.h. der
Alkoholgehalt des Bieres (oder Weines) wird dem eines Weingeistes gleich gesetzt,
dessen specifisches Gewicht Sd = (Sf : Se) ist. Auf dieser Annahme beruht
die Formel von Otto. Tabarié, Zenneck und Mair haben einen Ausdruck genommen, den man durch eine
weitere Vereinfachung erhält. Es ist nämlich:
S_d=\frac{S_f}{S_e}=1+\frac{S_f-S_e}{S_e}=1-\frac{S_e-S_f}{S_e}.
Für S_e=1 ist S_d=1-(S_e-S_f).
Die letztere Formel liefert für Sd kleinere Werthe als der Bruch Sf : Se, denn (Se – Sf) : Se < Se – Sf; folglich muſs auch, da d um so geringer ist, je mehr sich Sd der Einheit nähert,
der Alkoholgehalt des Bieres (oder Weines) nach der Formel 1 – (Se – Sf) gröſser werden. Wird die gegohrene
Flüssigkeit nach dem Abrauchen durch Zusatz von Wasser auf das ursprüngliche Volumen
(statt auf das ursprüngliche Gewicht) verdünnt, so wird das specifische Gewicht Se1 kleiner, folglich
Sd = (Sf : Se1) zu groſs und
demnach A zu klein. Danach ergeben sich folgende
Formeln:
Korschelt:
S_d=\frac{1-0,01\,e}{\left(\frac{1}{S_f}-\frac{1}{S_e}\right)+\left(1-\frac{e}{100}\right)}
und
A=d\,\left(1-\frac{e}{100}\right)
Reischauer:
S_d=\frac{S_f}{S_e}
und
A=\frac{d}{S_e}
Otto:
S_d=\frac{S_f}{S_e}
und
A=d
Zenneck:
S_d=1-(S_e-S_f)
und
A=d.
Beispiele: Es sei das specifische Gewicht eines Bieres Sf = 1,0140 und nach
der Ersetzung des Weingeistes durch Wasser Se = 1,0204,
folglich e = 5,1 gefunden; dann ist nach:
Korschelt:
S_d=\frac{1-0,051}{\left(\frac{1}{1,0140}-\frac{1}{1,0204}\right)+(1-0,051)}=\frac{0,9490}{0,0062+0,9490}=0,9935
Für Sd = 0,9935 ist d = 3,65 und A = 3,65 (1 – 0,051) = 3,65 × 0,949 = 3,46.
Reischauer: Sd = 1,0140 : 1,0204 = 0,9937, d = 3,54 und A = 3,54 :
1,0204 = 3,47.
Otto: Sd = 1,0140 : 1,0204 = 0,9937 und A = d = 3,54.
Zenneck; Sd = 1 – (1,0204 – 1,0140) = 1 – 0,0064 =
0,9936 und A = d =
3,59.
Somit ist der Alkoholgehalt nach Korschelt = 3,46, nach Reischauer = 3,47, nach Otto = 3,54 und nach Zenneck = 3,59
Gew.-Proc.