Titel: | Direktwirkende Balanciermaschinen für Wasser und Luft; von Prof. Georg Wellner in Brünn. |
Autor: | Georg Wellner |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 477 |
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Direktwirkende Balanciermaschinen für Wasser und
Luft; von Prof. Georg Wellner in Brünn.Im Auszug aus dem Jahrbuch für Berg- und
Hüttenwesen, 1882 S. 92.
Mit Abbildungen auf Tafel 32.
Wellner's direktwirkende Balanciermaschinen für Wasser und
Luft.
In den Balanciermaschinen, wie man sie heutzutage als Dampfmotoren, sowie zum Pumpen-
und Gebläsebetrieb in vielerlei Combinationen ausgeführt findet, bewegt sich überall
die treibende (active), oder die geförderte (passive) Substanz (nämlich Dampf, Wasser, Luft) in abgeschlossenen Cylindern unter specifischem Druck
auf hin- und hergehende Kolben. Es unterliegt nun keiner besonderen Schwierigkeit,
Maschinen mit oscillirenden Balanciere oder Hebeln in zweckmäſsiger Weise auch dort
anzuordnen, wo die flüssige Substanz in offenen Gefäſsen durch ihr Eigengewicht oder
ihren Auftrieb in der Art ins Spiel kommt, wie es bei Wasserrädern und
Wasserschöpfrädern, bei LufträdernVgl. Armengaud: Les progrès de l'Industrie à
l'Exposition universelle 1868, Bd. 1 S. 64. Ferner G. Wellner: Die Brandung des Meeres, benutzt
für motorische Zwecke und zur Erzeugung von Kälte mittels Lufträdern in D. p. J. 1882 244 * 100. und Zellenradgebläsen (vgl. 1880 236 * 444), sowie bei Dampfrädern (1882 244 *
262) geschieht. Es wird hierdurch eine ganze Gruppe neuer Constructionen für
Wassermotoren, Wasser-Hebmaschinen und Gebläse erschlossen, welche zum wenigsten in
einzelnen Fällen nutzbringend werden kann, zumal die schwingende Balancierbewegung
in mancherlei Hinsicht gerade für Wasser- und Luftmaschinen zweckdienliche
Bedingungen erfüllt.
1) Hydraulische Motoren oder Wasserkraftmaschinen mit offenen
Zellen. In diese Maschinengattung gehören die bekannten Arten von Wasserrädern und sollen daran jetzt direktwirkende Balancier-Wasserkraftmaschinen angereiht
werden, von welchen eine einfache Construction in Fig. 1 und
2 Taf. 32 im Aufriſs bezieh. Grundriſs dargestellt ist.
Der auf dem Fundamentsockel F in O gelagerte, hinauf und herunter schwingende Balancier B trägt an dem einen Ende die offene Schaufelzelle Z zur Aufnahme des Wassers und am anderen Ende ein das
halbe Wassergewicht ausgleichendes Gegengewicht C. Die
Schubstange S überträgt die Oscillation auf die
rotirende Kurbel K der Transmissions welle A, auf welcher zum Behufe des
Geschwindigkeitsausgleiches ein entsprechendes Schwungrad R sitzt. G ist das Zufluſsgerinne und der
Vertikalabstand des Ober- und Unterwasserspiegels OW
und UW markirt das Nutzgefälle H.
Damit die Arbeitsleistung des fallenden Wassers ausgenützt werde, darf der
Wassereinlauf in die Schaufel nicht ununterbrochen fortdauern, sondern er muſs durch
eine Steuervorrichtung geregelt werden. In der obersten (in der Fig. 1
ausgezogenen) Stellung des Balancier strömt das Wasser in die Schaufelzelle ein,
füllt sie zum gröſsten Theile voll, wirkt dann beim Niedergang mit dem Ueberschuſs
des Wassereigengewichtes über das Gegengewicht und flieſst endlich in der untersten
(in Fig. 1 punktirten) Lage über den Rand der Schaufel selbstthätig ins
Unterwasser aus, worauf dann beim Emporsteigen der leeren Schaufel das sinkende
Gegengewicht auf der anderen Seite des Balancier zur Geltung kommt.
Die Steuerung für den ruckweisen Wassereintritt kann in verschiedener Art ausgeführt
sein und soll dabei nicht so auf vollkommenes Dichtschlieſsen, als auf gute
Entlastung des Steuerorganes Bedacht genommen werden. In den Fig. 1 und
2 ist die Einrichtung so getroffen, daſs eine Steuerstange T von einem Punkte des Balancier aus mittels des
Winkelhebels L eine einfache Schieberplatte P mit Schlitzöffnung am Boden des Gerinnes G hin- und herschiebt. An den Durchlaſskanal ist ferner
ein krummes Tauchrohr E angeschlossen, welches in eine
entsprechende Eintiefung der Schaufelzelle hineinpaſst und zwar zu dem Zwecke, damit
die Wasserzuströmung beim Füllen der Schaufelzelle ruhig und ohne Spritzen erfolge.
Auf diese Weise ist der Stoſsverlust, wie er bei Wasserrädern aufzutreten pflegt,
vermieden, zumal die Bewegung des Balancier am Schlüsse des Aufganges und bei Beginn
des Niederganges einen sanften Uebergang durch einen Ruhepunkt aufweist. Der
Schieber sperrt hierauf die Wasserzuleitung ab, die Geschwindigkeit der gefüllten
herabgehenden Schaufelzelle wächst bis zur horizontalen Lage des Balancier und die
nachfolgende Verzögerung endet mit allmählichem Uebergange abermals in einem
Ruhepunkt vor dem Hubwechsel. Diese unterste (punktirte) Stellung ist wegen ihrer
relativ langen Dauer für den ruhigen Ausfluſs des Wassers sehr günstig, indem
hierdurch sowohl das Gefälle, als auch die lebendige Kraft des Wassers, wenn auch
nicht vollständig, so doch zum gröſsten Theile ausgenützt werden kann. Die
Balancier-Wasserkraftmaschine erscheint in dieser Richtung sehr vortheilhaft und
erlaubt trotz der langsamen Endbewegung beim Hubwechsel bei richtiger Anordnung,
eine ganz erhebliche mittlere Geschwindigkeit, der Schaufel anzuwenden und
demzufolge so bedeutende Umlaufszahlen der Schwungradwelle zu erzielen, daſs die
Verlängerung der letzteren unmittelbar als Haupttransmissionswelle verwendet werden
kann.
Von Bedeutung ist es auch, daſs der Nutzeffect der Balancier-Wasserkraftmaschinen,
welcher auf 75 bis 85 Proc. geschätzt werden kann, auch für ungleichmäſsigen
Wasserzufluſs nahezu ungeschmälert bleibt, während der Nutzeffect von Wasserrädern
und Turbinen bei anormaler Wassermenge rasch abzunehmen pflegt. Zugleich mag erwähnt
werden, daſs unreines, mit Blättern und anderen schwimmenden Körpern gemengtes
Wasser hier den motorischen Effect nicht beeinträchtigen kann. Ein beachtenswerthes
Moment bildet ferner die Möglichkeit, nach Belieben, je nach der Stellung der Kurbel
bei der Ingangsetzung der Maschine, den Vorwärts- oder den Rückwärtsgang der Welle
einleiten zu können (wie
die Pfeile in Fig. 1
andeuten), was für einzelne Industriezweige von Wichtigkeit ist. Zum Schlüsse sei
noch auf die Billigkeit der Anlage hingewiesen.
Die Formel zur Bestimmung der Arbeitsleistung, welche für alle
hydraulischen Motoren gültig ist, lautet auch für die
Balancier-Wasserkraftmaschinen:
N = 40/3
ηMH . . . . . . . . (1)
Darin bedeutet:
N die Anzahl der effektiven
Pferdestärken,
η den Wirkungsgrad,
M die im Gerinne zuflieſsende
sekundliche Wassermenge in cbm,
H das Gefälle in m.
Auſserdem besteht hier zwischen dem nutzbaren Wasservolumen m der Schaufelzelle und der erzielten minutlichen
Tourenzahl n der Schwungradwelle offenbar noch die
Relation:
m × n = 60M . . . . . . . . (2)
Beträgt z.B. in einem speziellen Falle die zuflieſsende
Wassermenge M = 0cbm,5, das Gefälle H = 4m, so folgt für einen Wirkungsgrad η = 0,75 die motorische Arbeit in Pferdestärken nach
Gleichung (1) = N = 40/3 × ¾ × ½ × 4 = 20 und für die passende
Tourenzahl n = 40 nach Gleichung (2) der nothwendige
Fassungsraum der Schaufelzelle m = 0cbm,75.
In einem anderen Falle, für einen Kleinkraftmotor, dessen
Betriebswasser einem Bache entnommen ist, sei: M = 0cbm,04 oder 40l,
H = 1m,2, η = 0,8; dann ist: N = 0,5
und, für n = 60, m = 0cbm,04 oder 40l.
Man ersieht aus diesen Beispielen, daſs sich die direktwirkenden
Balancier-Wasserkraftmaschinen bei günstigen Umständen recht gut verwenden lassen
und, nachdem auch der Nutzeffect ein günstiger sein wird und die Anlage ohne viele
Schwierigkeit einfach und billig herstellbar ist, unterliegt es wohl keinem Zweifel,
daſs diese Gattung von Motoren zur Verwerthung der Wasserkraft in manchen Fällen gut
geeignet erscheint.
Neben der in Fig. 1 und
2 gezeichneten Anordnung lassen sich noch vielerlei andere auf dem
gleichen Prinzipe zusammenstellen und combiniren. Stellt man 2 Balanciers mit 2
Schaufelzellen neben einander und läſst man sie mittels zweier diametral stehender
Kurbeln an der Schwungradwelle abwechselnd wirken und arbeiten, so erhält man eine
hydraulische Doppelbalanciermaschine, ähnlich so,
wie man bei Betriebsdampfmaschinen mit Balancier häufig eine Doppelanordnung zu
wählen pflegt.
Fig.
3 Taf. 32 zeigt weiters eine Balancier-Wasserkraftmaschine mit Kurbelschleifenmechanismus und
Hahnsteuerung, welche sich vornehmlich durch einen beschleunigten Leergang,
d.h. durch eine raschere Hinaufbewegung der leeren Schaufel auszeichnet.
In Fig.
4 Taf. 32 ist ferner eine unterschlächtige
Balancier-Wasser-Kraftmaschine für kleine Gefälle dargestellt, wobei der im
Lagerzapfen O hängende, pendelartig oscillirende
Hebelarm B das Wasser partienweise in seine Schaufel
Z aufnimmt und jedesmal nach derselben
Sehwingungsriehtung motorischen Effect liefert, während die Rückschwingung, nachdem
das Wasser aus der Schaufel abgeflossen ist, leer geht. Die Steuerung geschieht bei
der in der Skizze gewählten Construction durch einen in der Schaufel befestigten
Dorn D, welcher in der einen Endstellung des Balancier,
gegen eine Klappe im Zufluſsrohr E stoſsend, den
Wassereintritt in die
Schaufel für so lange Zeit herbeiführt, bis sich die Klappe bei der Rückbewegung
selbstthätig schlieſst.
Die gewöhnlichen unterschlächtigen Wasserräder fallen sehr groſs und schwerfällig
aus, gehen sehr langsam und liefern nur 30 bis 55 Proc. Nutzeffect. Hier ist statt
des ganzen Schaufelkranzes nur eine einzige gröſsere
Schaufel in Thätigkeit; dieselbe erzeugt mittels des Kurbelmechanismus einen
schnelleren Gang und liefert bei richtig gewählten Verhältnissen gut 60 bis 75 Proc.
Nutzeffect, weil nahezu das ganze Stoſsgefälle ausgenutzt werden und das
ausflieſsende Wasser die Schaufel ruhig und mit sehr geringer Geschwindigkeit
verlassen kann.
Vergleichen wir diese unterschlächtige Balancier-Wasserkraftmaschine mit einem
Poncelet-Rade, dessen Radius der Länge des pendelnden Balancierarmes gleich wäre und
bei welchem die arbeitenden Zellen etwa ⅛ des Radumfanges einnehmen würden, so muſs
für eine bei beiden Motoren gleich gewählte mittlere Schaufelgeschwindigkeit die
Schwungradwelle der Balanciermaschine 4mal so schnell umlaufen als das Wasserrad.
Die Uebersetzung ins Schnelle gestaltet sich also für den ersteren Motor in dem
Verhältniſs 1 : 4 einfacher und auch das Gesammtgewicht des Motors dürfte ungefähr
nur den 4. Theil von jenem des Poncelet-Rades betragen.
2) Wasserhebmaschinen mit offenen Zellen. In diese
Kategorie von passiven Maschinen gehören die verschiedenen zumeist zur Wiesen- und
Ackerbewässerung dienenden Wasserschöpfräder, sowie sämmtliche Eimer-, Zellen- und Schaufelwerke, welche mit ihren Schöpfgefäſsen unter Wasser tauchen,
dasselbe anheben und dann oben in einen Trog ausschütten; es sollen denselben jetzt
direktwirkende Balancier-Wasserhebmaschinen
angefügt werden.
Wir haben es hier im Vergleich mit den vorher besprochenen Wasserkraftmaschinen
offenbar mit einer einfachen Umkehrung der activen in die passive Arbeit zu thun.
Das Wasser ist hier nicht die motorische treibende Substanz, sondern dasselbe soll
gehoben, gefördert werden; es bedarf also einer von auſsen hinzukommenden
Betriebskraft. Die Maschine liefert keine Arbeit, sondern verbraucht Arbeit, welche
ein Motor schaffen muſs.
In dem Ausnahmsfalle, als an jener Stelle, wo das Wasser angehoben werden soll, eine
Strömung mit genügender Wasserkraft zu Gebote steht, bieten die Wasserschöpfräder
den auſserordentlichen Vortheil, daſs man dieselben durch Anbringung von Schaufeln
an ihrem Umfange in einfacher Weise gleichzeitig als unterschlächtige Wasserräder
arbeiten lassen, folglich die Anbringung eigener Betriebsmaschinen ersparen kann. Wo
jedoch diese günstigen Verhältnisse nicht vorhanden sind – und dies ist der weitaus
häufigste Fall –, da muſs zur Wasserhebung Hand- oder Göpelbetrieb, endlich für
gröſsere Leistungen Maschinenbetrieb herangezogen werden und man verwendet dabei
auſser den Pumpen, welche hier nicht in Betracht kommen: sogen. Eimerwinden, Norias,
Kolbenkettenpumpen, Tympanums, Paternosterwerke und ähnliche Anordnungen, wovon die meisten sowohl in
constructiv-technischer, als ökonomischer Beziehung Mängel aufzuweisen haben.
Die Benutzung der schwingenden Balancierbewegung zur Wasserhebung mit offenen
Gefäſsen liefert wiederum recht brauchbare Formen und Combinationen sowohl für den
Hand–, als für den Transmissionsbetrieb. Die wechselnde Stellung des oscillirenden
Balancier gestattet ein selbstthätiges Anschöpfen der Schaufelzelle mit Wasser in
ihrer untersten Lage und ebenso selbstthätiges Ausleeren in der obersten Lage, wobei
abermals die Langsamkeit, mit welcher sich die auf- und abschwingende Schaufel
gerade bei Hubwechsel bewegt, dem ruhigen Wasserein- und Austritt in besonders
zweckmäſsiger Weise förderlich ist. Eine Steuerungsvorrichtung, wie sie bei den
Balancier-Wasserkraftmaschinen nothwendig war, ist hier überflüssig. Die schwingende
Bewegung des Balancier bietet sich unmittelbar für den Handbetrieb als sehr bequem
dar, so daſs für diesen Fall die ganze Vorrichtung in einem einzigen Winkelhebel mit
Schaufelzelle und Handhabe bestehen kann. Bei maschinellem Betriebe erscheint es
dagegen wieder geboten, die Rotation durch den üblichen Kurbelmechanismus in die
Oscillation überzuführen.
Eine einfache Anordnung dieser Art von direktwirkenden
Balancier-Wasserhebmaschinen ist durch die Fig. 5 Taf.
32 dargestellt. Die treibende Welle A, auf welcher zur
Milderung der Geschwindigkeitsdifferenzen ein entsprechend schweres Schwungrad R angebracht ist, bewegt mittels der Kurbel K und der Schubstange (erforderlichen Falles des
Feldgestänges) S den auf dem Sockel F in O drehbar gelagerten
3 armigen Balancier B. Dabei ist bemerkenswerth, daſs
es für den Betrieb gleichgültig ist, ob sich die Schwungradwelle (wie es die Pfeile
in der Zeichnung andeuten) vorwärts oder rückwärts dreht. Der auf- und abschwingende
Balancier trägt an dem einen Ende das Schöpfgefäſs Z,
in dessen Boden zur bequemen Aufnahme des Wassers ein Ventil V eingesetzt ist, und am anderen Ende das Ausgleichsgewicht C. Das Schöpfgefäſs taucht in der untersten
(ausgezogenen) Stellung unter Wasser, füllt sich bei offenem Ventil etwa zu ¾ seines
Inhaltes an, hebt sich dann empor, wobei das selbstthätige Ventil geschlossen
bleibt, und gieſst endlich seinen Wasserinhalt in der obersten (punktirten) Lage in
einen Trog G aus, von wo das Wasser weiter fortgeleitet
wird. Der vertikale Abstand H zwischen dem Unter- und
Oberwasserspiegel VW und OW zeigt die erzielte Hebungshöhe an.
Heiſsen wir:
N die effektiv auf den Balancier
übertragene Arbeitsleistung in e,
M die sekundlich gehobene
Wassermenge in cbm,
H die Hebungshöhe in m,
m den Wasserinhalt des
Schöpfgefäſses,
n die Umlaufszahl der Antrieb
welle und
η den Wirkungsgrad der
Hebevorrichtung,
so gilt für die nothwendige Betriebskraft bei den
Balancier-Wasserhebmaschinen gerade so wie bei allen Wasserhebmaschinen die
Formel:
N=\frac{40}{3}\ \frac{M\,H}{\eta} . . .
. . . . . (3)
und auſserdem wieder die Beziehung:
M=1/60\ m\,\times\,n . . . . . .
(4)
Der Wirkungsgrad η läſst
sich auf 0,6 bis 0,65 schätzen.
Sollen beispielshalber stündlich 108cbm auf 3m angehoben werden, dann ist
M = 0,03, H = 3, η = 0,6, N = 2 und, wenn
die Kurbelwelle 36 Umgänge macht, n = 36, m = 0,05; das Schöpfgefäſs müſste also im vorliegenden
Falle einen Fassungsraum von 50l erhalten und zum
Betriebe wären 2e erforderlich.
Die Zahlenwerthe erweisen, daſs sich Balancier-Wasserhebmaschinen unter passenden
lokalen Verhältnissen ganz gut verwenden lassen. Die Aufstellung ist einfach und
billig und der Betrieb vollkommen sicher.
3) Wassergebläse mit offenen Zellen. In die Gruppe der
Wassergebläse mit offenen Zellen gehören neben den bekannten auf- und abgehenden
Glockengebläsen auch die continuirlich arbeitenden Kettengebläse, Cagniardellen und
Zellenradgebläse und sollen daran direktwirkende
Balancier-Wassergebläse angeschlossen werden.
Unter den vielen möglichen Constructionsarten zeigen auf Taf. 32 Fig. 6 im
Querschnitt und Fig. 7 im
Grundriſs eine einfache schematische Anordnung für Transmissionsbetrieb. Die
Antriebwelle A, auf welcher sich in der Mitte die Voll-
und Leerscheibe T und T1 befinden, ist oben auf einem stehenden Windkessel
(Luftsammler, Accumulator) W gelagert und trägt an
beiden Enden die Schwungräder R mit den Kurbelzapfen
K, von welchen aus die Schubstangen S den um den seitlichen Drehpunkt O schwingenden Doppelbalancier B anfassen. Dieser Balancier besteht hier nämlich aus zwei einarmigen
Hebeln, welche am äuſseren Ende durch die gemeinschaftliche Schaufelzelle Z verbunden sind. Diese Schaufelzelle, an deren Boden
wegen des bequemeren Lufteintrittes die Ventile V
angebracht sind und an deren Innenseite zum Behufe des gesicherten Luftaustrittes
die Ausguſsschnauze U vorspringt, repräsentirt
gleichzeitig durch ihre Schwere das Ausgleichsgewicht gegenüber der Auftriebskraft
der in das Wasser herabgezogenen Luft. Die ganze Vorrichtung ist in einen
Wasserbehälter so weit eingesetzt, daſs nur der obere Theil des Windkessels mit dem
Transmissionsantrieb über den Wasserspiegel herausragt.
In der gezeichneten Stellung hat sich die gehobene Schaufelzelle zum gröſsten Theil
mit Luft gefüllt, welche während der nachfolgenden Herabsenkung unter Wasser bei
geschlossenem Ventil verdichtet wird, bis sie endlich in der untersten (punktirten)
Lage des Balancier in den Windkessel ausbläst. Die nun folgende Hebung der Schaufel
entspricht dem Leergange der Maschine und in der obersten Stellung tritt wieder an
Stelle des Wassers Luft in die Schaufel, welche dann abermals herabgezogen und unter
Wasser nach oben hin ausgegossen wird. Dabei vollzieht sich der selbsttätige
Austausch des Luft- und Wasserinhaltes in der Schaufel jedesmal gerade beim
Hubwechsel, also zu einer Zeit, welche wegen des sanften Ueberganges der
Balancierbewegung dazu sehr günstig geeignet erscheint. Bei wiederholtem Vorgange in
der beschriebenen Weise füllt sich allmählich schubweise der Windkessel W mit verdichteter Luft an, der Wasserspiegel im Kessel
sinkt und der gewonnene Gebläsewind kann durch das Ableitungsrohr E seiner Bestimmung zugeführt werden.
Der vertikale Abstand zwischen dem äuſseren und dem inneren Wasserspiegel, welcher in
Fig. 6 mit H bezeichnet ist, ist gleich der
Manometerhöhe, welche ein Maſs der erzielten Luftverdichtung darstellt. Nachdem die
Luft bei ihrer allmählichen Verdichtung in der Schaufel in stetiger Berührung mit
dem Wasser steht, sind wir berechtigt, anzunehmen, daſs die Zustandsänderungen dabei
unter gleichbleibender Temperatur vor sich gehen, daſs also der Verlauf der
Compression dem Mariotte'schen Gesetze folge, indem
sich die Luftspannung in demselben Maſse erhöht, als der Rauminhalt der Luft beim
Herabsenken in die Wassertiefe abnimmt.
Zur Bestimmung der Arbeitskraft, welche zum Betriebe des
vorliegenden Balancier-Wassergebläses erforderlich ist, bezeichne:
M die sekundlich gelieferte
Luftmenge in cbm gemessen bei der Spannung der äuſseren Luft, wie sie in die
Schaufelzelle eintritt;
H den erzielten Ueberdruck,
gemessen durch eine Wassersäule, so ist für geringe Werthe von H hinreichend genau:
N=\frac{40}{3}\ \frac{M\,H}{\eta} . . .
. . . . . (5)
ein Ausdruck, identisch mit dem für die
Balancier-Wasserhebmaschine gefundenen in der Gleichung (3). Auſserdem gilt auch
hier wie dort, wenn wir mit m den einmaligen
Luftfassungsraum der Schaufelzelle und mit n die
Tourenzahl der Antriebwelle in der Minute bezeichnen, die Relation:
M=\frac{m\,\times\,n}{60} . . . . . . .
. (6)
Wenn z.B. in einem bestimmten Falle gewünscht wird, daſs ein
Balancier-Wassergebläse in der Minute 30cbm Wind
von 0at,2 oder 2m Wassersäule Pressung liefere, dann ist für einen beiläufig geschätzten
Nutzeffekt η = ⅔ die nothwendige Arbeitskraft nach
Gleichung (5) = N = 40/3 × 30/60 × 2 × 3/2 = 20e und bei 20 Umlaufen der Schwungrad welle der effektive Schaufelinhalt
aus Gleichung (6) m = 60 × 30/60 × 1/20) = 1cbm,5.
Es ist leicht einzusehen, daſs für gröſsere Windlieferungen ganz bedeutende
Abmessungen nothwendig werden, wie dies bei dem Wesen der Anordnung von vorn herein
vorauszusehen war und wie dies auch bei den Zellenradgebläsen der Fall ist; unter
Berücksichtigung der einfachen Construction und des soliden Ganges ist jedoch die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daſs diese direktwirkenden Balancier-Wassergebläse
in besonderen Fällen praktische Brauchbarkeit erreichen und andere Gebläsesysteme
übertreffen.
4) Luft- und Dampfkraftmaschinen mit offenen Zellen.
Wenn gepreſste Luft oder Dampf als motorische Substanz auftritt, dann werden
gewöhnlich hohe Spannungen dieser Flüssigkeiten in abgeschlossenen Gefäſsen in
Anwendung gebracht und zwar mittels der bekannten Cylindermaschinen mit hin- und
hergehenden Arbeitskolben. Nur in dem Falle, wenn relativ kleine
Spannungsdifferenzen zu Gebote stehen und verwerthet werden sollen, kann überhaupt die
Verwendung offener., unter Wasser arbeitender Zellen für die Ausnützung der Kraft
des Dampfes oder der gepreſsten Luft empfehlenswerth werden, wie dies bei den Lufträdern und Dampfrädern
in Vorschlag gebracht ist. An Stelle dieser Motoren lassen sich nun in ähnlicher
Weise wie oben verschiedene Combinationen von direktwirkenden Balancier-Luft maschinen und Balancier-Dampfmaschinen zusammenstellen. So beachtenswerth jedoch diese
Anordnungen vom Standpunkte der theoretischen Maschinensynthesis sein mögen, eine
praktische Bedeutung ist ihnen vorläufig nicht beizulegen und es erscheint deshalb
nicht geboten, weiter darauf einzugehen, zumal sich dabei im Wesentlichen nur die
schon eingehend erörterten Formen und Verhältnisse wiederholen würden.