Titel: | Neuerungen in der Herstellung von Alkalien. |
Fundstelle: | Band 245, Jahrgang 1882, S. 508 |
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Neuerungen in der Herstellung von
Alkalien.
Patentklasse 75. Mit Abbildungen auf Tafel 34.
Neuerungen in der Herstellung von Alkalien.
Herstellung von schwefelsaurem Natrium und Kalium. Nach
J. Hargreaves und Th.
Robinson in Widnes, England (*D. R. P. Nr. 17409 vom 4. Juni 1881) wird, um
bei der Herstellung von Sulfaten durch Einwirkung von Schwefligsäure, Luft und
Wasserdampf auf die Chloride von Kalium und Natrium (vgl. 1879 231 * 67) eine gröſsere Menge Schwefelsäure aus der durch die Verbrennung
von Schwefel oder Schwefelkies gewonnenen Schwefligsäure zu erhalten und um Staub,
welcher von dem brennenden Schwefelkies mit fortgerissen wurde, zu entfernen, die
Schwefligsäure durch geröstete, Kupfer haltige Eisenkiese filtrirt. Diese sind über
den Kiesröstöfen A (Fig. 1 bis
4 Taf. 34) auf in verschiedener Weise eingerichteten, durchlöcherten
Gewölben c in mehr oder weniger dicker Schicht e ausgebreitet. Die hindurch geleitete Schwefligsäure
geht durch Kanal n zur Zersetzungskammer.
Die bei der Verbrennung der Schwefelkiese oder des Schwefels und der Bildung der
Alkalisulfate erzeugte Wärme ist, wenn Ausstrahlung möglichst vermieden wird,
gröſser als die Wärme, welche erforderlich ist, um den Inhalt der
Verwandlungskammern auf der nöthigen Temperatur zu erhalten, so daſs Brennmaterial
nur nöthig ist, um die frisch aufgegebenen Chloride auf die zum Beginn des
chemischen Prozesses nöthige Temperatur zu erwärmen. Während der Verwandlung der
Chloride in Sulfate ist es daher manchmal nöthig, die Stoffe abzukühlen, um nicht
den Temperaturgrad zu erreichen, bei welchem die Chloride schmelzen. Die Abkühlung
wird dadurch erreicht, daſs man kalte Luft in die Zersetzungskammern eintreten
läſst, wobei es jedoch manchmal vorkommt, daſs durch irrthümliches Beurtheilen diese
Abkühlung zu weit getrieben wird, so daſs der Prozeſs zu langsam stattfindet, Es ist
dann nöthig, ihm Inhalt der Kammern wieder leicht zu
erwärmen, was aber bei dem groſsen Durchmesser der Zersetzungskammern sehr schwierig
ist, da die Wärmeleitungsflächen im Vergleich zu der Masse des Inhaltes klein sind;
ferner ist es schwierig, Wärme in die Mitte der Masse oder in die von den Wänden der
Kammer entfernten Theile zu leiten.
Um diese Schwierigkeiten zu überwinden und schnell, billig und gleichmäſsig die
Temperatur der Masse zu erhöhen, erhitzt man die in dem erwähnten Apparat
herumziehenden Gase an oder nahe dem Punkte, wo sie von einer Kammer B (Fig. 5) in
die andere Kammer A eintreten, deren Inhalt erhitzt
werden soll. Hierzu dient ein tragbarer Ofen a, welcher
so gebaut ist, daſs die Luft an dem oberen Theil und den Seiten der Brennstoffmasse
bei c eintritt, während die Verbrennungsprodukte nahe
am Boden desselben bei n austreten. Damit diese heiſsen
Verbrennungsgase nicht auf einen Theil der in den Zersetzungskammern enthaltenen
Salze zu stark einwirken, sich aber doch mit den Säuregasen gut vermischen, treten
sie in das Rohr r ein, durch welches die Gase auf ihrem
Wege zu der zu heizenden Kammer hindurchgehen und zwar der Richtung der Gase
entgegengesetzt. Asche oder geschmolzene Schlackentheile, welche in dem tragbaren
Ofen erzeugt werden, fallen in das genannte Rohr, auf dessen Boden sie liegen
bleiben, bis sie bei der Entleerung der davor liegenden Kammer entfernt werden.
Um den Wärmeverlust durch Ausstrahlung möglichst zu verringern, setzt man den
Trockenapparat für die Chloride, welche in Sulfate verwandelt werden sollen, über
und zwischen 2 Reihen von Zersetzungskammern A (Fig.
6 und 7 Taf. 34)
oberhalb des Kanales für die Chlorwasserstoffsäure. Ein endloses Band und das
Paternosterwerk p heben die Chloride zum Mischapparate
m, von wo sie auf das endlose Band v fallen, welches über dem Kanal k für Chlorwasserstoffsäure durch einen Ofen hindurch
geht, der durch Feuergase geheizt wird. Ein Apparat w
saugt die Gase aus den Cylindern ab.
Um Zersetzungskammern von groſsem Durchmesser leicht bauen und aufstellen zu können,
werden solche Kammern aus Segmenten a (Fig. 8 bis
10 Taf. 34) zusammengesetzt, welche durch schwalbenschwanzförmige Keile
c zusammengehalten werden. An jeden dieser
Kreisabschnitte sind Ränder gegossen, welche einen den Keilen entsprechenden Raum
b umschlieſsen und auf einander passen, wenn die
Segmente zusammen an ihrem Platz stehen, so daſs die Keile c eingetrieben werden können und die Segmente zusammenhalten. Die
Keillöcher sind auſsen enger als innen, die Keile selbst aber hinten dicker als
vorn, so daſs sie gerade nur in die Keillöcher hineingehen, jedoch, wenn sie
vollständig in richtiger Weise eingetrieben sind, einen hinreichenden Raum z für Dichtung der Seiten lassen, daher die Verbindung
luftdicht schlieſsend gemacht werden und hierdurch der Eintritt der Luft vermieden
werden kann. Die zwischenliegenden Seitentheile der Segmente sind durch Bolzen und
Flanschen n so mit einander verschraubt, daſs Raum für
die Dichtungsmasse
bleibt. Der Boden m ist mit kreisförmiger Nuth v versehen, in welche die unteren Enden der Segmente
passen. Der Deckel w der Zersetzungskammern ist in
gleicher Weise aus Stücken mittels ähnlicher Keile zusammengesetzt. Die oberen Enden
der Kammern und die aus Segmenten gebildeten Cylinder sind durch Vertiefungen und
Flanschen oder Rippen mit einander verbunden., wobei Platz für Dichtung vorgesehen
sein muſs.
Werden Sulfate von groſser Reinheit und frei von Eisen verlangt, so bedeckt man die
Seiten der Zersetzungskammer und Roste mit einer Schicht von kohlensaurem Natrium
oder Kalium, welches man in aufgelöstem Zustande aufträgt und trocknen läſst.
Wenn die Zersetzungskammern A (Fig. 11 und
12 Taf. 34) im Durchmesser gröſser gemacht werden, so wird weniger
Brennmaterial gebraucht, um die zu erwärmenden Stoffe auf dem erforderlichen
Wärmegrad zu halten, und die Erzeugung der schwefelsauren Salze mit gröſserer
Billigkeit und Regelmäſsigkeit geführt werden, auf der anderen Seite aber die
Fortbringung des fertigen Salzes mehr Arbeit machen in Folge der gröſseren
Entfernung, auf welche es befördert werden muſs, um es aus der Zersetzungskammer
herausschaffen zu können. Um diese Nachtheile zu vermindern, hat man Zugänge gemacht
bis an die Entleerungsöffnungen und Thüren a durch die
die Kammern umschlieſsenden Mauern m, so daſs die
Arbeiter bis dicht an den abzufahrenden Stoff herankommen können, ohne in die
Kammern einzutreten; Schubkarren s oder zum Wegführen
der schwefelsauren Salze geeignete Gefäſse können unmittelbar gegen die erwähnten
Cylinder gestellt werden, um das fertige schwefelsaure Salz direkt herein zu hacken,
ohne daſs es, wie bisher immer nothwendig war, über die Thorplatten geschaufelt
wird.
Um ferner die Entleerung der Zersetzungskammern A zu
erleichtern, werden dieselben im Boden mit einer oder mehr Oeffnungen versehen und
passende Entleerungshälse e (Fig. 13 bis
18 Taf. 34) angebracht, um die Sulfate in einen gewölbten Gang Z oder einen anderen passenden Raum unter dem Boden der
erwähnten Zersetzungskammern fallen zu lassen. Diese an den Böden der Kammern
befestigten Entleerungshälse sind oben und unten mit Deckeln x (Fig. 15 und
16) geschlossen, damit keine Luft in die Kammern dringt, während der
Apparat in Arbeit ist. Um den Wärmeverlust durch Ableitung von der Innenseite der
Kammern zu verhindern, füllt man den Raum zwischen den Deckeln mit schwefelsaurem
Natron oder einem anderen schlechten Wärmeleiter. Der untere Deckel wird luftdicht
mit dem Hals verbunden durch ein Gemisch von gewöhnlichem Salz mit Mörtel und wird
durch Schrauben y, welche durch Ohren am
Entleerungshals gehen, in seiner Lage gehalten.
Das Sulfat wird in auf Schienen laufende Wagen gestürzt, oder mittels Band ohne Ende
m (Fig. 17 und
18) bezieh. mittels Schnecke S
abgeführt.
Zur Vermeidung von Wärmeverlusten werden die Umfassungsmauern der Zersetzungskammern
ihrer ganzen Länge nach mit Hohlräumen m (vgl. Fig.
6 und 7) versehen,
welche durch mit Wasser gemischten Gyps gefüllt werden.
Zur Gewinnung von reinen Aetzalkalien mittels
Elektrolyse wird nach L Wollheim in Wien (*D.
R. P. Nr. 16126 vom 13. April 1881) schon bei Beginn der Arbeit in die Abtheilung
der Zersetzungsvorrichtung von der negativen Elektrode eine Lösung des zu
erzeugenden Aetzalkalis gebracht und in die Abtheilung der positiven Elektrode die
Salzlösung eingeführt, aus welcher Aetzalkali gewonnen werden soll.
Zur Ausführung dieses Verfahrens dient ein Zerlegungstrog T (Fig. 19
Taf. 34), welcher durch ein Diaphragma D in zwei
Kammern getheilt ist. In die eine wird die negative Elektrode E, in die andere die positive e eingesetzt. Soll nun z.B. Aetzkali aus einer Lösung von Carnallit
(KMgCl3.6H2O)
dargestellt werden, so muſs in die Trogabtheilung der negativen Elektrode eine
Lösung von Aetzkali, in die von der positiven Elektrode e dagegen die Carnallitlösung eingeführt werden. Bei der Elektrolyse
bilden sich dann immer neue Mengen von Aetzalkali, welche die Alkalilösung an der
Kathodenseite anreichern. Man läſst die Salzlösung so lange an der Anodenseite, bis
sie entsprechend zerlegt ist, oder läſst fortwährend neue Mengen derselben von Z nach A hindurch
flieſsen, während die Aetzalkalilösung von Z nach a hindurch geleitet wird. (Vgl. Wastchuk 1881 239 * 54)
Die Société anonyme des Produits chimiques de Sud-ouest
in Paris (*D. R. P. Nr. 18709 vom 27. Oktober 1881) bringt zur Herstellung von Soda mittels Ammoniak die gesättigte
Lösung von Chlornatrium in eine Batterie von horizontalen Röhren C (Fig. 20 und
21 Taf. 34), welche dünn genug sind, um eine schnelle Abkühlung
herbeiführen zu können, und die eine mit Rührflügeln versehene drehbare, hohle,
durchlöcherte Achse c haben zum Einführen von Gasen in
die Flüssigkeit.
Man leitet nun der Reihe nach durch die zu ⅔ gefüllten Cylinder einen Strom von
Ammoniak, bis der durchschnittliche Gehalt des Inhaltes sämmtlicher Cylinder auf 10
Proc. Ammoniak gebracht ist. Die ersten Cylinder sind hierbei mit Ammoniak
gesättigt, während die folgenden Cylinder einen mehr und mehr zurückgehenden
Ammoniakgehalt besitzen. Hierauf leitet man in demselben Sinne durch die Batterie
der Cylinder unreine, aus dem Kalkofen stammende Kohlensäure, bis der Punkt der
einfachen Carbonisation etwas überschritten ist, d.h. bis man bereits eine kleine
Bildung von Sesquicarbonat voraussetzen kann. Diese Carbonisation vollzieht sich
ohne Druck, so daſs ein einfacher Wasserverschluſs w
mit einer Wassersäule von 1m genügt, um Verluste
an Kohlensäure zu vermeiden.
Das Flüssigkeitsgemisch gelangt dann durch Entleerungsrohre a in den Sammelraum D, um durch
Zusammenführen der verschiedenen Cylinderinhalte gleichmäſsig starke Lösungen zu erzielen.
Die Lauge gelangt endlich in eine Reihe von Batterien aus je zwei über einander
stehenden Cylindern A und B, in denen sie mit reiner, von der Calcination des Natriumbicarbonates
herrührender Kohlensäure behandelt wird. Man füllt zu diesem Zweck die oberen
Cylinder A, welche einen Wasserverschluſs von 0m,5 Höhe haben, zu ¾ mit dem Flüssigkeitsgemisch,
läſst die Kohlensäure in die leer gelassenen Cylinder B
eintreten, damit sie in die Cylinder A aufsteigt, wo
sie so lange absorbirt wird, bis die Flüssigkeiten nur noch Sesquicarbonat nebst
etwas Bicarbonat enthalten. Sie werden dann in die Cylinder B abgelassen, um dort mit reiner Kohlensäure in Bicarbonat übergeführt zu
werden, während sich die nicht absorbirte Kohlensäure unter mäſsigem Druck im
Cylinder A sammelt, um entsprechend weiter verwendet zu
werden.
G. LungeG. Lunge: Die Industrie der
Steinkohlentheer-Destillation und Ammoniakwasserverarbeitung. 356
S. in 8. Mit 89 Textfiguren. Preis 9 M. (Braunschweig 1882. Friedr. Vieweg und Sohn.) bespricht
sehr eingehend die Verwerthung des Ammoniakwassers und
des Steinkohlentheeres; es möge auf das in jeder Beziehung empfehlenswerthe Buch
besonders aufmerksam gemacht werden.
G. Lunge gibt ferner in der Chemischen Industrie, 1882 S. 77 einen Nachtrag zu den Untersuchungsmethoden für Sodafabriken (vgl. 1882 243 * 418).
Zur Bestimmung von Wasserstoff in Generatorgasen bringt
Lunge an den Apparat von Muencke (1877 225 * 557) noch eine
Verbrennungsvorrichtung mit Palladiumasbest an. Dabei enthalten die das
Absorptionsgefäſs c (Fig. 22
Taf. 34) für Kohlenoxyd füllenden Glasröhren Kupferspiralen, um das Kupferchlorür zu
regeneriren. Für Sauerstoff verwendet Lunge bei
Temperaturen über 15° Phosphor, für niedrigere Temperaturen Pyrogallol. Um nun nach
der Absorption von Kohlensäure, Sauerstoff und Kohlenoxyd noch den Wasserstoff zu
bestimmen, ist an dem Hahn e eine 2mal rechtwinklig
gebogene Capillare angeschmolzen, welche durch ein Stückchen dicken
Kautschukschlauches mit der gleichfalls 2mal im rechten Winkel gebogenen
Verbrennungscapillare verbunden ist. Letztere enthält ein nach Cl. Winkler (Industriegase, Bd. 2 S. 258) angefertigtes
Schnürchen von Palladiumasbest. Das Gefäſs h ist bis zu
einer Marke in seinem capillaren Halse mit Wasser gefüllt. Eine kleine Messinglampe
g steckt mit ihrem dünnen Stiele in einer federnden
Hülse, welche mit dem Drahte i hin und her bewegt
werden kann. Durch passende Oeffnung des Dreiwegehahnes k wird nun so viel Luft zu dem in der Bürette a verbliebenen Gasreste gesaugt, daſs das Volumen so nahe als möglich auf
100cc kommt. Obwohl nur ⅕ der angesaugten Luft
aus Sauerstoff besteht, also nur ⅖ des Luftvolumens an Wasserstoff verbrennen kann,
so genügt dies doch für gewöhnliche Generatorgase. Bei Wassergas dagegen muſs man
entweder durch Hahn k Sauerstoffgas einführen, oder aber nach geschehener
Verbrennung, wobei ja eine Volumenabnahme eintritt, noch einmal Luft einsaugen und
wiederum verbrennen. Nach Ablesung des Gasvolumens wird die Lampe g angezündet, so daſs die Capillare f mäſsig warm wird; dann stellt man die Flasche F hoch, öffnet e und
treibt somit das Gas aus a nach h. An der Eintrittseite geräth der Palladiumasbest in lebhaftes Glühen und
die Vereinigung von Wasserstoff und Sauerstoff geht vor sich. Man beobachtet nun die
eingetretene Volumenabnahme, von welcher ⅔ als Wasserstoff berechnet werden.
Bekanntlich verbrennen unter diesen Umständen nicht nur Wasserstoff, sondern auch
Aethylen und deren Homologe, während Methan unverändert bleibt. Bei Gegenwart von
Aethylen sollte man daher nach Messung der Volumenabnahme noch das rückständige Gas
in das Absorptionsgefäſs für Kohlensäure übertreiben, die neue Abnahme messen und
daraus das Aethylen berechnen, dessen Volumen gleich dem halben Volumen der
gebildeten Kohlensäure ist; die Differenz zwischen der ersten und der zweiten
Volumenabnahme, mit ⅔ multiplicirt, gibt das Volumen des Wasserstoffes. Da man aber
der unvermeidlichen Versuchsfehler wegen geringe Mengen von Aethylen auf diese Weise
nicht bestimmen kann, so wird man für gewöhnlich von dieser Bestimmung absehen.
Wollte man endlich auch noch das Methan bestimmen, so müſste man für die Capillare
f eine andere einschieben, in welcher sich ein
elektrisch glühend zu machender Palladiumdraht befindet.