Titel: | Ueber Glas, Glasuren, Porzellane, Steinzeuge und feuerfeste Thone; von Dr. G. Wagener in Tokio. |
Autor: | G. Wagener |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 30 |
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Ueber Glas, Glasuren, Porzellane, Steinzeuge und
feuerfeste Thone; von Dr. G. Wagener in Tokio.
Wagener, über Glas, Glasuren, Porzellan u.s.w.
Zusammensetzung von Porzellanglasuren. In früheren
Notizen (1882 243 152. 244
400) wurde die Anschauung erörtert, daſs die bei den hohen Temperaturen der
Porzellan- oder böhmischen Glasöfen geschmolzenen Gläser ein Gemenge der
nachfolgenden Silicate thatsächlich sind und sein sollten, d.h. ihrer quantitativen
Zusammensetzung nach, wobei alle Speculation über die wirkliche
Molecularconstitution des Glases ganz bei Seite gelassen wird. Diese Silicate
sind:
K2(Na2)O,6SiO2. Ca(Ba)O,2SiO2. Mg(Fe,Mn u. dgl.)O,SiO2.Nicht 2SiO2, wie früher als zulässig von mir
angenommen.W. Al2O3,3SiO2.
Es sind aber auch noch K2(Na2)O,5SiO2 und
CaO,SiO2 zulässig. Die Mengenverhältnisse dieser
Silicate sind ganz willkürlich und können innerhalb ziemlich weiter Grenzen
wechseln. Nur ist für vollkommene Transparenz und Nichtentglasbarkeit eine
hinreichende Menge von Alkalisilicat erforderlich, welche wesentlich von dem Gehalt
an Thonerde- und Kalksilicaten abhängt, wenigstens in den meisten Fällen der
Praxis.Es mag hier
ausdrücklich bemerkt werden, daſs die in der ersten Notiz (1882 243 66)
aufgestellten, rein empirischen Formeln als annullirt zu betrachten und durch die einfacheren Formeln der
späteren und der vorliegenden Notizen zu ersetzen sind. Jene erste Notiz ist
nur in Folge verspäteten Eintreffens einer verbesserten Einsendung zum Druck
gelangt.W. Wenn nun die
erwähnte Auffassung von der quantitativen Zusammensetzung schwer schmelzbarer Gläser
thatsächlich mit den Analysen der besten Produkte dieser Art übereinstimmt, so ist
es von vorn herein wahrscheinlich, daſs eine solche Uebereinstimmung auch bei den
Porzellanglasuren stattfinden wird.
Um diese Frage näher zu prüfen, wurde dieselbe zum Gegenstand einer Examensarbeit des
Studirenden Uyeda gemacht und seine Analysen und
Versuche, sowie die des Assistenten Hrn. Nakasawa u.a.
zeigten, daſs die vermuthete Uebereinstimmung thatsächlich stattfindet und daſs es
somit auch sehr leicht ist, aus gegebenen Materialien eine Glasur zusammen zu
setzen. Die Art der Berechnung zu dem Zweck, die Zusammensetzung der Glasuren besser
übersehen und dieselben mit einander vergleichen zu können, mag hier an einem
Beispiele vollständig, an anderen nur in den Hauptresultaten erläutert werden, nach
Analysen der oben erwähnten Chemiker:
Glasur aus Kioto.
H2O
1,90
Kieselsäure er-
CO2
8,65
Aequivalent
forderlich zur
SiO2
61,56
1,0267
Glasbildung
Al2O3
11,56
0,1129
0,3387
Fe2O3
0,17
0,0011
0,0022
CaO
12,36
0,2207
0,4414
MgO
0,76
0,0190
0,0190
K2O
2,30
0,0246
0,1476
Na2O
0,89
0,0144
0,0864
–––––––
1,0353.
Alkalisilicat 19,3 Procent der
geschmolzenen Glasur.
Man sieht, daſs die berechnete Kieselsäure bis auf weniger als 1
Proc. mit der gefundenen übereinstimmt.
Die nachfolgende Tabelle enthält die Hauptresultate für eine Reihe anderer
Glasuren:
GeschmolzeneGlasur von
VorhandeneSiO2 in
Proc.der berechn.
ProcentanAl2O3
ProcentanCaO
Procent anAlkali-silicat
Isse
103,7
16,8
4,5
34,9
Kioto
107,1
14,5
9,4
23,4
„
99,2
12,9
13,8
19,3
Hizen
93,2
17,8
10,3
21,6
„
86,9
14,3
18,2
9,4
„
81,4
15,5
14,8
17,7
SèvresVgl.
Muspratt's Chemie, 3. Aufl. Bd. 6 S. 1991.
113,7
14,9
1,1
44,6
Man sieht, daſs die vorhandene Kieselsäure im Ganzen nur um wenige Procent von der
berechneten abweicht. Da, wo sie weniger beträgt, wie bei der Hizen-Glasur, beträgt
ihre Menge doch immer noch so viel, daſs sie vollständig ausreicht, wenn man anstatt
des CaO,2SiO2 ein Gemisch von CaO,SiO2 und CaO,2SiO2
annimmt. Uebrigens lassen die Hizen-Glasuren mit groſsem Kalk- und verhältniſsmäſsig
geringem Kieselsäuregehalt sehr oft an Transparenz und Glanz viel zu wünschen übrig.
Noch ist bemerkenswerth, daſs ein sehr hoher Gehalt an Kieselsäure durch einen hohen
Gehalt an Alkalisilicat wieder ausgeglichen ist. Es ist ein solcher Ueberschuſs an
SiO2 um so eher zulässig, als die Glasur nur
eine dünne Schicht bildet, sich also leichter läutert als ein groſses Volumen Glas.
Auch wird sie wegen ihrer geringen Dicke nicht leicht entglasen und eine schwache
Entglasung oder ein gelindes Trübewerden wird auch kaum bemerkbar sein.
Als Versuch zur Prüfung und Bestätigung der obigen Anschauung wurde nun eine Glasur
hergestellt aus folgendem Material:
Zur Glasbildung
H2O
4,14
Aequivalent
erforderliche
SiO2
77,78
1,2963
Kieselsäure
Al2O3
10,06
0,1000
0,3000
Fe2O3
1,20
0,0075
0,0150
CaO
2,21
0,0400
0,0800
MgO
0,28
0,0070
0,0070
K2O
1,56
0,0166
0,0996
Na2O
2,12
0,0342
0,2052
–––––––
0,7068.
In 100 Th. des Materials ist also ein Ueberschuſs von 0,5895 SiO2, zu dessen Sättigung 0,2947 CaCO3 erforderlich sind. Demgemäſs wurden zu 100 Th. des
erwähnten Materials 29,47 Kalkspath gemischt, diese Mischung auf zwei verglühte
Porzellanscherben verschiedener Herkunft und zwei Steinzeugscherben aus Isse, sogen.
graues und braunes Banko, aufgetragen und in einen Porzellanofen eingesetzt. Auf
allen 4 Scherben zeigte sich die Glasur vollständig geschmolzen, glänzend, gut
haftend, ohne jede Spur von Haarrissen.
Es scheint also wohl, daſs man für die Zusammensetzung von Porzellanglasuren dieselbe
im Anfang dieser Notiz erwähnte Regel wie für die Zusammensetzung schwer
schmelzbarer Gläser gelten lassen muſs.
Für Thonerde sollte man 15 und für Kalk etwa 18 Proc. als äuſserste Grenze gelten
lassen.
Zusammensetzung der Porzellane. Die Porzellanmassen
enthalten dieselben Elemente wie die schwer schmelzbaren Gläser und die
Porzellanglasuren; sie werden denselben Temperaturen ausgesetzt und bestehen, wie
die mikroskopische Untersuchung zeigt, aus einer durchsichtigen glasigen Masse, in
welche krystallinische oder nichtkrystallinische Körperchen eingebettet sind. Es ist
daher wahrscheinlich, daſs auch dieselben Silicate entstehen, so weit dies möglich,
und wird es immerhin den Versuch werth sein, die Zusammensetzung der Porzellane, auf
Grund der Glasformel, einer näheren Berechnung zu unterziehen. Thut man dies, so
ergeben sich höchst bemerkenswerthe Resultate.
Von vorn herein stellen sich – wozu ja auch schon ein Blick auf die Pauschanalysen
genügt – bedeutende Unterschiede zwischen den verschiedenen Porzellanmassen heraus.
Die einen enthalten weniger Kieselsäure, als der Glasberechnung entspricht, die
anderen mehr, noch andere fast genau die berechnete Menge. Um die Uebersicht zu
erleichtern – keineswegs aber um damit die wirkliche Constitution der Porzellane
darzustellen –, ist die Berechnung so ausgeführt, daſs alle Basen, ausgenommen die
Thonerde, als mit der nöthigen Menge Kieselsäure verbunden angenommen sind und
somit, wenn keine anderen Bestandtheile vorhanden wären, ein klares böhmisches Glas
bilden würden. Die noch übrig bleibende Thonerde und Kieselsäure sind alsdann zu
Al2O3,2SiO2, zu Al2O3,3SiO2 und zu
überschüssiger SiO2 gruppirt worden, wobei es aber
ganz unentschieden bleibt, ob diese letzteren Silicate und die überschüssige
Kieselsäure wirklich als solche getrennt vorhanden sind oder nicht. Es wird genügen,
an 2 Beispielen zu zeigen, wie die Rechnung ausgeführt ist, wobei zu bemerken, daſs
die Analysen gröſstentheils der Tabelle in Muspratt's
Chemie, 3. Auflage Bd. 6 S. 1963 entnommen
sind:
1) Meiſsener Porzellan (f).
Aequivalent
SiO2
60,033
1,0006
Erforderliche
Al2O3
35,435
0,3460
Kieselsäure
K2O
2,264
0,0241
0,1446
Na2O
1,547
0,0250
0,1500
CaO
0,577
0,0103
0,0140Hier
sind nur 0,0140 anstatt 0,0206 SiO2
angenommen, um nachher als Rest genau das Al2O3,2SiO2 zu erhalten. Der
Unterschied ist so gering, daſs wohl keine ernste Einwendung erhoben
werden kann.
–––––––
0,3086.
Also weitere Kieselsäure
0,6920,
welche mit Thonerde genau zu Al2O3,2SiO2 verbunden sein kann.
Das Porzellan könnte also nach dem Brande ein Gemenge sein von: 22,90 Th. Thonerde
freien Glases und 76,95 Th. des Silicates Al2O3,2SiO2, von welchem letzteren natürlich
ein Theil in dem Glase gelöst sein und bleiben kann.
2) Böhmisches Porzellan (i.)
Aequivalent
Zur Glasbildung
SiO2
74,798
1,2466
erforderliche
Al2O3
21,303
0,2080
Kieselsäure
K2O
2,484
0,0264
0,1584
Na2O
0,584
0,0094
0,0564
CaO
0,639
0,0114
0,0228
–––––––
0,2376.
Weitere vorhandene SiO2
1,0090.
Also läſst sich die Masse denken als ein Gemisch von 18 Th. Thonerde freien Glases,
58,75 Th. des Silicates Al2O3,3SiO2 und 23,10
Th. überschüssige Kieselsäure.
In der folgenden Tabelle sind nun die Resultate der Rechnungsmethode für verschiedene
Porzellane zusammengestellt und zwar so viel wie möglich nur für solche, bei denen
es sicher ist, daſs sie ohne Glasur analysirt worden sind. – Die mit Buchstaben
versehenen Porzellane sind der Tabelle aus Muspratt's
Chemie, Bd. 6 S. 1963 entnommen; die mit einem
Kreuz versehenen sind vermuthlich glasirt gewesen:
Herkunft
Thonerdefreies Glas
Gehalt anAl2O3,2SiO2
Gehalt anAl2O3,3SiO2
UeberschüssigeSiO2
Meiſsen (f)
22,90
76,95
–
–
Sèvres (q)
25,07
74,93
–
–
ParianVgl.
Muspratt's Chemie, Bd. 6 S. 2010, 1344 bezieh.
1964.
35,14
64,52
–
–
† Chinesisches (z)
38,40
11,70
50,20
–
Statuenporzellan (r)
30,40
5,25
64,05
–
BerlinVgl.
Muspratt's Chemie, Bd. 6 S. 2010, 1344 bezieh.
1964.
24,90
–
73,16
1,94
† Japanisches (d1)
38,00
–
60,00
2,91
† Chinesisches (c1)
38,10
–
58,70
3,00
LimogesVgl.
Muspratt's Chemie, Bd. 6 S. 2010, 1344 bezieh.
1964.
31,20
–
63,10
5,70
Schlaggenwalde (k)
25,10
–
64,56
9,51
Elgersburg (h)
15,50
–
67,64
15,50
Böhmisches (i)
18,00
–
58,75
23,10
Isse (Japan)
17,00
–
47,30
35,70
Tokio
38,16
–
49,92
11,87
Die letzteren beiden Porzellane wurden im
Universitätslaboratorium analysirt.
Ein Blick auf diese Tabelle genügt, um zu zeigen, daſs diejenigen Haupttypen von
Porzellanen, welche von jeher als sehr verschieden von einander aufgefaſst worden
sind und unter dem Mikroskope ein ganz, verschiedenes Aussehen zeigen, welche bei
verschiedenen Temperaturen gebrannt werden u.s.w., daſs diese Typen auch durch die
obige Berechnung in der schärfsten Weise charakterisirt sind, viel schärfer
jedenfalls, als es die Analyse thut.
Die beiden Porzellane Meiſsen und Sèvres, die ältesten in Europa, welche hier und da
wohl ausschlieſslich als „eigentliche“ Porzellane bezeichnet worden, sind von
beinahe identischer Zusammensetzung, obgleich die Analyse in den Basen groſse
Verschiedenheiten aufweist. Auch geht aus der Rechnung hervor, daſs das fast
unschmelzbare Al2O3,2SiO2
vielleicht bei der sehr
hohen Temperatur zum groſsen Theile aufgelöst ist, aber beim Erkalten sicherlich
sich ausscheiden muſs, ähnlich wie bei einer Entglasung. Auſserdem zeigt die
Berechnung, daſs zum Brennen eine sehr hohe Temperatur erforderlich sein muſs. Das
Parian ist ganz ähnlich zusammengesetzt, kann aber viel mehr Glas bilden, kann bei
niedererer Temperatur gebrannt werden und ist mehr dem Milchglas ähnlich.
Ein anderer charakteristischer Typus ist von jeher das Berliner Porzellan gewesen. Es
besteht, bis auf einen kleinen Ueberschuſs von Kieselsäure, aus an Thonerde freiem
Glase und dem Silicate Al2O3,3SiO2; d.h. es ist
überhaupt wie ein Glas zusammengesetzt, nur mit einer so groſsen Menge von Al2O3,3SiO2, daſs es nicht transparent und flüssig wird. Nun
aber zeigen die Versuche von Bischof und Richters, daſs das genannte Thonerdesilicat bei der
Weiſsgluthitze sich glasirt; es ist also anzunehmen, daſs es mit dem übrigen Glase
innig zusammenschmilzt zu einer zähen homogenen Masse, jedenfalls viel inniger als
das 2fache Silicat im Meiſsener Porzellane. Daraus erklärt es sich auch wohl, daſs
im Dünnschliffe das Berliner Porzellan ein ganz homogenes Aussehen hat ohne
Ausscheidungen, während das Meiſsener Porzellan gleichmäſsig vertheilte Krystalle in
einer Glasmasse zeigt. Ferner, da das Berliner Porzellan dieselben – und keine
anderen – Silicate wie die Glasur, nach dem früher Gesagten aller Wahrscheinlichkeit
nach (eine Analyse liegt nicht vor), ebenfalls enthält, so muſs die Vereinigung von
Glasur und Scherben eine höchst innige sein und beide werden an der
Berührungsstelle, indem die Glasur in den Scherben eindringt, einen ganz
allmählichen Uebergang bilden, der gewissermaſsen ein Ideal von Glasur- und
Scherbenverbindung ist. Dieser besondere Umstand ist vielleicht der Grund, weshalb
das Berliner Porzellan einen so hohen Ruf bei den Chemikern hat. Nicht nur, daſs
hier Glasur und Masse von solcher Zusammensetzung sind, wie sie das Maximum der
Widerstandsfähigkeit gegen chemische Reagentien erfordert, sondern die vollkommene
Gleichartigkeit der Zusammensetzung und die innige Verbindung von Glasur und
Scherben bewirken es auch, daſs bei noch so häufigen Temperaturwechseln u.s.w. keine
Lockerung des Zusammenhanges, keine Haarrisse entstehen können.
Den dritten Typus bilden gewisse böhmische und der gröſste Theil der japanischen
Porzellane, welche einen Ueberschuſs von Kieselsäure enthalten. Es sind die
gewöhnlichen Handelsporzellane, und die Praxis hat hier den Weg gefunden, Mischungen
herzustellen, welche bei niedrigerer Temperatur als die von Meiſsen, Sèvres und
Berlin gebrannt werden können. Der Ueberschuſs von Kieselsäure ist höchst
wahrscheinlich der Grund, weshalb diese Porzellane – wenigstens die japanischen –
beim Brande sehr leicht weich werden, wenn nicht zur rechten Zeit aufgehört oder
wenn die Temperatur etwas zu hoch wird. Es läſst sich annehmen, daſs alsdann immermehr Kieselsäure
sich chemisch verbindet mit der Thonerde zu höheren Silicaten, welche nun erweichen
und kein hinreichend starres Skelett mehr bilden. Bei solchen Porzellanen wie die
von Meiſsen, Sèvres und Berlin ist eine weitere chemische Reaction nicht mehr
denkbar und, wenn auch bei übertriebenem Feuer das Silicat etwas Kieselsäure an das
Glas abträte, so würde die dabei frei werdende Thonerde der Masse doch die nöthige
Feuerbeständigkeit geben. Wenn man nach der Tabelle sich Rechenschaft davon zu geben
sucht, was nun eigentlich das Skelett bei dem Porzellan bildet, so findet man, daſs
bei den Porzellanen von Meiſsen und Sèvres es der Kaolin ist: beim Berliner
Porzellan das 3 fache Thonerdesilicat, welches aber inniger in der ganzen Masse
verschmolzen ist und nicht so scharf den Charakter einer gesonderten Substanz zeigt;
endlich bei dem dritten Typus ist es ebenfalls das Al2O3,3SiO2,
aber als gesonderte Substanz wird die freie Kieselsäure auftreten. Dies stimmt nun
wieder vollkommen mit den mikroskopischen Untersuchungen, z.B. von Behrens, soweit dieselben dem Verfasser bekannt
sind.
Es mag hier bemerkt werden, daſs viele japanische Porzellanmassen so mangelhaft
pulverisirt sind, daſs die bei der Berechnung vorausgesetzten chemischen Reactionen
gar nicht alle eintreten werden und das Mikroskop alsdann ein ganz ungleichförmiges
Gemenge zeigt. Es versteht sich von selbst, daſs alle hier gemachten Ausführungen
die innigste Mischung und feinste Pulverisirung der Bestandtheile voraussetzen.
Aus dem Obigen folgt ferner, daſs es keineswegs absolut nöthig ist, zur Anfertigung
der Waare, welche im Handel als Porzellan gilt, Kaolin zu gebrauchen, wie dies auch
schon von H. Wurtz in New-York aus seinen
Untersuchungen über japanische Porzellane und Materialien geschlossen worden ist.
W. Pabst (1881 239 210)
bezeichnet die chinesischen und japanischen Porzellanmaterialien als Tuff ähnliche
Gebilde. Es kommt nur darauf an, daſs die Masse plastisch genug ist und das
Verhältniſs der Thonerde zu den übrigen Basen hinreichend groſs ist, weit gröſser
als dies beim Feldspath der Fall ist.
Es wurde auch eine Reihe von Versuchen gemacht: mit Gemischen aus fertigem böhmischen
Glase, reiner Thonsubstanz, wozu der amerikanische Indianait oder Kaolinit von
Indiana (s. Muspratt, Bd. 6 S. 1307) benutzt wurde, und
reiner Kieselsäure. Die Gemische entsprechen den verschiedenen Typen der Porzellane
und gaben in jedem Falle Scherben, welche von Porzellan nicht zu unterscheiden
waren. Diese Versuche sollen übrigens noch weiter fortgesetzt werden. Diese und
andere Versuche hatten auch den Zweck, zu zeigen, daſs bei der hohen Temperatur der
Porzellanöfen und bei Gegenwart einer hinreichenden Menge Glas bildender Substanzen
das Silicat Al2O3,2SiO2 noch Kieselsäure aufnehmen und
sich in Al2O3,3SiO2 verwandeln kann, oder daſs dies
sehr wahrscheinlich ist. Dagegen ist es mindestens unwahrscheinlich, wohl unmöglich, daſs ein Gemisch
aus Basen, Thonerde und Kieselsäure, wie es der Zusammensetzung der Porzellane
entspricht, auch Porzellan geben kann, aus dem einfachen Grunde, weil die Thonerde
vielleicht Aluminate, aber keine Silicate bilden wird, auſser bei noch höherer
Temperatur als die der Porzellanöfen oder bei Gegenwart einer so groſsen Menge von
Basen, daſs Thonerde und Kieselsäure sich gleichzeitig in dem Glase lösen und dann
verbinden. Dann ist es aber kein Porzellan mehr, sondern Glas.
Es drängt sich nun die Frage auf, ob man Dinge, welche so verschieden sind, wie die
in obiger Tabelle dargestellten Mischungen, auch mit demselben Namen belegen darf.
Darüber haben die Praxis und der Handel, welche sich mehr an physikalische
Eigenschaften als an die chemische Zusammensetzung halten, längst entschieden.
Dagegen wäre es nicht unzweckmäſsig, für die Fachleute und die Wissenschaft eine
Nomenclatur anzunehmen. Es liegt zwar nahe, für die drei Gruppen etwa die Namen
„basisch, neutral und sauer“ einzuführen; allein es ist sehr fraglich, ob
es zweckmäſsig ist, so scharf definirte Bezeichnungen, chemische Verbindungen
betreffend, auch auf Gemenge auszudehnen. Vielleicht wird der Vorschlag angenommen,
die beiden äuſsersten Gruppen der Porzellane – einerseits repräsentirt durch das
Meiſsener, andererseits durch einige böhmische und japanische – Thon-Porzellane bezieh. Kiesel-Porzellane zu nennen; das zwischen beiden stehende Berliner und ihm
ähnlich zusammengesetzte, welche nur wenige Procent überschüssiger Kieselsäure
enthalten, als Glas-Porzellan zu bezeichnen, oder
besser vielleicht als Silicat-Porzellan.
(Schluß folgt.)