Titel: | Regeneration von Schwefel und Kalkstein aus Sodarückständen; von Carl Opl in Hruschau. |
Autor: | Carl Opl |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 38 |
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Regeneration von Schwefel und Kalkstein aus
Sodarückständen; von Carl Opl in Hruschau.
Mit Abbildungen.
Opl, ü. Regeneration von Schwefel u. Kalkstein aus
Sodarückständen.
Die Sodarückstände bestehen bekanntlich der Hauptmasse aus Schwefelcalcium (CaS),
kohlensaurem Kalk und Kokes. Das Schwefelcalcium kann nun nach einer bisher
unbekannten Einwirkung von Schwefelwasserstoff nach der Formel CaS + H2S = H2CaS2 leicht in Lösung gebracht werden, und zwar erfolgt
diese Einwirkung am besten, wenn in einen Schlamm von Sodarückständen
Schwefelwasserstoff eingeleitet wird. Man erhält hierbei eine Lauge von
Calciumsulfhydrat, H2CaS2, welche leicht von dem unlöslich gebliebenen kohlensauren Kalk und den
Kokes getrennt werden kann.
Diese Calciumsulfhydratlauge enthält nun nahezu allen Schwefel der Rückstände – bloſs
der an Eisen gebundene Schwefel geht hierbei nicht in Lösung – und kann nun
einestheils verwendet werden, um den Schwefelwasserstoff zum Aufschlieſsen frischer Rückstände
zu erzeugen, indem nach der Gleichung H2CaS2 + H2CO3 = Ca CO3 + 2 H2S diese Lauge mit Kohlensäure in kohlensauren Kalk
und Schwefelwasserstoff zerlegt wird; anderentheils kann durch Oxydation mit Luft
leicht daraus eine Schwefellauge in der Zusammensetzung, wie sie bei dem Mond- oder Schaffner'schen
Verfahren erhalten wird, erzeugt werden, welche beim Zersetzen mit Salzsäure
Schwefel liefert. Die Aufschlieſsung der Sodarückstände geschieht in einem hohen
Gefäſse A (Fig. 1) mit
Siebboden, Deckel und Boden zum Oeffnen eingerichtet, indem durch den mit 2 bis 3
Th. Wasser versetzten Rückständeschlamm die Schwefelwasserstoff haltigen Gase
mittels eines Körting'schen Gebläses g hindurch getrieben werden. Der Sodarückstandschlamm
absorbirt begierig Schwefelwasserstoff und bildet eine Lauge von H2CaS2. Nach
vollständiger Aufschlieſsung wird die Lauge in das Gefäſs C abgelassen, der Boden geöffnet und der Rückstand, bestehend aus
Kalkstein, Kokes u. dgl. entfernt. Er beträgt 33 bis 35 Procent der feuchten
Rückstände.
Die Lauge, welche doppelt so viel Schwefel enthält, als im Rückstand enthalten war,
dient zur Hälfte zur Erzeugung von Schwefelwasserstoff, welches zum Aufschlieſsen
neuer Rückstände verwendet wird. Die Erzeugung von H2S geschieht in einem ähnlichen Apparat B,
indem Kohlensäure mittels des Körting'schen Gebläses
G durch die Flüssigkeit getrieben wird. Als
Kohlensäure dienen die Rauchgase der Sodaschmelzöfen (vgl. 1879 234 306). Der gefällte kohlensaure Kalk ist vollständig
rein und kann zum Sodaprozeſs wieder verwendet werden. Die zweite Hälfte der
Schwefellauge wird mit Luft so weit oxydirt, daſs eine normale Schwefellauge
entsteht, aus welcher Salzsäure allen Schwefel ausfällt.
Fig. 1., Bd. 246, S. 38Fig. 2., Bd. 246, S. 38 Wenn die Oxydation der Schwefellauge gut geleitet wird, so gelingt es mit
2,5 Th. Salzsäure 1 Th. Schwefel zu fällen, so daſs es möglich ist, mit ⅓ der
erzeugten Salzsäure allen Schwefel zu regeneriren, welcher für die Soda erforderlich
ist; ⅔ der Salzsäure bleiben für Chlorerzeugung und andere Verwendung übrig. Wie vollständig die
Aufschlieſsung der Sodarückstände mit Schwefelwasserstoff ist, ergab folgender
Versuch:
100g feuchter Rückstand mit 71,1
Proc. Trockengehalt, in Wasser suspendirt und mit Schwefelwasserstoff behandelt,
ergab:
eine Lauge entsprechend
14g,26
Schwefel
und im Rückstand noch
0g,20
Schwefel,
somit ein Ausbringen von 98,6 Proc.
Wenn es nicht darauf ankommt, reinen Kalkstein zu erzeugen, so kann das Verfahren
dadurch vereinfacht werden, daſs man beide Prozesse in einem Apparat vor sich gehen
läſst, indem man Kohlensäure direkt auf in Wasser suspendirte Sodarückstände
einwirken läſst. Kohlensäure zersetzt das Schwefelcalcium und gibt
Schwefelwasserstoff, welcher von dem noch vorhandenen Sodaschlamm bezieh. CaS
aufgenommen wird und eine Lauge von H2CaS2 bildet. Diese Lauge wird mit Luft oxydirt, so daſs
Salzsäure allen Schwefel ausfällt. Nach der Formel 2CaS + H2CO3 = CaCO3 + H2CaS2 werden auf diese Weise aus den Sodarückständen die
Hälfte des an Schwefel gebundenen Calciums und der ganze Schwefel gewannen. Ein
Versuch ergab 98 Proc. Schwefel in Lösung, so daſs der Aufschluſs der Rückstände
vollständig ist. Der Rückstand besteht auſser den Verunreinigungen, als Kokes,
Thonerde, Kieselsäure, Eisen o. dgl., der Hauptmasse nach aus kohlensaurem Kalk-
eine Analyse ergab noch 95 Proc. CaCO3 und ist
dieser Rückstand statt Kalkstein noch gut zur Sodaschmelze verwendbar.
Zur Ausführung dieses Verfahrens werden die Sodarückstände in einen Cylinder A (Fig. 2) mit Rührwerk
geschüttet und mit Wasser zu Schlamm gerührt. Durch diesen Schlamm preſst das Körting'sche Gebläse G
Kohlensäure haltige Feuerungsgase, bis der Geruch nach Schwefelwasserstoff auftritt,
oder bis eine Probe zeigt, daſs die Aufschlieſsung vollendet ist. Der Inhalt wird
dann abgelassen und auf dem Filter C die Schwefellauge
von dem Kalkstein getrennt. Erstere dient zur Schwefelfabrikation, letztere zur
Sodaschmelze. Wenn die Kohlensäure haltigen Feuerungsgase auch noch Sauerstoff
enthalten, so wird schon ein Theil der H2CaS-Lauge
in unterschwefligsauren Kalk umgewandelt sein; bei passender Zusammensetzung der
Gase ist es selbst möglich, gleich eine „normale“ Schwefellauge zu erzielen.
Diese letztere Art der Regenerirung von Kalkstein und Schwefel ist äuſserst einfach
und, näher betrachtet, eigentlich nur eine Verbesserung der schon lange üblichen
Methode der Gewinnung von Schwefel aus Sodarückständen. Die H2CaS2-Lauge kann
auch zur Erzeugung von Schwefelwasserstoff mit Salzsäure und der erhaltene
Schwefelwasserstoff zur Schwefelsäurefabrikation wieder verwendet werden. Es würde
auf diese Art ungefähr die Hälfte der bei der Sodafabrikation erzeugten Salzsäure
zur Regenerirung des Schwefels verwendet werden.
Der Verbrauch der Salzsäure bei dieser Methode wird für viele Fabriken, welche keinen
Absatz für Salzsäure haben, nicht stark in Rechnung kommen; sollte jedoch die Salzsäure derart im
Preis steigen, daſs deren Verwendung hierfür nicht rentirt, so ist es immerhin noch
möglich, aus der nach dieser Methode erzeugten Schwefellauge (H2CaS2) den Schwefel
in einer Form wieder zu gewinnen, daſs derselbe bei der Schwefelsäure-Erzeugung
Verwendung finden kann.