Titel: | Zur Verfälschung der Cochenille; von Dr. Julius Löwe. |
Autor: | Julius Löwe [GND] |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 91 |
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Zur Verfälschung der Cochenille; von Dr. Julius
Löwe.
Löwe, zur Verfälschung der Cochenille.
Die Cochenille kommt je nach Art der Tödtung des Thieres in zwei verschiedenen Formen
in den Handel, nämlich entweder als weiſsbestäubte matte, oder als staublose
schwarzbraune glänzende Körner.
Die weiſsbestäubte Sorte ist bekanntlich vielfach Gegenstand der Verfälschung, indem
man dieselbe bis zu 10 und 12 Proc. mit mineralischen Stoffen – wie Schwerspath,
kohlensaurem oder schwefelsaurem Blei, Chlorblei, Talk u. dgl. – beschwert, zumeist
derselben also solche mineralische Zusätze beibringt, welche ein geringes Volumen
bei hohem specifischem Gewicht besitzen. Eine Bestimmung der Aschenmenge nach
Verbrennung einer Probe Cochenille im Porzellantiegel ergibt meist die Höhe der
Beschwerung in den angeführten Zahlen, während eine unverfälschte Cochenille kaum
eine Aschenmenge von 0,5 Proc. hinterläſst.
Wegen der häufigen Verfälschung der weiſsen begehrten die Käufer zuletzt mehr nach
der zweiten unbestäubten Sorte, da ihnen diese mehr Gewähr für Reinheit bot, wenn
auch das Ansehen der Waare für den Verkauf gegen die erstere zurückstand. Jedoch
auch diese letztere kommt in neuerer Zeit mit Zusätzen, wie Braunstein,
Schwefelblei, Eisenoxyd u.s.w., in obiger Menge beschwert in den Handel und wird der
Grund ihrer Bevorzugung damit hinfällig.
Das Verfahren, die Cochenille mit mineralischen Stoffen zu beschweren, ist hier meist
so vollkommen ausgeführt, daſs es selbst dem Kenner der Waare oft schwierig hält,
bloſs aus deren Ansehen die Verfälschung oder Beschwerung dieser herauszufinden, und
nur eine Aschenbestimmung kann ihm sicheren Aufschluſs ertheilen. Es war mir deshalb
von Interesse zu
ermitteln, durch welches Verfahren diese Beschwerung so vollkommen und täuschend an
der Waare ausgeführt wird, und haben mir bald verschiedene Versuche darüber den
gewünschten Aufschluſs ertheilt.
Die Cochenille mit einer klebenden Lösung, wie etwa Gummiwasser u. dgl., kalt zu
befeuchten und ihr dann die Beschwerung beizufügen, führt deshalb zu keinem
gewünschten Resultate, weil das Wasser des zur Verflüssigung dienenden Klebemittels
Farbstoff aus der Cochenille in Lösung bringt, welcher das weiſse mineralische
Beschwerungsmittel röthet und somit das Ansehen der Waare beeinträchtigt.
Andererseits dringt auf diese Art auch das Beschwerungsmittel nicht genug in die
Reifen der Cochenille, sondern umhüllt oder verschmiert dieselbe nur und läſst den
Käufer derselben über die Absicht nicht lange im Zweifel. Durch nachstehendes
Verfahren läſst sich jedoch die Beschwerung mit Vollkommenheit erreichen und wird
sicherlich im Groſsen nach diesem ausgeführt: Man setzt die Cochenille einer
Atmosphäre von heiſsem Wasserdampf mit der Vorsicht aus, daſs dieselbe nicht durch
Condensationswasser benetzt wird, sondern nur unter Dampf steht. Die Körner
schwellen dabei zu ihrem mehrfachen Volumen auf und aus ihren Reifen schwitzt in
geringer Menge ein rother stark klebender Saft, der als Bindemittel für die später
zuzuführende mineralische Beschwerung dient. Sobald die Körner ihr Volumen nicht
mehr ändern, entzieht man sie der heiſsen Dampfatmosphäre, bläst den Dampf ab,
bringt sie in einen Kolben oder bei gröſserer Menge in eine Trommel, fügt das
mineralische Beschwerungsmittel in der Höhe von 10 bis 12 Proc. hinzu und setzt den
Inhalt des Kolbens oder der Trommel so lange in Umdrehung, bis das
Beschwerungsmittel von dem ausgeschwitzten klebenden Safte der Körner völlig
gebunden ist. Die Körner werden nach Schluſs dieser Behandlung ausgeschüttet und in
einem warmen Luftstrome getrocknet, wobei sie auf ihr anfängliches Volumen wieder
einschrumpfen und in ihren Falten das Beschwerungsmittel bergen und festhalten.
Durch dieses Verfahren wird weder das zugesetzte weiſse Beschwerungsmittel geröthet,
noch die dunklen Zusätze deutlich sichtbar, weil der gröſste Antheil derselben durch
die Falten der getrockneten Cochenille verdeckt und festgehalten ist und ein
verdächtiges Abstauben nach dem Trocknen der Waare nicht leicht stattfindet.
Nach diesen Andeutungen dürfte es sich für den Abnehmer dieser Waare um so mehr
empfehlen, solche nur nach Aschengehalt zu kaufen. Allerdings bleibt auch die
Aschenbestimmung für den Fall zwecklos und muſs durch andere Nachweise ersetzt
werden, wenn man von Seiten des Verfälschers für die Beschwerung, statt
mineralische, organische Stoffe gewählt, wie z.B. für die weiſse Waare Mehl, für die
dunkle Asphalt o. dgl., allein es ist doch dabei zu berücksichtigen, daſs bei
solchen Zusätzen der eigentliche Zweck der Beschwerung ziemlich verloren geht, da Stoffe, wie die
genannten, bei gleichem Gewichte der mineralischen ein groſses Volumen haben und
sich nicht in gewünschter Menge der Cochenille beifügen lassen, um die Beschwerung
genug lohnbringend zu machen.
Frankfurt a. M., September 1882.