Titel: | Ueber Neuerungen an Dampfsteuerapparaten. |
Autor: | Mg. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 114 |
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Ueber Neuerungen an
Dampfsteuerapparaten.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 243 S.
356.)
Mit Abbildungen im Text und auf Tafel 7.
Ueber Neuerungen an Dampfsteuerapparaten.
Im Anschluſs an die früher besprochenen Constructionen von Dampfsteuerapparaten
bezieh. combinirten Hand- und Dampfsteuerapparaten und unter Hinweis auf die dort
gegebenen allgemeinen Bemerkungen seien im Folgenden nach dem Engineer, 1882 Bd. 53 S. 281 eine Anzahl Anordnungen
beschrieben, welche auf der maritimen Ausstellung in London (vom 10. bis 20. April
1882) von den hervorragendsten Fabriken ausgestellt waren.
Während die groſse Mehrzahl der bekannten Steuerapparate mindestens mit zwei
gekuppelten Dampfmaschinen zum Betrieb des Steuers bezieh. Steuerreeps versehen
sind, hat der combinirte Hand- und Dampfsteuerapparat von D.
Coulson in Sunderland nur eine Maschine mit einem entsprechend groſsen
Dampfcylinder (vgl. Fig. 1 und
2 Taf. 7). Auf derselben Achse o liegt
zwischen zwei Rollen für das Steuerreep ein Schneckenrad B, welches durch die Schnecke A von der Welle
des groſsen Handrades aus umgetrieben werden kann. Soll mit Dampf gesteuert werden,
so wird die Schnecke festgelegt, so daſs sie in eine Zahnstange umgewandelt ist.
Wird nun Dampf in den Cylinder eingelassen, so schiebt der Dampfkolben das mit ihm
verbundene Rad B vorwärts oder zurück; da die Schnecke
A aber festgelegt ist, muſs sich das in dieselbe
eingreifende Schneckenrad B drehen und die mit ihm auf
derselben Achse sitzenden Seilrollen werden das Steuertau entsprechend einholen.
Während der Dampfkolben das Rad B bewegt, wird durch
die am Kreuzkopf angebrachte Mutter N eine
Schraubenspindel S gedreht, welche den
Vertheilungsschieber in seine Mittelstellung stets zurückzubringen strebt, aus
welcher ihn das Steuerrad gedrängt hat.
Als Vortheil dieser Construction wird gerühmt, daſs das Steuerreep nicht unbeweglich
festgehalten wird, vielmehr bei plötzlichen Spannungen gegen den Dampfdruck ziehen
kann und also der Dampf hinter dem Kolben einen wirksamen Buffer gegen alle das
Steuer treffenden Stöſse abgibt.
Als eine Vereinfachung des Robertson'schen
Steuerapparates (1882 243 * 360) kennzeichnet sich die
Construction von Higginson und Comp. in Liverpool (Fig.
3 Taf. 7). Da die allgemeine Anordnung dieselbe geblieben ist, beschränken
wir uns auf die nähere Erläuterung der abgeänderten selbstthätigen Dampfabstellung.
Die für diesen Zweck vorgesehene Vorrichtung ist im oberen Theil des Apparates
untergebracht. Der Dampfeinlaſs in die Dreicylindermaschine P wird durch Verschiebung der Mutter N
erzielt, welche durch ein seitlich angeordnetes Hebelsystem die vertikale Welle G dreht; auf letzterer sitzt ein Zahnbogen, welcher den
Drehschieber V bethätigt. Sobald also die Maschine ihre
Bewegung beginnt, wird durch die Büchse o die Mutter
N gedreht; in demselben Maſse, als diese allmählich
in ihre Mittelstellung zurückgeht, bringt sie auch durch ihr Hebelsystem den
Drehschieber in seine Mittellage.
Trotzdem die gedrängte Anordnung dieses Apparates durch die schwere Zugänglichkeit zu
einzelnen Theilen erkauft wurde, so ist dieselbe doch schon – nach Angabe unserer
Quelle – in 140 Exemplaren ausgeführt worden.
Eine zweicylindrige vertikale Dampfmaschine besitzt der auch für Hand eingerichtete
Steuerapparat von Donkin und Nichol in
Newcastle-on-Tyne (Fig. 4 und
5 Taf. 7). Bei der Benutzung als Dampfsteuerapparat kann sowohl das
hinter dem groſsen Handrade sitzende kleine Rad, als auch ein auf der Kommandobrücke
befindliches Rad, welches mit den Steuerschiebern durch ein Gestänge x verbunden ist, verwendet werden. Bei Dampfbetrieb
wird der linksseitige Kupplungstheil der langen Hülse B
mittels des Hebels E in das Schneckenrad C eingerückt, während für Handbetrieb B mit A verbunden wird.
Dreht sich nun die Hülse B, so muſs auch das mit
derselben durch Feder und Nuth verbundene Kegelrad D
umgedreht werden. Letzteres bewegt mittels der schräg gelagerten Schnecke S die Rolle der Steuerkette. Die Dampfvertheilung
geschieht durch einen Muschelschieber, dessen Wege F
und G abwechselnd zum Auslaſs und Einlaſs dienen, je
nach Umlauſsrichtung der Maschine.
Durch die hohle Welle des Handsteuerrades geht eine zweite Welle, auf deren einem
Ende am Handsteuerrade das Steuerrad für den Dampfbetrieb sitzt, während auf dem
anderen Ende ein Kegelrad angebracht ist, welches mit einem auf der Welle x angeordneten Kegelrade in Eingriff steht; die Welle
x gleitet in letzterem Kegelrade in Feder und Nuth.
Bei der Bewegung des Handrades K oder des mit der Welle
x verbundenen, auf der Kommandobrücke befindlichen
Rades wird die Welle x durch die Mutter L nach oben oder unten verschoben und diese Bewegung
auf die Schieber übertragen. Die Maschine wird jetzt so lange umlaufen, bis durch
die Schraube und Mutter am hinteren Ende der Kettenscheibenwelle und den Winkelhebel
die Mutter L in der entgegengesetzten Richtung so weit
zurückgedreht ist, daſs der Schieber wieder seine Mittelstellung eingenommen hat. M und N sind zwei Muttern,
welche in der Maximalstellung als Anschläge für die Mutter L angeordnet sind, um ein zu weites Drehen des Handrades zu vermeiden.
Wird mit Dampf gesteuert, so wird durch die Schraube O
das groſse Rad festgestellt, während beim Handbetrieb eine zweite Schraube P die Drehung der inneren Welle verhindert.
In der allgemeinen Anordnung gleicht der Dampfsteuerapparat von Amos und Smith in Hüll der Construction von King (1882 243 * 359),
weshalb wir uns hier auf die nähere Erläuterung der selbstthätigen
Dampfabsperrvorrichtung beschränken. Auf die Welle des Steuerrades ist eine Schraube
S (Fig. 6 Taf.
7) eingeschnitten, in deren auſsen verzahnte Mutter N
das auf der Welle der Kettenrolle sitzende Zahnrad W
eingreift. In die Rille A der Mutter N greift ein mit dem Vertheilungsschieber verbundener
Hebel L ein. Eine Verdrehung des Handrades wird nun
eine entsprechende Bewegung der Hebel L und R und dadurch ein Anlassen der Maschine zur Folge
haben; hingegen wird die Mutter N durch das Zahnrad W wieder in ihre Mittelstellung, welche dem
Dampfabschluſs entspricht, gedrängt werden.
Dieselben Constructeure hatten an einem combinirten Hand- und Dampfsteuerapparate
eine Vorrichtung gezeigt, welche den Uebergang von einer Betriebsweise zur anderen
ohne Einschaltung von Kuppelungen o. dgl. gestattet. Statt der üblichen Kettenrolle
ist eine breite Trommel benutzt, welche auf der Hauptwelle festgekeilt ist; neben
derselben sitzt ein vierarmiger Kreuzkopf mit vier Kegelrädern C (Fig. 7 Taf.
7), die auf jeder Seite mit lose auf der Welle laufenden Kegelrädern D und E in Eingriff
stehen. Rad D ist mit dem von der Dampfmaschine
angetriebenen Schneckenrade D1 verbunden und Rad E mit einem von
Hand bewegten Hohlzahnrade F, um welches ein Bremsband
liegt. Dreht nun die Dampfmaschine das Schneckenrad D,
während Rad E durch die Bremse festgehalten ist, so
wird der Kreuzkopf durch die Kegelräder C halb so oft
als D umgetrieben; diese Bewegung macht die Trommel
mit, Während andererseits die Maschine abgestellt wird, bremst die Schnecke auf der
Kurbelwelle ihr Rad D1,
so daſs nach Lösung des Bremsbandes auf dem Rade E das
Handrad eingeschaltet ist und die Kettentrommel dieselbe Bewegung wie vorhin
erhält.
Eine andere Verwendung für diese Vorrichtung bringen Amos und
Smith in Vorschlag für solche Schiffe, welche zwei von einander unabhängige
Handsteuerapparate besitzen, deren jeder durch eine gesonderte Kette mit dem Steuer
verbunden ist. Für solchen Fall werden beide Räder D1 und F mit
Bremsbändern versehen und das eine Rad gebremst, wenn mit dem anderen gesteuert
werden soll.
Der Steuerapparat von Davis und Comp. in London wird für
Dampfbetrieb allein wie für combinirten Betrieb gebaut. Wie aus der unklaren
Beschreibung und Abbildung unserer Quelle hervorgeht, wird eine horizontale Zweicylindermaschine
benutzt, deren Vertheilungsschieber durch ein Schneckenrad in seine Mittelstellung
beständig zurückgeführt wird.
Der vielgerühmte Hand- und Dampfsteuerapparat, welcher nach Simey's Patent von Roger und Comp. in
Stockton-on-Tees gebaut wird, besitzt eine von der üblichen Anordnung abweichende
interessante selbstthätige Abstellvorrichtung für den Dampf. Die allgemeine
Einrichtung und Wirkungsweise dieses Apparates, welcher wie der Coulson'sche nur einen groſsen horizontalen Cylinder
besitzt, geht aus der hier abgedruckten perspectivischen Ansicht genügend
hervor.
Textabbildung Bd. 246, S. 117
Fig. 8 Taf.
7 erläutert die Abstellvorrichtung: Die vertikale Welle B wird durch einen Quadranten und einen konischen Trieb von der Welle des
kleinen Handrades, welches die Dampfwirkung einleitet, bewegt; auf derselben sitzt
ein Hebel mit einem Ausschlag von 45° nach jeder Seite, welcher den Kreuzkopf M verschiebt, Mit der Mitte des Kreuzkopfes M ist die Schieberstange verbunden. Die Welle B wird von einer hohlen Welle A umgeben; auf dieser sitzt ein Hebel, der durch eine Schnecke von der
Welle der Seilscheibe bewegt wird. Wenn nun durch eine Bewegung der Welle B Dampf in den Cylinder eintritt, so dreht die Maschine
die Hohlwelle A und zieht das Ende M des Kreuzkopfes um so viel zurück, als das Ende D vorgeschoben wird; der Schieber wird also
zurückbewegt und der Dampf abgesperrt. Befinden sich beide Hebel in einer geraden
Linie, so steht der Schieber in seiner Mittelstellung. Der Uebergang vom Hand- zum
Dampfbetrieb wird durch einen Kupplungshebel bewirkt.
Von einem Steuerapparat von G. H. Chaplin in London
führt unsere Quelle nur an, daſs die selbstthätige Zurückschaltung des Schiebers in
seine Mittelstellung mit Hilfe epicyklischer Zahnräder geschieht.
Bei dem Hand- und Dampfsteuerapparat von E. E. Wigzell
in London sind sämmtliche Constructionstheile aus denselben Gründen wie bei dem Ziese'schen Apparat (vgl. 1882 243 * 357) von einem guſseisernen Gehäuse völlig verdeckt. Die
Dampfabsperrung geschieht hier ausnahmsweise nicht selbstthätig. Von der
Dreicylindermaschine wird durch Stirnräder und eine Schnecke das auf der Achse der
Kettenrolle sitzende Schneckenrad getrieben, so daſs sich auf beiden Seiten
desselben ein Ende der Ruderkette aufwickeln kann. In Feder und Nuth ist auf der
kurzen Welle der Schnecke ein Triebrad K (Fig.
9 bis 11 Taf. 7)
verschiebbar, welches auf der Zeichnung mit dem Stirnrade C auf der Handsteuerwelle in Eingriff steht, so daſs also die
Dampfmaschine jetzt nicht arbeiten kann. Wird das Triebrad noch weiter geschoben, so
kommt es mit dem Rade A auf der Maschinenwelle in
Eingriff und die Maschine ist eingerückt. Auf diese Weise dient dasselbe Steuerrad
bei Dampf- wie Handbetrieb. An das hintere Ende der verlängerten Steuerradwelle
schlieſsen sich die Zahnräder E bis G an, deren eins mittels eines Kurbelzapfens die
Schieberstange regiert. Die Dampfabsperrung muſs also hier durch eine
entgegengesetzte Drehung des Steuerrades vorgenommen werden. Anschlagknaggen
verhindern eine zu weite Verdrehung des Steuerrades; ferner wird die Bewegung des
Ruders am Gehäuse durch Zeiger angegeben. Zu bemerken ist, daſs das Steuerreep ganz
unelastisch gesperrt gehalten wird.
Für Fälle, wo das Steuerreep auf seiner Trommel unbeweglich festgehalten wird, wo
also die Gefahr der Beschädigung des Ruders bei starken Wellenschlägen vorhanden
ist, scheint der Vorschlag von Wotherspoon in Liverpool
von Werth zu sein, in das Steuerreep starke Spiralfedern einzuschalten.
Mg.