Titel: | Ueber die Gewinnung von Ammoniak. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 224 |
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Ueber die Gewinnung von Ammoniak.
Patentklasse 75. Mit Abbildungen auf Tafel 16.
Ueber die Gewinnung von Ammoniak.
Der Apparat zur Gewinnung von Ammoniak aus Gaswasser von
G.
Wunder in Leipzig (* D. R. P. Nr. 17411 vom 14. Juni 1881) besteht aus 2 Kesseln
mit zwei getrennten Rohrleitungen. Der mit Rostfeuerung versehene Kessel L (Fig. 1 und
2 Taf. 16) wird mit rohem Ammoniakwasser gefüllt, der Kessel M durch Rohr o mit
Flüssigkeit aus L. Vom Kessel L führt ein Dampf röhr a mit Hahn h in den Bleikasten R und
ein zweites Rohr s bis fast auf den Boden des Kessels
M. Von diesen geht ebenfalls ein Dampfrohr u neben dem Rohr a in den
Kasten R.
Der Kessel L sei nun mit rohem Ammoniakwasser, M dagegen mit in L bereits
abdestillirter Flüssigkeit gefüllt. Es wird nun durch direkte Feuerung die
Flüssigkeit im Kessel L zum Sieden gebracht und der
entwickelte Dampf durch Rohr a in die Schwefelsäure des
Kastens R eingetrieben, während Hahn H geschlossen bleibt. Die durch die Schwefelsäure
entweichenden Gase (Schwefelwasserstoff, Kohlensäure u. dgl.) gehen durch Rohr v in die Feuerung. Sind die flüchtigen
Ammoniakverbindungen ausgetrieben, so wird die erforderliche Menge Kalkmilch durch
Trichter n in den Kessel M
eingefüllt, Hahn H geöffnet, h geschlossen.
Der Dampf aus dem fortdauernd geheizten Kessel L wird
dadurch gezwungen, durch Rohr s in den Kessel M einzutreten und das hier entwickelte Ammoniak durch
Rohr u in den Bleikasten R
zu treiben. Ist so alles Ammoniak übergetrieben, so wird die Flüssigkeit aus dem
Kessel M durch ein Rohr im Boden entleert und das
Verfahren beginnt von Neuem.
Der ununterbrochen wirkende Apparat zur Destillation Ammoniak
haltiger Flüssigkeiten von H. Grüneberg in
Kalk (vgl. 1882 244 * 231) hat in kleinerem Maſsstabe
ausgeführt den Uebelstand gezeigt, daſs die Räume A und
a (vgl. Fig. 1 Taf.
16 Bd. 233 und Fig. 6 Taf.
7 Bd. 237) so eng waren, daſs sie bei der zeitweilig erforderlichen Reinigung nicht
befahren werden können. Es ist nun für solche kleinere Apparate (* D. R. P. Zusatz
Nr. 18852 vom 3. Januar 1882) die Verbesserung durchgeführt, den Hauptkessel A, statt in zwei concentrische Abtheilungen durch
Scheidewand z in zwei neben einander liegende
Abtheilungen L und m zu
theilen und die Circulation, welche von dem Ueberfallrohr b ausgeht, in der Abtheilung L beginnen zu
lassen und in der Abtheilung m zu beenden. Der Weg,
welchen die Flüssigkeit vor ihrem Austritt aus dem Rohr h durchzumachen hat, erleidet hierdurch keine Kürzung und ein Anbrennen
des durch das Ueberfallrohr b in den Kessel A gelangenden Kalkschlammes ist vermieden durch
Höherlegen der Feuerzüge, welche nun erst an dem Punkt x beginnen, also den unteren Theil des Kessels kalt lassen. Auſserdem ist
das Abfluſsrohr h nach auſsen gelegt, was sich bei
vorkommenden Verstopfungen als zweckmäſsig erwiesen hat.
Apparat zur Gewinnung von Ammoniak aus
Melasserückständen. Nach E. Ernst in
Halberstadt (* D. R. P. Zusatz Nr.
18549 vom 4. August 1881) wird auf die rostartige Ofensohle b (Fig. 4 und
5 Taf. 16) in 10 bis 15cm hoher Schicht
leicht entzündliches Brennmaterial aufgeschüttet und von dem seitlich unter der
Sohle liegenden Feuerherde e aus angezündet. Dann wird
in entsprechenden Zwischenpausen eingedickte, mit Torf und Schlempekohle gemischte
Melasseschlempe in schwachen horizontalen Schichten durch die mittels Schieber
verschlieſsbare Oeffnung d eingeworfen. Diese
Beschickung wird wiederholt, wenn auf einer oder mehreren Stellen der Oberfläche die
Verkohlung sichtbar wird. Findet auf einzelnen Stellen dauernd schnellere Vergasung
als auf den anderen statt, so ist dies durch Anfeuchten der betreffenden Stellen zu
verhindern. Helle Flammenbildung auf der Füllungsoberfläche würde die Ammoniak
ausbeute wesentlich beeinträchtigen, muſs also durch rechtzeitiges Einwerfen des
Vergasungsmaterials vermieden werden. Die Oeffnung d
wird je nach dem Fortschreiten der Füllung nach und nach zugemauert, so daſs die
Oberkante dieser Vermauerung stets den Abschluſs der Ofenfüllung bildet. Ist die
Oberfläche der Füllmasse nur noch 50 bis 60cm von
der Ofendecke entfernt, so wird eine mehrere Centimeter hohe Schicht Schlempekohle
aufgeschüttet und mit dünner Schlempe naſs erhalten, bis die den Ofen füllende
Schlempekohle erkaltet ist, um entleert zu werden. Die durch Kanal c abziehenden Vergasungsproducte steigen in einem
Kokesthurm auf, in welchem Säure heruntertropft (vgl. 1882 245 * 414).
Zur Gewinnung von Ammoniak aus Urin und sonstigen
faulenden Flüssigkeiten sollen nach F. J. Bolton und
J. A.
Wanklyn in London (D. R. P. Nr. 17 386 vom 23. Juni 1881) die beim Erhitzen
entweichenden Dämpfe mit Luft oder Kohlensäure gemischt, durch Schichten von porösem
Calciumsulfat, allein oder mit Calcium- und Eisenphosphat gemischt, von
Chlorcalcium, den Doppelsalzen desselben mit Chlorkalium und Chlornatrium oder
Chlorkalium-Chlormagnesium ziehen. Das Ammoniumcarbonat setzt sich mit dem
Calciumsulfat zu Ammoniumsulfat und Calciumcarbonat um. Wenn die Reaction genügend
weit vorgeschritten ist, so wird das Gemenge erhitzt, wodurch die umgekehrte
Reaction eintritt und wieder Ammoniumcarbonat gebildet wird, welches man auf
gewöhnliche Weise condensirt, während man das Calciumsulfat wieder verwendet.
Zur Gewinnung von Ammoniak und Theer aus Kokesöfen
benutzen F. Stroehmer und Th. Scholz
in Dresden (* D. R. P. Nr. 16807 vom 2.
Februar 1881) die Füllöffnungen l (Fig.
6 bis 8 Taf. 16)
unter Anbringung seitlicher Kanäle a innerhalb der
Ofendeckschicht. Ueber diesen Kanälen steht ein guſseisernes Rohr b mit Chamottefutter, welches unten bei c durch einen Schieber abschlieſsbar, oben bei d mit einer gut schlieſsenden eingeschliffenen
Drosselklappe versehen ist.
In diesen stehenden Absaugerohren führt man den heiſsen Kokereigasen einen feinen
Dampfstrahl e entgegen, um sie rascher zu kühlen. Einen
gleichen Dampfstrahl f kann man aus dem unteren Theile
des Absaugerohres nach oben führen, um den Zug zu beschleunigen. Zur Erzielung eines
höheren Ausbringens an Ammoniak soll man durch mehrere der senkrechten Kanäle mit
Chamotte umhüllte Dampfröhren g bis auf den Boden des
Ofens einführen, durch welche überhitzter Wasserdampf eingelassen wird. Die Angabe,
daſs hierdurch Ammoniak gebildet werde, bedarf der Bestätigung.
Das Hauptsammelrohr h hat nach seiner Mündung im
Condensator zu hinreichendes Gefälle, damit die Condensationsproducte dorthin
abflieſsen. Der Condensator bildet ein System guſseiserner, aufrecht stehender Rohre
mit unteren liegenden Röhren zum Sammeln der Condensationsproducte.
Ein frisch mit Kohlen gefüllter Ofen A wird mit der
Absaugevorrichtung in Verbindung gesetzt, d.h. Drosselklappe d und Schieber c geöffnet, dann der
Dampfstrahl f ein wenig angelassen. Der Nachbarofen B, dessen Schieber c und
Drosselklappe d ebenso wie der Schieber p, der zum alten Essenkanal q führt, geschlossen ist und welcher mit dem frisch gefüllten Ofen A durch die Sohlenkanäle r
und s sowie bei t in
Verbindung steht oder in Verbindung gebracht ist, wird seine sehr heiſsen Gase erst
unter die eigene Sohle und von dieser durch die Verbindung t
unter die Sohle des
frisch gefüllten Ofens A schicken, wo sie dann in den
Wandkanälen desselben in die Höhe steigen, so also die Sohle und Wandungen des
frisch gefüllten Ofens heizen und mit den Gasen desselben zusammen abgesaugt werden.
Erst wenn man sieht, daſs der Abzug der Gase aus Ofen B
zu gering ist, wird man den nach der Esse führenden Schieber p so weit öffnen, wie nöthig ist, um den Ofen B nicht ersticken oder erkalten zu lassen. Nach der halb vollendeten
Verkokungsperiode des Ofens A wird der Nachbarofen B, der um die Zeit fertig gekokt ist, gezogen und
frisch gefüllt, worauf dann die Oefen ihre Rollen wechseln, indem Drosselklappe d und Schieber c des Ofens
A geschlossen und die des Ofens B geöffnet werden und die Gase nun den
entgegengesetzten Weg nehmen.
Das Einführen von Wasserdampf hat den Nachtheil, daſs das erhaltene Ammoniakwasser
stark verdünnt wird.
Die Gesellschaft L'Azote in Paris
(* D. R. P. Nr. 17070 vom 16. Januar 1881) will zur Darstellung von Ammoniak aus dem Stickstoff der Luft und dem
Wasserstoff des Wassers die Verbindung dieser Gase mittels poröser Stoffe
und mit Hilfe elektrischer Ströme erzielen.
In die vorher zur Rothglühhitze erwärmten Oefen A und
B (Fig. 9 Taf.
16) wird geschmolzenes Zink eingebracht; dann läſst man in den Ofen A durch den Kanal a Luft
eintreten, in den Ofen B Wasser durch Rohr b. Unter Bildung von Zinkoxyd wird auf der einen Seite
Stickstoff', auf der anderen Wasserstoff frei. Die heiſsen Gase erwärmen zuerst die
Retorten r und s der
Heizkammern M, N, dann gehen sie durch die
Ablagerungskammern O, P, in denen sich das mitgerissene
Zinkoxyd ablagert, und entweichen dann durch die Oeffnungen C, D in Kammern E, F, aus denen man sie durch
die Oeffnungen e, f nach Belieben auslassen kann. Von
jeder dieser Mündungen aus führt eine Röhre, welche sich nach jeder Retorte r abzweigt, so daſs man nach Belieben Stickstoff oder
Wasserstoff in die Retorten r bringen kann. Diese
Retorten enthalten titanisirten Eisenschwamm, welcher den Stickstoff aufsaugt, aus
dem sich, wenn man Wasserstoff hinzuströmen läſst, Ammoniak bildet. Das in den
Trichtern n aufgefangene Zinkoxyd wird mit Kohle
gemischt in den schräg liegenden Retorten s reducirt
(falls hierzu die Temperatur ausreicht, Ref.), damit
man das erhaltene Metall wieder in die Oefen A und B einfüllen kann. Das bei der Reduction des Zinkoxydes
entweichende Kohlenoxyd wird verbrannt und die gebildete Kohlensäure soll zur
Bindung von Ammoniak verwendet werden.
Die Ammoniakbildung soll unterstützt werden, wenn man in die Retorten ein Gemisch von
Eisen und anderen Metallen einbringt. Der angeblich hierdurch erzeugte elektrische
Strom soll die Vereinigung der Gase unterstützen.
Nach einem ferneren Vorschlage werden die Retorten r
durch cylindrische Metallgefäſse ersetzt, welche mit Platin gemischte Kohle enthalten. Man preſst
nun mittels einer Druckpumpe Stickstoff bis zu einem Druck von etwa 10at ein, dann Wasserstoff worauf die Verbindung
stattfinden soll.
Bei der Herstellung von Ammoniak aus dem Stickstoff der
Bruchmoore kann nach H. Grouven in Bürgerhof, Mecklenburg (* D. R. P. Zusatz Nr. 18051 vom 25.
Oktober 1881) ein Theil des glühenden Wasserdampfes durch Luft ersetzt
werden, so daſs bis zu 60 Procent der trockenen Moorsubstanz durch Luft verbrannt
werden kann, ohne daſs Stickstoff als solcher auftritt.