Titel: | Die Windmotor-Anlage der Wasserstation Etgersleben. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 306 |
Download: | XML |
Die Windmotor-Anlage der Wasserstation
Etgersleben.
Mit Abbildung auf Tafel 24.
Die Windmotor-Anlage der Wasserstation Etgersleben.
Die bekannten, sich selbst regulirenden Windmotoren nach Halladay'schem System (1878 228 * 393. 1881 241 416) sind in neuerer Zeit auch bei uns in Deutschland
mehrfach zum Betriebe von Eisenbahn-Wasserstationen verwendet. Eine sehr gelungene
Ausführung ist die der Wasserstation Etgersleben, einer Station der Linie
Staſsfurt-Blumenberg, und wurde die von Friedr. Filler
in Eimsbüttel bei Hamburg gelieferte Anlage im Frühjahr 1881 fertig gestellt.
Der unten halbkugelförmig ausgebildete Hochbehälter ruht bezieh. hängt, wie aus Fig.
1 Taf. 24 zu sehen, mit 8 seitlich angenieteten, aus Blech und Winkeleisen
bestehenden Ohren auf 8 Pfeilern, welche von der achteckigen, in Quadern
ausgeführten Basis eines Thurmes hochgeführt und unter einander durch ein
einsteiniges Mauerwerk in Verband gebracht sind. Oben wurde dann der Thurm durch
einen hölzernen, doppeltwandigen Aufbau mit Dach zum Abschluſs gebracht, der
gleichzeitig zum Schütze des Wasserbehälters gegen Einfrieren im Winter dient.
Dieser Aufbau ruht auf Gewölben, welche zwischen den Pfeilern geschlagen sind. Die
Tragohren des Wasserbehälters bezieh. die Winkeleisen desselben setzen sich oben
über den Behälter fort, theils indem sie über denselben horizontal zu seiner
Verankerung dienen, theils aufsteigend ein Strebewerk bilden, welches den oberen,
zur Aufnahme des Windmotors dienenden Eisenaufsatz trägt. Dieser Aufsatz besteht aus
vier im Grundriſs ein Quadrat bildenden, durch Laschen und Riegelungen versteiften
Winkeleisen, welche oben einen guſseisernen, starken Ring (Grundring) tragen, auf
welchem sich der Motor selbstthätig zur Windrichtung stellen kann.
Eine eiserne Leiter führt von unten auf das Dach des Holzaufbaues und von dort auf
die kleine Bühne unter dem Windrade. Die Gesammtförderhöhe ist etwa 18m, der Inhalt des Wasserbehälters ungefähr
42000l, die Leistung der Pumpe rund 55l in der Minute bei mittlerem Winde.
Das Windrad ist nach dem von Filler verbesserten Halladay'schen System mit Doppelflügeln construirt und
hat einen äuſseren Durchmesser von etwa 4m,9.
Dasselbe gibt bei 7m sekundlicher
Windgeschwindigkeit eine Nutzarbeit von etwa 2e,5,
bei geringerem Wind weniger im Verhältniſs der dritten Potenz derselben zur dritten
Potenz von 7, danach bei x Sekundenmeter = (2,5 × x3) : 73. Das Windrad ist vollständig selbstthätig
regulirend durch die Fahne nach Windrichtung, durch den bekannten Halladay'schen Centrifugalmechanismus nach Windstärke. Auſserdem rückt
dasselbe auch bei gefülltem Wasserbehälter selbstthätig aus, d.h. hört auf zu
arbeiten, durch den später zu erläuternden Regulirmechanismus.
Die Pumpe, System California, ist doppeltwirkend, hat einen Kolbendurchmesser von
100mm, einen Hub von 150mm, hat positiven und negativen Windkessel, 50mm Saug- und Druckrohre und ist für Handbetrieb
derart vorgerichtet, daſs das Lösen einiger Bolzen genügt, die Pumpe vom Gestänge
des Motors abzukuppeln und den Handbetrieb einzuschalten. Die Pumpe ist auf einem
Trockenbrunnen aufgesetzt, das Saugrohr geht seitlich ab in den eigentlichen
Brunnen, das Druckrohr hat seine Einmündung unten im Wasserbehälter und ist mit
einem Rückschlagventil versehen, um den Windkessel von unten, auch bei gefülltem
Behälter, wenn nöthig, entfernen zu können; zum Wasserkrahn führt ein 152mm lichter Rohrstrang.
Vom Motor zur Pumpe führt ein quadratisches Hartholzgestänge, welches, durch ein
Centralrohr wasserdicht von dem Wasserbehälter getrennt, oben und unten in
letzterem, ferner 2 mal durch Balken geführt ist, welche diagonal im Gebäude liegen.
Ferner geht durch dieses Centralrohr auch noch der Ausrückerdraht, wodurch man den
Motor auſser Thätigkeit bringen kann, indem die Flügelsegmente sich im rechten
Winkel um Sehnen des Windradkreises drehen und dadurch sich parallel zur Ruthenwelle
stellen.
Das Windradgestänge macht nur eine auf- und abgehende Bewegung, wodurch sich die
Arbeitsweise der Pumpe von selbst erklärt.
Ist nun der Wasserbehälter gefüllt, so fängt das nachsteigende Wasser an, durch das
Ueberlaufrohr in einen Eimer zu flieſsen, der unten durch einen kleinen Hahn, der
nach Bedarf geöffnet ist, wohl etwas des einflieſsenden Wassers durch einen Trichter
in den Trockenbrunnen abflieſsen läſst, aber nicht im Verhältniſs zum Zulauf, so
daſs der etwa 35l Wasser haltende Eimer recht bald
gefüllt ist und nun durch das Gewicht dieses Wassers strebt, niederzusinken. Der
Eimer hängt an einem Hebel und ist an diesem durch ein Gewicht ausgeglichen; also
wirkt nur das zuströmende Wassergewicht niederstrebend. An dem Hebel hängt aber auch
der früher erwähnte Ausrückerdraht, so daſs, wenn das Wassergewicht das Gewicht des
Hebels übersteigt, letzterer hoch, der Eimer niedergehen wird. Die Gröſse des Eimers
ist aber so bestimmt, daſs ¾ Inhalt desselben schon das Gewicht überwinden, also die
Mühle recht bald zum Stillstande kommt, wenn der gefüllte Wasserbehälter weiter
gespeist wird. Wenn nun der Eimer gesunken ist und danach die Arbeit der Pumpe
aufhört, hört auch der Zufluſs zum Eimer auf, während der Abfluſs durch den Hahn
anhält, also der Eimer allmählich sich leert, hierdurch aber den Widerstand gegen
das Gewicht einbüſst und von diesem wieder hoch gezogen wird, worauf der Motor
wieder zu arbeiten beginnt, bis ein weiteres Steigen das Wasser im Behälter wieder zum Abflieſsen
bringt, wodurch der Eimer sinkt. Dieser Mechanismus wird auch bei
Wasserversorgungsanlagen für Villen u. dgl. angebracht, welcher sich überall als
vortrefflich bewährt hat; es ist dadurch jede Controle der Mühle entbehrlich
gemacht, so daſs man sie in den entlegensten Punkten aufstellen und Tag wie Nacht
arbeiten lassen kann, ohne eine Störung befürchten zu müssen.
Diese Motoren empfehlen sich somit durch ihre vorzügliche Leistungsfähigkeit und
billige Beschaffungs- und Unterhaltungskosten. (Nach dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1882 S. 184.)