Titel: | Elektrische Eisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 367 |
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Elektrische Eisenbahnen.
Elektrische Eisenbahnen.
Auſser der in D. p. J. 1881 241 * 368 und 1882 243 265 besprochenen 2km,6 langen elektrischen Eisenbahn
Berlin-Lichterfelde und der Bahn Charlottenburg-Spandauer Bock (vgl. 1882 244 462), auf welcher z. Z. wegen vorzunehmender
Verbesserungen der elektrische Betrieb eingestellt ist, sind nach der Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen,
1882 S. 891 noch die kürzlich (1882 245 44) erwähnte
holländische Linie Zandvoort-Kostverloren von 2km
Länge und seit Kurzem in Nord-Irland eine Bahn von dem Hafen Bush nach dem 10km von diesem entfernten Fabriksviertel Bush Mills
hinzugekommen. Concessionirt oder im Bau begriffen sind folgende elektrische Bahnen:
1) Mödling-Vorderbrühl 2km,5. 2) Bei Wiesbaden
etwa 2km. 3) Bei Zaukerode in Sachsen, in den kgl.
Steinkohlenwerken. 4) In London unter der Themse zwischen Charing-Cross und
Waterloo-Station 1km,2. 5) In Südwales 60km, für welche die elektrische Kraft durch
Wassermotoren erzeugt werden soll. 6) In Turin und in Mailand. 7) Von New-York aus
80km und 8) bei St. Louis, Miss., 1km,8; letztere beiden werden von der Edison-Gesellschaft gebaut. In der Schweiz sollen
ferner nach Electrician 1882 Bd. 9 S. 434, durch eine
englische Gesellschaft elektrische Eisenbahnen von Genf nach Ferney sowie von Genf
nach St. Julien nach Edison's System gebaut werden; die
eine hat etwa 4km,8, die andere 11 bis 16km beide sollen nur zur Personenbeförderung dienen
und man hofft, beide Linien in etwa 3 Monaten fertig zu stellen.
Die Bahn bei Zaukerode ist nun inzwischen fertig geworden und bereits seit einigen
Wochen in Betrieb. Dieselbe dient zur Kohlenförderung in einem Tunnel von 700m Länge bei 250m
Tiefe. Die nur 800mm breite Locomotive wiegt
1500k und bewegt 10 Wagen mit 8t Gewicht bei einer Geschwindigkeit von 3m in der Sekunde. Die Kraftübertragung findet
nicht durch eine Mittelschiene, sondern durch einen kleinen, mit Bürsten versehenen
Contactwagen statt, welcher auf ⊥-förmigen, isolirt an der Decke des Tunnels
befestigten Eisenschienen läuft. Die Bahn ist von Morgens 4 Uhr bis Abends 11 Uhr in
Thätigkeit und bewährt sich vorzüglich.
Für Edison's elektrische Eisenbahn in Menlo-Park laufen
nach dem Telegraphic Journal, 1882 Bd. 10 S. 460 von
dem in der, Nähe der Werkstatt zu Menlo-Park gelegenen, für die Dampfmotoren und für
die Dynamomaschinen bestimmten Gebäude in einer Holzverschalung quer über das Feld die von den
Dynamomaschinen kommenden Drähte nach der etwa; 0km,4 entfernten Eisenbahn. Die Schienen haben nur 1m,07 Spurweite. An den Schienenstöſsen befindet
sich zu jeder Seite des Stoſses ein Kupferstreifen, dessen Enden vernickelt sind; an
diese Streifen sind von auſsen eiserne Stäbe angeschraubt, deren innere Fläche
gleichfalls vernickelt ist, so daſs der elektrische Strom ohne Unterbrechung von
einer Schiene zur anderen gelangt. In den Weichen, wo diese Verbindung nicht
zuläſsig ist, sind schwache Kupferplatten unter die Enden der beiden Schienen
gelegt. Das Herzstück der Weiche ist nicht in den Stromkreis aufgenommen; es ist nur
ungefähr 0m,9 lang und, da das Triebrad der
Maschine etwa 1m,37 Durchmesser hat, geht es ohne
wahrnehmbare Unterbrechung über das Herzstück. Die Locomotive, welche mit 29km Geschwindigkeit in der Stunde läuft, gleicht
etwa dem Hintertheil einer gewöhnlichen, in der Mitte des Kessels getheilt gedachten
Locomotive, ist jedoch kleiner und hat etwa 4m,57
Länge und 2m,74 Höhe bis zur Spitze des
Führerhauses. Die 4 Dynamomaschinen der Centralstation sind parallel geschaltet; bei
Hintereinanderschaltung würde man eine gröſsere Geschwindigkeit erlangen können. Am
Führerstand ist der Umschalter angebracht; durch Aufwärtsdrehen eines Hebels wird
der Strom durch den Anker der am vorderen Ende der Locomotive befindlichen
elektrodynamischen Maschine geleitet und die Locomotive geht vorwärts. Steht der
Hebel horizontal, so ist der Strom unterbrochen; wird der Hebel abwärts gelegt, so
fährt die Maschine zurück. Soll die Locomotive angehalten werden, so wird der Strom
unterbrochen und eine gewöhnliche Bremse in Thätigkeit gesetzt; doch beabsichtigt
Edison, künftig eine elektrische Bremse anzuwenden.
Der Strom wird durch die Reifen des Triebrades von der Schiene aufgenommen und geht
durch Kupferstreifen nach der Nabe; gegen diese reibt eine kupferne Bürste, die am
Ende einer horizontalen Stange sitzt, welche die Stellung der Steuerstange einer
gewöhnlichen Maschine hat. Der durch die Bürste von der Nabe des Triebrades
aufgenommene Strom geht durch diese Stange auf Drähte über, die mit dem oben
erwähnten Umschalter verbunden sind. Von diesem Umschalter gehen zwei Drähte nach
der elektrodynamischen Maschine. Die Kraft wird mittels Riemen von einer auf der
Welle des Ankers sitzenden Scheibe auf eine andere Riemenscheibe geleitet, welche
auf einer unter dem Führerstand liegenden Welle sitzt, von wo die Bewegung durch
Riemen auf die Triebrad welle übertragen wird.Nach neueren
Mittheilungen soll Edison statt der Riemen, die
sich wahrscheinlich nicht bewährt haben, Schneckengetriebe zur Uebertragung
der Bewegung verwenden. Von den nach dem Anker führenden Drähten
laufen zwei schwächere nach den Spulen des horizontal in der Maschine liegenden, das
magnetische Feld bildenden Elektromagnetes.
Bei einer der angestellten Probefahrten erreichte die Maschine mit einer angehängten
Last von 3 bis 4l eine Geschwindigkeit von 29km in der Stunde, bei einer anderen Fahrt ohne
Last und bei Hintereinanderschaltung der Dynamomaschinen die gröſste überhaupt
erreichte Geschwindigkeit, etwa 67km,2. Das
Gesammtgewicht der Maschine beträgt 4l. Nach
vergleichenden Berechnungen erwartet Edison eine
Ersparniſs von 55 ⅔ Proc. gegenüber gewöhnlichem Locomotivbetrieb, wobei derselbe
nach dem Telegraphic Journal, 1882 Bd. 11 S. 259 den
Kohlenverbrauch der Locomotive zu 2k,75 für die
Stunde und Pferdekraft, den der von ihm angewendeten Porter-Allen'schen Dampfmaschine zu 1k,13 annimmt und einen Nutzeffect von 50 Proc. bei der elektrischen
Kraftübertragung voraussetzt.