Titel: Neuere Fortschritte in der Soda-Industrie; von G. Lunge.
Autor: Georg Lunge [GND]
Fundstelle: Band 246, Jahrgang 1882, S. 383
Download: XML
Neuere Fortschritte in der Soda-Industrie; von G. Lunge. Mit Abbildungen im Text und auf Tafel 32. (Fortsetzung der Abhandlung S. 334 d. Bd.) Lunge, über neuere Fortschritte in der Soda-Industrie. Wir gehen nun zu der Fabrikation des Sulfates über. Was für den Sodaschmelzprozeſs schon längst im Princip entschieden ist, scheint auch für den Sulfatprozeſs nurmehr eine Frage der Zeit und der mechanischen Einzelconstruction zu sein, nämlich die Ersetzung der Handarbeit durch Maschinen. Wenigstens gilt dies von den im Massenstile arbeitenden englischen Fabriken, während die continentalen Fabriken wohl langsamer nachfolgen dürften, weil bei ihnen gröſsere Reinheit des Sulfates und stärkere Salzsäure verlangt wird. In England stehen sich gegenwärtig die Systeme von Jones und Mactear gegenüber. Der Ofen von Jones und Walsh ist in seiner ursprünglichen Form in meiner Soda-Industrie, Bd. 2 S. 88 beschrieben und abgebildet. Diese Form hatte sich bekanntlich auf die Länge nicht bewährt, weil die Maschinerie viel zu schnell zerstört wurde und die Fugen des Pfannenbodens nicht dicht zu halten waren. Die neue Construction dagegen, welche im J. 1877 patentirt wurde (vgl. 1879 231 * 153) und durch ein neues Patent im J. 1880 verbessert worden ist (vgl. 1881 240 * 316), hat erheblichen Erfolg gehabt und arbeitet in einer gröſseren Anzahl von englischen und einigen ausländischen Fabriken zu aller Zufriedenheit, z.B. ein solcher von 5m,4 Durchmesser bei Marseille. Namentlich hat sich die Expansionsverbindung der Schalensegmente gut bewährt. Eine Riesenpfanne dieser Art ist in den New-castle Chemical Works zu Gateshead gebaut worden, über welche Hr. Alf. Allhusen mir Folgendes berichtet. Textabbildung Bd. 246, S. 383 Die Pfanne hat einen Durchmesser von 9m,6; ein mittlerer Ring von 4m,5 Durchmesser läſst einen äuſseren ringförmigen Raum von 2m,55 Breite als eigentliche Arbeitsfläche übrig (vgl. beistehende Grundriſsskizze), auf welcher 3 rotirende Rührer die Säure und das Salz zusammenmischen, den Pfannenboden frei von Krusten machen und das Material stets lose und dem Feuer gut ausgesetzt halten. In diesem Ofen werden täglich 50l fein gemahlenes Steinsalz in Sulfat verwandelt. Die Beschickung von je 25t wird mittels der oben erwähnten Wilson'schen Gasfeuerung erhitzt und nach völliger Zersetzung, wobei man auf 0,25 Proc. Chlornatrium im Sulfat herabkommt, in 25 Minuten entleert, worauf das Sulfat durch ein Hebewerk direkt in das Lager geschafft wird und für die Drehöfen bereit ist. Die Salzsäure läuft mit einer Stärke von 10,5 bis 12° B. bei einer Temperatur von etwa 88° aus den Kokesthürmen ab (= 15 bis 16,5° B. bei 15°) und wird sämmtlich zur Chlorbereitung gebraucht. Die Anlagekosten für den Ofen mit 6 Kokesthürmen, Dächern, Gasgeneratoren u. dgl. beliefen sich auf beinahe 280000 M. Im nächsten Jahre sollen, wenn sich die Aussichten für die Fabrikation bessern, noch zwei neue Oefen der Art in derselben Fabrik errichtet werden. – Nach anderweitigen Nachrichten hat die Inbetriebsetzung dieses groſsen Ofens ziemliche Schwierigkeiten gemacht, welche jedoch in neuester Zeit überwunden zu sein scheinen. Viel Aufsehen hat in diesem Jahre der mechanische Sulfatofen von Mactear gemacht, dessen Patentbeschreibung in Deutschland schon bekannt ist (vgl. * S. 191 d. Bd.), über welchen ich aber durch Zusendung von wirklich ausgeführten Plänen und speciellen Angaben von Seiten des Erfinders Genaueres anzugeben im Stande bin. Ferner benutze ich die (nicht im Journal der Gesellschaft erschienenen) Proceedings of the First General Meeting of the Society of Chemical Industry. Der Ofen S ist in Fig. 1 bis 4 Taf. 32 abgebildet. Man sieht bei einer auch nur oberflächlichen Betrachtung der Zeichnung sofort, daſs dieser Sulfatofen in seinen allgemeinen Constructionsprinzipien und sogar in den meisten Punkten der Einzelausführung mit dem von Mactear construirten mechanischen Calcinirofen für Soda übereinstimmt, welcher in meiner Soda-Industrie, Bd. 2 * S. 471 bis 476 beschrieben ist und in vielen der gröſseren englischen und französischen Sodafabriken angewendet wird. In beiden Fällen haben wir einen tellerförmigen, in der Horizontalebene rotirenden Herd, überspannt von einem sehr flachen Gewölbe, in dessen Mitte sich die Vorrichtung zur Beschickung der Rohstoffe befindet; gasdichter Verschluſs zwischen beiden wird durch eine Sandrinne bewirkt. Das Mischen und Umwenden der Beschickung geschieht durch einen Apparat, welcher an der der Feuerung gegenüber liegenden Seite zwischen zwei das Feuer abführenden Kanälen in der Art angebracht ist, daſs er vom Feuer nicht beschädigt werden kann, während doch jeder Theil des Herdes bei der Umdrehung desselben unter dem Rührapparate durchgehen muſs. Der letztere besteht aus Gabeln, welche am unteren Ende von stehenden Achsen befestigt sind, die oben von in einander greifenden, also in abwechselndem Sinne sich drehenden Zahnrädern bewegt werden. Die ganze Rührvorrichtung kann auf einmal herausgehoben werden, wie dies in der erwähnten Beschreibung ausführlich gezeigt ist. Der Sulfatofen unterscheidet sich aber von dem Calcinirofen in folgenden wesentlichen Stücken. Während der letztere auf einmal beschickt und durch eine mittlere Oeffnung ebenso auf einmal entleert wird, besitzt der Sulfatofen statt der mittleren Oeffnung eine „Pfanne“, gebildet durch eine ringförmige Wulst der Ofensohle, in welcher das Salz und die Schwefelsäure zu gleicher Zeit in genau bestimmten Verhältnissen (das Salz durch eine genau regulirbare Speiseschraube) und zwar ununterbrocken eingeführt werdenDiese ununterbrochene Speisung ist entschieden von Mactear zuerst 1878 patentirt worden, scheint aber von Pease, Jones und Walsh, die sie erst i. J. 1880 auch in ihr Patent aufnahmen, schon 1876 versuchsweise angewendet worden zu sein.; hier mischen sich diese beiden und die jetzt noch dünnteigige Masse flieſst in den dem Centrum zunächst liegenden Theil des Herdes über, wo sich die sonst in dem Sulfatkessel vor sich gehende Zersetzung bis ungefähr zur Bildung von Bisulfat vollzieht. Durch die Stellung des Rührwerkes wird aber die Masse allmählich von innen nach auſsen geführt und dabei weiter zersetzt, so daſs der äuſsere Theil des Herdes die Aufgabe des Sulfat-Calcinirofens übernimmt. (In seiner ersten Construction hatte Mactear den Ofenherd in concentrischen Ringen angeordnet, hat dies aber wieder aufgegeben.) Ganz am Rande angekommen, fällt das jetzt fertige Sulfat durch eine Anzahl von abwärts führenden Oeffnungen in einen rings um den ganzen Ofen laufenden, unten mit Sandverschluſs in einer festliegenden Doppelrinne abgedichteten Entleerungskanal, aus dem es durch Schaber in einen nach unten gehenden Stutzen mit Schieber geführt wird und dort in eiserne Transportkarren (Hunde) fällt. Die Abführung der natürlich mit den Salzsäuredämpfen gemischten Feuergase erfolgt durch je eine guſseiserne Röhre auf beiden Seiten des Rührapparates. Das Gewölbe ist hier herabgezogen und die ganze Anordnung so getroffen, wie aus der Zeichnung ersichtlich ist, daſs der Rührapparat von der Hitze sehr wenig leiden kann. Die Ofensohle ist mit in Theer gekochten Chamotteziegeln gefüttert; als Mörtel dient ein specieller Kitt, welcher durch die Wirkung der Hitze und des Sulfates immer härter wird, so daſs die ganze Sohle zu einer festen Masse zusammenbackt, welche dem Angriffe der Beschickungsmaterialien vollkommenen Widerstand bietet. Die Heizung geschieht in beliebiger Weise, jedoch natürlich in der Art, daſs keine ruſsende Flamme entsteht, welche die Condensatoren verstopfen würde. Neuerdings bewirkt Mactear dieselbe durch 4 Wilson'sche Gasgeneratoren W (vgl. Fig. 4 Taf. 32), zwischen welche und dem Ofen ein eiserner Ueberhitzungsapparat H eingeschaltet wird, der ganz mit dem in Gamble's Sulfatofen (vgl. Soda-Industrie, Bd. 2 S. 85) angewendeten übereinstimmt. In Folge der ununterbrochenen Speisung entwickelt sich das Salzsäuregas in durchaus gleichförmiger Weise, was seine Condensation natürlich ungemein erleichtert, da man den Wasserstrahl in den Condensatoren ein für allemal reguliren und unverändert lassen kann, so lange die Beschickungsmengen die gleichen bleiben. Man braucht keine Waschthürme und kann im Gegensatze zu den (in Deutschland kaum mehr zu findenden, aber in England noch weit verbreiteten) Flammöfen sämmtliche Säure in starkem Zustand erhalten (vgl. hierüber weiter unten); dabei kommt man mit weniger Condensationsraum aus. Das erhaltene Sulfat ist fast völlig frei von Geruch oder Säuredampf und die Arbeiter können schon nach seinem Aussehen die Speisung der Schwefelsäure mit groſser Genauigkeit reguliren (was in Deutschland sicher nicht als genügend angesehen würde!). Man kann ohne Schwierigkeit Sulfat von 97 Proc. garantirtem Gehalte machen und zwar arbeitet der Ofen mit gemahlenem Steinsalz, welches die Engländer in ihren gewöhnlichen Oefen sonst verschmähen, sogar noch besser als mit Siedesalz, indem eine gröſsere Durchsatzmenge damit erreicht wird, bei 0,5 Proc. Maximalgehalt an Chlornatrium. Folgende Analyse gibt die Zusammensetzung einer in 36 Arbeitsstunden erhaltenen Post von 35t Sulfat: Schwefelsaures Natrium 97,96 Schwefelsäure (H2SO4 0,53 Chlornatrium 0,10 Schwefelsaures Calcium 1,16 Unlöslich (mit 0,09 Fe2O3) 0,25 –––––– 100,00. Sämmtliches Eisen ist in Wasser unlöslich; 0,05 Fe2O3 stammt aus der Schwefelsäure, also nur 0,04 Fe2O3 (= 0,028 Fe) aus dem Ofen und den Gezähen. (Wir haben es hier augenscheinlich mit einer unter besonders sorgfältiger Aufsicht ausgeführten Musteroperation zu thun; doch soll der Durchschnittsgehalt von 1990t Sulfat auch nur 0,35 Proc. Chlornatrium betragen haben. Deutsche Fabrikanten bezweifeln, daſs bei irgend welchem Systeme continuirlicher mechanischer Zuführung ein sowohl an Chlornatrium, als an freier Säure so armes Sulfat erhalten werden könne, als es zur Darstellung von 98 procentiger Soda erforderlich ist.) Man kann das Sulfat nach Belieben in fein pulveriger Form für Glasfabrikation, oder in zusammenhängenderen Massen darstellen, wie sie die Sodafabriken vorziehen, weil dann durch den Zug weniger fortgeführt wird. Wohl aber fehlen durchaus jene harten, halb geschmolzenen Klumpen, welche namentlich im Flammofen-Sulfat so häufig vorkommen und sich im Sodaofen so schwer zersetzen. Die Durchsatzmenge hängt zum groſsen Theile vom Zuge ab. Der in St. Rollox seit etwa 9 Monaten im Betriebe befindliche Ofen liefert regelmäſsig stündlich 1t Sulfat, ausnahmsweise bis 14t in 12 Stunden. Er hat in den ersten 153 Tagen 3192t fertig gemacht. Der Ofen hat 6m,4 Durchmesser (auſsen); nach Abzug der mittleren Pfanne und des 0m,3 messenden äuſseren Ringes verbleiben für die Röstsohle 21qm,4 Fläche, also bei 1t Ausbringen stündlich 10 Pfund engl. für 1 Quadratfuſs (= 47k,5 für 1qm) und Stunde, was mehr als bei irgend einem anderen Systeme betragen soll. Die verschiedenen Vorzüge des neuen Ofens werden von Mactear in folgender Weise zusammengefaſst: 1) Ersparniſs an Arbeitslohn, Brennmaterial und Schwefelsäure. Am entschiedensten und leichtesten verständlich ist die Ersparniſs an Arbeitslohn. Die speciellen Berechnungen desselben dürften für deutsche Verhältnisse nicht genügendes Interesse bieten; ich führe daher nur an, daſs der Lohn für die Sulfat- und Condensationsarbeit bei dem Flammofenbetrieb sich auf 2,90 M., beim Muffelofenbetrieb auf 2,96 M., beim Mactear-Ofen nur auf 1,17 M. für 1t Sulfat, einschlieſslich der Maschinenwartung, stellt (in England ist bekanntlich überall in der Sodafabrikation Stücklohn eingeführt). Zur Vergleichung muſs man dann freilich im letzteren Falle noch die Kosten für den Dampf zusetzen, welche Mactear (gewiſs nicht zu niedrig) auf 0,50 M. ansetzt, also 1,67 M. Das Brennmaterial (aus wirklichem Betriebe) und die übrigen Kosten für 1t Sulfat werden in folgender Zusammenstellung angegeben, in welcher ich die englischen Gewichte belasse, weil doch keine genaue Uebertragung möglich ist: Flammöfen(Newcastle) Muffelöfen(Glasgow) Mactear-Ofen Kokesfg. Gasfg. Lohn 2,90 2,96 1,17       1,17 M. Brennmaterial:     4,29 Ctr. Kokes    2,40   „   Kohlen 2,65 10 Ctr.Kohlen 2,75 4,5 Ctr.Kokes 2,70 4,5 Ctr.Kleinkohle 1,13 Dampf 0,50 0,50 Reparaturen 1,50 1,50 0,92 0,92 Zinsen und Amorti-    sation (20 %) 0,50 0,75 0,64 0,64 ––––– ––––– –––––– –––––––– 7,55 7,96 5,93       4,36 M. Brieflich theilt mir Hr. Mactear noch mit, daſs er jetzt die Gasfeuerung, statt mit 4½ Ctr. gewöhnlicher Kleinkohle zu 5 Schilling, mit 61/4 Ctr. schlechtester Sorte zu 3 Schilling betreibe, was aber auf dieselben Kosten wie oben herauskomme. Von den Kosten für das in einem Ofen erhaltene Sulfat zieht er dann noch 1 M. für Ersparniſs an Schwefelsäure (3 Proc.) ab und kommt also auf 4,93 M. bei Kokes und 3,36 M. bei Gasfeuerung. Diese Berechnungen wurden übrigens bei der Versammlung in London am 28. Juni 1881, wo Mactear sie vortrug, scharf kritisirt, namentlich von Carey (von der Firma Gaskell, Deacon und Comp.). Es wird interessant sein, zu vernehmen, daſs dieser für seine Fabrik (Muffelöfen) folgendes als wirkliche Kosten für 1t Sulfat angibt: Lohn 2,88 M. Kohlen (7 Ctr. zu 4 sh. die Tonne) 1,40 Reparaturen (über einen langen Zeitraum) 0,54 Zinsen und Amortisation (20%) 0,42 –––––– Gesammtkosten für 1t Sulfat 5,24 M. Die Möglichkeit einer Ersparniſs von 3 Proc. Säure läugnet Carey, da er überhaupt nur 2 Proc. Schwefelsäure verliere und Mactear gewiſs nicht mit weniger Verlust auskomme. Wenn man nun zu den von Mactear selbst angegebenen Kosten noch die Patentgebühr (0,50 M. für 1t) rechne, so stelle sich das Sulfat erheblich theurer als in Widnes. Freilich berücksichtigt Carey nur die Feuerung des Mactear-Ofens mit Kokes, nicht die viel billigere mit Gas. 2) Vollständige Condensation ohne Waschthürme. Ein Mactear-Ofen braucht 3 Kokesthürme von 1,52 × 1,52 × 14m,63 für volle Production von 30t Sulfat in 24 Stunden, also 3cbm,4 für 1t in 24 Stunden. Dem stellt Mactear entgegen, daſs man bei den Flammöfen seiner Fabrik am Tyne über 11cbm für 1t Condensationsraum anwende; aber Carey erwidert, daſs er für seine Muffelöfen auch nur 4,25cbm, also nicht so sehr viel mehr Kokesthurm-Raum als Mactear für einen neuen Ofen brauche. Uebrigens scheint Mactear jetzt auch noch Waschthürme einzuführen (s. unten). 3) Menge und Stärke der Salzsäure. Die bisher angewendeten Kühlröhren seien zu kurz, weil für geringere Durchsatzmenge berechnet, so daſs die Gase über 150° warm in die Thürme kämen. Trotzdem erhalte man alle Säure von 1,125 bis 1,135 sp. G. (= 16 bis 17° B.) und die in den Sammeltrögen wirklich erhaltene und gemessene Menge betrage 98 Procent von der, welche der Theorie nach erhalten werden sollte. – In einer brieflichen Mittheilung gibt Mactear nur 1,120 (= 15,4° B.) als Durchschnittsstärke der Säure, erwähnt aber, daſs er durch Vermehrung der Kühlröhren und Aufpumpen des Wassers in einem Waschthürme auf 1,15 bis 1,55 (= 18,8 bis 19,3° B.) zu kommen hoffe. Es ist kaum nöthig zu sagen, daſs deutsche Fabriken, welche Salzsäure verkaufen müssen, unter 19° B. nicht zufrieden sein könnten. 4) Völliges Vermeiden des Entweichens von Säuredämpfen während der Arbeit und Entleerung. 5) Geringe Abnutzung und Reparaturkosten. Vorläufig ziemlich willkürlich zu 0,92 Schilling für 1t Sulfat angesetzt; hier wird wohl längere Erfahrung nöthig sein. 6) Vorzügliche Beschaffenheit des Sulfates und Verwendbarkeit desselben für Glasfabrikation, wegen des geringen Eisengehaltes. Man vergleiche hierüber das S. 386 Gesagte. 7) Möglichkeit der Verwendung von Steinsalz. Da sämmtliche deutsche Fabriken ohnehin mit solchem arbeiten, so kommt dies für sie nicht in Betracht. 8) Geringere Anlagekosten für Fabrikation einer bestimmten Menge Sulfat und Condensation der entsprechenden Salzsäure, einschlieſslich geringerer Boden- und Dachfläche. Dies ist nicht näher ausgeführt und scheint mir selbst für England, aber noch mehr für Deutschland etwas zweifelhaft. Ein Mactear-Ofen kostet in England 2000 Pfund Sterling oder 40000 M., in Deutschland wohl noch mehr, und ersetzt nach englischen Verhältnissen 3, nach deutschen 4 Muffelöfen, die auch nicht mehr kosten (vgl. meine Soda-Industrie, Bd. 2 S. 911). Daſs an Condensationsraum gegenüber Muffelöfen nicht mehr als ⅕ gespart wird, haben wir oben gesehen; da man in Deutschland für Muffelöfen meist die in der Anlage billigere Bombonnes-Condensation anwendet, welche bei Mactear-Oefen natürlich ausgeschlossen ist, so wird wohl an gar keine Ersparniſs zu denken sein, zumal wenn für letztere lange Kühlröhren und Waschthurm hinzukommen. Ueber den jetzigen Stand der Verbreitung des Ofens gibt mir Hr. Mactear folgende Auskunft: Zu St. Rollox arbeiten 3; wenn sich die Zeiten bessern, sollen noch 2 errichtet werden. Zu Hebburn am Tyne (der anderen Fabrik von Tennant) werden Ende Oktober 2 im Betrieb sein. 3 sind im Betrieb in Lancashire, über einen 4. schweben Unterhandlungen; in Frankreich ist einer im Betrieb, 2 im Bau; in Deutschland einer im Bau. Im Ganzen 4 im Betrieb, 8 im Bau. Was den Sulfatbetrieb mit Handöfen betrifft, so hat sich Deacon's Ueberdruck-Sulfatofen (vgl. meine Soda-Industrie, Bd. 2 S. 974) in den meisten mit Muffelöfen arbeitenden Fabriken eingeführt, weil dabei die Fabrikkamine von Salzsäure frei bleiben; auch soll er an Kohlen und Reparaturkosten ersparen. Dafür wird man allerdings öfters durch Ausstoſsen von Säuredämpfen in den Arbeitsraum selbst belästigt. Cammack und Walker's mechanischer Ofen (vgl. Soda-Industrie, Bd. 2 S. 98) ist nirgends mehr im Betriebe. Das Hargreaves-Verfahren hat sich bei den ungünstigen Zeitläuften für Soda in England nicht weiter ausgebreitet, wohl aber in Frankreich; eine ungemein groſsartige Anlage der Art, mit Cylindern von 6m,6 Durchmesser, wird die neue Fabrik der Rio-Tinto-Gesellschaft bei Marseille enthalten (vgl. oben). Das Verfahren von Pechiney zur Darstellung von wasserfreiem Sulfat aus krystallisirtem Glaubersalz, das ja auch in Deutschland patentirt ist, kann zwar als bekannt vorausgesetzt werden; immerhin wird es aber noch von Interesse sein, aus einem Vortrage Weldon's (Journal of the Society of Chemical Industry, 1882 Bd. 42) zu erfahren, wie dasselbe in der Praxis ausgeübt wird. Man erhält in der Saline zu Giraud durch Abkühlung der Mutterlaugen von der Salzfabrikation aus Meerwasser groſse Mengen von 10 fach gewässertem Natriumsulfat, dessen Entwässerung durch Calciniren nicht nur sehr umständlich ist, weil das Salz schon bei ganz mäſsiger Wärme im Krystallwasser schmilzt, sondern auch dort zu theuer käme. Pechiney vermischt nun das Glaubersalz mit einer gewissen Menge von Sels mixtes, d.h. einem Gemenge von Chlornatrium und Bittersalz, das sich während des durch die Sonnenwärme bewirkten Eindampfens der Mutterlaugen auf 35° B. ausscheidet, bringt die Mischung in eiserne Cylinder und erhitzt mittels einer Dampfschlange auf 70 bis 80°. Schon bei 35° ist der Inhalt des Cylinders in ein Gemenge von wasserfreiem Natriumsulfat mit einer gesättigten Lösung von Sel mixte verwandelt, indem letzteres sich in dem früheren Hydratwasser des Glaubersalzes auflöst. Man schleudert (immer noch bei einer Temperatur von mehr als 35°) aus und gewinnt so die volle Menge des dem Glaubersalze entsprechenden Sulfates in wasserfreiem Zustande in äuſserst kurzer Zeit und mit sehr geringem Aufwände für Arbeit und Dampf. Aus den ausgeschleuderten Laugen kann man noch mehr Glaubersalz gewinnen. Das Verfahren ist in voller Arbeit und dient jetzt zur Behandlung des ganzen Productes jener Saline. (Fortsetzung folgt.)

Tafeln

Tafel Tafel 32
Tafel 32