Titel: | Zur Herstellung von Rhodanverbindungen. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 533 |
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Zur Herstellung von
Rhodanverbindungen.
Zur Herstellung von Rhodanverbindungen.
Bezüglich der von Lauber und Hauſsmann (1882 245 * 306) beschriebenen
angeblich neuen Herstellungsweise des Rhodanaluminiums mittels Rhodancalciumlauge
ist berichtigend zu bemerken, daſs die Methode, „Schwefelwasserstoff haltige
Rhodanammoniumlauge mittels Kalk in geeigneten Apparaten in Rhodancalcium
umzuwandeln“, seit längerer Zeit an Günzburg
und Tcherniac in Paris (vgl. 1882 245 * 214) patentirt ist.
Rhodanbarium wird bis jetzt vorwiegend zur Darstellung des Rhodanaluminiums benutzt,
nicht etwa, wie Lauber und Hauſsmann meinen, weil Rhodancalcium unbekannt sei – letzteres wird seit
lange von der Compagnie des Cyanures in Paris als Eisen
freie, 50procentige Lauge in den Handel gebracht –, sondern wegen der vielen
Vortheile, welche das Bariumsalz bietet, nämlich die Möglichkeit, das Salz in
haltbaren Krystallen zum Versandt zu bringen, die Vollständigkeit der Umsetzung mit
Aluminiumsulfat, sowie die körnige Beschaffenheit des Niederschlages, welche das
Absetzen und Filtriren sehr erleichtert.
Im Uebrigen muſs hervorgehoben werden, daſs Rhodanaluminium, mittels Rhodancalcium
dargestellt, keineswegs auf ⅓ des Preises des mit Rhodanbarium dargestellten
herabgedrückt werden kann. Der Unterschied kann höchstens den Werth des angewendeten
Barythydrates ausmachen, also etwa 25 Procent vom Werthe des Ahiminiumsalzes, und
kann diese Ersparniſs wohl bei einer Fabrikation im Groſsen in Betracht kommen,
nicht aber bei Darstellung kleiner Mengen in Färbereien, wo der etwas niedrigere
Preis wohl schwerlich die vielen Nachtheile, welche das Calciumsalz mit sich bringt,
aufwiegen würde.
Paris, 28. August 1882.
J. Tcherniac.
Auf vorstehende Bemerkung Tcherniac's haben wir
Folgendes zu erwiedern: Das Patent von Günzburg und Tcherniac bezieht sich doch nur auf die von ihnen
construirten Apparate; denn es wird doch Niemand einfallen, sich eine jedem Chemiker
bekannte Reaction patentiren zu lassen. Unser Artikel lautet: „Wie bekannt, wird
bei der Gewinnung von Rhodanverbindungen mittels Schwefelkohlenstoff und
Ammoniak“... Wir begreifen daher nicht, wo Tcherniac die Bemerkung hernimmt: „nicht etwa, wie Lauber und Hauſsmann
meinen, weil Rhodancalcium unbekannt sei“, um so mehr als Engel und Becker in Prag schon vor 2 Jahren
Rhodancalcium-Rohlauge durch Zersetzung von Rhodanammonium-Rohlauge mit Kalk auf
Wunsch eines der Referenten bereitet haben.
Was ferner die vielen Vortheile betrifft, welche Tcherniac für das Rhodanbarium ins Feld fährt, so könnte etwa der Preis
des Transportes dann in Frage kommen, wenn man die Waare von Paris nach Moskau oder
auf noch gröſsere Entfernungen versendet. Was die Vollständigkeit der Umsetzung mit
Aluminiumsulfat betrifft, so hat uns mehrmonatliche Praxis gezeigt, daſs man mit der
Rhodancalcium-Rohlauge genau ebenso gute Resultate erhält wie mit Rhodanbarium.
Wie Tcherniac von einer körnigen Beschaffenheit des
Niederschlages von Bariumsulfat sprechen kann, ist uns unklar und wir haben mit
Rhodancalciumlauge immer schneller und leichter gearbeitet als mit den Bariumsalzen,
ganz besonders wenn es sich um Filtration in Filzbeuteln handelt. Was endlich die
Behauptung Tcherniac's wegen des Preises des
Rhodanaluminiums anbelangt, so führen wir einfach folgende Thatsachen an:
A)
8l,5
Wasser
5k
Doppelalaun zu 16 Pf
= 0,80 M.
6k,8001
Rhodanbarium zu 1,80 M
= 12,24
––––––––––––––
8l
Rhodanaluminium
= 13,04 M.
–––––––––
Somit 1l
„
= 1,63 M.
–––––––––
B)
5l
Wasser
5k
Doppelalaun zu 16 Pf.
= 0,80 M.
0k,25
Kreide
= 0,02
11k,5
Rhodancalciumlauge zu 60 Pf.
= 6,90
––––––––––––––
–––––––––
12l
Rhodanaluminium
= 7,72 M.
–––––––––
Somit 1l
„
= 0,64 M.
–––––––––
Es stellt sich somit 1l Rhodanaluminium von 19° B.,
mit Rhodanbarium hergestellthergestelllt, auf 1,63 M., während es sich mit Rhodancalciumlauge auf nur 0,64 M., also
gerade auf 7/12
ermäſsigt. Tcherniac läſst wohl auſser Acht, daſs die
Krystallisation des Barytes und Verlust von Mutterlaugen u. dgl. erhebliche Kosten
verursachen.
Was nun die Schluſsbemerkung Tcherniac's wegen
Darstellung kleiner Mengen betrifft, so führen wir beispielsweise an, daſs war in 6
Monaten in unserer Druckerei, obwohl wir meist Türkischroth-Färbewaare und nur sehr
wenig Dampfwaare erzeugen, über 1000k
Rhodancalcium-Rohlauge verwendet haben, daſs also von kleinen Mengen bei irgend
welchem bedeutenden Geschäft nicht die Rede sein kann. Von Nachtheilen des
Rhodancalciums, die er ganz besonders am Schlüsse hervorhebt, haben wir bis jetzt
nicht das Geringste empfunden.
Zawiercie, Oktober 1882.
Lauber und Hauſsmann.
Ich halte es nicht am Platze, mich in einen Streit über die Priorität meiner Patente
einzulassen; es ist dies ein Gegenstand, über welchen nöthigenfalls die betreffenden
Behörden ihr Urtheil aussprechen werden. Es sei nur bemerkt, daſs meine ersten
Patente aus d. J. 1878 stammen; wenn eine Prager Firma vor 2 Jahren nach meinem
Verfahren Rhodancalciumrohlauge dargestellt hat, so zeugt dies nur für die Klarheit
meiner Patentbeschreibung.Die Firma Engel und Rübesamen in Prag (später Engel und Becker) schrieb mir am 30. September
1881, um anzufragen, ob ich geneigt sei, die Fabrikation von Rhodansalzen in
ihrem Etablissement einzurichten. Meine Antwort war verneinend.J. T.
Die Darstellung von Rhodancalciumrohlauge bezieh. Rhodanaluminiumlösung war also
längst bekannt; das einzige, was mir neu schien, war die Angabe, daſs die Anwendung
des Rhodancalciums es gestatte, den Preis des Rhodanaluminiums auf ⅓ herabzudrücken;
es ist dies aber absolut falsch. Wie ich aus der Erwiederung der HH. Lauber und Hauſsmann sehe,
ist nicht mehr von ⅓ die Rede, sondern von 5/12; aber das Resultat der Berechnung wird nur durch
die Annahme ermöglicht, daſs man bei Anwendung von Rhodanbarium bloſs 61 Procent der
Theorie erhält, während Rhodancalcium 92 Proc. liefern soll, eine Annahme, welche
ganz willkürlich ist und nur dazu dient, eine paradoxe Behauptung zu stützen.
Die Vorzüge des Rhodanbariums bestehen nicht nur in der vollständigeren Umsetzung und
im billigeren Transportpreis, sondern auch und hauptsächlich in der
Reinheitscontrole, die das Salz durch seine krystallinische Beschaffenheit bietet.
In wie weit es den Consumenten, welcher krystallisirtes Salz zu einem bestimmten
Preise kauft, interessiren kann, ob bei der Fabrikation des Salzes Verlust an
Mutterlaugen stattfindet (was übrigens nicht der Fall ist), bleibt noch zu
entscheiden.
Es sei schlieſslich dem Urtheil des Lesers überlassen, ob eine Darstellung von
1000k Rhodancalciumrohlauge in 6 Monaten, also
etwa 6k täglich, eine Production im Groſsen
genannt werden kann.
Indem ich meine sonstigen Behauptungen aufrecht halte, glaube ich nur noch hinzufügen
zu müssen, daſs ich meinerseits den Streit für vollkommen erledigt erachte.
Paris, 21. November 1882.
J. Tcherniac.
Zu obiger Schluſsbemerkung fügen wir hinzu, daſs die Preisdifferenz zwischen unserer
ersten Angabe Bd. 245 S. 306 und der heutigen lediglich darin ihre Erklärung findet,
daſs im Laufe der Zeit die Preise für Rhodancalciumrohlauge einerseits und
Rhodanbarium andererseits sich wesentlich verändert haben. Weiter bewegt sich unsere
Annahme keineswegs auf paradoxem Gebiet, da bekanntlich in der Technik theoretische
Ausbeuten nahezu nie zu verzeichnen sind, namentlich wenn es sich darum handelt,
Lösungen von feinen Niederschlägen zu trennen, ganz besonders bei Filtration in
Filzbeuteln, wie dies in den Kattundruckereien im Allgemeinen der Brauch ist.
Die von uns angegebenen resultirenden Mengen haben wir in langer Praxis erreicht, ja
sogar bei Rhodanbarium stets noch etwas weniger, als wir angegeben haben.
Wir überlassen es vollständig den Lesern, sich selbst durch Versuche zu überzeugen,
welchem Verfahren der Vorzug einzuräumen ist, und betrachten unsererseits die
Angelegenheit um so mehr als erledigt, als wir bei der Veröffentlichung von
Artikeln, welche wir herausgeben, nicht Rücksicht auf den Fabrikanten nehmen dürfen,
welchem speciell das zu verdrängende Salz gute Rente abwirft, sondern lediglich davon ausgehen, eben durch
die Veröffentlichung von in der Praxis erprobten Thatsachen unseren Fachcollegen
nützen zu können.
Zawiercie, Anfang December 1882.
Lauber und Hauſsmann.