Titel: | Neuerungen in der Herstellung von Compound-Panzerplatten. |
Autor: | Mg. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 15 |
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Neuerungen in der Herstellung von
Compound-Panzerplatten.
Mit Abbildung.
Neuerungen in der Herstellung von
Compound-Panzerplatten.
Die Erfindung der Compound-Panzerplatten wird dem Engländer W. Rowlinson zugeschrieben, dessen erstes deutsches Patent Nr. 2619 vom
21. August 1877 läuft. Der leitende Gedanke bei der Herstellung dieser Platten liegt
darin, durch die innige Verbindung (Schweiſsen) einer Eisen- und einer Stahlplatte
die Zähigkeit der ersteren mit der Härte und Undurchdringlichkeit der letzteren
derart zu vereinigen, daſs diese ein auftreffendes Geschoſs zurückweist und
zertrümmert, während die gröſsere Zähigkeit und Nachgiebigkeit der hinter ihr
liegenden Schmiedeisenplatte die durch die Wucht des Geschosses etwa zertrümmerte
Stahlplatte
zusammenhält bezieh. deren Zertrümmerung verhindert. Dieser Gedanke, die Vorzüge
beider Metalle für diesen Zweck vereinigt zur Geltung zu bringen und dadurch
gleichzeitig ihre Nachtheile zu vermeiden, wurde zuerst durch Zusammenschweiſsung
zweier Platten zu erreichen gesucht. Die so hergestellten Panzerplatten bewährten
sich bei ihrer Beschieſsung in keiner Weise. Da soll nun Rowlinson zuerst das anfangs für unausführbar gehaltene Verfahren
vorgeschlagen und ausgeführt haben, jene Vereinigung von Eisen und Stahl zu einer
compacten Platte durch Aufgieſsen des Stahles auf die hochroth erhitzte Eisenplatte
zu erzielen, so daſs also ein Zusammenschweiſsen beider Materialien ohne äuſseren
Druck dadurch bewirkt werde, daſs die hohe Temperatur des aufgegossenen Stahles sich
der Oberfläche der auf Schweiſshitze gebrachten Schmiedeisenplatte mittheilt.
Zwischen den beiden Platten liegt nun eine Schicht, welche beide zusammenhält und in
einer Tiefe von 3 bis 4mm,5 aus verstähltem Eisen
besteht.
Interessant erscheint es, daſs bereits im Mai 1876, also vor Bekanntwerden jener
ersten Versuche, von Asbeck, Osthaus, Eicker und Comp.
in Hagen i. W. ein preuſsisches Patent (späteres * D. R. P. Kl. 68 Nr. 3277; vom 9.
Oktober 1877) genommen wurde, in welchem auch das Zusammenschweiſsen einer Stahl-
mit einer Eisenplatte vorgeschlagen wurde, um die so hergestellte Platte gegen
Zertrümmerung durch starke Schläge zu schützen. Das Verfahren sollte diebessichere
Panzerplatten für Geldschränke liefern. Es wurden nach demselben beide Platten mit
in einander eingreifenden Federn und Nuthen versehen, um ein recht inniges
Zusammenhaften durch das Schweiſsen zu erreichen. Es ist also in diesem Patente die
Idee der Compound-Panzerplatten deutlich und zweifellos ausgesprochen.
Die durch Aufgieſsen von Stahl auf Eisen hergestellten Compound-Panzerplatten wurden
besonders von der Firma John Brown and Comp. in
Sheffield nach dem patentirten Verfahren von Rowlinson
und Ellis (vgl. 1879 233
427) angefertigt. Im J. 1881 begannen auch die Dillinger
Hüttenwerke auf Anregung des Chefs der deutschen Marine
Compound-Panzerplatten zu erzeugen, nachdem sie bereits seit 1874 die gewöhnlichen
schmiedeisernen Panzerplatten mit Erfolg geliefert hatten. Die erste dort gefertigte
Compoundplatte von 204mm Stärke wurde am 5.
December 1881 mit Erfolg beschossen und später von den Werken die Panzer für die
beiden vom Vulcan in Stettin gebauten chinesischen
Corvetten geliefert.
Das von den Dillinger Werken eingeschlagene Verfahren ist folgendes: Die
vorbereitete, etwa 200mm dicke Walzeisen platte
wird mit einer auf 50mm Dicke ausgewalzten weichen
Stahlplatte von Siemens-Martin-Stahl durch einen schmiedeisernen Rahmen so
verbunden, daſs zwischen beiden Platten ein Zwischenraum von etwa 125mm für den einzugieſsenden Stahl bleibt. Die so
vorbereitete Platte wird im Glühofen auf Hellroth erhitzt und dann möglichst
schnell mittels eines Krahnes aufrecht in die Guſsform gestellt, wo dieselbe sicher
gelagert wird. Nun wird sofort die mit etwa 5000k
flüssigen Stahles angefüllte Guſspfanne über die Form gebracht und in letztere
abgestochen. Die Platte bleibt so lange in der Form, bis sie auf Rothglut abgekühlt
ist, um dann herausgehoben und ausgewalzt zu werden. Die Platte wird endlich auf
Maſs beschnitten, wobei der schmiedeiserne Rahmen, welcher den Guſs begrenzt hatte,
entfernt wird.
Es wird von einer Compound-Panzerplatte eine mindestens 20 Procent gröſsere
Widerstandsfähigkeit als von einer gleich starken Walzeisenplatte verlangt, so daſs
bei der Beschieſsung ein Geschoſs, welches etwa die Walzeisenplatte glatt
durchschlägt, mit der Spitze den Rücken der Compoundplatte nicht durchdringen darf.
Zur weiteren Prüfung der Güte werden jeder Platte etwa 30g Späne entnommen, um den Kohlenstoffgehalt,
welcher eine gewisse Grenze nicht überschreiten darf, festzustellen. Schweiſsfehler
in der Verbindung zwischen Deckplatte und Stahlkern und zwischen diesem und der
Walzeisenplatte sollen dann nicht bedenklich sein, wenn sie im Durchmesser nicht
gröſser als 200mm sind und mittels eingezogener,
die Grundplatte durchdringender Stahlschrauben befestigt werden können. Der vertikal
stattfindende Guſs wird aber stets am unteren Ende eine gröſsere Dichtigkeit im
Gefüge zur Folge haben als im oberen; diese Ursache veranlaſst die englischen Firmen
jedenfalls, den Guſs stets in horizontaler Lage der Platten auszuführen.
Eine Platte der oben angegebenen Gröſse wiegt bearbeitet etwa 15000k, als Packet etwa 20000k.
Textabbildung Bd. 247, S. 17
Während die Firma John Brown and Comp. die weiche
Stahldeckplatte, welche das spätere Biegen der Panzerplatte, deren convexe Seite sie
zu bilden bestimmt ist, besser ermöglichen soll, fortlieſs (vgl. die Patente von Ellis und Rowlinson, 1879
233 427, nach welchen man arbeitet) scheint dieselbe
dem neuesten Patente nach, welches sie erworben hat (vgl. J.
D. Ellis in Sheffield * D. R. P. Kl. 65 Nr. 19696 vom 14. März 1882) wieder
aufgenommen worden zu sein. Die hier angegebene Neuerung besteht in der Anwendung
eines schmiedeisernen Rahmens B mit einspringenden
Kanten zwischen der Stahlplatte C und der
Walzeisenplatte A. Dieser Rahmen wird durch die
Bearbeitung der Platte nicht ganz weggenommen; vielmehr sollen zum mindestens die
einspringenden Kanten und Leisten d bleiben, um den
Zweck zu erreichen, die Kanten und Ecken der Panzerplatten gegen Schüsse
widerstandsfähiger zu gestalten.
Der Director der Dillinger Hüttenwerke H. Reusch in
Dillingen a. d. Saar (* D. R. P. Kl.
18 Nr. 18251 vom 30. September 1881) schlägt zur Erzielung einer innigen
Verbindung der Walzeisenplatte mit dem aufzugieſsenden Stahl die Benutzung
leichtflüssiger Silicate oder borsaurer Salze als Schweiſsmittel vor. Dieselben
werden entweder in Wasser gelöst auf die Verbindungsstelle gestrichen, oder in
Pulverform auf dieselbe gestreut. Ferner soll die stählerne Deckplatte eine
eigenartige Behandlung erfahren. Es soll sich nämlich bei Panzerplatten mit
Stahldecken gezeigt haben, daſs die bei der Beschieſsung um den Aufschlagspunkt des
Geschosses sich bildenden Risse um so zahlreicher, ausgedehnter und tiefer sind, je
härter die Deckplatte ist, während andererseits Stahl unter einem gewissen Härtegrad
zwar keine Riſsbildung zeigt, aber auch nur die Widerstandsfähigkeit gewöhnlichen
Panzereisens besitzt. Um nun die Riſsbildung zu beseitigen, ohne zu weichen Stahl
benutzen zu müssen, wird die Panzerplatte nach dem Aufgieſsen des Stahles während
der Walzarbeit unter möglichst luftdichter Bedeckung der Stahlseite mit Sauerstoff
abgebenden Stoffen, z.B. möglichst reinen Eisenoxyden, Tage lang geglüht. Hierdurch
soll die stählerne Deckplatte je nach der Dauer des Glühprozesses und der
Wirksamkeit der angewendeten Mittel mehr oder weniger tief entkohlt und in ein sehr
weiches, aber äuſserst zähes Material verwandelt werden, welches die oben gerügten
Mängel nicht mehr besitzt.
Nach dem Zusatzpatent (*Nr. 19154 vom 19. November 1881) soll die Entkohlung nicht
bloſs auf einer Seite stattfinden, sondern auf beiden Seiten gleichzeitig
vorgenommen werden. Es wird dies vorgeschlagen, um Platten, welche in ihrer
Zusammensetzung und Widerstandsfähigkeit den Compoundplatten gleichen, aus einem
Stück Stahl herzustellen. Wird die Entkohlung auf beiden Flächen einer solchen
Platte vorgenommen, so werden dieselben weich, während der zwischenliegende Kern
hart und widerstandsfähig bleibt.Vgl. über Compound-Panzerplatten D. p. J. 1879
233 427. 1882 243
406. Ferner Bachmann in der Wochenschrift des Vereins Deutscher Ingenieure,
1882 * S. 304 bezieh. Admiralitätsrath Brix in
Glaser's Annalen, 1882 Bd. 11 * S. 13. Bd.
12 * S. 5.
Mg.