Titel: | Neuerungen an Ausrückvorrichtungen. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 54 |
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Neuerungen an Ausrückvorrichtungen.
Mit Abbildungen auf Tafel 6.
Neuerungen an Ausrückvorrichtungen.
Prof. Jos. Pechan brachte im J. 1878 eine Abhandlung
über Differentialbremsen und deren Anwendung für Kupplungen zwischen Motoren und Arbeitsmaschinen
(vgl. 1880 235 * 10), in welcher diese Art Kupplungen
sowohl allgemein in theoretischer Hinsicht besprochen, als auch mehrere praktische
Ausführungen behandelt werden, wie sie bei Fallhämmern, an Turbinen, Wasserrädern u.
dgl. angewendet wurden. Eine den dort beschriebenen Vorrichtungen im Prinzip
ähnliche, sich nur durch constructive Einzelheiten unterscheidende Kupplung ist nun
neuerdings an Jul. Steiner in
Chemnitz (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 18143
vom 20. März 1881) patentirt worden. Fig. 17 und
18 Taf. 6 stellen dieselbe unter Benutzung einer einfachen Bandbremse
dar; die Anordnung läſst sich natürlich ohne weiteres auch mit Anwendung einer
Differentialbremse anwenden, was in der betreffenden Patentschrift auch vorgesehen
ist.
Wie ersichtlich, ist das Bremsband einerseits fest an dem Kranze des Zahnrades a, welches sich lose auf der Welle b dreht, andererseits an dem einen Ende des Hebels d, dessen der Welle zugekehrter Endpunkt an einem Ringe
angreift, welcher über den auf der Welle drehbaren und zugleich verschiebbaren Muff
f so gelegt ist, daſs er sich nur mit groſsem
Reibungswiderstand darauf drehen kann. Eine Blattfeder bewirkt im Zustand der Ruhe,
daſs das Bremsband lose auf der zu kuppelnden Scheibe c
schleift. Dreht sich das Zahnrad in der Richtung des Pfeiles, so wird also zunächst
die Bremsscheibe still stehen, während der Muff durch den Hebel mit herumgeführt
wird. Muff und Nabe der Scheibe c bilden nun zusammen
eine gewöhnliche Klauenkupplung. Rückt man diese ein, so wird der Muff plötzlich
zurückgehalten, der Ring schleift und der Reibungswiderstand, den derselbe erfährt,
hält den Hebel d zurück; hierdurch wird aber die Bremse
festgezogen und zwar bei richtig gewählten Hebel Verhältnissen stark genug, daſs die
Welle b nach und nach die Umdrehungsgeschwindigkeit des
Zahnrades annehmen muſs. Wird der Muff ausgerückt, so kann die Feder e den Hebel wieder in jene Lage zurückschieben, bei
welcher die bremsende Wirkung des Bandes aufhört.
Eine hiervon sehr verschiedene Ausrückvorrichtung, construirt von Ernst
Buck in Stuttgart (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 18272 vom 27. September 1881) strebt
die Lösung der Aufgabe an, bei empfindlichen Arbeitsmaschinen im Falle einer
Steigerung des Widerstandes über das zulässige Maſs die Verbindung mit der
Kraftmaschine selbstthätig aufzuheben. Die Kupplung ist in Fig. 15 und
16 Taf. 6 dargestellt. Die von der Kraftmaschine aus zu treibende Welle
A trägt die Leerscheibe B und die dicht daneben festgekeilte Scheibe C. Die Uebertragung der Bewegung von B auf
C wird dadurch bewirkt, daſs ein am Umfange der
Leerscheibe sitzender Treiber D den Mitnehmer E vor sich herschiebt. Der Treiber besteht aus einem in
exentrischen Zapfen drehbaren Vierkant, welches von dem Mitnehmer in einem
Einschnitte derart gefaſst wird, daſs der Berührungspunkt unter normalen
Verhältnissen etwas über der Drehachse der Zapfen liegt. Einer der Drehzapfen steht in fester Verbindung
mit einer viereckigen Scheibe F, welche dazu dient, mit
Hilfe der Blattfeder G den Treiber in zwei um 90° gegen
einander versetzten Stellungen festzuhalten. Der Mitnehmer ist aus zwei im Gelenk
H drehbar verbundenen Theilen zusammengesetzt, der
Schiene E, welche um den festen Bolzen J schwingt, und dem Stifte K, der eine doppelte Bewegung ausführen kann, indem er um den Zapfen L drehbar und gleichzeitig in einer Oese desselben
verschiebbar ist. Dieser Verschiebung widersetzt sich eine Spiralfeder.
Die Wirkungsweise des Apparates ist folgende: Steigt der Druck zwischen Mitnehmer und
Treiber über das zulässige Maſs, so wird die Spiralfeder zusammengedrückt, indem der
Mitnehmer E sich in seinen Gelenkpunkten dreht; dadurch
rückt der Angriffspunkt der Kraft in der Richtung gegen die Welle über die Drehachse
des Vierkantes hinaus und es erfolgt ein Kippen desselben. Die Blattfeder setzt
dieser Drehung kein Hinderniſs entgegen, da die eine Ecke der Scheibe F concentrisch zum Drehzapfen abgerundet ist. Bei der
nun folgenden Drehung der Leerscheibe B gegen die
Scheibe C kommt auch ein neben dem Mitnehmer
festgeschraubter Daumen M mit dem Treiber in Berührung
und legt denselben vollends um 90° um. Die Verbindung zwischen den beiden
Antriebsscheiben ist dadurch aufgehoben, denn Daumen M
und Mitnehmer E können frei an dem Treiber vorbeigehen.
Die Scheibe C bezieh. die Arbeitsmaschine bleibt
stehen. Um die Kupplung während des Ganges wieder einrücken zu können, ist an einer
mit der Scheibe C verschraubten Schiene N ein kleiner Handhebel angebracht, der von einer Feder
in der gezeichneten Lage gehalten wird. Dreht man denselben so weit, daſs er eine
Verlängerung der Schiene N bildet, so erfaſst die an
ihm befindliche Knagge O den herankommenden Zapfen an
der Scheibe F und dreht das Vierkant wieder in seine
alte Lage. Diese letztere Handhabung des im übrigen sehr sinnreichen Apparates
bildet allerdings dessen schwache Seite, da bei der im nächsten Augenblicke
stattfindenden Berührung zwischen Treiber und Mitnehmer ein Stoſs auftritt, der auf
den vielgliederigen Mechanismus nachtheilig einwirken muſs.