Titel: | Ueber Neuerungen an Torpedobooten. |
Autor: | Mittag |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 57 |
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Ueber Neuerungen an Torpedobooten.
Patentklasse 65. Mit Abbildungen auf Tafel 6.
Ueber Neuerungen an Torpedobooten.
Die Ausbildung der durch ihre furchtbaren Wirkungen in Form von Seeminen als
Verteidigungswaffe bekannten Torpedos zur Angriffswaffe begann im letzten Kriege
zwischen den Nord- und Südstaaten von Nordamerika, nachdem allerdings schon lange
Jahre zuvor derartige Versuche gemacht worden waren. So scheint die erste
Verwirklichung des Gedankens, Torpedos mittels kleiner Boote an die zu zerstörenden
Schiffe zu bringen, an
denselben zu befestigen und vom Boot aus zu entzünden, dem Nordamerikaner Bushnell im J. 1775 zur Zeit des Unabhängigkeitskrieges
zuzuschreiben zu sein. Da jedoch Bushnell, wie auch
später (1801) der geniale Erfinder des Dampfschiffes, Fulton, welcher dieselbe Idee mehrfach in der Wirklichkeit zur Ausführung
brachte, keine Erfolge erzielte, so ruhte die Sache bis zum Secessionskriege,
während welchem die Südstaatler die sogen. Spierentorpedos in Aufnahme brachten. Man
versah die Torpedos mit einer langen Stange, die am Bug eines kleinen Dampfbootes
angebracht wurde, und rannte damit gegen das feindliche Schiff. Die auf diese Weise
erzielten Erfolge waren jedoch meistens von dem Verlust des eigenen Schiffes und der
Besatzung begleitet, weswegen die Neuzeit die Construction beweglicher Torpedos,
welche dem Angreifer weniger gefährlich sind, nach zwei anderen Richtungen hin
ausbildete.
Die eine Richtung vertritt der Harvey'sche Schlepptorpedo (vgl. 1870 197 127. 199 * 460), welcher mittels Leinen
derart an das kleine Dampfboot befestigt wird, daſs sich derselbe., wie es bei den
bekannten fliegenden Brücken geschieht, in etwa 50m Entfernung seitlich vom Schiff parallel mit diesem fortbewegt, um so
beim Passiren eines feindlichen Schiffes gegen dieses anzustoſsen und zu explodiren.
Da diese Art des Schleppens dem Dampf boot eine ungemeine Beschränkung in der
eigenen Bewegung auferlegt, die Torpedos selbst auch durchaus unzuverläſsig waren,
ist man von ihnen auf die Fischtorpedos übergegangen
(1864), deren Erfinder Whitehead ist. Diese Torpedos
werden vom Schiff in irgend einer Weise unter der gewünschten Richtung ins Wasser
gelassen und abgeschossen; sie bewegen sich dann mittels eines durch gepreſste Luft
getriebenen Propellers selbstthätig fort, um beim Anprallen an das feindliche Schiff
zu explodiren. Das richtige Abschieſsen (sogen. Lanciren) dieser Torpedos ist bei
ihrer sonstigen zuverläſsigen Wirkungsweise die einzige Bedingung für den Erfolg; es
geschieht dieselbe durch Schieſsen mittels gepreſster Luft aus Kanonen oder Rohren,
welche im Schiff selbst angebracht sind, oder durch Handabschieſsapparate. Letztere
sind Röhren, welche die Torpedos aufnehmen und durch Gelenkhebel in das Wasser
setzen, wo im geeigneten Zeitpunkt die Bethätigung der im Torpedo befindlichen
Maschine vom Boot aus vorgenommen wird. Während der Handabschieſsapparat leicht an
jedem Schiff angebracht werden kann und hierin ein Vortheil liegt, um Schiffe,
welche für den Torpedodienst nicht direkt bestimmt sind, schnell mit solchen
auszurüsten, bedingen die übrigen Abschieſsmethoden umständlichere Einrichtungen.
Jetzt besitzt fast ausnahmslos jedes Kriegsschiff eine Ausrüstung zum Torpedogefecht
und zwar entweder durch Anbringung geeigneter Abschieſsapparate, oder durch
Ausstattung mit besonders für ihre Zwecke eingerichteten und vorbereiteten kleinen
Dampfbooten. Diese kleinen Dampf boote, welche allgemein nach ihrem Erfinder Thornicrofts genannt werden, müssen einmal eine möglichst groſse
Geschwindigkeit (20 Knoten) und Steuerfähigkeit besitzen, dann aber sehr klein sein,
um sich sowohl feindlichen Schiffen unbemerkt nähern zu können, als auch den
Schüssen möglichst geringe Zielflächen zu bieten. Die erste Bedingung ist durch
vorzügliche Construction der Schiffe und Maschinen zu erfüllen, während die übrigen
nicht durch ausgezeichnete Formgebung allein zu erreichen sind, sondern anderer
Auswege bedürfen. Da durch das Gewicht von Maschine, Kohlen und Besatzung eine
Grenze gezogen ist, so kann das Schiff während des Gefechtes, noch leichter aber
beim Ueberfall eines verankerten und gut bewachten Geschwaders bemerkt werden und
gewöhnlich geschieht dies immer noch zeitig genug, um dasselbe mittels der zur
Abwehr für diesen Fall bestimmten Revolverkanonen (Hotchkiss) unschädlich zu machen.
Diese Gesichtspunkte sind es, welche zur Ueberwindung der groſsen technischen
Schwierigkeiten im Betrieb unterseeischer Fahrzeuge
anspornen, da diese Art Fahrzeuge für den Fall ihrer sonstigen Diensttauglichkeit
selbstverständlich am geeignetsten für den vorliegenden Zweck erscheint. Wenn die
Torpedofrage die Gemüther bewegte, sind auch stets Vorschläge mehr oder weniger
geeigneter unterseeischer Fahrzeuge von berufenen und unberufenen Leuten gemacht
worden; diese haben jedenfalls den Nutzen gehabt, daſs sie den Beweis der Lösbarkeit
der Aufgabe, sich mit einem Fahrzeug längere Zeit unter Wasser zu halten, ohne die
auf dem Wasser vorhandene Beweglichkeit einzubüſsen, geliefert haben. Bereits bei
dem ersten Boote dieser Art, dem Bushnell'schen (1775),
finden sich die bei den heutigen Constructionen noch verwendeten vertikalen
Schraubenpropeller, welche das Auf- und Niedertauchen des Bootes ermöglichen
sollten. An dem Princip, das Tauchen des Bootes durch Einlaſs von Wasser, das
Aufsteigen durch Herauspumpen desselben zu bewirken, wird im Allgemeinen noch heute
festgehalten. Nachdem auch Fulton (1801) mit einem
Tauchboote Nautilus im Hafen von Brest experimentirt
hatte, regten in den 50 er Jahren besonders die theilweise als gelungen zu
betrachtenden Versuche von Wilhelm BauerVgl. L. Hauff: W. Bauers unterseeische
Schifffahrt. das Interesse für diese Sache in hohem
Masse an. Bei diesen Booten, sowie bei einem im Secessionskriege (1864) gebauten,
wurden zum Antrieb der Propeller und Pumpen nur Menschenkräfte benutzt. Erst in der
Neuzeit versuchte man nicht nur Motoren mit gepreſster Luft und Gas, sondern auch
Dampfmaschinen zu verwenden.
Ein derartiges von Th. Nordenfelt in London angegebenes
unterseeisches Boot ist bereits 1882 246 * 65
beschrieben.
Das unterseeische Boot von L. Klein in
Charlottenburg (* D. R. P. Nr. 19243
vom 19. Januar 1882) erhält seine Bewegung, wie auch den Trieb zum Auf-
und Niedertauchen durch zwei neben einander rotirende, horizontale Schaufelräder mit
verdrehbaren Flügeln. Es ist dies eine Radconstruction, wie sie unter dem Namen Fowler'scher Propeller in ähnlicher Anordnung bei dem
amerikanischen Torpedoboote Alarm benutzt worden ist,
um durch einfache Umstellung der Flügel das Boot umzusteuern.
Dieses Schaufelrad, welches alle Mängel derartiger Räder zeigt, aber von
ausgezeichneter Wirkung sein soll, ist in seiner neuen Form in Fig. 1 Taf.
6 dargestellt. Die Räder liegen derart neben einander, daſs ihre eine Hälfte in
einer Kapsel innerhalb des Bootes sich bewegt, während die andere auſserhalb im
Wasser arbeitet. Jeder Flügel ist an seinem Wurzelende seitwärts mit einer festen
Rolle a versehen, welche zwischen zwei flachen Ringen
b1 läuft, Diese
Ringe sind in ihrer Fläche in Gelenken durch Hebel b
vom Inneren des Bootes aus verstellbar; entsprechend der Stellung der Ringe werden
die Flügel eine Drehung um ihre Achse erhalten und diese Verdrehung während ihrer
Bewegung auſserhalb des Bootes beibehalten. Sind nun die Flügel während ihres Weges
durch das Wasser nach der einen oder anderen Seite schief gestellt, so steigt oder
sinkt das Boot; dagegen wird dasselbe in der Horizontalen bewegt, wenn die Flügel
senkrecht auf das Wasser treffen. Die beiden Flügelräder erhalten ihren Betrieb
mittels der Transmission g, f (Fig. 2)
durch einen Dampfmotor, dessen Kessel aus Spiralröhren gebildet und mittels eines
Kokesfüllofens geheizt werden soll.
Wie es auch schon Bauer vorgeschlagen hat, beabsichtigt
L. Klein sein Boot an dem feindlichen Schiff
festzulegen, um den Torpedo sicher anbringen zu können. Er benutzt hierzu Sauger H, welche aus zwei in einer Kapsel eingeschlossenen
Gummischeiben bestehen; wird hinter diesen Luft abgesaugt, so werden sie an den
feindlichen Schiffskörper u. dgl. angepreſst und halten das Boot so mit diesem in
Verbindung. Ein gleicher Saugnapf dient zur Befestigung des Torpedo N, dessen Anbringung durch Taucher geschieht, welche
durch die Schleusen c und d aus dem Boot herausgelangen können.
In Anbetracht der umständlichen Construction dieser Boote ist kaum anzunehmen, daſs
im Ernstfalle auf ihre zweifellos sichere Wirkung gerechnet werden kann; zum
Mindesten wird ihre Verwendung nur eine beschränkte sein, so lange ihr Bau und der
Arbeitsmechanismus nicht bedeutend einfacher und damit sicherer geworden ist und ein
längeres Verweilen unter Wasser nicht ermöglicht wird, als jetzt diese Boote wegen
ihrer beschränkten Maschinenkraft gestatten.
Ein berechtigtes Interesse dagegen verdient eine andere Art Boote, welche nur theilweise unter Wasser gesenkt werden.
Ein solches Boot, welches etwa 1m unter die
Wasseroberfläche gesenkt werden kann und so mit seinem gröſsten Theil vor
feindlichen Geschossen gesichert ist, schlägt B. B. Hotchkiss in
Paris (* D. R. P. Nr. 12395 vom 3.
August 1880) vor. Dasselbe hat einen kreisförmigen oder elliptischen
Querschnitt und trägt an beiden Längsseiten bewegliche Schwimmer s
(Fig. 3 und
4 Taf. 6), welche einen Theil des Bootgewichtes tragen. Diese Schwimmer
bestehen gewöhnlich aus Kork und sind so eingerichtet, daſs sie selbst bei gröſserer
Beschädigung durch feindliche Geschosse nicht völlig zerstört werden, sondern immer
noch genügende Schwimmkraft besitzen, um das Boot vor dem Sinken zu bewahren. Die
Schwimmer sind ihrer ganzen Länge nach mit dem Boote durch Gelenke a verbunden, so daſs sie durch geeignete Vorrichtungen
vom Inneren des Schiffes aus gehoben oder gesenkt werden können. Die Kammer b wird zum Senken des Bootes mit Wasser gefüllt. Es
werden auf diese Weise, wie die Patentschrift sagt, alle Theile des Schiffes bis auf
die „unwesentlichen“, als Schornstein, Luftrohr und Aussichtsturm, unter
Wasser gesetzt und dem feindlichen Geschützfeuer entzogen. Bei der geringen Höhe
dieser „unwesentlichen“ Theile über dem Wasserspiegel wird aber schon ein
Wasserstrahl, wie er durch ein in das Wasser einschlagendes Geschoſs aufgeworfen
wird, genügen können, um in den Schornstein einzudringen und die Feuer zu löschen,
so daſs das Boot hilflos wird. Ferner werden die seitlichen Schwimmer immerhin
namentlich in Bezug auf die Lenkbarkeit groſse Widerstände bilden.
Ein gleichfalls theilweise zu versenkendes Boot schlägt der geniale Schwede J.
Ericsson in New-York (* D. R. P. Nr. 18330 vom 19. Juni 1881) vor; bei demselben
ist besondere Rücksicht auf einen möglichst auskömmlichen Schutz der
Steuervorrichtung und des Steuers selbst Bedacht genommen. Der Ruderpfosten Q (Fig. 5 und
6 Taf. 6) ist als aufrechte Verlängerung des Kiels parallel mit dem
Pfosten P und mit dem Kiel aus einem Stück geschmiedet.
Der Pfosten nimmt das Ruder R bezieh. dessen Achse c zwischen den nach rückwärts gebogenen Armen a auf, so daſs dasselbe theilweise ausbalancirt ist.
Die Steuerung geschieht durch hydraulischen Druck mittels der zu beiden Seiten des
Ruders angebrachten Cylinder S, deren Kolben durch
Stangen mit je einem vorspringenden Arm des Ruders verbunden ist. Die
Zuleitungsrohre U für das Wasser laufen am Kiel
entlang, um in einem Ventil V zu münden, welches die
richtige Ein- und Abführung des Wassers zu den Röhren U
besorgt. Das Ventil V wird durch den Hebel d gesteuert, dessen Enden mittels Seile an das
Steuerrad angeschlossen sind. Der Wasserdruck selbst wird von einem beliebigen
Druckwerk erzeugt. Das Steuerhäuschen ist mit einem schrägen Panzerschild zur
Abweisung aufschlagender Geschosse versehen.
Wie die Abbildung ergibt, kann das Boot bis über sein unteres Deck J unter Wasser gesetzt werden. Der Raum zwischen beiden
Verdecken ist mit Schwimmern von Kork oder Luftsäcken ausgefüllt.
Das Abschieſsen der Torpedos – das sogen. Lanciren – erfolgt bei den jetzt in den
Marinen eingeführten Apparaten stets unter dem
Wasserspiegel. Mit Ausnahme des abweichenden Verfahrens bei den oben erwähnten
Handabschieſsapparaten wird der Torpedo aus einem Rohr, welches in dem
Schiffskörper gewöhnlich am Bug eingebaut ist, mittels Preſsluft herausgetrieben und
hierbei die eigene Maschine desselben durch irgend wie angeordnete Anschläge in
Thätigkeit gesetzt, so daſs sich der Torpedo von nun an durch eigene Kraft weiter
bewegt. Eine früher gebräuchliche, noch jetzt häufig benutzte Methode besteht darin,
dem Torpedo keine selbstthätige Bewegung durch eine eigene Maschine zu geben,
sondern ihn durch eine kräftige Ladung wie ein gewöhnliches Geschoſs aus der Kanone
bis an sein Ziel zu schleudern. Es wird hierdurch vermieden, daſs eine zu groſse
Ablenkung des Torpedo von der vorgeschriebenen Bahn eintritt, wie sie bei den
Fischtorpedos gar zu leicht durch falsche Steuerstellung, Wasserströmung u. dgl.
vorkommt. Diese Methode wurde von J. Ericsson besonders
gepflegt (vgl. 1870 197 * 120), während sie im Uebrigen
allgemein zu Gunsten der Fischtorpedos verlassen ist, wahrscheinlich weil das
Abschieſsen mit gepreſster Luft, welche der Sicherheit wegen allein benutzt wird, zu
viel Schwierigkeiten bietet und der Schuſs nicht immer gleichmäſsig kräftig
ausfällt.
J. Ericsson benutzt statt der Preſsluft eine gewöhnliche
Geschoſsladung, welche er jedoch nicht direkt auf den Torpedo einwirken läſst, indem
er eine das Rohr ausfüllende massive Scheibe zwischenlegt; dieselbe wird durch die
Explosion der Ladung vorgedrückt und wirft so den Torpedo aus dem Rohr. daſs diese
Vorrichtung genügende Sicherheit gegen eine durch den Stoſs hervorgerufene
vorzeitige Explosion des Torpedo bietet, ist kaum anzunehmen; auch die in Ericsson's nordamerikanischem Patent Nr. 245804
vorgeschlagene Zusammensetzung des Hintertheils des Torpedo aus Holzstücken wird nur
den Vortheil haben, daſs der Torpedo sicherer schwimmt.
In der deutschen Patentschrift Nr. 18330 vom 19. Juni 1881 macht Ericsson Vorschläge zum Laden, Auflegen und Schieſsen
mit einer Torpedokanone. Die Kanone wird an irgend einem Krahn in den Schiffsmasten
so aufgehängt, daſs sie auf Deck geladen, dann aber an einer Bordseite auf ihre
unter Wasser liegende Laffete herabgesenkt werden kann.
Eine eigenthümliche Wurfvorrichtung gibt Hicks in
Minneapolis (Nordamerikanisches Patent Nr. 263408) an; dieselbe bildet das Ericsson'sche Princip des direkten Schusses aus, soll
aber vermeiden, daſs der Torpedo plötzlich einen starken Stoſs erhält, welcher ihn
zur Explosion bringen kann. Es wird der Torpedo aus einem langen Rohr mittels
gespannten Dampfes herausgedrückt, welcher mehreren längs des Wurfrohres (hurl-barrel) aufgestellten Behältern entnommen wird, zu
welchem Behufe letztere mit dem Rohr durch Schieberventile in Verbindung zu setzen
sind. Zum Schuſs wird Dampf aus dem hintersten Behälter in das Rohr gelassen, der
Torpedo wird vorgetrieben, öffnet hierbei den Dampfzulaſs vom folgenden Behälter,
erhält so eine beschleunigte Bewegung, öffnet den 3. Behälter u.s.w., bis er mit
groſser Geschwindigkeit in das Wasser getrieben wird.
Die groſsen Vortheile des direkten Schusses unter Wasser, welche Ericsson vielfach dargelegt hat, werden jedoch durch
die groſse Gefahr einer Explosion der im Torpedo enthaltenen Zündstoffe derart
ausgeglichen, daſs die europäischen Marinen allgemein Fischtorpedos mit
selbstthätiger Bewegung benutzen. Für das Abschieſsen dieser Art Torpedos liegen
beachtenswerthe Neuerungen vor.
Der Lancirapparat von P. Brotherhood in
London (* D. R. P. Nr. 18283 vom 18.
November 1881) soll ein schnelles und leichtes, gefahrloses Abschieſsen
durch eine im Bug des Schiffes angeordnete Oeffnung gestatten. Es sind hier zwei
Schuſsrohre B und B1 (Fig. 7 Taf.
6) in einem Cylinder A angeordnet, welcher um seine
Achse derart drehbar ist, daſs entweder das Rohr B oder
B1 vor der durch
einen Schieber verschlieſsbaren Oeffnung liegen. Das jeweilig vor der Oeffnung
befindliche Schuſsrohr wird durch ein Rohr K mit Wasser
gefüllt, so daſs der Torpedo nicht erst auſserhalb des Schiffes ins Wasser gelangt
und seine Propellerschraube, im Falle sie bereits hier bethätigt wird, schon
innerhalb des Rohres Widerstand findet, also die Unregelmäſsigkeiten, welche dadurch
hervorgerufen werden, daſs die Torpedoschraube im Rohr eine übermäſsige
Geschwindigkeit annimmt, da sie keine Arbeit zu leisten hat, hier vermieden sind.
Während nun der Torpedo T1 durch einen Apparat F beliebiger
Construction aus dem Schiff' geschleudert wird, kann das Rohr B mit einem anderen Torpedo T wieder geladen werden; das vom letzten Schuſs in Rohr B gebliebene Wasser wird durch ein Röhrchen abgeführt.
Der abgeschlossene Torpedo erhält noch eine seitliche Führung durch die Stange I, welche vom Inneren des Schiffes aus bewegt werden
kann und gewöhnlich in einer Nuth des Schiffskörpers liegt. Die Drehung des
Cylinders A wird durch eine kleine Dreicylindermaschine
bewirkt.
Während die beschriebenen Abschieſsapparate verlangen, daſs das Schiff in die
Schuſsrichtung eingestellt wird, gestattet eine zweite von P. Brotherhood (* D. R. P. Kl. 72 Nr. 13382 vom 5. November 1880)
angegebene Construction das Abfeuern auch nach anderen Richtungen. Dieser Apparat
besteht aus einer Laffete, welche um eine vertikale Achse auf Bogenführungen je nach
der gewünschten Schuſsrichtung wie eine gewöhnliche Laffete verdrehbar ist. Der
Torpedo wird in sicheren Führungen auf einem Wagen gelagert, welcher mit einem durch
gepreſste Luft betriebenen Kolben verbunden ist. Der Kolben wird vorgeschoben und
der Wagen läuft vorwärts, stöſst dicht an der Stückpforte, durch welche der Torpedo
abgehen soll, gegen elastische Buffer, wodurch bewirkt wird, daſs der Torpedo, durch
die lebendige Kraft weiter getrieben, ins Wasser gelangt. Dicht vor der Stückpforte
streift der Torpedo einen Anschlag, welcher dessen Maschine in Thätigkeit setzt.
Dazu ist zu bemerken, daſs ein immerhin sicherer Schuſs auch erzielt wird, wenn der
Torpedo, wie es hier geschieht, nicht im Wasser,
sondern dicht über dem Wasser abgeschossen wird und
erst in einiger Entfernung vom Schiff ins Wasser fällt. Als Uebelstand dieser Art
des Abschieſsens wird angegeben, daſs der Torpedo gern der Richtung folgt, welche er
beim Eintritt ins Wasser hat; anzunehmen ist zum wenigstens eine Ablenkung durch das
mit der Spitze zuerst erfolgende Eintauchen. Der Vortheil der Unabhängigkeit der
Schuſsrichtung von der Fahrtrichtung, welche beim Abschieſsen unter Wasser nur mit den gröſsten Schwierigkeiten zu
erkaufen wäre, ist durch diese Laffete anscheinend erreicht. Der benöthigte Raum zur
erfolgreichen Ausschwenkung der Laffete läſst diese Vorrichtung nur für groſse
Schiffe gebrauchsfähig erscheinen.
Selbst die beste Torpedoconstruction und die sorgsamste Bedienung des
Abschieſsapparates vermögen keine Sicherheit zu geben, daſs der Torpedo die
eingeleitete Richtung beibehält und das Ziel wirklich trifft. Strömungen im Wasser
können den Torpedo ablenken; auſserdem ist die Entfernung sowie die Eigenbewegung
des zu treffenden Schiffes von Einfluſs auf die Sicherheit des Schusses.
Beabsichtigt man z.B. ein Schiff zu treffen, das 700m weit entfernt ist, so gebraucht der Torpedo zur Zurücklegung dieses
Weges 80 Sekunden, während welcher Zeit das feindliche Schiff etwa 500m vorwärts gedampft sein kann; um dieses Schiff
nun wirklich zu treffen, hätte der Torpedo um 400m
vorgehalten sein müssen.
Die Vermeidung dieser Uebelstände bezwecken die Vorschläge von J. L.
Lay in Paris (* D. R. P. Kl. 78 Nr. 7170 vom 3. April 1878 und * Zusatz Nr. 8653 vom 10. April
1879). Es wird hier beabsichtigt, die Torpedos (in den Patentschriften
wird fälschlich von Torpedobooten gesprochen) mit Hilfe einer elektrischen Leitung vollständig so zu dirigiren, als
ob dieselben von einer Besatzung geführt würden (vgl. Ericsson's Torpedo 1870 196 429). Das den
elektrischen Strom übertragende Kabel ist auf einen Haspel im Torpedo aufgewunden
und wickelt sich von dieser nach Maſsgabe der zurückgelegten Entfernung ab. Das Boot
trägt nun Einrichtungen, mittels deren es möglich sein soll, vom Standpunkt der
Angreifer aus die mit Ammoniak gespeiste Maschine des Torpedo in Gang zu setzen und
abzustellen, das Steuer vollständig zu beherrschen und endlich auch den Torpedo zur
Explosion zu bringen. Die Einrichtungen sind sehr geistreich erfunden, aber wohl zu
umständlich und leicht in Unordnung zu bringen, als daſs sie wirklich in dieser Form
Nutzen bezieh. praktischen Werth versprechen können. So viel dem Referenten bekannt,
sind jedoch bereits Versuche zur elektrischen Steuerung in gewöhnlicher Weise
abgeschossener und entzündbarer Torpedos von Seiten der deutschen Marine in Kiel
angestellt; ob diese Versuche gute Erfolge erzielt haben, ist nicht veröffentlicht
worden.
Dasselbe Princip verfolgen Hardy, Reynoldt, Hubbe u.a.
(vgl. die Nordamerikanischen Patente Nr. 243888, 243907, 245864, 246415, 251288,
255386), während Haight und Winsor besonders die elektrischen Controlapparate selbst vervollkommnen
(vgl. Nord amerikanische Patente Nr. 257693 und 257694).
Mittag.