Titel: | Ueber Bestimmung der Phosphorsäure in Düngemitteln. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 86 |
Download: | XML |
Ueber Bestimmung der Phosphorsäure in Düngemitteln.
Ueber Bestimmung der Phosphorsäure in Düngemitteln.
P. Wagner bemerkte nach Mittheilung der Landwirthschaftlichen Versuchsstationen, 1882 Bd. 27 S.
276 auf der Versammlung von Versuchstations-Mitgliedern in München, daſs bei der Bestimmung der wasserlöslichen Phosphorsäure die
Extraction des Superphosphates mit Wasser und die Bestimmung der Phosphorsäure,
welche in den wässerigen Auszug übergegangen ist, aus einander zu halten sei.
Unter wasserlöslicher Phosphorsäure versteht man nicht die ganze Menge der
Phosphorsäure, welche durch Wasser überhaupt gelöst werden kann. Auf der Conferenz
der deutschen Agrikulturchemiker in Magdeburg wurde beschlossen, daſs darunter jene
Menge verstanden sein soll, welche aus 20g
Superphosphat durch 1l Wasser während 2stündiger
Digestion in Lösung geht. P. Wagner hat Versuche
darüber angestellt, ob eine Digestionszeit von 2 Stunden hinreichend sei, und dabei
gefunden, daſs mehrere Male durch längere Digestion erheblich mehr Phosphorsäure
gefunden wurde als durch 2stündige Behandlung. Dies war z.B. der Fall bei den sogen.
Doppelsuperphosphaten, wie sie nach dem Wetzlarer Verfahren gewonnen werden, und bei
dem unter 8 Proc. lösliche Phosphorsäure enthaltenen Phosphorit-Superphosphaten. Bei
den höher-procentigen Phosphorit-Superphosphaten und den meisten übrigen
Superphosphaten ist es gleichgültig, ob man die Digestionsdauer verlängert oder
nicht. Bei 2 Superphosphaten war die Verlängerung der Digestionsdauer sogar von
nachtheiligem Einfluſs. Es erscheint daher wünschenswerth, bei Doppelsuperphosphaten
und gering haltigen Superphosphaten aus Phosphoriten die Digestionsdauer auf 24
Stunden festzusetzen, bei allen übrigen Superphosphaten aber die bisher übliche
Digestionsdauer von 2 Stunden zu belassen.
Würde die bei einer längeren Digestion erhaltene gröſsere Ausbeute von Phosphorsäure
durch eine Zersetzung zunächst unlöslicher Phosphate oder durch lösendes Einwirken
der sauren Superphosphatlösung auf Eisen- und Thonerdephosphate veranlaſst, so wäre
ein Bedenken gegen die Verlängerung der Digestionszeit gerechtfertigt, da im Boden
die Superphosphatlösung sehr rasch absorbirt wird und somit eine auflösende Wirkung
auf Eisen- und Thonerdephosphate nicht mehr denkbar ist. Findet aber eine Zersetzung
des phosphorsauren Eisens und der phosphorsauren Thonerde durch das Wasser selbst
statt, dann fällt dieses Bedenken hinweg, weil dieser Vorgang auch im Boden möglich
ist. Es ist aber anzunehmen, daſs eine wirkliche Zersetzung und nicht eine Lösung
stattfindet. Dies geht
hervor aus der Thatsache, daſs durch 24 stündiges Digeriren wohl mehr Phosphorsäure
aus Doppelsuperphosphaten und gering haltigen Phosphorit-Superphosphaten gelöst
wird, aber nicht mehr durch Natriumacetat fällbare Phosphorsäure, stammend von
Eisen- und Thonerdephosphaten. Es geht ferner auch daraus hervor, daſs man nicht nur
durch längeres Digeriren mehr Phosphor erhält, sondern auch beim Auswaschverfahren
auf dem Filter durch länger fortgesetztes Auswaschen bei der gleichen Klasse von
Superphosphaten. Hier entfernt man zuerst die starksaure Lösung und das später auf
den Rückstand des Superphosphates einwirkende, nicht mehr oder nur schwach saure
Wasser kann nicht mehr in genanntem Sinne lösend oder aufschlieſsend, sondern nur
zersetzend auf Eisen- und Thonerdephosphate wirken. Es liegt deshalb ein Bedenken
gegen Verlängerung der Digestionszeit nicht vor.
P. Wagner hat auch darüber Versuche angestellt, ob durch
das Auswaschverfahren ein wesentlich anderes Resultat erhalten werde als durch das
Digerirverfahren. Es wurden 10g Superphosphat auf
ein angefeuchtetes Filter gebracht und mit gleichmäſsig auftropfendem Wasser so
lange behandelt, bis 500cc abgelaufen waren. Man
erhielt um so mehr Phosphorsäure, je langsamer man auswusch. Das Auswaschverfahren
erscheint daher nicht empfehlenswerth.
Wird beim Digeriren die Menge des verwendeten Wassers verdoppelt, so wird bei
Superphosphaten, welche wenig oder kein Eisen enthalten, mehr Phosphorsäure gelöst,
bei Doppelsuperphosphaten und Phosphorit-Superphosphaten ergibt dagegen eine
Vermehrung des Wassers keine Steigerung der Phosphorsäureausbeute. Man wird bei der
Behandlung aller Superphosphate mit mehr Wasser auch mehr Phosphorsäure in Lösung
bringen; aber es steht dem Proceſs, bei welchem mehr Phosphorsäure gelöst wird, ein
anderer gegenüber, nämlich eine Ausscheidung von Eisen- und Thonerdephosphaten aus
der dünneren Lösung. Es hat sich ja wiederholt gezeigt, daſs bei mehr Wasser gerade
die Hälfte der Eisen- und Thonerdephosphate gelöst war. Wagner empfiehlt daher Doppelsuperphosphate und gering haltige
Phosphorit-Superphosphate 24 Stunden lang, die übrigen Superphosphate aus an Eisen
armem und von Eisen freiem Material aber wie bisher 2 Stunden lang zu digeriren. –
Nach längeren Verhandlungen wird jedoch der Antrag von Schulze einstimmig angenommen: Doppelsuperphosphate und Lahn-Phosphoritsuperphosphate werden 24 Stunden lang,
alle übrigen Superphosphate 2 Stunden lang digerirt.
Nach Herzfeld und Feuerlein
(vgl. 1881 241 146) zieht das citroninsaure Ammonium
keine genaue Grenze zwischen ⅔ und gesättigtem phosphorsaurem Kalk; ebenso wenig
thut dies aber das Wasser zwischen ⅓ und ⅔ gesättigtem, so daſs die Trennung des
Dicalciumphosphates vom Monocalciumphosphat mittels Wasser ebenso unvollkommen ist
als die des Tricalciumphosphates, vom Dicalciumphosphat mittels Ammoniumcitrat.
Dagegen führt Fleischer aus, daſs, selbst wenn diese
Folgerung richtig wäre,
der Umstand, daſs die gefundene wasserlösliche Phosphorsäure neben freier und der
Phosphorsäure des Monocalciumphosphates auch einen Theil im Dicalciumphosphat
vorhandene Säure in sich schlöſse, für die Brauchbarkeit des Verfahrens ganz
gleichgültig sein würde, da weniger die chemische Constitution des Phosphates als
vielmehr die mechanische Beschaffenheit, der Gehalt an Hydratwasser, die feine
Zertheilung und Verbreitungsfähigkeit des Phosphatdüngers in der Ackerkrume
bestimmend für seine Wertschätzung sind. Wollte man bei der Werthbestimmung der
verschiedenen Phosphatdünger auf die chemische Bindungsform der Phosphorsäure das
Hauptgewicht legen, also in unserem Fall eine Trennung des Dicalciumphosphates
bezwecken, so wäre dann die Citratmethode in ihrer jetzigen Form unbrauchbar.
Es ist bereits von verschiedenen Seiten u.a. von B.
Tollens (1881 241 227) darauf aufmerksam gemacht
worden, daſs das übliche Reagens nicht nur das Dicalciumphosphat, sondern auch mehr
oder weniger Tricalciumphosphat löst. Die Mengen von Phosphorsäure, welche aus
Tricalciumphosphat in Lösung gehen, sind unter Umständen sehr groſs, wie folgende im
Laboratorium der Bremer Moor-Versuchsstation ausgeführte Versuche zeigen. Verwendet
wurden Tricalciumphosphat von Trommsdorff (I),
gefällter phosphorsaurer Kalk von Hamburg (II), dgl. von Auvelais (III), dgl. von
Salzwedel (IV); dieselben enthielten:
I
II
III
IV
Wasser und Glühverlust
10,72
29,46
39,78
24,14
Tricalciumphosphat
88,21
21,10
22,02
46,04
Dicalciumphosphat
0
39,11
20,55
0
Eisenphosphat
0
1,10
11,00
3,10
Schwefelsaures Calcium
0
1,45
1,87
2,06
Chlorcalcium
0
7,24
4,96
10,87
Kohlensaures Calcium
0
–
0,61
5,55
Kieselsaures Calcium
0
–
–
3,38
Sand
0
1,46
–
5,71
–––––
––––––
––––––
––––––
98,93
100,92
100,79
100,85.
Es lösten sich:
Proc. Phosphorsäure
28,93
31,14
24,32
19,20
beim Behandeln von 1g
Substanz von 100cc neutraler Citratlösung (nach
Fresenius, Neubauer und Luck). Mithin lösten sich von der Gesammtphosphorsäure des
Tricalciumphosphates annähernd 70 Proc. Unter der Voraussetzung, daſs alles
Dicalciumphosphat in der angewendeten Citratmenge löslich war, wurden von der
Gesammtphosphorsäure des Eisenphosphates und des Tricalciumphosphates gelöst im
Präcipitat II 96 Proc., in Probe III 84 und in Probe IV 85 Proc. An eine auch nur
annähernde Scheidung des Dicalciumphosphates vom Tricalciumphosphat durch
Citratlösung ist somit wohl nicht zu denken. Als ferner 100cc einer nach Fresenius dargestellten neutralen, mit der 4fachen Menge Wasser versetzten
Citratlösung auf 0,5 und 0g,1 Dicalciumphosphat
gegeben wurden, erfolgte in der Lösung von 0g,1
nach dem Auffüllen auf 500cc in 100cc
des Filtrates auf Zusatz
von Ammoniak ein Niederschlag; auf Zusatz von Chlormagnesiummischung entstand sofort
ein Niederschlag, welcher nach dem Glühen 0g,130
wog und 0g,013 Kalk enthielt. In 100cc desselben Filtrates entstand nach Zusatz von
20cc der Citratlösung mit Magnesiamischung ein
0g,121 wiegender Niederschlag, welcher noch
0g,004 Kalk enthielt. In der Flüssigkeit war
somit nicht genug Citrat, um bei Zusatz von Ammoniak sämmtlichen Kalk gelöst zu
erhalten. Bei Anwendung von 0g,5 hatten sich nur
22 Procent der Phosphorsäure des Dicalciumphosphates der Lösung entzogen. Die
Anwendung einer so verdünnten Lösung ist daher nicht räthlich, weil dabei kein
genügender Ueberschuſs von Ammoncitratlösung bleibt, um die entstehende
Kalkverbindung in Lösung zu halten und selbst bei Verwendung dieser sehr verdünnten
Lösung gehen erhebliche Mengen Phosphorsäure des Tricalciumphosphates in Lösung.
Man wird wahrscheinlich darauf verzichten müssen, durch Ammoncitrat eine Trennung des
Dicalciumphosphates vom Tricalciumphosphat herbei zu führen, und schon nach dieser
Richtung hin darf die Citratmethode der Bestimmung der wasserlöslichen Phosphorsäure
nicht an die Seite gesetzt werden. Daſs es durch die letztere mit völlig
befriedigender Sicherheit gelingt, eine Phosphorsäurereform zu bestimmen, welche
mittels des in jedem Boden in unbegrenzter Menge vorhandenen Lösungsmittels: des
Wassers, zur feinsten und gleichmäſsigsten Vertheilung fähig ist und daher mit
vollem Recht als die werthvollste Form angesehen wird, – dies beweist die gegenüber
den massenhaften nach dieser Methode ausgeführten Bestimmungen geradezu
verschwindende Anzahl von Analysen-Differenzen.
So voll berechtigt nun auch das Verlangen erscheint, auch unter den verschiedenen
nicht in beschränkten Mengen Wasser löslichen Verbindungsformen der Phosphorsäure
gewisse, durch die chemische Untersuchung erkennbare Abstufungen bezüglich ihrer
Werthschätzung fest zu stellen, so stöſst man bei der Aufsuchung eines Maſsstabes
auf sehr erhebliche Schwierigkeiten. Am meisten berechtigt würde natürlich auch hier
die Verwendung von Lösungsmitteln sein, wie sie im Boden vorkommen, also sehr
groſser Mengen von Wasser, Kohlensäure, Salzlösungen. Aber alle diese Stoffe sind
den in Betracht kommenden Phosphorsäureverbindungen gegenüber so schwache
Lösungsmittel, daſs ein auf ihre Anwendung begründetes analytisches Verfahren
manchen praktischen Schwierigkeiten begegnet. Als die Frage durch das Verlangen der
Düngerfabrikanten nach einer Bestimmung der sogen. zurückgegangenen Phosphorsäure
gröſsere Bedeutung erlangte, sah man daher von einer Berücksichtigung der
natürlichen Verhältnisse ab und griff zu einem Lösungsmittel, welches bei einer
gewissen Concentration, Temperatur und Digestionszeit rohen Phosphorit nicht
angriff, dagegen die Phosphorsäure eines gefällten Kalkphosphates fast ganz in
Lösung brachte.
Die Bestimmungsmethode mittels citronensauren Ammoniaks, welche von Fresenius, Neubauer und Luck ausschlieſslich für die Analyse der Superphosphate ausgearbeitet war,
also nur den Zweck hatte, aufgeschlossene Phosphorsäure von dem unangegriffenen
Rohphosphat zu trennen, ist später mit gewissen Aenderungen von Soulie und dann von Petermann auf alle in Wasser nicht oder wenig lösliche Phosphate
ausgedehnt, also auch dazu benutzt worden, unter den gefällten Phosphaten gewisse
Abstufungen festzustellen. Der Theil Phosphorsäure eines Präcipitates, welcher in
Ammoncitratlösung von einer beliebig gewählten Digestionsdauer und Temperatur sich
löste, sollte einen höheren, der nicht gelöste Theil einen geringeren Werth
beanspruchen. Es sind mithin nicht identische Ziele, welche von Fresenius einerseits, von den französischen und
belgischen Chemikern anderseits verfolgt wurden.
Petermann (vgl. 1880 237 464)
läſst bekanntlich eine ammoniakalische Ammoncitratlösung von 1,09 sp. G. 1 Stunde
lang bei 35 bis 38° auf 1g Präcipitat einwirken.
P. Wagner und R.
Hercher (1881 241 229) fanden nun nach den Petermann'schen Verfahren in einem Präcipitat mit 29,48
Proc. Gesammtphosphorsäure:
bei Anwendung von
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5g
citratlösliche Phosphorsäure
25,65
23,68
22,94
21,95
19,74
Proc.
Endlich wurden bei neueren Versuchen der Moor-Versuchsstation gefunden bei Einwirkung
einer deutlich ammoniakalischen Citratlösung:
auf
0,125
0,25
0,5
1g
Präcipitat
Citratlösliche Phosphorsäure
30,84
29,76
27,67
23,58 Proc.
Herzfeld und Feuerlein
haben ebenfalls, um die von A. König (1881 241 143) veröffentlichten Versuchsergebnisse zu prüfen,
eine gleichbleibende Menge Citratlösung auf verschiedene Substanzmengen einwirken
lassen. Von einem präcipitirten Phosphate blieben ungelöst bei Anwendung von:
0,5
1
2g
6,74
7,46
7,59
Proc. Phosphorsäure,
Von diesen Zahlen schreiben sie der ersten keine groſse Beweiskraft zu, weil bei
Anwendung von so geringen Substanzmengen der Fehler zu bedeutend werde. Nach Fleischer haben jedoch die bisherigen Versuche
festgestellt, daſs die Menge von citronensaurem Ammonium, welche man auf 1g Substanz einwirken läſst, von gröſstem Einfluſs
auf den Ausfall des Resultates ist. Wahrscheinlich wird das letztere aber auch
verschieden sein, je nachdem man mit stärkeren oder schwächeren Verdünnungen
arbeitet.
Während Fresenius, Neubauer und Luck auf den neutral reagirenden Superphosphatrückstand eine neutrale
Lösung von Ammoncitrat einwirken lassen, wendet Petermann eine alkalische Citratlösung auch für Präcipitate an. Es ist
bereits von A. König nachgewiesen worden, daſs eine
alkalische Citratlösung andere Resultate gibt als eine neutrale. Diese von mehreren
Seiten bestrittene Thatsache ist durch weitere Versuche festgestellt worden, in
deren Kreis auch die von Herzfeld und Feuerlein
verwendete kohlensaures
Ammon enthaltende Citratlösung hineingezogen wurde.
Aus einem 33,99 Proc. Phosphorsäure enthaltenden Präcipitate wurden bei Innehaltung
der von Petermann vorgeschlagenen Verhältnisse
gelöst:
Durch neutrale Citratlösung im December 1880
30,5
Proc.
Phosphorsäure
bei Zusatz von 1,25 2,5
5cc
Ammoniak
23,7 23,4
21,4
Proc.
Phosphorsäure
Durch neutrale Citratlösung im August 1881
30,34
„
„
Durch Ammoncarbonat haltige Lösung
19,14
„
„
Bei Zusatz von 2g
Ammoncarbonat zu 100cc neu- traler
Citratlösung
20,58
„
„
Bei Anwendung von 0g,5 auf
100cc Citratlösung im Juli
1880 durch neutrale Citratlösung
32,64
„
„
im August 1881 durch schwach alkalische
Cit- ratlösung
23,58
„
„
Bei Anwendung von 2g auf
100cc Citratlösung durch
neutrale Citratlösung
25,12
„
„
durch Ammoniumcarbonat haltige Lösung
17,01
„
„
Aus reinem Tricalciumphosphat:
Bei Anwendung von 1g auf
100cc Citratlösung
durch neutrale Citratlösung
28,93
„
„
durch schwach alkalische Citratlösung
15,10
„
„
Von einem anderen Präcipitat mit 32,07 Proc.
Gesammtphosphor-säure wurden bei Behandlung von 1g mit 100cc Citratlösung ausgezogen:
Durch neutrale Citratlösung
31,14
Proc.
Phosphorsäure
Durch schwach ammoniakalische Citratlösung
22,66
„
„
Die Versuche zeigen, daſs das neutrale Ammoncitrat aus einem neutralen Phosphat weit
gröſsere Phosphorsäuremengen löst als die freies Ammoniak oder kohlensaures Ammon
enthaltende Citratlösung, daſs jedoch, falls einmal die Citratlösung alkalisch ist,
weitere Zusätze von Ammoniak das Resultat nicht wesentlich mehr beeinflussen.
Wenn gegenüber den oben mitgetheilten Beobachtungen R.
Wagner gefunden hat, daſs ein Ammonzusatz bei der Extration nicht von
ungünstigem Einfluſs ist, so erklärt sich dies daraus, daſs er überhaupt nicht mit
neutraler, sondern nur mit einer mehr oder weniger stark ammoniakalischen Lösung
gearbeitet hat. Daſs der Zusatz von Ammoniak zur neutralen Citratlösung bei
Eisenphosphaten in entgegengesetzter Richtung wirkt, d.h. die Menge des in Lösung
gehenden Phosphates vermehrt, geht aus den Arbeiten von Millot und von Erlenmeyer hervor; ebenso wird
derselbe bei Thonerdephosphat wirken, da, wie längst bekannt ist, Ammoniak
hydratisches Thonerdephosphat löst.
Auf einen Umstand, welcher geeignet ist, die Verallgemeinerung der Citratmethode auf
alle Phosphate aussichtslos zu machen, hat zuerst P.
Wagner aufmerksam gemacht. Er fand bei Untersuchung eines Superphosphates
und eines präcipitirten Phosphates, welche in den benutzten Substanzmengen (5
bezieh. 2g,5) gleich viel citratlösliche
Phosphorsäure enthielten, zur Auflösung der letzteren im Superphosphat fast doppelt
so viel Citratlösung
nöthig war, als zur Lösung der Präcipitatphosphorsäure. Die Vermuthung, daſs der
Gypsgehalt des Superphosphates der Lösung der Phosphorsäure hinderlich sei, wurde
durch die Thatsache bestätigt, daſs ein mit Gyps versetztes Präcipiat erheblich
weniger Phosphorsäure an Citratlösung abgab als dasselbe ohne Gyps. Ebenso wirken
Chlorcalcium und kohlensaures Calcium. Um festzustellen, wie weit der Einfluſs
derartiger Beimengungen unter Verhältnissen gehen kann, wie sie in der Praxis
vorkommen, hat Fleischer Tricalciumphosphat mit
verschiedenen Mengen von Chlorcalcium und Kreide versetzt, und zwar wurden mit
100cc schwach ammoniakalischer Citratlösung
behandelt:
Tricalcium-phosphat
Chlor-calcium
Kreide
Phosphorsäuregelöst:
1g
–
–
15,20 Proc.
0,8
0,1g
0,1g
10,24
0,6
0,1
0,3
7,68
0,4
0,1
0,5
8,40
Obwohl die immer geringer werdenden Mengen von Phosphat auf
eine starke Erhöhung des Phosphorsäurebefundes hinwirken muſsten, war die in Folge
des Chlorcalcium- und Kreidezusatzes hervorgerufene Verminderung in der Löslichkeit
doch weit überwiegend.
Die Anwendung ammoniakalischer Lösung nach Petermann
gibt somit bei gefällten Kalkphosphaten weit niedrigere, bei Eisen- und
wahrscheinlich auch bei Thonerdephosphaten höhere Resultate als die neutrale
Citratlösung nach Fresenius.
Durch Veränderung der Digestionsdauer und Temperatur wird somit der Befund an
citratlöslicher Phosphorsäure nicht unwesentlich geändert. Das Analysenergebniſs ist
wesentlich mit abhängig von der Menge Citratlösung, welche auf 1 Th. Phosphat
verwendet wird. Bei Anwesenheit von Gyps und Chlorcalcium mit kohlensaurem Kalk in
den Phosphaten fallt der Befund an citratlöslicher Phosphorsäure weit niedriger aus
als beim Fehlen dieser Bestandtheile.
Wie willkürlich das ganze Verfahren ist, geht hieraus hervor: willkürlich nicht bloſs
quantitativ, indem jede geringe Veränderung der Versuchsverhältnisse das Resultat in
erheblichem Grade beeinfluſst, sondern auch qualitativ in Bezug auf das verwendete
Lösungsmittel. Es ist schon von Millot darauf
hingewiesen worden, daſs andere Lösungsmittel auf die Phosphate in ganz anderer
Weise einwirken als das Ammoncitrat, daſs gewisse Eisen- und Thonerdephosphate in
Citrat sich leichter, in Oxalat sich schwerer lösen, während bei Kalkphosphaten das
Umgekehrte der Fall ist. Essigsäure, Kohlensäure lösen Kalkphosphate
verhältniſsmäſsig leicht, Eisen- und Thonerdephosphate nicht; Citratlösung verhält
sich ganz anders. Bedenklich ist es auch, daſs ein so wirksames Phosphat, wie das
gedämpfte Knochenmehl, an Citratlösung nur sehr geringe Phosphorsäuremengen abgibt,
während dasselbe nach den Versuchen der Moor-Versuchsstation schon in der Humussäure
des Hoch-Moorbodens verhältniſsmäſsig leicht löslich ist. Das Verfahren zur Bestimmung der
citratlöslichen Phosphorsäure in Präcipitaten ist unbrauchbar und wird es stets
bleiben.
Anders liegen die Verhältnisse für die Untersuchung der zurückgegangenen
Superphosphate, wo es sich nicht um eine Trennung verschiedener Gruppen künstlicher
Phosphate, sondern nur um die Scheidung der aufgeschlossen gewesenen Phosphorsäure
von der des Rohphosphates handelt. Hier dürfte es weit eher gelingen, das Verfahren
so auszubilden, daſs man die erstere vollständig in Lösung erhielte, ohne das
Rohphosphat erheblich anzugreifen; daſs aber die jetzt übliche Methode sowohl in der
von Fresenius, als in der von Petermann ihr gegebenen Form an denselben Uebelständen krankt, welche
vorhin besprochen wurden, zeigen besonders die Untersuchungen von P. Wagner und R.
Hercher.
Sehr bedenklich erscheint die Vorschrift, das Superphosphat vor der Behandlung mit
Ammoncitrat zu einem höchst feinen Brei zu zerreiben. Der gröberen oder feineren
Beschaffenheit des Präparates wird mithin gar nicht Rechnung getragen, obwohl
dieselbe für die Vertheilung im Boden von groſsem Belang sein dürfte. Wie die
mechanische Beschaffenheit des Phosphates durch die Citratanalyse zum Ausdruck
gebracht werden würde, falls man das Material unzerkleinert mit Citrat behandelte,
zeigt folgender Versuch. Tricalciumphosphat, von Trommsdorff, wurde durch Sieben in verschiedene Korngröſsen zerlegt. Es
enthielt:
Korngröſse unter
0,25
0,25 bis 0,5
0,5 bis 1mm
Phosphorsäure
40,69
40,61
40,69 Proc.
Der Phosphorsäuregehalt war mithin bei allen gleich.
Sämmtliche Korngröſsen wurden direct in völlig gleicher Weise mit der verdünnten
Citratlösung behandelt. Es wurden gelöst:
Korngröſse unter
0,25
0,25 bis 0,5
0,5 bis 1mm
Phosphorsäure
10,93
9,33
4,37 Proc.
Wenn auch anzunehmen ist, daſs es auf Grund weiterer Untersuchung gelingen kann, das
Verfahren zur Bestimmung der zurückgegangenen Phosphorsäure in den Superphosphaten
mittels citronensauren Ammons so weit zu vervollkommnen, daſs es für die Ausübung
der Düngercontrole anwendbar wird, in ihrer jetzigen Form sichert es eine genaue
Bestimmung der zurückgegangenen Phosphorsäure nicht, da das Verfahren einen
wichtigen Umstand der Werthschätzung, den gröſseren oder geringeren Feinheitsgrad
der Phosphate, auſser Acht läſst und der Ausfall der Analyse wesentlich abhängig ist
von der Menge des dem Phosphat gebotenen Ammoncitrates. Die Verwendung der
Citratmethode zur Werthschätzung der präcipitirten Phosphate ist so weit nicht
statthaft.
Gegen die Verwendung der Citratmethode in ihrer jetzigen Form zur Bestimmung der
zurückgegangenen Phosphorsäure in Superphosphaten erheben sich wesentliche Bedenken,
welche erst durch weitere Untersuchungen zu heben sind. Eine andere, die genaue
Bestimmung der zurückgegangenen Phosphorsäure sichernde Methode ist zur Zeit nicht bekannt. Die
bislang vorliegenden Feldversuchsergebnisse lassen ein Urtheil über den
landwirtschaftlichen Werth der zurückgegangenen Phosphorsäure noch nicht zu.
(Fortsetzung folgt.)