Titel: | Ueber Spannungen in den Radreifen der Räder von Eisenbahn-Fahrzeugen. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 275 |
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Ueber Spannungen in den Radreifen der Räder von
Eisenbahn-Fahrzeugen.
Spörer, über Spannungen in den Radreifen der
Eisenbahnräder.
Maschinen-Inspector Jul. Spörer in
Elberfeld theilt in der Wochenschrift des
Vereins deutscher Ingenieure, 1882 S. 368 folgende
Beobachtungen mit.
Es ist bekannt, daſs die Radreifen der Eisenbahnwagenräder warm aufgezogen werden und
daſs dabei der lichte Durchmesser der Radreifen um ein Geringes kleiner gemacht wird
als der Durchmesser der Räder. Dieses Maſs, das Schrumpfmaſs, beträgt bei neuen
Radreifen von rund 60mm Stärke allgemein etwa 1mm auf 1m
Raddurchmesser. Nach dem Aufziehen und Erkalten des Reifens wird der lichte
Durchmesser derselben natürlich gröſser sein, als der Durchmesser des kalten
Radreifens vor dem Aufziehen war. Wäre das Rad gänzlich unelastisch, so würde die
Vergröſserung genau das volle Schrumpfmaſs betragen müssen; dies ist jedoch nicht
der Fall und wird daher das Schrumpfen zum Theil ein Zusammendrücken des Rades, zum
Theil ein Erweitern des Reifens herbeiführen.
Da es von Interesse ist, zu erfahren, wie diese Vertheilung stattfindet, um wieviel
das Rad zusammengedrückt und um wieviel der Reifendurchmesser gröſser wird, welche
Spannung daher in jedem Quadratmillimeter Reifenquerschnitt vorhanden ist, so sind
auf Veranlassung des Verfassers Messungen in der Werkstatt Witten angestellt worden,
welche folgendes ergeben haben:
Durchmesser der
Rädermm
Schrumpf-maſsmm
Durch-messer derReifen vordem
Auf-ziehen
Durchm. desRades undder Reifennach
demAufziehen
Vergröſserungdes Durch-messers
derReifen
Danach be-rechnet sichdie
Span-nungk/qmm
Locomotivrad 1726
1,5
1724,5
1725,75
1,25
14,5
„ 1168
1,2
1166,8
1167,8
1,0
17,1
Wagenrad 856
0,9
855,1
855,8
0,7
16,4
„ 856
0,9
855,1
855,5
0,4
9,3
Tenderrad 914
1
940,0
940,8
0,8
17,0
„ 914
1
940,0
940,6
0,6
12,7
Bei Berechnung der Spannung ist der Elasticitätsmodul des
Stahles zu 20000 angenommenworden.
Von den Werken des Bochumer
Vereins werden die Radreifen auf Wagenräder von etwa 900mmDurchmesser mit einem Schrumpfmaſse
von 0mm,75 aufgezogen und daselbst ergaben
sich folgendeZiffern:
Wagenspeichenrad 890
0,75
889,25
889,8
0,55
12,4
Gewalztes Scheiben- rad 890
0,75
889,25
889,9
0,65
14,6
Aus diesen Resultaten ergibt sich, daſs es nicht rathsam ist, ein gröſseres
Schwindmaſs als 1mm auf 1m Raddurchmesser für starke Radreifen anzuwenden,
da sonst leicht die Elasticitätsgrenze, welche für das betreffende Material etwa bei
22k liegt, überschritten wird, und ferner,
daſs dünne Radreifen mit geringerem Schwindmaſs aufgezogen werden müssen. Bei den
Reifen von Guſsstahlscheibenrädern empfiehlt sich ein Schwindmaſs von 0mm,5 auf 1m
Raddurchmesser. Gröſsere Schwindmaſse würden zu groſse Spannungen in dem Rade
hervorrufen, wie durch einen Versuch festgestellt ist, bei welchem sich eine
bedeutende Veränderung des Radprofiles ergab.