Titel: | Valessie's Geschwindigkeits-Controlapparat. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 319 |
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Valessie's Geschwindigkeits-Controlapparat.
Mit Abbildung auf Tafel 25.
Valessie's Geschwindigkeits-Controlapparat.
Ein recht interessanter Apparat, welcher hauptsächlich für den Gebrauch auf
Dampfschiffen bestimmt ist und von der Akademie der Wissenschaften in
Paris mit einem Preise gekrönt wurde, ist
von dem französischen Schiffscapitän Valessie ersonnen
worden. Der Zweck desselben ist, die Umlaufzahl einer Maschine in jedem Augenblicke
durch Vergleich mit der gleichförmigen Bewegung eines Uhrwerkes controliren zu
können. Er besteht im Wesentlichen aus einem Räderwerk, welches, von der Maschine
angetrieben, eine Uhr in Umdrehung setzt und zwar in entgegengesetzter Richtung zu
ihrem Zeiger, welcher in der Minute einen Umlauf macht. Das Räderwerk läſst sich so
einstellen, daſs, wenn die Maschine in der Minute eine bestimmte, bis auf
Bruchtheile genau festzusetzende Anzahl Umdrehungen macht, sich die Uhr in der
Minute gerade einmal umdreht und ihr Zeiger daher gegen das festgelegte Gehäuse des
ganzen Apparates in Ruhe bleibt. Wird also das Räderwerk auf eine bestimmte
Umlaufzahl eingestellt und die Maschine so regulirt, daſs der Zeiger stets einem
festen Merkzeichen gegenüber stehen bleibt, so hält die Maschine dauernd die
betreffende Umlaufzahl genau inne. Jeder Ausschlag des Zeigers nach der einen oder
anderen Seite läſst sofort eine Aenderung in der Geschwindigkeit der Maschine
erkennen.
Fig.
11 Taf. 25 zeigt nach dem Portefeuille économique
des machines, 1882 S. 182 den Apparat, wie er von dem Mechaniker P. Garnier in Paris ausgeführt worden ist. E ist die Kapsel, welche die Uhr F aufnimmt. Der Antrieb von der Maschine erfolgt bei
B. Durch ein Kegelräderpaar C wird die Bewegung zunächst auf die erste einer Reihe vertikaler Wellen
übertragen. Jede derselben, mit Ausnahme der ersten und letzten, trägt vier Räder,
von denen zwei mit Rädern der vorhergehenden, und zwei mit Rädern der folgenden
Welle in Eingriff stehen. Erstere sind fest auf der betreffenden Welle; von den
beiden anderen Rädern ist immer nur eines durch einen beiderseits gezahnten, in Nuth
und Feder gleitenden Muff mit der Welle gekuppelt. Auf diese Weise lassen sich
zwischen je zwei neben einander stehenden Wellen zwei verschiedene Uebersetzungen
erreichen, je nachdem das obere oder das untere Räderpaar benutzt wird. Zwischen der
ersten und der letzten Welle finden 9 Uebersetzungen statt, für deren jede also zwei
Werthe möglich sind. Es ergeben sich hiernach die folgenden Combinationen, wobei zur
Abkürzung die oberen Räderpaare, welche die Uebertragung von einer Welle zur andern
vermitteln, mit O, die unteren mit U bezeichnet seien.
0 O, 9 U
1 Combinationen
1 O, 8 U
9 „
2 O, 7 U
\frac{9\times 8}{1\times 2}
=
36 „
3 O, 6 U
\frac{9\times 8\times 7}{1\times 2\times 3}
=
84 „
4 O, 5 U
\frac{9\times 8\times 7\times 6}{1\times 2\times 3\times
4}
=
126 „
––––––––––––––––
Summe
256 Combinationen.
Ebenso viele Combinationen erhält man noch, wenn man O
mit U vertauscht; im Ganzen ergeben sich mithin 512
Combinationen. Sind nun die Uebersetzungsverhältnisse der einzelnen Räderpaare
passend gewählt, so läſst sich eine stetige Reihe von 512 Werthen für die
Gesammtübersetzung erzielen. Bezeichnet z.B. o das
Uebersetzungsverhältniſs für das obere und u das für
das untere Räderpaar zwischen zwei, z.B. den beiden letzten Wellen, so ist für die
beiden folgenden Räderpaare mit entsprechenden Bezeichnungen
\frac{o_1}{u_1}=\left(\frac{o}{u}\right)^2 zu nehmen, für die
folgenden \frac{o_2}{u_2}=\left(\frac{o}{u}\right)^4, dann
\frac{o_3}{u_3}=\left(\frac{o}{u}\right)^8 u.s.w. Eine Anzahl
zweckmäſsig bezeichneter kleiner Riegel, welche zur Verschiebung der oben erwähnten
Kuppelmuffen dienen und die durch eine Seitenwand des Gehäuses nach auſsen geführt
sind, ermöglicht es, mit Hilfe eines Maſsstabes mit Schieber sofort ohne jede Mühe
diejenige der 512 verschiedenen Combinationen einzustellen, welche einer bestimmten
Umlaufzahl entspricht.
Damit der Maschinist, wenn er das Instrument während einiger Zeit aus den Augen
gelassen hat und der Zeiger unterdessen aus seiner Normallage gerückt ist, ermitteln
könne, ob der Zeiger in die neue Stellung durch eine Drehung nach links oder nach
rechts, d.h. in Folge einer Beschleunigung oder einer Verzögerung der Maschine
gelangt ist, wird von der letzten Welle noch ein Minuten- und ein Sekundenzeiger
über dem festen Zifferblatt I umgetrieben. Verläſst der
Maschinist das Instrument, so hat er diese Zeiger nur nach einer richtig gehenden
Uhr einzustellen und nach der Zurückkunft ihren Stand mit der Uhr wieder zu
vergleichen.
Das Instrument ist besonders wichtig beim Manövriren von Kriegsschiffen und soll auf
solchen auch schon vielfach in Gebrauch genommen sein. Es würde indessen auch in
Spinnereien, Papierfabriken u. dgl. jedenfalls eine zweckmäſsige Verwendung finden
können.
Whg.