Titel: | Untersuchung einer Probe Chinagras-Handgarn. |
Autor: | Hartig |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 370 |
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Untersuchung einer Probe
Chinagras-Handgarn.
Hartig, über Untersuchung einer Probe
Chinagras-Handgarn.
Die Handlung Osc. Lehmann in Dresden erhielt im März v.
J. mit einer Sendung von Chinagras-Taschentüchern eine Probe von Chinagras-Handgarn
aus Canton, nach der in China üblichen Weise hergestellt, d.h. von Hand nicht
eigentlich gesponnen, sondern aus einzelnen dem Pflanzenstengel entnommenen
Faserbündeln durch Andrehen zusammengestückt.Vgl. Grothe: Bilder und Studien zur Geschichte vom
Spinnen, Weben, Nähen, Berlin 1875 S. 13. Diese Probe
bestand aus einem ellipsoidisch gestalteten, in der Mitte eingeschnürten Knäuel von
240mm Länge, 40mm Durchmesser 175g Gewicht, durch
Aufwickelung auf eine Spindel von 10mm Dicke
gebildet. Der Faden zeigte die hellblonde, wachsartig durchscheinende Beschaffenheit
der ungebleichten Faser von Boehmeria nivea, in
Abständen von 43 bis 135cm (durchschnittlich 85cm) die durch Zusammendrehen, hier und da auch
durch Andrehen und Verknoten bewirkte Verbindung der an sich ungedrehten
Theilstrecken. Die durchschnittliche metrische Feinheitsnummer dieses schönen
seidenartigen Fadens ergab sich zu \frakfamily{N}=84, wonach der
ganze Knäuel eine Länge von 175 × 84 = 14700m
enthält. Die Bastfasern, deren 12 bis 16 (durchschnittlich 14,3) im Faden neben
einander liegen, zeigen eine Dicke von 28,8 bis 57,6 Millimillimeter (Mittelwerth
46,5) nach dem Ergebniſs von 12 Einzelmessungen; ihre Länge schwankt zwischen 50 und
105mm und ergab sich im Durchschnitt zu 81mm,7. Beim Zerreiſsen von fehlerfreien
Probestücken, deren Länge gröſser war als die der längsten Bastfaser, zeigte sich im
Mittel:
Bruchbelastung
P
= 0,133k
Bruchdehnung
δ
= 0,792 Proc.
Reiſslänge
R
= 11,42km
Arbeitsmodul
A
= 0,0498mk für 1g.
Daſs ein nach europäischer Methode aus demselben Material
hergestellter Faden (freilich von 7mal gröſserer Dicke) nicht hinter diesen
Qualitäten zurückbleibt, zeigt die folgende im technologischen Praktikum des
Dresdener Polytechnikums ausgeführte Untersuchung.
Zweifädiger englischer Zwirn aus gebleichtem Chinagras (Feinheitsnummer
\frakfamily{N}=16; Zahl der Bastfasern im Querschnitt 104;
mittlere Länge derselben 118mm, Grenzwerthe 55 und
174mm; Zahl der Drehungen auf 100mm im einfachen Faden 42, im Zwirn 35). Beim
Zerreiſsen von Probestücken, deren Länge 180 bis 200mm war,
ergaben sich als Durchschnittswerthe:
Bruchbelastung
P
= 0,755k
Bruchdehnung
δ
= 1,75 Proc.
Reiſslänge
R
= 12,08km
Arbeitsmodul
A
= 0,0934mk für 1g.
Die specifische Festigkeit der Bastfasern wurde zu R =
20km Reiſslänge ermittelt. (Der Deutsche
Leinen-Industrielle, 1883 S. 25.)
Dr. Hartig.